"Eine zermalmende Entmenschlichung im Diskurs über diese Gewalt"

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Im Zuge der steigenden Totenzahlen in Gaza, hielt die erste palästinensische Abgeordnete Rashida Tlaib aus Michigan eine mächte Rede. Vor dem Repräsentatenhaus verurteilte sie die Gewalt und "die geplante Auslöschung des paslästinensischen Volkes" und verwies dabei auf die mindestens 119 Todesfälle durch Luftangriffe Israels.

Daß Palästina existiert und Palästinenser*innen Menschen sind, die ihr Leben verlieren macht Tlaib in ihrer Rede und im Interview mit Democray Now! klar.

Link: https://www.democracynow.org/2021/5/14/r...... (18.02.2021)
Audio
08:03 min, 88 MB, wav
pcm_s16le ([1][0][0], 1536 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 18.05.2021 / 12:01

Dateizugriffe: 147

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Democracy Now, die meike & Flauschi
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 18.05.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Übersetzung des Beitrags von Democracy Now:

AMY GOODMAN: Die Zahl der Todesopfer in Gaza liegt inzwischen bei fast 200 als Israelische Truppen Luftangriffe weiterführen und mit schwerem Geschütz feuern. Nach Auskunft der Behörden sind 830 Menschen bisher verletzt worden, doch Gazas Krankenhäuser sind am Rande des Kollapses: Es mangelt an Medikamenten und Stromausfälle häufen sich. Israel kündigte nun an, auch Bodentruppen zu schicken. Die Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten berichtet von mehr als 24 Palästinensischen Schulen, die von israelischen Truppen beschädigt wurden.
Acht Menschen sind in Israel unter dem Raketenbeschuß der Hamas aus Gaza getötet worden. Israel lehnt bisher jede Forderung nach einer Waffenruhe ab.
Am Donnerstag verkündete US-Präsident Biden, Israels Aktionen würden keine, ZITAT “signifikante Überreaktion” darstellen.
Israelische Behörden haben inzwischen Dutzende in Israel lebende Palästinenser*innen verhaftet, um einen Aufstand zu verhindern. Viele werden ohne anwaltliche Beratung festgehalten. Israelische Mobs wurden gefilmt, wie sie Palestininänser*innen überall im Land angreifen.
All das passiert als Palästinenser*innen den 73. Jahrestag der Nakba – oder Katastrophe, wie sie es nennen – gedenken wollen, als hunderttausende Palestinänser aus ihren Häusern und von ihrem Land vertrieben wurden und der Staat Israel gegründet wurde. Wir hören die demokratische Abgeordnete Rashida Tlaib in Michigan. Sie ist die erste palästinensische US-Amerikanerin, die in den Kongress gewählt wurde.


REP. RASHIDA TLAIB: Ich bin derzeit das einzige palästinensisch-us-amerikanische Mitglied des Kongresses, und meine reine Existenz hat den Status Quo gebrochen. Ich bin eine Mahnung an meine Kolleg*innen, daß Palästinenser*innen in der Tat existieren, daß wir menschlich sind, daß wir träumen dürfen. Wir sind Mütter, Töchter, Enkelinnen. Wir suchen nach Gerechtigkeit und kämpfen selbstverständlich gegen jede Form von Unterdrückung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Palästininenser*innen gehen nirgendwohin, egal wieviel Geld Sie an Israels Apartheidsregierung schicken. Wenn wir unser Versprechen einlösen wollen, nämlich Menschenrechte für alle zu unterstützen, dann ist es unsere Pflicht, das Apartheidsregime zu beenden, das seit Jahrzehnten Palästinenser*innen unmenschlicher Behandlung und Rassismus aussetzt. Es reduziert Palästinenser*innen auf ein Leben in äußerster Angst, ein Kind zu verlieren; für unbestimmte Zeit inhaftiert oder getötet zu werden aufgrund dessen, was sie sind, und die ungleichen Rechte, die sie unter dem israelischen Gesetz haben. Das muß ein Ende haben. Eine von Israels bekanntester Menschenrechtsorganisation B’Tselem, hat Israel als Apartheidstaat betitelt. Human Rights Watch hat das kürzlich auch anerkannt. Das erzählen uns Palästiner*innen, die unter Israelischer Repression leben, schon seit Jahrzehnten.
Manche meiner Kolleg*innen zweifeln die Wahrheit über Segregation, Rassismus und Gewalt in Israel gegenüber Palästinenser*innen an. Was sie meinen, ob es nun absichtlich oder unabsichtlich geschieht ist, daß Palästinenser*innen nicht das Recht haben, die Wahrheit darüber zu erzählen, was ihnen während der Gründung Israels passiert ist. So radieren sie die Wahrheit über ethnische Säuberungen von Palästinenser*innen in Israel aus, die manche als Nakba oder Katastrophe bezeichnen.
Viele meiner Schwarzen Nachbar*innen und die Indigenen Gemeinden kennen vielleicht diesen Begriff Nakba nicht, aber sie verstehen was es heißt, ermordet zu werden und verdrängt von zuhause; wenn du aller Menschenrechte beraubt wirst. Mein Vorfahr*innen und meine Familie leben in Palästina und sie verdienen es, daß die Welt ihre Geschichte hört, ohne jegliche Hindernisse. Sie haben ein Recht darauf, der Welt erklären zu dürfen, daß sie immer noch leiden, daß sie immer noch enteignet und ermordet werden, während die Welt zusieht und nichts tut. Peter Beinart, ein US-Amerikaner jüdischen Glaubens schreibt, ZITAT, “Wenn du der Bevölkerung eines Landes sagst, sie solle ihre Geschichte vergessen, dann ist das kein Friedensangebot. Dann bietest du nur Auslöschung an.” Die palästinensische Geschichte ist die von Menschen, die zu Geflüchteten wurden in einem Land, das sie ihr zuhause nennen. Wir können heute kein ehrliches Gespräch führen über das US-Militär, das die israelische Regierung unterstützt, ohne die Katastrophe der Vertreibung von Palästinenser*innen und Entmenschlichung in ihrem Zuhause seit 1948 anzuerkennen.
Wenn wir Bidens Statements, das von Minister Blinken, von General Austin und die beider Parteien hören, dann wüßten wir kaum, daß Palästinenser*innen überhaupt existieren.
Kein Kind, ob palästinensisch oder israelisch, sollte je befürchten müssen, daß der Tod vom Himmel regnet.
Es gibt eine zermalmende Entmenschlichung im Diskurs über diese Gewalt. Die New York Post berichtet, daß die Zahl der palästinensischen Todesopfer “Kollateralschäden” der israelischen Truppen seien. ABC sagt, daß Israelis ZITAT, “töten,” während Palästinenser*innen lediglich ZITAT, “sterben,” als ob es ein Zauber wäre; als ob sie niemals wirklich menschlich gewesen wären. Helfen Sie mir, meine Matheaufgabe zu verstehen: Wieviele Palästinenser*innen müssen sterben, damit ihre Leben endlich zählen?
Das Leben unter dem Apartheidsregime erkennt den Palästinenser*innen ihre Menschenrechte ab. Wie würde es dir gehen wenn du ständig durch entmenschlichende Checkpoints gehen müsstest sobald du zwei Blocks von deinem Haus zum Arzt willst oder durchs eigene Land reisen willst? Wie würdest du dich fühlen, wenn du die Grenze schwanger in brütender Hitze unter der Aufsicht bewaffneter Soldaten, überqueren müsstenst, die deine Freiheit garantieren sollen? Wie würdest du dich fühlen wenn du in Gaza leben würdest, wo Wasser und Strom für Tage und Wochen ausfallen wo abgeschnitten - die unmenschlichen Militärblockade dich von der Außenwelt abschottet?
Palästinas Recht auf gewaltfreien Widerstand wurden unterdessen eingedämmt und sogar kriminalisiert. Unsere Parteiführung haben sich klar gegen BDS ausgesprochen, wir haben ihre Sprecher*innen als Antisemiten benannt, trotzdessen das die gleichen Strategien wie die des BDS entscheidend für das Ende der Apartheid in Südafrika vor wenigen Jahrezenten waren. Was wir Palästinenser*innen sagen, welche Aparheid bekämpfen, ist das gleiche, dass meinen schwarzen Nachbarn und Amerikaner*innen allgemein gesagt wird, die gegen Polizeigewalt kämpfen: Es gibt keine akzeptablen Widerstand gegen Gewalt des Staats.
So lange Washington das Signal sendet, unser militärische Unterstützung für Isreal ist bedingungslos, wird Netanyahus Extremismus und seine rechte Regierung weiterhinden Siedlungsbau expandieren, Häuser zerstören und die Aussicht auf Frieden verhindern. 330 meiner eigenen Kolleg*innen, Demokrat*innen und Republikaner*innen, 75 % des Kongess hier, haben einen Brief unterschrieben, der dafür wirbt, dass Israel nicht gezwungen werden kann sich an Menschenrechtsverordnungen zu halten, die für andere Militärpartner Amerikas gelten.