Ithaka

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Deutsche Übersetzung der Rezension von Craig Murray zum Dok-Film "Ithaka", der den Kampf der Angehörigen von Julian Assange um dessen Freilassung thematisiert.
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08:03 min, 9618 kB, mp3
mp3, 163 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.09.2022 / 14:35

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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, in anderen Sprachen, Politik/Info
Serie: mikro.FM
Entstehung

AutorInnen: mikro.fm
Radio: Freies Radio Berlin, Berlin
Produktionsdatum: 16.09.2022
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
https://www.craigmurray.org.uk/archives/... Übersetzung: mikro.fm

Ithaka July 10, 2022, Craig Murray

Jenseits der Tory Geschätzigkeiten, wer denn wohl der nächste Soziopath an der "Welt"-spitze werden wird, habe ich die letzten beiden Abende mit angenehmen Menschen verbracht. John und Gabriel Shipton, Julians Vater und sein Bruder, die für die Aufführung des Films "Ithaka" nach Glasgow und Edinburgh gekommen waren. Der Dokumentarfilm zeichnet den Kampf nach, den Julian Assanges Familie führt, um ihn frei zu bekommen. Ich leitete die anschließende Diskussion mit dem Publikum.

[Zu einem Kneipenbesuch kann es dabei auch gekommen sein.]

Ithaka ist herzzerreißend, und es hat eine wichtige Botschaft, Julian nach über einem Jahrzehnt konzertierter (ich verwende dieses Wort mit Bedacht) Propaganda, die darauf abzielte, ihn zu entmenschlichen, wieder zu humanisieren. Die schiere Niedertracht der unerhörten Lügen, die von den Mainstream-Medien über seine persönliche Hygiene verbreitet wurden – Toiletten ohne Spülung zu verlassen und sogar Botschaftswände mit Exkrementen zu beschmieren – das ist etwas, das direkt aus Goebbels‘ Drehbuch stammt.

Die kalte Berechnung hinter Assanges Behandlung in seinen letzten Monaten in der Botschaft, als ihm der Zugang zum Waschen und Rasieren verweigert wurde, um das scheinbare Monster für die Fotos seiner Verhaftung zu produzieren, ist ein echtes Beispiel für die Fratze des Bösen.

Zwei Tage vor seiner Ausweisung rief ich die Botschaft an und sprach mit dem Ersten Sekretär (ein Gespräch, das ich aufgezeichnet habe). Ich erklärte, dass, falls Julian, wie wir es verstanden, nicht mehr willkommen sei, sie es nur sagen müssten und er dann freiwillig zur Polizeistation gehen würde. Stattdessen hatten wir dieses kalkulierte Stück Theater.

Abgesehen von der Vorführung seiner Person, ermöglichte die Verhaftung in der Botschaft ihnen auch, alle Besitztümer von Julian zu erhalten, einschließlich aller seiner juristischen Schriftsätze, die, weil sie seiner Verteidigung dienen, unter das Mandanten-Anwalts-Privileg fallen. Wie wir in der Auslieferungsanhörung gehört haben, wurden alle diese Papiere ... [nach Quito gebracht und dann] der CIA übergeben. Dies wurde vom Anwalt der US-Regierung zugegeben, der behauptete, dass „chinesische Mauern“ – ein direktes Zitat – innerhalb der US-Regierung die CIA daran gehindert hätten, diese Informationen an eben das Justizministerium weiterzugeben, das das Auslieferungsverfahren betrieb.

Wenn Sie das glauben, kann ich Ihnen wohl auch einen Bären aufbinden. Tatsache aber ist, dass es gerade die US-Regierung ist, die die Auslieferung beantragt, und dass die US-Regierung Schriftsätze der Gegenseite des Rechtsstreits gestohlen hat. In jedem anderen Rechtsstreit würde das dazu führen, dass diese Sache sofort in die Tonne getreten würde.

Wenn Sie dies dann noch mit der Tatsache zusammenbringen, dass das Auslieferungsgesetz eine politische Auslieferung justament verbietet, dass der Hauptbelastungszeuge der US-Regierung, ein verurteilter Betrüger und Pädophiler ist, der für seine Aussagen, die er inzwischen wieder zurückgenommen hat, bezahlt worden ist, und dass in den USA bisher kein einziger Journalist jemals wegen des Spionage Gesetzes angeklagt wurde, beginnen Sie vielleicht die Tiefe der Staatsverdorbenheit zu verstehen, die Julian seit mehr als 4 Jahren das schärfste Hochsicherheitsgefängnis im Vereinigten Königreichs eingebracht hat.

Ich finde das bemerkenswert. Denn Mike Pompeo, der frühere US-Außenminister, der die Aufsicht über den Plan hatte, Julian in der Ecuadorianischen Botschaft zu kidnappen und womöglich zu töten, rief am 30. Juni Priti Patel an, kurz nachdem sie Julians Haftbefehl unterschrieben und kurz nachdem Pompeo von einem spanischen Gericht vorgeladen worden war, um über den Plan auszusagen.

Hierzu zeigt Craig Murray in seinem Blog einen Twitter Post von Priti Patel, der britischen Innenministerin.
Auf dem Foto sind links Mike Pompeo und rechts, mehr als einen Kopf kleiner, Priti Patel zu sehen, vor der blauen Fotowand mit dem dem Wappen des brit. Innenministeriums!
Der Text des Tweets lautet:

==========twitter: @PritiPatel 30. juni 2022
Delighted to host my friend, former US-secretary of State @MikePompeo at the @UKHomeOffice. Our nations stand shoulder to shoulder to uphold and respect our shared values and right now that could not be clearer than in our steadfast support for Ukraine against Putin's aggression.

Hocherfreut, meinen Freund, den früheren US-Aussenminister Mike Pompeo, im Innenministerium zu Gast zu haben. Unsere Nationen stehen Schulter an Schulter, um unsere gemeinsamen Werte zu respektieren und hochzuhalten, und gerade jetzt könnte das nicht klarer sein als in unserer standhaften Unterstützung der Ukraine gegen Putin's Aggression.

Soweit der Text des Tweets - weiter heißt es bei Craig Murray:

Das Foto ist ungewöhnlicher als es im ersten, unmittelbaren Eindruck scheinen mag. Mit einem Demokraten im Weißen Haus kommt es extrem selten vor, dass ein ranghohes britisches Kabinett-Mitglied in offizieller Amtsausübung offen mit seiner Freundschaft zu einem ranghohen Republikaner der abgewählten Regierung prahlt, und mit ihnen auch noch offizielle Treffen abhält.

Pompeo ist jetzt ein Privatmann. Er könnte ganz normal als ein Freund Patel zu Hause besuchen - aber offiziell, im Ministerium? So etwas wird nicht gemacht. Oder wenn ausnahmsweise doch, dann wird es im Stillen gemacht.

Was haben Sie im Ministerium besprochen?

Und hier ist noch etwas ausgesprochen seltsames. Laut Wall Street Journal hat Priti Patel die US-Regierung gebeten, sie öffentlich für ihre Zustimmung zur Ausweisung Julian Assange's zu gratulieren.

<Zitat Wall Street Journal>
After Ms. Patel’s ruling on June 17, for example, a U.K. official asked the U.S. Embassy in London if officials there or at the Justice Department could release a statement welcoming Ms. Patel’s ruling, adding that she would appreciate such a show of support, according to people familiar with the request.
The Justice Department declined to issue such a statement,
<Zitat Ende, Wall Street Journal>

<Zitat Wall Street Journal>
Nach Patels Beschluss vom 17. Juni fragte beispielsweise ein britischer Beamter bei der US-Botschaft in London an, ob dortige Beamte oder solche des US-Justiz-Ministeriums nicht eine wohlwollende Erklärung zu Patels Beschluss veröffentlichen könnten. Außerdem würde sie einen solchen Beweis der Unterstützung sehr begrüßen, wie mit der Anfrage Vertraute mitteilten.
Das Justiz-Ministerium lehnte es ab, eine solche Stellungnahme zu verfassen.
<Zitat Ende, Wall Street Journal>

Es gibt da einen sehr seltsamen Geruch um diese Auslieferung.

(SOWEIT DER EINGELESENE TEXT DES BEITRAGS - DER VOLLE WORTLAUT DES TEXTES VON CRAIG MURRAY ERGIBT SICH MIT DEM FOLGENDEN:


Der Film Ithaka ist weder eine Auseinandersetzung mit den Rechtsfragen, noch eine in die Tiefe gehende Aufbereitung des Falles Assange. Er zielt eher auf die niederschmetternde Wirkung, die diese grausame Inhaftierung auf seine Familie, seine Frau wie seine Kinder und auf seinen Vater John Shipton hat.

In erster Linie geht es um die Johns persönlichen Kreuzzug für die Rettung seines Sohnes. Der Einblick in die Grundlagen des Falles - dass nämlich der Mann, der alles tat, um Kriegsverbrechen aufzuzeigen, der Mann ist, der gefangen gesetzt und gefolter wird, und nicht die Leute, die diese Kriegsverbrechen begingen - teilt sich vor allem in den Interviews mit Professor Nils Melzer mit, dem UN-Sonderbeauftragten für Folter.

Sehen Sie sich den Film an – der hervorragende Kritiken von Mainstream-Filmkritikern erhalten hat. Als ich danach die Frage- und Antwort-Sitzungen leitete, war ich beeindruckt von der Anzahl der Menschen mit Tränen in den Augen, als das Licht anging und die Stimmung im Publikum ziemlich schnell von Trauer zu Wut wechselte. Es ist ein bemerkenswerter Film.

Lassen Sie mich meine eigenen Einblicke mitteilen. In technischer Hinsicht war der Film aus dem zusammengeschnitten worden, was Tausende von Stunden Filmmaterial gewesen sein muss. Während der verschiedenen Phasen der Auslieferungsanhörungen wurde ich persönlich jeden einzelnen Tag insgesamt über fünf Wochen lang für den Film aufgenommen. Dutzende Stunden Gespräche zwischen John und mir wurden aufgezeichnet, von denen es nicht eine Sekunde in den Film geschafft hat.

Das soll aber absolut keine Beschwerde sein, Sie bekommen mich mehr als genug zu sehen. Es ging mir lediglich darum, eine Veranschaulichung der bemerkenswerten Schnitttechnik dieses Films aufzuzeigen. Es hat über tausend Stunden im Schneideraum gebraucht, um den Film auf nur zwei zu herunter zu bringen.

Das gibt dem Regisseur Ben Lawrence und seinem Redakteur natürlich enorme Möglichkeiten, die Erzählung durch Auswahl zu gestalten. Ben hat sich entschieden, die Trostlosigkeit von Julians Isolation zu veranschaulichen, indem er die Einsamkeit von Johns und Stellas Suche herausstellt. Ich bin mir sicher. Dieses Vorgehen ist künstlerisch gültig und es gibt zugleich eine echte Wahrheit wieder – niemand kann die Verzweiflung der Familie wirklich teilen, und in der langen dunklen Nacht der Seele sind sie allein.

Aber ich möchte Ihnen versichern, dass die Familien von einer Gruppe wirklich liebevoller und fürsorglicher Menschen umgeben und unterstützt werden, die sehr viel mehr involviert sind als ich. Sie stehen im Film aus Gründen der narrativen Auswahl nicht im Vordergrund, aber es gibt sie und sie wissen, dass sie die ewige Dankbarkeit von Julian und seiner ganzen Familie haben werden und von vielen von uns anderen auch.

Ich möchte noch hinzufügen, dass John Shiptons eklektischer Geist und seine zutiefst philosophische Natur wunderbar zur Geltung gebracht werden, aber sein immenser Charme und auch seine große Freude am geselligen Beisammensein vermitteln sich vielleicht weniger über die Leinwand. Ben hat sich auf die eher kantigen Teile von Johns Natur konzentriert.

Nichts davon schmälert in irgendeiner Weise das Erlebnis eines so großartigen Films von Ben Lawrence, der von von Julians ruhigerem, aber sehr talentiertem Bruder Gabriel produziert wurde. Zweifellos hat sich die öffentliche Wahrnehmung bereits zu Gunsten von Julian gedreht. Sehen Sie sich nicht einfach den Film an: Nehmen Sie jemanden mit, dem er vielleicht die Augen für die Wahrheit öffnet.