Wirtschaftswachstum - Vom immanenten Fluch des Schuldenmachens (Moneycracy #5)

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Wirtschaftswachstum, nichts ist so wichtig wie Wirtschaftswachstum! Die Regierungsprogramme der letzten fünfzig Jahre enthielten obligatorisch die Ankündigung, das Wachstum der Wirtschaft fördern zu wollen. Nur selten machen sich die Herrschenden noch die Mühe, zu erläutern, warum das so wichtig ist. Wirtschaftswachstum ist der heilige Gral aller Politik und inzwischen als unabdingbare Notwendigkeit so in den Köpfen der Menschen verankert, dass auf Begründungen verzichtet werden kann.

Episode und Musik von Frederick Liberatout.
Audio
29:38 min, 36 MB, mp3
mp3, 168 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.09.2023 / 11:51

Dateizugriffe: 701

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: Moneycracy
Entstehung

AutorInnen: F. Liberatout und Moneycracyteam
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 02.09.2023
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wirtschaftswachstum
Vom immanenten Fluch des Schuldenmachens

Wirtschaftswachstum, nichts ist so wichtig wie Wirtschaftswachstum! Die Regierungsprogramme der letzten fünfzig Jahre enthielten obligatorisch die Ankündigung, das Wachstum der Wirtschaft fördern zu wollen. Nur selten machen sich die Herrschenden noch die Mühe, zu erläutern, warum das so wichtig ist. Wirtschaftswachstum ist der heilige Gral aller Politik und inzwischen als unabdingbare Notwendigkeit so in den Köpfen der Menschen verankert, dass auf Begründungen verzichtet werden kann.

Im letzten Podcast, mit dem Titel ‚Bruttosozialprodukt‘ haben wir erörtert, dass der Wohlstand und die Wohlstandsentwicklung einer Gesellschaft nicht besonders gut zu messen ist. Noch fraglicher ist die These, dass dieses Wirtschaftswachstum etwas zum individuellen Wohlstand in der breiten Bevölkerung beiträgt. Faktisch ist oft das Gegenteil der Fall: das sogenannte Wirtschaftswachstum der letzten 20 Jahre in Deutschland kam nur einer kleinen reichen Minderheit zugute, die Masse erlebte vielfach Wirtschaftsschrumpfung – ein Wort, das es gar nicht gibt, weil der Vorgang verpönt ist. Wenn die Wirtschaft offiziell schrumpft, dann nennt man das Rezession, was schon mal den Vorteil hat, dass viele Leute das Wort nicht verstehen. Es kommt aus dem Lateinischen und kann etwa mit Rückgang übersetzt werden. Es ist genau definiert, wann von einer Rezession gesprochen wird: wenn in Zwei aufeinanderfolgenden Quartalen die Wirtschaft, gemessen am Bruttosozialprodukt, schrumpft.
Ist das der Fall, werden sofort Verzichtsparolen die Nachrichtensendungen füllen. An Löhnen, Sozialleistungen, Abgaben, Umweltstandards und anderen Hemmnissen müssen Beschränkungen vorgenommen werden, denn „die Wirtschaft“ MUSS stimuliert werden, damit sie wieder wächst.
Aber warum ist das eigentlich so zentral? Kaum ein Prozess, der uns sonst in der physikalischen Welt umgibt, wächst beständig. Im Gegenteil, die meisten natürlichen Prozesse besitzen zyklisch wiederkehrende Wachstums- und Rückbildungsphasen. Dennoch wird für die Wirtschaft unaufhaltsames Wachstum vorausgesetzt und wenn dies ausbleibt, werden Krisen ausgerufen, die koste es was es wolle, überwunden werden müssen.
Um zu verstehen, weshalb das grenzenlose Wachstum notwendig ist, begeben wir uns zunächst erneut auf die fiktive Insel Merkatolos, HörerInnen werden sie aus früheren Sendungen kennen. Dort gehen die Menschen politisch und wirtschaftlich frei ihren Geschäften nach und besitzen ein reines Tauschgeld in Form von Muscheln, das nicht zur kapitalistischen Wirtschaft taugt, sprich, die Menschen können nicht ihre Muscheln, also ihr Geld, für sich arbeiten lassen.
Nehmen wir an, das Boot des Fischers Paolo wurde in einem Sturm zerstört. Er muss sich ein neues Bauen lassen. Der Bootsbauer verlangt für Material und Aufwand verständlicherweise eine Gegenleistung. Vielleicht besitzt Paolo einige der Muscheln, die die InselbewohnerInnen als Tauschmittel verwenden. Das alleine wird aber nicht als Bezahlung für die Arbeit des Bootsbauers genügen. Daher verspricht ihm Paolo für den Zeitraum von 2 Jahren stets zwei schöne Fische von jedem Fang.
Technisch gesehen, hat Paolo das neue Boot zu großen Teilen auf Kredit gekauft. Er muss nun von jedem Fang etwas abgeben, hat also weniger von seinem Einkommen für sich und seine Familie. Vielleicht schafft es Paolo ab und zu einige zusätzliche Fische zu fangen und so das Mindereinkommen etwas auszugleichen. Aber er kann seinen Fang nicht grundsätzlich erhöhen. Er muss also für einige Zeit auf bestimmte Dinge verzichten. Das äußere reale Geschehen spiegelt sich in der wirtschaftlichen Situation der Beteiligten wider: der Sturm hat einen Produktivgegenstand, einen Wert vernichtet und bis dies wieder ausgeglichen ist, ist eben weniger da. Dieses Weniger spüren Paolo, seine Familie aber auch der Bootsbauer, der seine Arbeit nur Stück für Stück bezahlt bekommt. Hier kommt es zu keinem Wachstum, sondern alle haben weniger, bis der ursprüngliche Schaden ausgeglichen ist.
Ganz anders verläuft dies in unserer heutigen Welt. Hier kann und muss der Fischer einen Kredit bei der Bank aufnehmen, damit er ein neues Boot kaufen kann. Nehmen wir der Einfachheit halber an, er brauche 100.000 Euro dafür. Indem sie dem Fischer das Geld leiht, schafft die Bank neues Geld aus dem Nichts. Sie geht nicht, wie mensch vielleicht annehmen würde, in den Tresorraum und holt dort das Geld, das andere zur Aufbewahrung gegeben haben. Nein, über einen einzigen Mausklick ist das Geldwunder bewerkstelligt und das Geld für den Fischer erschaffen. Weil sie nun eine Forderung gegenüber Fischer hat, dieser muss natürlich die 100.000 zurückzahlen, hat sich die Aktivseite ihrer Bilanz erhöht. Da das Geld gleichzeitig auch aus dem fiktiven virtuellen Besitz der Bank abgezogen wird, um das Boot zu bezahlen, erhöht sich auch die Passivseite der Bank um den gleichen Betrag.
Damit nicht genug, denn die Bank lässt sich ihr Zauberkunststück mit dem Mausklick zusätzlich teuer bezahlen. Der Zinssatz und sonstige Bankgebühren schwanken je nach Zinsphase, im Schnitt liegen sie, wenn wir den Fischer als Kleinunternehmer betrachten, bei rund 5 Prozent. Dies bedeutet, der Fischer muss 5000 Euro im Jahr an Zinsen zahlen, also fehlen ihm 420 Euro jeden Monat allein für den Kapitaldienst, er hat dann noch nichts von seiner Schuld getilgt. Wenn er in 10 Jahren seine Schuld abbezahlt haben will, dann muss er, wir legen hier mal das günstigste aktuelle Angebot einer deutschen Bank zugrunde, 1054 Euro jeden Monat zurückzahlen. Was für den Fischer und seine Familie hart ist, hat in unserem Wirtschaftssystem eine positive Wirkung, denn hurra hurra, die Wirtschaft wächst! Nicht nur hat die Bank ihre Bilanzsummer vergrößert, sie hat am Ende des Kredits auch 126.480 Euro eingenommen, das heißt das virtuelle Geld, das ihr zur Verfügung steht, ist um über 25 Prozent gewachsen.
Auch der Bootsbauer und vor allem der Staat haben verdient, letzterer über zahlreiche Abgaben und Steuern während des gesamten Ablaufs. So sind sie alle gewachsen, die Wirtschaft, das Säckel des Bankers und des Finanzministers, die Geldmenge und die Bilanzen. Obwohl faktisch nicht mehr geschehen ist, als ein zerstörtes Boot durch ein neues zu ersetzen und dem Fischer 10 Jahre lang eine harte Zeit zu geben.

In der realen Wirtschaft werden nahezu alle Investitionen über Kredite getätigt. Wenn ein Boot, eine Maschine, eine Fabrikhalle, ein Lastwagen oder irgendein anderes Wirtschaftsgut gekauft wird, dann geschieht dies dadurch, dass eine Bank ihren Zauberstab schwingt und Geld erzeugt und teuer verleiht. Auch private KapitaleignerInnen können den Firmen ihr Geld leihen, man spricht dann von Unternehmensanleihen. Der Unterschied ist, dass die privaten KapitalistInnen kein virtuelles Geld aus Nichts zaubern können, sie müssen ihr virtuelles Geld, das übrigens technisch korrekt Giralgeld oder Buchgeld genannt wird, auf einem Konto zur Verfügung haben Die Firmen arbeiten dann die Kredite ab und müssen die erhobenen Zinsen zusätzlich erwirtschaften. Die Notwendigkeit, die Gewinne der Banken und/oder KapitaleignerInnen in der Geschäftstätigkeit zu erwirtschaften ist ein wesentlicher Grund, warum Unternehmen stetig weiter wachsen müssen. Genügt heute für einen kleinen Handwerker ein Umsatz von 200.000 Euro, müssen es nächstes Jahr schon 204.000 Euro sein und so weiter. Anders ausgedrückt: die Zinswirtschaft zwingt jedes Unternehmen beständig zu wachsen, um die Zinsansprüche erfüllen zu können.
Dies ist aber nicht der alleinige Faktor für das Wachstumsdiktat in unserer Wirtschaft. Denn nicht nur die allermeisten wirtschaftlichen Unternehmungen beruhen auf geborgtem Giralgeld, sondern unser gesamter Staat funktioniert nur ungeheuren Summen geliehenen Gelds. 2500 Milliarden Euro Schulden hat der deutsche Staat und alleine wegen der Zinsen steigt diese Zahl jede Sekunde um rund 11.000 Euro. Während ihr also seit ein paar Minuten diesen Podcast hört, ist der Schuldenstand schon wieder um 5 Millionen Euro gestiegen. Hört sich nicht gut an, und ist es auch nicht!
Weil der Staat, wie wir in früheren Podcasts schon ausführlicher erörtert haben, der größte Schuldenmacher von allen ist, trägt er auch die größte Zinslast. Rund 15 Milliarden Euro wird der Deutsche Staat 2022 alleine für Zinsen aufwenden, ein Wert der sich 2023 voraussichtlich verdoppelt, wegen der gestiegenen Zinsen und der vielen Neuschulden für die aktuellen Stützungs- und Ausgleichszahlungen. Nun ist auch den sogenannten StaatslenkerInnen klar, dass sie nicht unbegrenzt Schulden machen können, wenn das nicht in einer Katastrophe noch in ihrer Amtsperiode enden soll. Die EU hat festgelegt, dass die Neuverschuldung, also die zusätzlichen Schulden zum schon vorhandenen Schuldengebirge, nicht mehr als 3 Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachen soll. Hier haben wir also einen weiteren Grund, für den unbedingten Wunsch nach wachsender Wirtschaft: nur so kann der Staat noch mehr Schulden aufnehmen.
Die enorme Verschuldung des Staates führt dazu, dass ein Wachstum unverzichtbar ist. Zum einen, weil der Staat an jeder wirtschaftlichen Aktivität über Steuern mitverdient und Wirtschaftswachstum damit Steuerwachstum bedeutet. Zum anderen setzt die Größe der Gesamtwirtschaft Grenzen für die Verschuldungsmöglichkeiten des Staates – er braucht daher Wirtschaftswachstum, um sich mehr verschulden zu können.
Damit haben wir das unheilvolle Gemisch zusammen: Staat, Banken und KapitaleignerInnen haben das gemeinsame Interesse über immer mehr Schulden die wirtschaftliche Gesamtleistung zu puschen. In den USA, wo die Funktionsprinzipien des Kapitalismus immer etwas ungeschminkter zu Tage treten, ist es längst üblich, dass die Durchschnittsfamilie nur mit einem Minus über den Monat kommt und die privaten Schuldenuhren immer weiter wachsen. Jeder US-Haushalt, also John-Boy Walton und Familie, hat rund 115.000 Dollar Schulden. Das ist ein Durchschnittswert und dieses sogenannte arithmetische Mittel ist keine gute Größe um das Problem korrekt darzustellen. Denn es gibt in den USA natürlich auch nicht wenige Familien ohne große Verbindlichkeiten, entsprechend ist die ärmere Hälfte der Bevölkerung noch wesentlich stärker verschuldet. Die reichste Nation unserer Erde hat als Staat selbst mittlerweile eine Schuldenquote von über 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erreicht. Das würde viele Staaten in Bedrängnis bringen, die USA haben als globale Führungsmacht jedoch eine so privilegierte Stellung, dass das im Moment noch läuft.
Zum Leidwesen der Regierungen wächst die Wirtschaft schon seit langem real nur sehr wenig. Die letzte Phase, in der die Realwirtschaft bedeutsame Zuwächse verzeichnete, liegt in der sogenannten Nachkriegszeit. Nach den Zerstörungen des Weltkriegs und durch den zunehmenden Wohlstand und damit Konsum der Normalbevölkerung im sogenannten Nachkriegsboom waren bis etwa 1970 reale bedeutsame jährliche Ausweitungen der Wirtschaft möglich gewesen. Danach setzten Sättigungseffekte ein und vor allem Ölkrise und Ressourcenverknappung ließen in den folgenden Jahrzehnten keine signifikante Ausweitung der Realwirtschaft mehr zu. Im Gegenteil, wichtige alte Industrien aus dem Montan- und Stahlbereich gingen schrittweise zugrunde, der Wiederaufbau unzähliger Städte war ebenso abgeschlossen wie der kontinentale Straßenbau und die Massenmotorisierung. Später eingeführte neue Wirtschaftsbereiche wie die Computerindustrie konnten die Schrumpfungen nur in Ansätzen kompensieren. Das System, das auf beständiges Wachstum als zentrales Prinzip baute, drohte zusammenzubrechen.
In dieser Situationen schufen sich die KapitalistInnen und der Staat einen Ausweg: statt Wachstum der Realwirtschaft wurde die Erschaffung von Mehrwert zunehmend in die virtuelle Finanzwelt verlagert. Der Finanzmarktkapitalismus, der in den frühen Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts seinen Aufschwung nahm, war auf reale Wertschöpfung, Produktionssteigerungen oder Bauleistungen nicht mehr angewiesen. Das Wirtschaftswachstum wurde durch Wachstum rein virtueller Geldwerte ermöglicht. Immer wahnwitzigerer Finanzprodukte erlauben es seit 4 Jahrzehnten, virtuelle Gewinne und scheinbares Wirtschaftswachstum zu generieren. Die sogenannte Realwirtschaft, also das produzierende Gewerbe, die Industrie oder die Nicht-Finanzdienstleistungen spielen immer weniger eine Rolle.
Betrachten wir an einem Beispiel, wie so etwas funktioniert: Ihr kennt wahrscheinlich alle den Taxi-Dienst Uber, der vor allem wegen seiner schlechten Arbeitsbedingungen und verunfallter autonomer Autos hierzulande berüchtigt ist. Das Unternehmen gibt es seit 2009, es hat noch nie in seiner Unternehmensgeschichte einen Jahresgewinn verzeichnet. Da es ein großes Unternehmen ist, belaufen sich die Jahresverluste oft auf mehrere Hundert Milliarden Dollar. 2019 ging es an die Börse und da die Amerikaner nicht gerne kleckern wurden gleich 1.7 Milliarden Aktien zu 40 Dollar untergebracht. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: ein mit Hunderten von Milliarden Dollar verschuldetes Unternehmen mit jährlich immensen Verlusten wird für rund 70 Milliarden Dollar an Investoren verkauft. Nachdem die Verluste-Firma nun beim Börsen-Casino mitspielt, kann damit weiter Geld generiert werden. Bei Uber ist mit positiven Entwicklungen eher nicht zu rechnen, weshalb die Börsenspekulationen hier bevorzugt auf fallenden Kurse setzt. Damit können genauso Millionen erwirtschaftet werden, wie wenn man in ein erfolgversprechendes Unternehmen investieren würde, was ja irgendwann einmal die Idee der Börsen war. Bei all dem Gezocke verdienen nicht nur die KapitalistInnen, sondern auch der Staat kräftig und die Wirtschaftsleistung steigt. Also auch eine offenbar nicht tragfähige Geschäftsidee kann in modernen globalen Finanzcasino große Summe bewegen, einige Reiche noch reicher machen und die Wirtschaft virtuell wachsen lassen. Es sei hier ergänzend fairerweise erwähnt, dass Uber tatsächlich auch große Realinvestitionen tätigt und somit auch real die wirtschaftliche Gesamtleistung wachsen lässt.

Es wurde wahrscheinlich deutlich: wir befinden uns in sehr unsicheren Fahrwasser und die Methoden, wie aktuell das systemnotwendige Wirtschaftswachstum erzielt wird, sind fragwürdig, fadenscheinig und nicht nachhaltig. Das ist jedoch nicht das größte Problem, welches eine auf stetiges Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsweise aufweist. Denn seit der Club of Rome in seiner berühmten Schrift im Jahre 1972 die Grenzen des Wachstum aufgezeigt hat, sollte eigentlich allen EntscheidungsträgerInnen klar sein , dass fortwährendes zwangsweises Wachstum in einer endlichen Welt in den Untergang führt. Sich progressive gebende Regierungen, wie die aktuelle deutsche, versuchen daher mit Schlagworten vom grünen Wachstum und Wachstum ohne Umweltzerstörung den Widerspruch zu vereinen. Es ist unklar, ob sie ihre Botschaften selbst glauben, glaubhaft sind sie jedenfalls nicht. Bislang gilt die Wachstumsdoktrin ungebrochen. Aktionen, wie die absurde Konsum-Förderung des Neuwagenabsatz über steuerfinanzierte Monster-Rabatte zeigen, dass die grünen Herrschenden nicht aus dem Wachstumsdiktat aussteigen können oder wollen.
In diesem Zusammenhang soll zum Schluss dieses Podcasts auf ein merkwürdiges Phänomen hingewiesen werden, dessen Hintergrund bislang unklar ist. Wir haben festgestellt, dass die Regierungen aller Länder Wirtschaftswachstum als Kardinalziel ganz oben auf ihrer Liste stehen haben. Das gilt ganz besonders für China, wo die Herrschenden seit Jahrzehnten ein recht straffes Programm durchziehen, um das Riesenreich in eine moderne Industrienation zu verwandeln. Seit etwa 2000 ist das Wirtschaftswachstum in China so etwas wie die Lokomotive der Weltwirtschaft geworden, die mit ihren gewaltigen Wachstumsschritten den ganzen Planeten mitzieht. Es wurde erwartet, dass China die USA als größte Wirtschaftsnation der Welt in wenigen Jahren überholen würden.
Aus nicht rational nachvollziehbaren Gründen hat die chinesische Führung diese Strategie seit 2020 unterbrochen. Durch rigide Corona-Lockdowns hemmt sie die wirtschaftlichen Aktivitäten weitreichend, das Wachstum des Landes bricht ein wie noch nie in den letzten 50 Jahren. Die Motive sind unklar. Die skrupellose Führung schert sich normalerweise nicht um das Wohlergehen ihrer Bevölkerung, ein besonderes staatliches Fürsorgebedürfnis ist also extrem unwahrscheinlich. Zudem nutzen die brutalen Lockdowns ja der betroffenen Bevölkerung auch nicht. Aber was ist das Kalkül oder Motiv der chinesischen Machthaber?
Moneycracy hat darauf auch noch keine Antwort. Erstaunlich und erklärungsbedürftig ist das Verhalten der chinesischen Führung in jedem Fall und es wir können nur spekulieren, welche Ziele Xi Jinping wichtiger als das heilige Wirtschaftswachstum sind.
Was wir euch aber erzählen können, ist, wie USA die Nachkriegswirtschaftsordnung nach eigenen Bedürfnissen gestaltet hat und wie das den Weltkriegssiegern aber auch den Besiegten über einen historisch gesehen unglaublich langen Zeitraum Wohlstand verschaffte. Im nächsten Podcast also: die glorreiche Nachkriegsordnung von Bretton Woods!

Anmerkung (September 2023) zum letzten Abschnitt: dieser Podcast wurde ursprünglich Ende 2022 erstellt und erstmals gesendet - kurz bevor die chinesische Führung ihre Lockdown-Politik aufgab. Das Primat des Wirtschaftswachstums hat also auch hier wieder gesiegt.

Episode und Musik von Frederick Liberatout.

This podcast features music created using Groovepad. Free available on Google Play and Apple Store,

Kommentare
04.09.2023 / 19:46 Andreas, Radio T
Ausschnitte gesendet im Detektor vom 04.09.23
Vielen Dank!