Rechtsextreme Gewalt im Parlament und auf der Strasse

ID 12583
 
NPD im sächsischen Landtag: Sonderzüge für politische Gegner?; NPD-MV Vorsitzender Köster verurteilt; Rechte Gewalt in der BRD angestiegen; rassistischer Mord in Belgien
Audio
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mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 12.05.2006 / 20:44

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Falk Schlegel
Radio: LOHRO, Rostock im www
Produktionsdatum: 12.05.2006
keine Linzenz
Skript
Wie jüngst in Potsdam offenkundig wurde verschärft sich das Problem des gewalttätigen Rechtsradikalismus auf der Strasse. Angeheizt wird diese Gewalt auch durch Verharmlosungen und revisionistische Debatten in Parlamenten. Der stellvertretende Vorsitzende der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Uwe Leichsenring, wünschte sich am Donnerstag Sonderzüge für den Abtransport politischer Gegner. Auf den Zwischenruf "Es gab schon mal Sonderzüge" antwortete Leichsenring: "Ja, ja, manchmal wünscht man sie sich wieder, wenn ich manche so sehe". Gemeint waren also Deportationen nach Art des NS-Regimes, das Millionen Menschen auf dem Schienenweg in Vernichtungslager schickte. Konsequenzen aufgrund mutmaßlicher Volksverhetzung wird es wohl aber nicht geben. Die vom sächsischen Landtagspräsidenten verhängten Sanktionen gegen den Abgeordneten beschränken sich auf den Ausschluss von drei Parlamentssitzungen; ebenfalls darf er in diesem Zeitraum nicht an Ausschusssitzungen teilnehmen.
Tags zuvor wurde nicht nur der NPD-Landesvorsitzende von M-V, Stefan Köster, er war gleichzeitig Anmelder der bundesweiten Demo seiner Partei am 01.Mai in Rostock, zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe aufgrund einer Körperverletzung aus einer Parteiversammlung heraus verurteilt. Das deutsche Bundesministerium des Innern hatte auch bekannt gegeben, dass die Zahl politisch motivierter Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund im vergangenen Jahr um 27,5 Prozent auf 15.361 stieg. Gewalttaten dieser Szene nahmen im gleichen Zeitraum um 24,3 Prozent auf 1.034 zu. Damit finden in Deutschland täglich drei gewaltsame Übergriffe durch Angehörige des faschistischen Milieus statt. In diesem Sinne ist Deutschland bereits Weltmeister.
Die NPD, die vor eineinhalb Jahren mit fast einem Zehntel der abgegebenen Stimmen in den sächsischen Landtag gewählt worden ist, versteht sich als parlamentarische Speerspitze ihrer außerparlamentarischen Klientel. Die Abgeordneten ließen von Anfang an keinen Zweifel an ihrer Nähe zu NS-Methoden. Im März erklärte ein sächsischer NPD-Parlamentarier auf die Frage, ob sich seine Fraktion von der Ideologie der NSDAP distanziere: Warum sollten wir?

Am Donnerstag wurde die unheilvolle Verquickung von parlamentarischem und gewalttätigen Rechtsextremismus ebenfalls in Belgien überdeutlich. Ein 18jähriger Rassist tötete in Antwerpen eine dunkelhäutige Frau und ein, in ihrer Betreung befindliches Mädchen, mit gezielten Schüssen. Eine weitere türkische Frau war schwer verletzt worden. Der Mörder stammt aus einer bekennenden rechtsextremen Familie. Die Belgische Regierung verurteilte inzwischen die rassistischen Morde und rief zur Besonnenheit auf. Die Bluttat zeige, welch schleichendes Gift Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft geworden seien, sagte der Vorsitzende der flämischen Liberalen, Bart Somers. Der flämische Sozialistenchef Johan Vande Lanotte rief dazu auf, die Gesetze über den Verkauf von Schußwaffen zu überprüfen.
Der 18jährige Täter hatte das Gewehr am Morgen vor der Bluttat gekauft. Aufforderungen der Polizei, die Waffe niederzulegen, kam er nicht nach. Ein Polizist streckte den Täter dann mit einem Bauchschuß nieder. Der Mörder liegt im Krankenhaus und steht dort unter Arrest. Der Angreifer hatte zunächst auf die türkische Frau geschossen und ging dann auf die zweite Frau zu, die ein zwei Jahre altes Kind bei sich hatte. Die beiden letzten Opfer seien sofort tot gewesen. Die Türkin befindet sich inzwischen außer Lebensgefahr.
Der 18jährige stammt aus einer Familie mit rechtsextremem Hintergrund. Eine Tante sitzt für die ausländerfeindliche flämische Partei Vlaams Belang (VB) im belgischen Parlament. "Daß der Täter VB-Aufkleber in der Tasche gehabt haben soll, darf nicht dazu führen, daß unsere Partei stigmatisiert wird", sagte der VB-Vorsitzende Frank Vanhecke der Zeitung "De Morgen".
Die Rechtsextremisten im Parlament fürchten also mit den Morden in Zusammenhang gebracht zu werden. Die eigene stigmatisierende Politik wurde bisher jedoch nicht hinterfragt. Belgien ist das europäische Land mit dem höchsten rechtsextremen Wählerpotenzial.

Kommentare
17.05.2006 / 13:03 wolli, Radio Unerhört Marburg (RUM)
gesendet
im zip-fm vom 17.05.06