Kampf um die Köpfe – der neoliberalen Think-Tank „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM)

ID 12700
 
Kampf um die Köpfe – der neoliberalen Think-Tank „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM)

Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) präsentiert sich gerne als unabhängige, neutrale „Reform“bewegung – ein Blick hinter die Kulissen zeigt jedoch, dass die Lobbygruppe Propaganda im Auftrag der Arbeitgeberverbände betreibt.

Hintergründe + O-Töne von Wirtschaftsvertretern + Interview mit Ulrich Müller von "LobbyControl"
Audio
09:15 min, 8671 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.05.2006 / 13:38

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Politik/Info
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: david siebert
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 23.05.2006
keine Linzenz
Skript
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Kampf um die Köpfe – der neoliberalen Think-Tank „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM)

Die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) präsentiert sich gerne als unabhängige, neutrale „Reform“bewegung – ein Blick hinter die Kulissen zeigt jedoch, dass die Lobbygruppe Propaganda im Auftrag der Arbeitgeberverbände betreibt.
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(Jingle)

Ob auf Wahlplakaten, in Politikerreden, in Talkshows oder in Zeitungsartikeln – neoliberales Gedankengut hat längst die Meinungsherrschaft in Politik und Medien in Deutschland erobert. Dafür sorgen unter anderem Lobbygruppen wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“.

(O-Töne INSM)

Martin Kannegiesser, Präsident des Arbeitgeberverbandes, Dr. Hans Tietmeyer, ehemaliger Präsident der deutschen Bundesbank, Prof. Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln und Florian Gerster, EX-Chef der Bundesagentur – auf der Website der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist man in bester Gesellschaft. Allerdings ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen um was es diesem modernen Think-Tank in Wirklichkeit geht. Zur Strategie der neoliberalen Denkfabrik gehört es, sich als unabhängige, neutrale Reformbewegung zu präsentieren.
„Chancen-für-alle.de“ nennt sich etwa eine der zahlreichen Internet-Seiten der INSM und auch das Credo ihres Förderverein kommt ganz unverfänglich daher. Dort ist zu lesen:
„Der Forderverein Initiative Soziale Marktwirtschaft e.V. ist strikt überparteilich und gemeinwohlorientiert. Er versteht sich als Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger, die sich dem Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet fühlen.“

Neben den Vertretern des neoliberalen Mainstreams schmückt sich die Initiative auch mit vielen anderen unverdächtigen Namen und gibt sich pluralistisch. Auf Seiten der SPD war lange Zeit Wolfgang Clement für die INSM tätig. Die Grünen-Politikerin Christine Scheel hat früher für die Initiative geworben und der grüne Finanzexperte Oswald Metzger ist immer noch für die INSM als sog. Botschafter aktiv. Im Textarchiv der Website sind sogar Reden von Globalisierungskritiker Peter Wahl von Attac zu finden.

Mittlerweile häuft sich aber die Kritik an der Lobbyorganisation. Dafür haben zahlreiche Buchpublikationen gesorgt, die der INSM den Nimbus einer überparteilichen Instanz streitig machen und eine neue Debatte um die Rolle des politischen Lobbyismus in der BRD angestoßen haben. Für Schlagzeilen sorgte auch der Skandal um die TV-Serie „Marienhof“: Das Fernsehmagazin Monitor deckte auf, dass die Initiative Dialoge bei der Daily-Soap gekauft hatte um ihre Propaganda unters Volk zu bringen. Für eine solche Werbung im öffentlich-Rechtlichen Fernsehen bei bester Sendezeit muss man noch nicht einmal viel Geld zahlen. Der Preis für das Themenplacement in 7 Folgen betrug gerade mal 58.000 Euro. Die Botschaft der gekauften Dialoge war deutlich: Lohnnebenkosten müssen runter, Arbeitszeiten rauf.


Wir sprachen mit Ulrich Müller über die Vorgehensweise der INSM. Er ist Mitherausgeber des Buches „gesteuerte Demokratie“ , und beobachtet für die NGO Lobbycontrol kritisch die Arbeit der INSM.