Vogel der Woche (379): Faselhuhn

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ich wollt', ich wär' ein Huhn...
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02:56 min, 4131 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 11.03.2024 / 09:27

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Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 11.03.2024
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Das Faselhuhn. Gallus fabulans.

Großartige Moritaten weiß so ein Faselhuhn zu berichten, es stellt Käpt'n Blaubärs moderne Sagen, die Stichlingslänge der [Münchhausengans] und sogar die fantastischen Geschichten der [Kleinen Waldschwätzmuschel] nicht nur in den Schatten, sondern gleich ins Parkhaus.

Aber nun vernehmt selbst, was das Faselhuhn uns zu berichten hat:

Ich saß auf einem Beine
und dachte mir, bei meine,
Ich sah den Herren Walther
aus dem Mittelalter.

Es braucht ein bisschen Entschlüsselungshilfe durch einen studierten Mediävisten, um das Fasel- oder Martinshuhn, das im Jahre 1385 eine Art Naturaliensteuer darstellte, richtig zu verstehen: in seiner Moritat behauptet es nämlich, den auch heute noch berühmten Herrn Walther von der Vogelweide getroffen zu haben! Nun war der Herr Walther aber schon seit 155 Jahren tot, und wir fragen uns, wie das Faselhuhn das hinbekommen hat:

Als wie ich so da saße,
neben einem Gefaße,
in dem der Walther stake
in Formalinen-Lake

Jetzt pumpt sich schon der Anatomieprofessor zu einem empörten Schrei auf, das könne ja wohl schon mal gar nich hinhauen, weil das Formalin, das wäre erst um 1890, und da wäre der Herr Walther ja schon über 750 Jahre tot, und so alt könne auch kein Faselhuhn werden:

In Bielefeld ich saße
neben Walthers Faße,
auf der Vogelweide
der Bielefelder Heide

Erzürnte Volksmassen gesellen sich zu Mediävist und puterrot angelaufenem Anatomieprofessor und beginnen zu skandieren, dass es Bielefeld nicht gäbe. Die nächste Strophe des Huhns geht im Krawall unter:

Ich bin ein Faselhuhn
und hab nicht viel zu tun,
ich mach euch alle hoch
mit einem Faselspruch

Messer und Beile werden geschwungen, Schreie nach Kohlen und Feuerzeug werden laut, eine Volksmasse bereitet sich auf das Zubereiten des Faselhuhns vor – und verpasst dabei den leisen, durchaus gemächlichen Abgang ihrer "Naturaliensteuer" durch eine niedrige Hecke.

Bis zum nächsten Mal!

Kommentare
11.03.2024 / 19:30 moma, coloRadio, Dresden
gesendet am 11.3.24 im magazin
dank!