Anmoderationsvorschlag:

Fußballbücher werden derzeit in rauen Massen auf den Büchermarkt geschwemmt und auf die speziell dekorierten Auslagen der Buchhändler gestapelt. Auf die allermeisten davon können wir getrost verzichten. Doch einige Highlights wollen wir nicht in der WM-Vermarktungshysterie untergehen lassen. Ein besonders erwähnenswertes Exemplar der Gattung Fußballbuch heißt „Futbolistas“, ist gerade bei Assoziation A erschienen und beschäftigt sich mit "Fußballdiskursen" in und Über Lateinamerika. Markus Kilp hat es für Sie gelesen:

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Hoffnungen, Helden, Politik und Kommerz – der von Dario Azzelini und Stefan Thimmel herausgegebene Band nähert sich auf vielschichtige Weise dem Phänomen Fußball in Lateinamerika. Nirgendwo anders auf der Welt werden schließlich die Helden dieser Sportart so vergöttert wie in Lateinamerika: ein Ronaldo, ein Maradonna und Pele zeugen von der speziellen Kultur des Fußballs. Als Exportschlager werden diese lateinamerikanischen Helden und Mini-Helden wiederum in den europäischen Ländern vermarktet. Die Schattenseite Kommerz geht Hand in Hand mit dem Import der Fußballstars.

In „Futbolistas“ geht es den Autoren aber auch um die politischen und sozialen Aspekte des Fußballs, die hier in Europa weniger bekannt sind. Wer weiß schon das Rassismus auch in südamerikanischen Stadien, wie zum Beispiel in Argentinien, immer noch eine große Rolle spielt? Wer hätte geahnt, dass die mexikanische EZLN und der italienische Star-Club Inter Mailand verbandelt sind und Freundschaftsspiele planen? Wer weiß schon näheres über die Rolle von Mädchenfußball in den Macholändern?


Ein Beispiel für die Situation in Lateinamerika: Die großen Hersteller von Sportbekleidung geben zwar Milliarden für Werbung mit den brasilianischen Top-Stars aus, haben aber anscheinend kein Geld, um die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Maquilas in Guatemala, Honduras und El Salvador angemessen zu entlohnen: dir grobenFouls von Adidas, Nike und Co beschreibt Michael Krämer in seinem Aufsatz:

Zitat S46„Arbeitstage von zehn Stunden
... sind heute noch in zahlreichen Maquilas anzutreffen.“

46 Beiträge sorgen in „ Futbolistas“ dafür, dass diese Aufsatzsammlung ein breites Spektrum von Themen erläutern kann: Von der theoretisch globalisierungskritischen Abhandlung zurKommerzialisierung, über die Beschreibung der linken Fußball-Utopie eines Cäsar Luis Menotti bis hin zu einem Einblick in die Seele der einzelnen Fußball-Fan-Fraktionen, von Mexiko bis Trinidad & Tobago.

Genauso bunt wie die Themen ist auch das Autorenteam zusammengewürfelt: lateinamerikanischen Journalisten kommen zu Wort, deutsche AktivistInnen die zu oder in Lateinamerika arbeiten beschreiben Ihre Erfahrungen bis hin zum Autnomen Kollekttiv Bielefeld, das die Situation von Ballkünstern aus Lateinamerika beleuchtet, die in ostwestfälischen4.Liga-Clubs Ihr fußballerisches daseín fristen.

Diesen Autoren gelingt es spielend die vorherrschenden Klischees vom „Südamrikanischen“ Fußball aus dem Weg zu räumen. Es macht den Blick frei, hinter die Werbe- und Medienbotschaften des komerzialisierten Fußballs zu schauen. Es ist deshalb ein wichtiges Buch über die vielleicht wichtigste Nebensache der Welt. Nicht nur für Fußballfans.

ABMODERATIONSVORSCHLAG:

Das Buch „Futbolistas -Fußball und Lateinamerika“ , herausgegeben von Dario Azzellini und Stefan Thimmel, ist bereits im Verlag Assoiation A erschienen. 256 Seiten im Paperback mit zahlreichen Fotos sind für 18 Euro zu haben