[Zip-FM] vom 1.6.2006

ID 12818
 
1.Schluss mit den Reformen – Demo in Berlin am 3. Juni 2006
2.Proteste gegen Homophobie in Russland
3.Freispruch für Online-Demo
4.Indizierungsantrag gegen „Autonome in Bewegung“
Audio
32:15 min, 15 MB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 01.06.2006 / 16:36

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: zip-fm - Gesamtsendung
Entstehung

AutorInnen: Christian Hartmann
Radio: RadioZ, Nürnberg im www
Produktionsdatum: 01.06.2006
keine Linzenz
Skript
Hallo und herzlich willkommen zu Zip-FM, dem Magazin der Freien Radios am Donnerstag den 1. Juni 2006. Zusammen gestellt von Radio Z aus Nürnberg.

Die Themen heute:

Am kommenden Samstag will ein breites Bündnis in Berlin gegen die sogenannten Reformen der Bundesregierung protestieren. Das scheint auch bitter nötig zu sein, angesichts der Verschärfungen von Hartz IV, die heute im Bundestag beschlossen werden sollen. Mehr zu der bundesweiten Demonstration in Berlin im ersten Beitrag.

Um Homophobie in Russland und anderen ehemaligen Ostblockstaaten geht es im zweiten Beitrag. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland will gegen die jüngsten Übergriffe in Moskau auf eine schwulLesbische Demonstration und gegen Homophobie in Russland allgemein protestieren.

Vor etwa einem Jahr wurde ein Aktivist der bundesweiten Initiative Libertad! wegen Nötigung erstinstanzlich verurteilt. Hintergrund war eine Online-Demonstration gegen die Lufthansa, und deren aktive Beteiligung an Abschiebungen. Nun kassierte das Oberlandesgericht Frankfurt dieses Urteil und sprach den Angeklagten frei.

Im letzten Beitrag ein literarisches Thema. Ein Buch über die autonome Bewegung soll indiziert werden. Die Verleger sehen darin eine politisch motivierte Zensur.

Zum ersten Beitrag:
Schluss mit den Reformen gegen uns! Gemeinsam gegen Massenentlassungen, Sozialabbau, innere Aufrüstung und Krieg! Unter diesem Motto soll am kommenden Samstag in Berlin demonstriert werden. Mit der Demonstration wollen die VeranstalterInnen aber auch konkrete Forderungen präsentieren:

So werden unter anderem gefordert:
Ein gesetzlicher Mindestlohn von wenigstens 10 € / Stunde
Ein ausreichendes, garantiertes Mindesteinkommen für alle Erwerbslosen ohne Arbeitszwang und Bedürftigkeitsprüfungen;
30 Stundenwoche bei vollem Lohn und Personalausgleich
Die sofortige Rücknahme der Agenda 2010 und der Hartz-IV Gesetze. Keine Zwangsumzüge!
Den uneingeschränkten Zugang zu und den Ausbau von Bildungs-, Erziehungs- und Kultureinrichtungen ohne Studiengebühren und Eliteuniversitäten.
Den sofortigen Stopp der geplanten Privatisierungen öffentlichen Eigentums und der Sozialversicherungssysteme.
Gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen.
Stopp aller Kriegsvorbereitungen!

ColoRadio aus Dresden fragte Sebastian Gerhard, „junge welt“- und „Berlin von unten“-Autor und Mitorganisator der Demonstration, ob dies nicht unrealistische Forderungen seien.

Turnusgemäß ging am 19. Mai 2006 der Vorsitz des Europarates an Russland. 46 Mitgliedsländer, weit über die Grenzen Europas hinaus, sind an dem Gremium beteiligt. Der Europarat setzt sich für die Wahrung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit ein. Doch gerade Russland unter Präsident Putin wurde vom Europarat so oft wegen Menschenrechtsverletzungen an den Pranger gestellt, wie kein anderes Land. Mehr als 80 Mal wurde Moskau vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits verurteilt, mehr als 40.000 Klagen sind noch anhängig.

Am vergangenen Wochenende gab es nun erneut einen Zwischenfall, den die Medien hierzulande in den letzten Tagen ja nun ausführlich aufgeriffen haben. Eine Demonstration Homosexueller in Moskau wurde zunächst verboten. Als dann doch demonstriert wurde, gab es zahlreiche Verhaftungen und gewalttätige Übergriffe durch Rechtsextreme. Prominentestes Opfer war der Grünen-Politiker Volker Beck, der solidarisch an der Demo teilgenommen hatte. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Schockkenhoff gab Beck eine Mitschuld und löste ein politischen Eklat aus.

Dennoch: Homophobie in Russland und anderen osteuropäischen Staaten ist ein großes Problem. Hilfe für den Widerstand dagegen, kommt dabei vor allem aus dem Ausland. So organisiert der LSVD - Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland am kommenden Freitag mehrere Proteste vor russischen Konsulaten. Europaradio sprach wir mit Eberhard Zastrau, dem Organisator der Proteste und wollten zunächst wissen, wie sich der LSVD das Phänomen der Homophobie in Osteuropa erklärt.



Am 1. Juli 2005 wurde ein Aktivist der bundesweiten Initiative Libertad! wegen Nötigung vom Amtsgericht Frankfurt verurteilt. Hintergrund war der erste Prozess überhaupt in Deutschland wegen einer Online-Demo, die am 20. Juni 2001 gegen die Deutsche Lufthansa AG stattfand. Rund 13.000 Menschen demonstrierten damals zu einem öffentlich angekündigten Zeitpunkt auf dem Internetportal der Lufthansa, um gegen das Geschäft mit der Abschiebung und dessen menschenverachtende Praxis zu protestieren.
Dieses Urteil wurde jetzt durch das Oberlandesgericht Frankfurt wegen Verletzung bestehender Gesetze aufgehben und der Angeklagte freigesprochen. Radio Z wollte von Andreas-Thomas Vogel wissen, worum es in dem Verfahren genau ging.

Das Buch Autonome in Bewegung, das bereits seit drei Jahren vom Verlag Assoziation A verlegt wird, ist von der indizierung bedroht. Das Familienministerium befand Anfang diesen Jahres, das ein solches Buch aus den Regalen der Buchhandlungen verbannt gehört und beantragte bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Indizierung.

Der Verlag findet das ein Stück „politischer Zensur“ und hält die „Darstellung und kritische Reflexion der linken Geschichte und der sozialen Bewegungen“ für unverzichtbar. Schließlich handelt es sich bei den inkriminierten Stellen ausschließlich um authentische Zitate von Autonomen, die in den 80er Jahren aktiv waren.

Über die drohende Indizierung des Buches sprach Radio Z mit Frieder, dem Verleger.

Das war Zip-FM vom 1. Juni 2006. Zusammengestellt von Radio Z aus Nürnberg.