Focus Europa 137, vom 08.08.06

ID 13535
 
Feature: "Erinnerungskultur von unten" - Neue Auseinandersetzungen um die Spanische Geschichte

Nachrichten: Bulgarien: EU Beitritt auf Kosten der Roma +++ Vattenfall-Tagebau Umweltorganisationen hoffen auf EU gegen Kohlebagger +++ Fusion: Eon-Endesa Italien blockiert Autobahnbetreiber +++ Flughafen Wien stößt bei der Übernahme des Flughafens in Bratislava auf unerwartete Hindernisse+++
Audio
17:42 min, 16 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 08.08.2006 / 13:17

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, Umwelt, Kultur, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: hvv, david
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 08.08.2006
keine Linzenz
Skript
Bulgarien: EU Beitritt auf Kosten der Roma


In Bulgarien erwartet man den nächsten sogenannten Fortschrittsbericht der EU. Unter den verschiednen Bewertungskriterien die man für einen EU-Beittritt erfüllen muß, zählt auch das Niveau der städtische Infrastruktur. Um die Städte EU-Beitrittsfähig zu machen, werden viele Stadteile dem Erdboden gleichgemacht und Luxussaniert. Zu Leiden haben darunter vor allem die Roma, die über jahrzehnte in Gettos gehalten werden.
Wenn Romasiedlungen abgerissen werden, werden den Bewohnern sogenannte "alternative Wohnungen" zugeteilt: ausrangierte Eisenbahnwagons - ohne Wasser, Strom und Kanalzugang.
Das größte Romaviertel Fakulteta der Bulgarischen Hauptstadt Sofia liegt nahe dem Zentrum..
In Fakulteta haben die Straßen zwar Namen, aber keine Asphaltdecke, die Häuser zwar Nummern, sie sind aber nicht zu finden. Fakulteta existiert auf dem Kataster Sofias nicht, obwohl hier 35.000 Menschen leben: 90 Prozent von Sozialunterstützung, 75 Euro pro Familie und Monat.
"Einen schwarzen Fleck", nennt es Mihail Georgiev, Vorsitzender der Roma-Organisation Romani Baht, was so viel wie Glück bedeutet. Der Druck auf die Roma wird durch den EU-Beitritt stärker. Denn aus Westeuropa käme die Botschaft an Bulgarien: "Nehmt eure Roma zurück!". Weil die EU-Europäer die Roma als Bedrohung sehen, würden sie auch von der bulgarischen Mehrheitsbevölkerung als potenzielles Beitrittshindernis betrachtet. Im Vorjahr bekam die minderheitenfeindliche Partei Ataka bei den Wahlen acht Prozent.

Vattenfall-Tagebau: Umweltorganisationen hoffen auf EU gegen Kohlebagger

Die Umweltorganisationen Robin Wood, BUND, NABU und die GRÜNE LIGA haben sich mit einem offenen Brief an die EU-Kommission gewandt und den Erhalt der Lacomaer Teiche nahe Cottbus gefordert. Das Unternehmen Vattenfall Europe Mining AG beabsichtige, das Gebiet durch den Tagebau Cottbus-Nord in Anspruch zu nehmen. Die Braunkohlebagger seien bereits bis auf wenige hundert Meter an das Schutzgebiet herangerückt, während die Kommission erst noch eine Stellungnahme zu dem Vorhaben abgeben solle. Die Umweltschützer appellieren an die EU, die wirtschaftlichen Interessen eines Energiekonzerns nicht höher zu bewerten als den Naturschutz.
Vattenfall rechtfertige "die Zerstörung des Gebietes" mit einem "übergeordneten öffentlichen Interesse". Nur durch die Verstromung der Braunkohle unter den Lacomaer Teichen seien die Versorgungssicherheit, stabile Strompreise und der Erhalt der Arbeitsplätze in der Region gewährleistet, so der Konzern.
Dies aber bestreiten die Naturschutzverbände und legten ihre Argumentation in einem Schreiben an die EU-Kommission dar. So sei Deutschland und insbesondere Brandenburg ein Strom-Exportland:

"50 Prozent der in Brandenburg erzeugten Energie werden in andere Bundesländer oder ins Ausland exportiert. Eine Gefährdung der Versorgungssicherheit wird es daher nicht geben, wenn der Tagebau Cottbus-Nord vor den Lacomaer Teichen zum Stehen kommt."

Die Behauptung des Unternehmens, nur durch das geplante Vorhaben könnten Hunderte von Kernarbeitsplätzen gesichert werden, betrachten die Umweltorganisationen als Scheinargument. Sie schickten der EU-Kommission 2.541 online-Unterschriften gegen das Vorhaben von Vattenfall.


Die folgenen Meldungen kam man unter der Hauptüberschrift zusammenfassen: „Nationales gegen europäisches Kapital“

Fusion: Eon-Endesa

Die spanische Aufsichtsbehörde hatte zwar in vergangenen Woche die Fusion gebilligt aber nur gegen Auflagen, die das Geschäft für EON nicht profitträchtig genug erscheinen lässt. Mit Hilfe der EU-Kommission kämpft EON nun gegen die spanische Regierung.
Die spanische Regierung hat sich von Anfang an gegen die 27 Milliarden Euro schwere Übernahme gestellt. Ihr wäre eine innerspanische Lösung lieber, bei der Endesa mit Gas Natural zu einem spanischen Energieunternehmen zusammenschmölze.
Die EU-Kommission will die Regierung zwingen die umstrittenen Auflagen auszusetzen. Sollte sich der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero dem widersetzen, könnte das weit reichende Folgen haben. Die EU-Kommission könnte beispielsweise laufende Zahlungen an Spanien einbehalten. Außerdem drohten dann auch milliardenschwere Schadensersatzklagen von Eon- und Endesa-Aktionären.

Italien blockiert Autobahnbetreiber

Der Zusammenschluss des italienischen und spanischen Autobahnbetreibers Autostrade und Albertis droht an der Blockade der italienischen Regierung zu scheitern. Diese hat die 14 Milliarden Euro Fusion untersagt. Als Grund nannte der italienische Infrastrukturminister Antonio Di Pietro einen Interessenkonflikt, da spanische Baufirmen zu den Hauptaktionären des geplanten Unternehmens gehören würden. Durch die Fusion würde der größte Mautstreckenbetreiber weltweit entstehen.


Flughafen Wien stößt bei der Übernahme des Flughafens in Bratislava auf unerwartete Hindernisse

Bei der Übernahme seines Konkurrenten dem Flughafen Bratislava könnte sich der Flughafen Wien eine Abfuhr holen. Denn die neue slowakische Links-rechts-Regierung von Premier Robert Fico hat Ende Juli einen Privatisierungsstopp für strategisch wichtige Unternehmen beschlossen. Die Anteile des Staates an Energieversorgern sowie am Bahn-Güterbeförderer Cargo Slovakia sollen demnach nicht verkauft werden. Zu den strategisch wichtigen Unternehmen, die staatlich bleiben sollen, gehören auch der Gasversorger SPP sowie regionale Energieversorger. Erst vor wenigen Wochen sagte Premierminister Fico, daß die Unterzeichnung des Kaufvertrages mit dem Konsortium rund um den Flughafen Wien ein großer Fehler war.