Focus Europa Nr. 246 am 15.01.2007

ID 15314
 
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Beitrag von Radio Rabe, Bern zum Thema 7. Weltsozialforum in Nairobi.
Nachrichten
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15:39 min, 14 MB, mp3
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Upload vom 15.01.2007 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Julia, Niels, Isa
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 15.01.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
1. Bagdad

Ungeachtet internationaler Appelle sind in Bagdad der Halbbruder des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein, al Tikriti, und der ehemalige Richter al Bandar hingerichtet worden. Die beiden waren am 5. November zusammen mit dem Ex-Diktator wegen eines Massaker an Schiiten verurteilt worden.


2. Straßburg
20 Rechtsextremisten im Europaparlament wollen sich heute zu einer eigenen Fraktion zusammenschließen. Der neuen Gruppe werden Abgeordnete rechtspopulistischer Parteien aus sieben EU-Staaten angehören.
20 entspricht der Zahl der Abgeordneten, die zur Gründung einer eigenständigen Fraktion nötig sind – bisher eine zu hohe Hürde für europäische Rechte. Da kam der Beitritt Rumäniens und Bulgariens gerade recht, denn beide Länder schicken gleich sechs neue nationalistische Abgeordnete nach Straßburg. Diese bliesen in der Vergangenheit zu Hause lautstark zur Hatz auf Sinti und Roma.
Der designierte erste Fraktionsvorsitzende Bruno Gollnisch, die Nummer zwei des Front National von Jean-Marie Le Pen, steht in Frankreich als Holocaust-Leugner bereits vor Gericht - doch er ist nicht der einzige in der neuen Gruppe, der schon durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist: Der Bulgare Siderow wittert eine global Verschwörung der Juden und Allesandra Mussolini, Enkelin des Duce, ist aus ihrer früheren Partei ausgetreten, weil diese sich in Israel für die Rassengesetze entschuldigt hat.
Philipp Claeys vom flämischen Vlaams Belang - mit drei Abgeordneten drittgrößte Kraft innerhalb des Bündnisses - sieht das jedoch nicht als Problem. "Wir wollen von keinem unserer Mitglieder antisemtisch oder offen fremdenfeindliche Sprüche im Parlament hören. Und Zweifel am Holocaust zu haben oder den Massen-Mord zu leugnen gehört ebenfalls nicht zu unserem Geschäft."
Was nach derlei Lippenbekenntnissen an offenem Rechtsradikalismus tatsächlich zum gemeinsamen Geschäft der neuen Fraktion gehört, ist zweifelhaft. Das Programm ist daher ausschließlich durch Ablehnung geprägt: Die Fraktion mit dem Namen IST für "Identität, Tradition und Souveränität" richtet sich gegen einen Europäische Superstaat, es ist gegen die EU-Verfassung und gegen einen EU-Beitritt der Türkei.
Was die Partner aus sieben Ländern weiter verbindet, ist der Kampf um parlamentarische Anerkennung und um die Privilegien, die dazu gehören. Die Aufwertung der Rechten sorgt für Unruhe im Parlament: Die Mehrheit will unter allen Umständen verhindern, dass die Extremisten salonfähig werden. Israel zeigte sich bereits tief besorgt. Doch aufhalten können sich die Rechtsextremen nur noch selbst, wenn sie wider Erwarten doch nicht genügend Unterschriften zusammen bekommen.

3. Paris
Die konservative Regierungspartei UMP hat den französischen Innenminister Nicolas Sarkozy zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gekürt. Damit wird Sarkozy bei der Wahl am 22. April gegen die sozialistische Kandidatin Royal antreten. Sarkozy erhielt 98,1 Prozent der Stimmen, allerdings blieben fast ein Drittel der Abgeordneten der Abstimmung fern.
Trotz der geringen Wahlbeteiligung beschreiben mehrere Berichte die Atmosphäre wie auf einer Krönungsmesse, und der neugekürte Kandidat versichert voller Pathos: "Mein ganzes Leben habe ich davon geträumt, Frankreich - meinem Land, meiner Heimat - nützlich zu sein. Den ersten Teil dieses Traumes habt ihr heute Wirklichkeit werden lassen. Ich habe nicht das Recht, euch zu enttäuschen. Ich muss gewinnen, gewinnen für euch, für Frankreich."
Die Präsidentschaftswahlen stehen Ende April an. Doch Sarkozy, der politische Senkrechtstarter, der in vielen Punkten als Hardliner gilt, spaltet schon jetzt die Geister. Mehr als die Hälfte der Französinnen sind beunruhigt und fürchten Sarkozys cholerisches Temperament. Seine hartes Vorgehen gegen migrantische Jugendliche in den Pariser Vorstädten vor einem guten Jahr wurde von vielen als rassistisch und nicht zuletzt als politisch unklug wahrgenommen.

4. Berlin

Die ArbeitnehmerInnen in Deutschland melden sich offenbar immer seltener krank. Nach der neuen Statistik des Bundesgesundheitsministeriums fehlten die Beschäftigten im Jahr 2006 im Durchschnitt 3,29 Prozent der Sollarbeitszeit. Das entspricht 7,2 Arbeitstagen.
Die durchschnittlichen Fehlzeiten wegen Krankheit sind damit das siebte Jahr in Folge rückläufig. Im Jahr 2006 hat die Krankenstandsquote den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Arbeitsmarktexperten nennen als einen wichtigen Grund für das Rekordtief die Angst der ArbeitnehmerInnen, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit den Job zu verlieren.
In Deutschland gelten 13% der Bevölkerung als direkt armutsgefährdet. Das sind über 10 Mio. Menschen.