Buchtipp: "Der Tag, an dem der Banker baden ging"

ID 15797
 
Heiko Rosners schreibt eine Mischung aus Thriller und moderner Robin Hood-Story. Im Vordergrung steht dabei aber der bitterböse Humor und die Satire auf aktuelle spätkapitalistische Verhältnisse.

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Audio
05:59 min, 5617 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.03.2007 / 08:41

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Klassifizierung

Beitragsart: Rezension
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Kultur
Serie: Radio Palmares - Magazin
Entstehung

AutorInnen: Markus Kilp, Thomas Schroedter, Susi Lamberto
Kontakt: tomschrott(at)yahoo.com
Radio: PalmaresPB, Paderborn im www
Produktionsdatum: 02.03.2007
keine Linzenz
Skript
Anmoderationsvorschlag:

Heiko Rosner begann seine journalistische Laufbahn in der Lokalredaktion der Frankfurter Neuen Presse. Schrieb vorübergehend gleichzeitig für das Boulevardblatt Abendpost/ Nachtausgabe und den Pflasterstrand. Seit 1986 ist er Mitarbeiter der Hamburger Cinema-Redaktion, dort ist er Textchef und derzeit Chefreporter. In seinem neuen, bei Edition Nautilus erschienen Roman beleuchtet er mit schwarzem Humor die Auswüchse des Spätkapitalismus. Markus Kilp hat sie für uns gelesen:


Sprecher1:

Heiko Rosners schreibt eine Mischung aus Thriller und moderner Robin Hood-Story. Seine Story spielt in der nahen Zukunft, in den Zeiten von Hartz VII. Harald Schmidt ist Chef der Bild-Zeitung. Ein zum Islam konvertierter ehemaliger Zeit-Reporter will den Hamburger Hauptbahnhof in die Luft sprengen und Toby, der Sohn eines bekannten Bankers, zündet zu den klängen von Patti Smith die heimische Villa in Brand ...

Musik ... Patti Smith: „ Outside of society, they are waitin”

Unterlegt Zitat Toby … S11/12

Tobys Wut richtet sich gegen seinen eigenen Vater, der nicht nur privat unbeliebt ist. Seine Obsession ist es, für seine Bank und für sich den Maximum an Gewinn rauszuholen. Dabei stören vor allem die Menschen, die er beschäftigt: Die sind in Marks Augen „Kostenstellen mit Ohren“ und „Disposchleicher“. Jetzt gerade steht wieder ein Deal mit chinesischen Übernahme-Interessenten an, bei dem einige zehntausend Beschäftigte das Bauernopfer sind.

Am gleichen Tag wird er allerdings entführt. Hier greift der eigentliche Erzählstrang des Romans. Herr Meier der sympathische aber unnachgiebige Entführer, rächt sich für die anderen Entrechteten, Freigesetzten oder, wie es der Banker nennt, die „Augespachtelten“. Er sperrt sein Opfer mit dem schönen Namen Johann Marks in den Keller einer ehemaligen Schule.

Dort holt er in von seinem Thron unnahbaren Geldadels und konfrontiert ihn mit den sozialen und persönlichen Folgen seines Handelns.

ZITAT: S.69 : „Dieses Land verarmt ... stellte die Ohren auf Durchzug.“

De uneinsichtige Marks erhält allerdings die Strafe und der zunächst unterschätzte Herr Meier lässt ihn sprichwörtlich in seinem Geld ertrinken. Illustriert und hinterfüttert wird die Entführung vom Autor vor allen Dingen durch Anspielungen auf die Situation von Journalisten und Medienschafenden in Zeitungs-Verlagshäusern, die den Hals nicht voll kriegen und ihre Angestellten massenhaft entlassen oder in prekäre Beschäftigungsverhältnisse abschieben.

Der „badende Banker“ ist – nicht zuletzt wegen des auf dem Cover des Buches abgedruckten „Victory Zeichens“ – eine Anspielung auf einen ehemaligen Bankchef im realen Leben. Humorvoll wird er hier als Parodie der neuen Generation von Heuschrecken-Kapitalisten charakterisiert.

Rosners Witz erinert an den englischen Humor von Monthy Python und Terry Gilliams „Brazil“. Unverkrampft und mit leichter Hand baut er – wie in einem guten Film – auch amüsante Nebenschauplätze ein. So lässt er Angela Merkel in einer Nebenrolle über die Lage in der eigenen Partei grübeln...

Zitat Angie:

„Undankbares Pack. Wer hatte denn den Arbeits-Service für Langzeit-Arbeitslose eingeführt? Die Konjunktur-Steuer? Die Kopfpauschale? Die Wohlfahrtshilfswerke? Das Land war auf dem Weg nach oben, die Kernkataloge begannen zu greifen – Kernkataloge war das neue Wort für Reformen –, die Halbbeschäftigung war fast erreicht und mit den wenigen Hungerdemonstranten vor dem Reichstag wurden die Baggerführer fertig. Deutschland war ein Land der Zukunft und der positiven Umgestaltung. Und das war allein ihr Verdienst, das ließ sie sich von keinem kleinreden, nicht von Pocken-Norbert und seinem besoffenen Hessen-Mob, nicht von Zecken-Wulff und schon gar nicht vom Rollermann, der alten Trantüte.“

Ob Angie im Roman den heißesten Tag des Sommers heil übersteht, sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Während in Hamburg bei der Kanzlerin das Chaos herrscht, geht jedenfalls in Frankfurt der entführte Banker im wahrsten Sinne des Wortes Baden.

Frankfurt und Hamburg das sind die beiden Hauptpunkte, um die sich nicht nur in der Biographie des Autors dreht sondern auch diese lebendige Satire. Und so spielt das partielle „Happy End“ auch in der Mai-Metropole – das gibt es nämlich nach der Entführung für einige Frankfurter Autonome.

Eine sehr unterhaltsame antikapitalistische Politik- und Mediensatire. Wenn einem anarchischer Humor mit politische Hintergrund zusagt, ist dieses Buch absolut lesenswert und garantiert zum Lachen.

Abmo-Vorschlag:
Heiko Rosners Roman „Der Tag an dem der Banker baden ging“ ist bei der Hamburger Edition Nautilus erschienen – 156 Seiten gibt es für 13, 90 Euro