Zum Jahrestag des Todes von Günther Sare

ID 18617
 
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Günther Sare starb vor 22 Jahren, am 28. September 1985, bei einem Wasserwerfereinsatz der hessischen Polizei.
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03:29 min, 3273 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 07.09.2008 / 17:53

Dateizugriffe: 1068

Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: contra.funk
Kontakt: contra.funk(at)bermudafunk.org
Radio: bermuda, Mannheim im www
Produktionsdatum: 02.09.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Am 28. September 1985 veranstaltete die NPD eine Versammlung im Bürgerhaus des Frankfurter Stadtteils Gallus. Auf dem angrenzenden Schulhof hatten etwa 1.000 Menschen an einem Nachbarschaftsfest gegen die NPD teilgenommen. Im Anschluss an die Kundgebung versuchten zahlreiche DemonstrantInnen, den Zugang zum Haus Gallus, in welchem sich die NPD versammeln wollte, zu blockieren. Ein Teil der NPD-Anhänger konnten am Betreten des Bürgerhauses gehindert werden.
Die Polizei setzte immer wieder Wasserwerfer und Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein.

In den Abendstunden ging die Polizei dazu über, die Straßen von GegendemonstrantInnen zu räumen und setzte dabei wieder Wasserwerfer ein. Kurz vor 21 Uhr kam es zu Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantInnen und der Polizei an der Kreuzung Hufnagelstraße/Frankenallee. Die meisten DemonstrantInnen flohen die Hufnagelstraße hinunter.
Im Verlauf dieses Polizeieinsatzes geriet Günther Sare unter gezielten Wasserwerferbeschuss, versuchte zu fliehen, stürzte und wurde von einem zweiten Wasserwerfer überfahren. Die Polizei verweigerte zuerst Demosanis und Ärzten die Hilfeleistung und vertrieb unter Schlagstockeinsatz weitere Hilfswillige. Ein Notarztwagen traf verspätet ein. Kurz darauf starb der Schwerverletzte.

Verschiedene Versionen über die Todesursache wurden umgehend in Umlauf gesetzt: So soll sich auf der Kreuzung, wo der Vorfall stattfand, eine Menschenansammlung befunden haben, die die Polizei attackierte. Dann hieß es, Günther Sare sei von einem Stein am Kopf getroffen worden, gestürzt und dann unter die Räder geraten. Als nächstes wurden Günther Sare ein Stein und später ein Rundholz angedichtet, das er auf den Wasserwerfer geschleudert haben soll.
Die Meldungen dienten vor der Öffentlichkeit als Begründung, in den kommenden Tagen jegliche Protestversammlungen in der Frankfurter Innenstadt auseinander zutreiben-, zeitweilig glich die Stadt einer Polizeifestung.

Fast ein dreiviertel Jahr später legte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungsergebnisse vor: Danach war die Kreuzung auf der Günther Sare von dem Wasserwerfer überrollt wurde, hell erleuchtet und übersichtlich, und Günther Sare stand allein dort, als er unter gezielten Beschuss zweier Wasserwerfer geriet. Der Todeswasserwerfer stand nicht unter Bewurf und aus dem Inneren des Fahrzeugs boten sich beste Sichtverhältnisse. Doch die beschuldigte Wasserwerferbesatzung will Günther Sare nicht gesehen haben, weder vor dem gezielten Wasserstrahl, noch, als der Getroffene zu entkommen versuchte. Alle fünf Besatzungsmitglieder hatten ihr Augenmerk angeblich gleichzeitig in eine andere Blickrichtung gelenkt. Der Kommandant und der Fahrer des Wasserwerfers wurden in der zweiten Instanz vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Merkwürdig bleibt aber, dass die Tonaufzeichnungsanlage, die den Funkverkehr mit anderen Einsatzkräften aufnehmen soll, just in diesem Augenblick funktionsuntüchtig gewesen sein soll. Auch Videobilder der Dokumentationstrupps liegen nicht vor. Ungeklärt ist ebenfalls die Öffnung des Fahrtenschreibers unmittelbar vor und nach dem tödlichen Einsatz. "Dies legt den Verdacht der Beweismittelmanipulation nahe", schreibt Rechtsanwältin Waltraud Verleih, die die Angehörigen Günther Sares in einer Nebenklage vertrat, in einer Presseerklärung.

Wasserwerfereinsätze gehören auch heute noch zum normalen Polizeieinsatz bei Demonstrationen. Schwerste Verletzungen, zum Beispiel der Augen von DemonstrantInnen sind dabei keine Seltenheit, wie zum Beispiel bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm geschehen.

Kommentare
04.09.2007 / 08:47 theo,
gesendet am 3.9.2007 zwischen 19.10-20.00 im Magazin
danke