Fingerabdrücke im elektronischen Reisepass

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anmod: Die grenzen dicht zu machen ist nicht erst „in“, seitdem terrorismus sicherheitspolitische debatten bestimmt und biometrische erfassung ist so neu auch nicht. Zum beispiel: seit jahren schon gibt es eine europaweite datenbank für fingerabdrücke von asylbewerbern, um zu verhindern dass eine abgewiesene person sich in einem anderen eu mitgliedsstaat erneut bewirbt.
Die elektronischen reisepässe sind eine eu vorgabe, aber die bundesregierung deutschlands hat sich mit der umsetzung dieser ebenso beeilt wie auch mit der vorratsdatenspeicherung.
Audio
08:04 min, 11 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 21.01.2008 / 19:03

Dateizugriffe: 323

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: gudrun
Radio: radio flora, Hannover im www
Produktionsdatum: 20.11.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Seit dem 1.11. 2007 ist es soweit fingerabdrücke im reisepass
Das risikoprojekt totalerfassung geht also weiter.
Dazu gab es eine kleine video ansprache von Innenminister schäuble im internet, in der noch einmal letzte zweifel aus dem weg geräumt werden sollten.
„liebe mitbürger möchte reisepass vorstellen bereits seit 2005 im neuen fingerabdrücke alle eu mitglieder dabei organisierte kriminalität terroristen grenzüberschreitend sicherheit der reisedokumente erhöhen ..es soll kriminelle daran hindern in unsere länder einzureisen und echte sollen nich von anderen verwendet werden nur weil die dem passinhaber ähnlich sehen.“
soweit so schlecht
nicht nur fakten sprechen gegen argumentationen dieser art sondern auch der gesunde menschenverstand.
Der deutsche pass gilt als einer der sichersten weltweit. In den letzten fünf jahren gab es gerade einmal 6 passfälschungen. Weiterhin ist der bundesregierung kein einziger fall bekannt indem zur planung und/oder durchführung terroristischer akte ein bundesdeutscher pass gefälscht wurde.
Der rfid chip im pass, der ein passiver funkchip ist auf dem das foto und die fingerabdrücke gespeichert sind, kann mit geringem aufwand von nichtberechtigten Personen mit entsprechenden geräten ausgelesen werden. außerdem ist es möglich das berechtigte auslesen zum beispiel am flughafen abzuhören, ebenfalls mit geringem aufwand. Diplomatenpässe werden wohl aus diesem grund weiterhin ohne rfid chip ausgestellt und selbst bka chef zierke verpackt seinen reisepass in einer funkdichten abschirmhülle. An dieser stelle sei gesagt ein in alufolie verpackter rfid chip ist abgeschirmt.
Nun zu den fingerabdrücken selber. Bei den kommunalen meldeämtern passiert das was allgemeine hin als erkennungsdienstliche behandlung bezeichnet wird. Die zeigefingerabdrücke werden abgenommen um dann als digitales bild auf dem chip gespeichert zu werden. Bei den meldeämtern werden Unterschriften, die digitalen fotos und fingerabdrücke gespeichert. Wer darauf zugriff erhalten kann, ist unklar. Eine bundesweite biometriedatenbank also nur ein frage der zeit?
Doch der fingerabdruck selber hat in allen bisher durchgeführten tests und auch in der praxis eine fragwürdige quote. Gerade bei senioren liegt die nichterkennung bei ca.30%, da im alter die haut dünner wird und der fingerabdruck nicht erkannt wird. Bei Menschen, die handwerklich hart arbeiten oder mit chemischen substanzen in berührung kommen, gibt es die gleichen tendenzen. Oder einfach zuviel schweiß oder dreck auf dem finger schon wird der fingerabdruck nicht erkannt.
Das bedeutet in der praxis stress, einen erhöhten zeitaufwand und unter umständen repression, sei es am flughafen oder an der grenze.
Abgesehen davon ist der epass auch ohne funktionierenden rfid chip gültig, was das wiederum an einer grenze im kontakt mit geschultem grenzpersonal bedeutet?
Da hinken wohl die tatsächlichen den vorgegaukelten technischen möglichkeiten hinterher.
Doch Dazu noch einmal innenminister schäuble:
"deutschland deutschland deutschland"
Wie eine kleine anfrage der pds an die bundesregierung gezeigt hatte, war dann wohl doch massgeblich für die epass einführung der zu erwartende wirtschaftsaufschwung.
Der ehemalige innenminister otto schily war bis 2005 die treibende kraft hinter der epass einführung. Mittlerweile hat schily Aufsichtsratsmandate bei zwei Firmen angenommen, die auf dem Gebiet der biometrischen Sicherheitstechnik aktiv sind. Während die Byometric Systems AG mit Sitz im bayerischen Mitterfelden auf die Iris-Erkennung spezialisiert ist, bietet SAFE ID Solutions AG (Unterhaching) Hard- und Software-Lösungen für die Personalisierung elektronischer Ausweisdokumente an.
dazu erklärt ChaosComputerClub-Sprecher Dirk Engling:
"Die Einführung dieser Risikotechnologie ist offenbar vorwiegend durch die privatwirtschaftlichen Interessen nicht nur ehemaliger Regierungsmitglieder motiviert – eigentlich ein Fall für die Korruptionsliste von transparency international"
Offen sind nach wie vor die tatsächlichen finanziellen Belastungen der biometrischen Vollerfassung für die Allgemeinheit. Trotz der inzwischen nahezu abgeschlossenen Beschaffung der Geräte gibt es immer noch keine Aufstellung der entstehenden Gesamtkosten.
Der ccc schätzt diese aber auf ca. eine milliarde euro.
Ein letztes kapitel muss noch aufgeschlagen werden: die bundesdruckerei.
Hier werden nämlich die bundesdeutschen pässe hergestellt.
Die Bundesdruckerei GmbH, Berlin, entwickelt und liefert Systemlösungen und Dienstleistungen für sichere Identifikation und zählt weltweit zu den führenden Unternehmen in diesem Bereich. Neben kompletten Pass- und Ausweissystemen fertigt die Bundesdruckerei Banknoten, Postwertzeichen und Steuerzeichen sowie elektronische Publikationen.
Im jahr 2000 wurde die bundesdruckerei vom damaligen Finanzminister Hans Eichel (SPD) gegen den Willen des ehemaligen Innenministers Otto Schily privatisiert.
Für überteuerte eine Milliarden euro übernahm die britische Investorengruppe Apax Partner das Unternehmen, das in die Authentos-Gruppe eingegliedert wurde. Diese war nach zwei Jahren praktisch pleite und wurde für einen Euro an einen Mitarbeiter der Anwaltssozietät Clifford Chance verkauft. Seitdem schuldet die Bundesdruckerei der Hessischen landesbank (heute: Landesbank Hessen-Thüringen) 400 Millionen und dem Bund 300 Millionen Euro und soll jetzt wieder einmal verkauft werden.
Aber nicht ins ausland wie einige bundestagsabgeordnete schon zu bedenken gaben.
Was bleibt sind nicht nur die milliarden, die für die Herstellung der Pässe, die Herstellung und Wartung der Lesegeräte, die Schulung des Grenzpersonals etc. ausgegeben werden. Dieses geld fehlt an anderen stellen. Finanzielle Mittel für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, die Kontrolle an Grenzen auf Waffen und Sprengstoffe, die Ausrüstung und das Training von Rettungskräften, die Resozialisierung von Straffälligen und vieles mehr wäre gesamtgesellschaftlich eine sinnvollere Investition als die Verschwendung für nicht funktionierende biometrische Pässe oder Ausweise. Sollte die Technologie eines Tages doch funktionieren, drohen noch größere Schwierigkeiten. Biometrie und RFID bieten mannigfaltige Möglichkeiten der Überwachung von Menschen. Beides wird nun Schritt für Schritt eingeführt.

Kommentare
22.11.2007 / 20:27 mi, coloRadio, Dresden
gesendet
im coloradiomagazin am 22.11. Danke! sehr guter Beitrag.