Kohlekraftwerke -Sinn oder Unsinn?

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Warum spricht so viel gegen Kohlekraftwerke? Ein Interview mit Karsten Smid, dem Klimaexperten von Greenpeace.
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 23.05.2008 / 16:46

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Christina Lenzen (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 23.05.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Anmod:
Deutschland möchte in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle übernehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Sigmar Gabriel präsentieren sich international gerne als engagierte Klimaschützer. Im Rahmen des Kyoto-Protokolls hat sich Deutschland verpflichtet, bis zum Jahr 2012 21 Prozent weniger klimaschädliche Gase gegenüber dem Wert von 1990 auszustoßen.

Die Umsetzung dieser Idee lässt jedoch zu wünschen übrig. Deutschland gewinnt seinen Strom zu fast 50 Prozent aus Kohleverbrennung. Viele der bestehenden Kraftwerke sind veraltet und müssten modernisiert werden. Das könnte man als Anlass nehmen, um auf nachhaltige Energiegewinnung umzusteigen. Stattdessen sind in Deutschland derzeit 24 Kohlekraftwerke in Planung und teilweise sogar schon in Bau.

Durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl oder Gas werden große Mengen des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid in die Atmosphäre geleitet, was zu einer deutlichen Erderwärmung führt. Und die Folgen eines möglichen Klimawandels sind bekannt: Überschwemmungen, Wirbelstürme, Starkregen, die Ausbreitung von Krankheiten etc..

Bei der Kohleverbrennung wird im Gegensatz zu anderen Kraftwerken mehr als doppelt so viel Kohlendioxid ausgestoßen. Und: Kohlekraftwerke sind wenig effizient; über die Hälfte der gewonnenen Energie entweicht ungenutzt über die Kühltürme.
Noch schädlicher als die Steinkohleverbrennung ist die Verwertung von Braunkohle, weil dabei besonders viel CO2 ausgestoßen wird. Dennoch ist in der Bundesrepublik in den nächsten Jahren der Bau von 3 Braunkohlekraftwerken geplant.

Umweltaktivisten protestieren mit spektakulären Aktionen an vielen Orten gegen geplante Kohlekraftwerke. Durch den Widerstand der Bevölkerung konnte in Bremen und Bielefeld der Bau von zwei Kohlekraftwerken verhindert werden. In Ensdorf sprachen sich im November letzten Jahres in einer Bürgerbefragung 70 Prozent der Teilnehmer gegen ein Kohlekraftwerk in ihrer Umgebung aus, und verhinderten so ein weiteres Kraftwerk in Deutschland.

In Hamburg kämpfen Umweltaktivisten und Anwohner schon seit langem gegen den Bau des Kohlekraftwerkes Moorburg. Wenn das Kraftwerk gebaut wird, wird es so viel CO2 ausstoßen wie der gesamte Staat Bolivien. Der Energiekonzern Vattenfall möchte den Bau aber mit allen Mitteln durchsetzen. Die Partei der Grünen setzt sich gegen das Kraftwerk ein. Im Koalitionsvertrag, den die Grünen mit der CDU abgeschlossen haben, wird das Thema Moorburg jedoch nur ansatzweise besprochen. Viele Umweltschützer sind enttäuscht, dass die grüne Partei in diesem Fall ihre Forderung nicht radikaler durchsetzt und sich auf Kompromisse einlässt. Warum Greenpeace gegen den Bau des Kohlekraftwerkes ist haben wir den Klimaexperte Karsten Smid gefragt:

INTERVIEW

Neben den 24 Kohlekraftwerken sind in der Bundesrepublik auch neue Abbaugebiete für Kohle geplant, z.B in der Lausitz. Hier müssten für den geplanten Tagebau mehr als 1.000 Menschen umgesiedelt werden.

In Abbaugebieten wie dem Saarland kommt es wöchentlich zu kleineren Erdbeben. Im Februar diesen Jahres berichteten die Medien von einem Beben der Stärke 4,0. Dies war der heftigste Erdstoß, den es bisher im Saarland wegen Kohleabbau gegeben hat. Zahlreiche Gebäude wurden beschädigt. Auch wenn glücklicherweise keine Personen verletzt wurden, ist die Gefahr, die vom Abbau unter Wohngebieten ausgeht, unberechenbar.

Die Abbauarbeiten wurden im Saarland zunächst eingestellt, so dass für rund 3.500 Bergleute Kurzarbeit angemeldet werden musste. Im Kohleabbau wie in der Kohleverbrennung sind zahlreiche Arbeitnehmer beschäftigt, die man nicht von heute auf morgen auf die Straße setzen kann. Dies ist ein Problem, das von Politikern immer wieder als Argument gegen den Ausstieg aus dem Kohlegeschäft angebracht wird. Zumindest bei den hoch technisierten Kraftwerke ist es jedoch fraglich, ob überhaupt Arbeitsplätze in nennenswerter Anzahl geschaffen werden können.

Es ist auch nicht sicher, ob sich die Investition in Kohle wirtschaftlich lohnt. Die Kosten für den Bau neuer Kraftwerke steigen an. Außerdem sollen die sogenannten CO2-Zertifikate, welche die Kraftwerke zum Ausstoß von Kohlendioxid berechtigen, in Zukunft nicht mehr großzügig verteilt, sondern unter den Unternehmen versteigert werden. Dadurch würde das Kohlegeschäft auf Dauer unwirtschaftlich werden.

Kommentare
27.05.2008 / 01:55 AL, coloRadio, Dresden
gesendet
in Umweltthemen am 26. Mai