ELENA, Voratsdatenspeicherung von Einkommensnachweisen

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ELENA, der elektronische Einkommensnachweis ist der Nachfolger der lange diskutierten JobCard. Arbeitgeber sollen die Einkommensnachweise aller Beschäftigten in eine zentrale Datenbank einspeisen - um Geld zu sparen.

Einkommensnachweise mussten bisher von den Arbeitgebern auf Papier ausgestellt werden - für Wohngeld und Arbeitslosengeldanträge und vieles andere mehr.

Der Gesetzentwurf für das Projekt, das dem Bürokratieabbau dienen soll, wurde Ende Juni vom Kabinett verabschiedet. Jetzt muss der Bundestag zustimmen.

Es gibt aber eine Menge Kritik - schon lange vom Unabhängigen Datenschutzzentrum Schleswig Holstein und neuerdings auch in Form von zwei Petitionen.

Die Befürchtung: Ein neuer Schritt bei der Vorratsdatenspeicherung. Aber möglicherweise auch die Beschleunigung von E-Gouvernment durch die Hintertür.
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Upload vom 24.08.2008 / 22:14

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: carsten
Kontakt: syndikat(at)coloradio.org
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 24.08.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Kaum ein Monat, der vergeht, ohne dass ein Vorfall bekannt wird, bei dem sensible Daten in die falschen Hände kamen oder gar verkauft wurden.

Zuletzt konnte Mensch erfahren, dass es Personendaten mit Bankverbindung und anderen persönlichen Angaben für ein paar hundert Euro im Internet zu kaufen gibt. Die Gebindegrößen ließen dabei aufhorchen: 4 Millionen Datensätze.

Ein Nachteil dieser Daten ist sicher ihre mangelnde Systematik. Besser wäre da schon, auf die von der Bundesregierung geplante Datenbank für die elektronische Entgelterfassung zurückgreifen zu können.

Denn ungeachtet der Serie der Datenskandale hält die Bundesregierung an der umstrittenen Datenbank im Rahmen von ELENA (Elektronischer Entgeltnachweis) fest.

Ende Juni wurde der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett verabschiedetet.

Bisher müssen Arbeitgeber eine Vielzahl von Bescheinigungen zum Arbeitseinkommen ausfüllen – viele staatliche und kommunale Stellen fordern diesen Entgeltnachweis – z.B. Arbeitsagentur, Wohngeldstellen, Krankenkassen, ...

Das macht einen Haufen Arbeit und kostet Geld. Über 100 Auskunfts- und Bescheinigungspflichten müssen Arbeitgeber nachkommen. Das Elena Verfahren soll die Wirtschaft um 85 Millionen Euro jährlich entlasten, wie Detlef Borchers auf heise.de berichtet. Nach Angaben der Informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG), die für die technische Abwicklung verantwortlich ist sogar bis zu 500 000 Millionen.

Alles für den Wirtschaftsstandort Deutschland, wie die Broschüre der ITSG betont:

Wirtschaftsstandort Deutschland: Weniger Bürokratie – mehr Effizienz – Innovatinspotentiale nutzen“

heißt es einfallsreich in der Werbebroschüre der Informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG)

Vorgesehen ist, dass die Arbeitgeber in Zukunft Bescheinigungen zum Arbeitseinkommen nicht mehr auf Papier ausfüllen sondern alles in eine zentrale Datenbank eingeben.

Diskutiert wird das ganze schon lange – früher unter dem Namen JobCard, und eine Probephase ist seit 2002 im Gange.

Umstritten ist vor allem die Frage der Verschlüsselung und des Zugangs. Das unabhängige Landeszentrum für Datenschut Schleswig Holstein kritisiert in seiner neuesten Pressemitteilung, dass die Bundesregierung nicht ein Verfahren mit individueller Verschlüsselung präferiert hat. Dies hätte bedeutet, dass ein Abrufen der Daten nur mit fallbezogener individueller Zustimmung des Betroffen möglich wäre.

Der jetzt gefasst Beschluss ermöglicht technisch den zentralen Zugriff auf die Daten ohne Kenntnis der Betroffenen.

Problematisch und vor allem verfassungswiedrig ist nach Auffassung des Unabhängigen Datenschutzzentrums vor allem der Charakter der Vorratsdatenspeicherung.

Daten würden gespeichert, die beim größten Teil der Bevölkerung für die ursprünglichen Zwecke nicht benötigt werden – und nur für den Fall, dass sie benötigt werden könnten.

Das macht mißtrauisch.

Auch bei dem anderen Großdatenspeicherungsprojekt der Vorratsdatenspeicherung der Internet- und Telefonverbindungen wurden im Nachhinein noch viele Begehrlichkeiten geweckt. So werden die eigentlich zur Terrorabwehr gesammelten Daten jetzt mir nichts dir nichts im Streit um Urheberrechtsverletzungen von Tauschbörsennutzern verwendet.

Entsprechendes scheint den KritikerInnen auch im Falle Elena wahrscheinlich.

„Größtes Interesse an diesen Daten haben viele andere Stellen, allen voran die Finanzämter“, so das Unabhängige Datenschutzzentrum, das anders als viele Landesdatenschutzämter, das Vorhaben ablehnt.

Aus dem Umfeld des Arbeitskreises zur Vorratsdatenspeicherung gibt es eine Petition gegen den Gesetzentwurf und auf labournet Germany (www.labournet.de) ist eine weitere Petition von Armin Kammrad veröffentlicht.

Hauptkritik hier: Arbeitnehmer werden in Ihren Datenschutz-Rechten verletzt, um die Gewinne von Arbeitgebern zu erhöhen.

Alles wegen des Wirtschaftsstandortes Deutschland, wie wir von der ITSG wissen.

Zu allem Überfluss sollen nämlich die Bürgerinnen und Bürger die Kosten der Karte selbst tragen. Sonst wäre möglicherweise die Einsparungsbilanz auch nicht mehr so groß, da bereits die Anschubfinanzierung 55 Millionen Euro gekostet hat (die nicht von den Arbeitgebern getragen werden).

40 Euro für die digitale Signatur werden veranschlagt.

Aber das Elena-Verfahren sei ein Gewinn für alle Beteiligten, könne man mit der neuen digitalen Unterschrift doch auch im Internet endlich gesichert seine Identität nachweisen – bei Einkäufen oder bei Behörden.

Insofern dürfte das Elena-Verfahren auch ein wichtiger Schritt im Vorantreiben von E-Gouvernment – von elektronischer Regierung sein – quasi durch die Hintertür.

Informationen finden sich

beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig Holstein
www.datenschutzzentrum.de/elena/
oder bei labournet Germany
www.labournet.de/ -> unter „aktuelle Highlights“