Transporte rund um den Globus - vom Unsinn der internationalen Warentransporte

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Der internationale Warenverkehr auf den Weltmeeren und in der Luft hat beängstigende Ausmaße angenommen. Wie kann man gegensteuern?
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Upload vom 30.11.2008 / 10:56

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Gabriel Fischer (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 27.11.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Globalisierung ist in erster Linie ein ökonomisches Phänomen, das vor allem durch das Zusammenwachsen der nationalen Wirtschaftssysteme gekennzeichnet ist. Diese Integration ist einer gesteigerten Mobilität der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Know-How geschuldet. Eng mit ihr verbunden ist die Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Volkswirtschaften, die ihren Ausdruck in einer schier unglaublichen Ausweitung der internationalen Handelsströme findet.

Spätestens an dieser Stelle beginnt die Globalisierung jedoch auch ein ökologisches Phänomen - oder besser: „Problem“ – zu werden.
Die Arbeitsteilung unter den verschiedenen Volkswirtschaften der Welt hat freilich den Effekt, dass zahlreiche Produkte aus einer Reihe von ökonomischen Erwägungen heute nicht mehr an dem Ort produziert werden wie noch vor einigen Jahren.

Je nach Ressourcenverteilung und Wirtschaftspotenz kam es so vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten zu einer weltweiten Spezialisierung, die wohl kaum jemand zuvor für möglich gehalten hatte. So ist es heute nicht mehr vorstellbar, Textilien des unteren oder mittleren Preissegments mit europäischem Herkunftsnachweis zu erwerben, oder Plastikprodukte in den Läden zu entdecken, die nicht im Reich der Mitte hergestellt wurden.


Die Konsequenzen dieser Verlagerungen liegen auf der Hand. Der mitteleuropäische Otto-Normalverbraucher beispielsweise kauft auch heute noch Textilien und Plastik oder gar Textilien aus Plastik und wird dies auch in der Zukunft tun. Jedoch kommen diese Produkte eben nicht mehr aus der Heimatregion oder wenigstens dem Nachbarland, sondern haben bereits eine beachtliche Odyssee um die halbe Welt hinter sich, bevor sie auf dem Ladentisch landen. Das Kardinalproblem in ökologischer Hinsicht ist dabei der unvermeidliche Ausstoß von Treibhausgasen durch den Transport.

Dieser Transport, der in den letzten Jahren für die Unternehmen dank sinkender Rohstoffpreise und besserer Technologien stetig günstiger geworden ist und damit die Globalisierung noch weiter beschleunigen konnte, erfolgt per Zug, LKW, Schiff oder Flugzeug. Längst ist der Container als Kernstück des Transports das heimliche Symbol des weltweiten Aufschwungs geworden.

Doch Transport ist nicht gleich Transport. Die Belastung des Klimas hängt von der zurückgelegten Strecke ebenso wie von dem eingesetzten Transportmittel ab.

Der pure Klimakiller im Transportgewerbe ist natürlich das Flugzeug. Zum Einsatz kommt dieses in der Regel bei leicht verderblichen oder sehr teuren Waren aus Übersee. Die Flugzeuge sind wenig energieeffizient, und haben zudem den großen Nachteil, dass ihre Emissionen in großer Höhe entstehen, wo sie den Treibhauseffekt noch nachhaltiger beeinflussen können als ihre Transport-Kollegen auf dem Boden. So belasten Flugzeuge die Atmosphäre mehrere Hundert Mal stärker als Hochseeschiffe.

Dazu ein kleines Beispiel: Will man 1000 Kilogramm Ware nur einen Kilometer weit transportieren, so erzeugt man dabei auf dem Schienenweg 40 Gramm, auf der Straße 135 Gramm und in der Luft über 2000 Gramm CO2-Äquivalente.

Durch die massive Verdichtung der Handelsströme und die dadurch bedingte Intensivierung des Transportes ist somit auch sein Anteil am weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen gestiegen. Im letzten Jahr trug er zusammen mit dem Personenverkehr mit etwa 12 % zum neuen Rekordausstoß von 31 Billionen Tonnen bei - das sind 31.000 Millionen Tonne Treibhausgas. Der Pullover aus Bangladesh und die Spielsachen aus China lassen eindrucksvoll grüßen.

Doch nicht nur global, auch national lässt sich die Belastung der Umwelt durch den Warenverkehr gut nachvollziehen. Nehmen wir das Beispiel Nahrung: Die Lebensmitteltransporte in Deutschland haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, und das obwohl sich die pro Person verbrauchte Lebensmittelmenge - auch trotz vermehrten Übergewichts der Bevölkerung - nur geringfügig verändert hat. Hierfür kann man einerseits eine zunehmende Verarbeitung der Lebensmittel und eine höhere Spezialisierung in den einzelnen Betriebstätten verantwortlich machen, die freilich zusätzliche Zwischentransporte zu weiteren Betrieben erfordert. Andererseits entstehen längere Transportwege durch die Konzentration bestimmter Verarbeitungsbetriebe wie Molkereien, Mühlen und Schlachthöfe.
Dank dieser Spezialisierungen und Konzentrationen bringt es zum Beispiel ein in Stuttgart produzierter Joghurt unter Berücksichtigung all seiner Komponenten auf eine Transportstrecke von insgesamt 9.000 km.

Die zum globalen Warenverkehr genannten Unterschiede zwischen den verschiedenen Transportmitteln gelten natürlich auch innerhalb Deutschlands. Für Deutschland ist beim Handel mit Lebensmitteln der LKW das bedeutendste Verkehrsmittel. Dieser stößt deutlich mehr Treibhausgase aus als Bahn oder Schiff, die eine erheblich günstigere Ökobilanz aufweisen können.

Das Flugzeug kommt vor allem beim Import exotischer Lebensmittel wie etwa Ananas, Litschis oder auch Ingwer zum Einsatz. Das sollte jedem Verbraucher klar sein. Auch die Erdbeeren oder Kirschen im Februar haben ihren Weg in den Supermarkt über das Flugzeug genommen. Das Prädikat „Bio“ vermag angesichts des hohen Ausstoßes von Treibhausgasen bei diesen Produkten nicht zu überzeugen, ist aber oft zu finden. Es mag sein, dass diese Produkte auch unter einem gewissen ökologischen Mindeststandard gezüchtet wurden, vielleicht sogar vorbildlich im Sinne des Fair-Trade-Gedankens sind. Ein Ökoapfel aus Neuseeland ist und bleibt ein Widerspruch in sich.

Wer regionale Waren der jeweiligen Saison auswählt, wird dagegen wohl kaum auf eingeflogene Produkte stoßen. Lokale Lebensmittel haben das Potenzial, Energie und damit Treibhausgas-Emissionen einzusparen. Wer zusätzlich noch mit dem Rad zum Einkaufen fährt und nicht im Auto, der hat keine Rechtfertigungsprobleme mehr.

Doch genug mit dem Transport von Nahrungsmitteln in Deutschland:
Der Bogen lässt sich an dieser Stelle wieder zurück zum globalen Warenhandel spannen: Auch hier liegt es natürlich in der Hand der Verbraucher, die Belastungen der Umwelt durch den Transport zu verringern. Warum unbedingt die Schuhe aus China, die in einem Jahr ohnehin ausgetauscht werden müssen, wenn ich mir auch weitaus hochwertigere Exemplare aus Europa besorgen kann? Wieso Plastik-Ramsch aus Vietnam für das Patenkind, wenn es auch mit ordentlichen Spielsachen aus hiesigen Breiten zufrieden wäre? Der Verbraucher hat die Macht, an diesen Strukturen nicht nur zu rütteln, sondern sie auch in ihren Grundfesten zu erschüttern. Im Dienste der Umwelt, der Qualität und eventuell auch der heimischen Wirtschaft. Entscheiden tut momentan leider noch der Geldbeutel. Und der ist nach dem Kauf heimischer Produkte meist aus Zwiebelleder: wenn man in ihn hineinschaut, muss man weinen….

Kommentare
01.12.2008 / 17:26 Julia Hartung, Orange 94.0
Gesendet...
... in der Wiener Lokalausgabe von Zip-fm am01.12.2008. Danke! Wir haben uns gefragt, ob Euer Beitrag ein eingesprochener Artikel war, den ihr aus einer Zeitschrift oder ähnlichem entnommen habt, oder ob der Text von Euch selbst verfasst wurde.
 
02.12.2008 / 07:20 hike, Radio Unerhört Marburg (RUM)
gesendet in fruehschicht 2-12-08
danke!
 
02.12.2008 / 12:11 theo,
gesendet am 1.12.2008 zwischen 20.00-20.30 in Magazin (2. Teil)
danke