Lora aus dem EineWeltHaus vom 29.12.2008

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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12:21 min, 11 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 28.12.2008 / 18:11

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 28.12.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
MEXIKO

ZapatistInnen feiern Jubiläen

Am 17. November haben Tausende von ZapatistInnen im internen Rahmen in Oventic, Chiapas, das 25jährige Bestehen der zapatistischen Armee gefeiert. Am 1. Januar dann steht ein weiteres Jubiläum an: Es ist der 15. Jahrestages des zapatistischen Aufstandes. Am 1. Januar 1994 besetzte die EZLN San Cristobal de las Casas, die Hauptstadt von Chiapas.

Doch während die ZapatistInnen ihre Jubiläen feiern, stehen sie in Chiapas verstärkt unter Druck. Im letzten Jahr erreichten vermehrt Meldungen die Öffentlichkeit, dass das Militär unter dem Vorwand, Marihuana-Plantagen zu suchen, in autonomes ZapatistInnengebiet vordrang. Der paramilitärische Zusammenschluss OPPDIC erfindet Beschuldigungen, um bei bundesstaatlichen Behörden Haftbefehle gegen ZapatistInnen zu erwirken, z.B. auf Grund von angeblich illegaler Abholzung. Neue Probleme stehen den ZapatistInnen zudem ins Haus, wenn Pläne umgesetzt werden, die kürzlich öffentlich wurden. So will die Bundesregierung erforschen, ob in der Selva Lacandona Erdölförderung möglich ist. Schon im August letzten Jahres wurden unter dem Deckmantel des Umweltschutzes indigene Dörfer gewaltsam geräumt.

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Proteste in Island

Der Isländer, so hat man es sich immer vorgestellt, verbringt die Zeit von Herbstanfang bis Frühlingsende und im Sommer die meiste Zeit des Tages in einem Bottich mit dampfend heißem Wasser, das beständig aus dem Erdreich sprudelt. Sitzt er einmal nicht im Bottich, fängt er Fische, schert ein Schaf oder brennt sich einen Schnaps. Geysirtouristen, die Alkoholsteuer und Björk schaffen genug Geld in die Kasse für ein passables Bildungs- und Gesundheitssystem. Unangenehme Aufgaben erledigen domestizierte Elfen.

Es war die Überraschung des Jahres, als man erfahren musste, dass in der »nordatlantischen Schweiz«, abgesehen vom Job der Elfenbeauftragten, nichts mehr sicher ist. Die Insel stehe kurz vor dem Staatsbankrott, hieß es. Früher galt eine Reise nach Island als unbezahlbar, heutzutage schicken der IWF und die Russen Weihnachtspäckchen mit Krediten drin, und jeder zweite junge isländische Mensch plant schon, die Insel zu verlassen.

Für die noch knapp 320.000 Einwohnenden heißt es, den Gürtel enger zu schnallen.
Die für ihre äußerste Zurückhaltung bekannten Inselbewohnenden sind angesichts der Misswirtschaft so wütend geworden, dass sie das nun jede Woche auf dem zentralen Platz in Reykjavik demonstrieren, mit nun allmählich nachlassendem Elan. Meist werden dabei Neuwahlen gefordert, aber es waren auch bereits radikalere Forderungen wie »We want sunshine!« auf Schildern zu lesen.

Bei alledem nimmt die Militanz in erstaunlichem Maße zu. Am 18.12.bewarf eine Gruppe von Leuten den prominentesten Unternehmer und ehemals reichsten Finanzinvestor des Landes Jóhannesson mit Schneebällen. Einer traf ihn mitten ins Gesicht.

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Saudi-Arabien

Finanzhexern droht Todesstrafe

Erst reden sie den Leuten ein, dass sie ihr Vermögen mühelos vervielfachen können, dann machen sie sich mit deren Geld aus dem Staub. Nein, nicht von Anlageberatern ist die Rede, sondern von Hexern. Mit einem Trick überzeugen sie etwa den Kunden davon, dass sie ein Stück schwarzes Papier in einen Geldschein verwandeln können, dann nehmen sie sein Bargeld mit, um es daheim mit einer magischen Substanz zu vervielfältigen. Auch in diesem Jahr strömten viele Hexer während des Haj mit den Pilgern ins Land, obwohl das Risiko hoch ist. Denn sie werden häufig nicht wegen Betrugs, sondern wegen Hexerei belangt, und dafür kann die Todesstrafe verhängt werden.

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Großbritannien

Weihnachtlicher Konsumrausch könnte zur Verödung der Einkaufszonen führen

Gegenwärtig scheint die Maxime des guten, also systemstabilisierenden Handelns zu sein, möglichst viel zu konsumieren. Wer kauft, dient der Gesellschaft oder deren Wirtschaftssystem, das gilt auch für Vorschläge, wie die Konsumkraft der Menschen verbessert werden kann. Egal was, Hauptsache, der Laden läuft, und Morgen ist ein anderer Tag.

Anstatt einmal aufgrund der Krise zu überlegen, wie ein anhaltendes Wirtschaften, auch ohne ständige Steigerungen, möglich sein könnte, wird auf das "Weiter-so" gesetzt, wohl wissend, dass der nächste Crash nicht weit sein dürfte. Man darf vermuten, dass die Illusion des endlosen Fortschritts und Wirtschaftswachstums auch deswegen aufrecht erhalten werden muss, weil dies das System stabilisiert.
Dass der Konsum kein Allheilmittel ist, lässt sich im Augenblick in Großbritannien sehen. Hier haben die Geschäfte im Weihnachtsbusiness angesichts der anrollenden Krise eine Preisschlacht gestartet, um die Waren noch an die zögernden Kunden los zu werden. Bis zu 90 Prozent fielen die Preise. Die Torschlusspanik zum Jahresende dürfte aber nicht den weiterem Niedergang verhindern.
Die Menschen standen Schlange, um die besten Schnäppchen zu erhalten und die Preise auszuhandeln.
Ende Januar dürfte jedes zehnte Geschäft in den Einkaufsstraßen der Städte leer stehen, wird gewarnt.

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GUATEMALA

HIV-Rate steigt in indigener Bevölkerung

Von 17.000 AIDS-kranken GuatemaltekInnen sind 28 Prozent Indígenas. Diese Zahlen gab die Koordinatorin für das Nationale Programm gegen Aids, Mariel Castro, bekannt.
Insgesamt sind in Guatemala offiziell 58.000 Personen mit dem HI-Virus infiziert. NGOs schätzen diese Zahl als zu niedrig ein.

Frau Castro führte die Ausbreitung von Aids unter der indigenen Bevölkerung auf die fehlende Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten und eine nicht vorhandene Präventionspolitik und Aufklärung über Aids zurück.

Der Direktor des Indigenen Instituts Naleb wies darauf hin, dass “viele GuatemaltekInnen, die aus den USA deportiert werden, mit HIV infiziert sind, das aber nicht wissen und so ihre Familien anstecken”.

Von den 17.000 erkrankten GuatemaltekInnen sind knapp 11.000 Männer und rund 6.000 Frauen. Nur 8.560 Personen werden mit Medikamenten behandelt. Ein Sprecher vom Zentrum für Recht forderte die Behörden auf, eine Informationskampagne über Aids im Land zu starten, die der Multikulturalität und Mehrsprachigkeit des Landes entsprechen muss.

Der erste Aidsfall wurde in Guatemala 1984 bekannt, das nationale Aids-Bekämpfungs-Programm wurde jedoch erst im Jahr 2000 ins Leben gerufen.

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Deutschland

Kuriere liefern Pakete an falsche Adressen

Sollten Sie in diesen Tagen zufällig einen kleinen Barren Plutonium per Post erhalten, wundern Sie sich nicht. Wahrscheinlich hat der Briefträger ein Ihnen zugedachtes Marzipanbrot von der lieben Tante aufgefuttert und Ihnen einen adäquaten Ersatz zukommen lassen. Was klingt wie eine Geschichte, die nur am 1. April in der Zeitung stehen darf, hat sich tatsächlich zugetragen: Vor 2 Wochen fand man heraus, warum die Frankfurter Rundschau ein Paket mit unzähligen Kreditkartenabrechnungen und Bankdaten erhielt. Zwei Kuriere hatten einen an die Zeitung adressierten Weihnachtsstollen konfisziert und stattdessen ein Päckchen für die Landesbank Berlin hingeschickt.

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ARGENTINIEN
Folterer sollen freigeslassen werden


In Argentinien sollen elf bekannte Folterer der letzten Militärdiktatur von 1976 bis 1983 auf freien Fuß gesetzt werden.

Die für Widerrufe zuständige Kammer des Strafgerichtshof Argentiniens hatte die Haftbefehle gegen die Folterer aufgehoben, weil sie seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzen, ohne dass ein rechtskräftiges Urteil gegen sie ergangen ist. In Ausnahmefällen kann die Kammer diese Zwei-Jahres-Frist jedoch um ein Jahr verlängern.

Allen elf Personen wird in verschiedenen Fällen Entführung, Verschwindenlassen, Raub des Eigentums von verschwundenen Personen, sowie Mord und Folter in der Technikschule der Marine ESMA in Buenos Aires vorgeworfen. Die ESMA war eines der größten Haftzentren der Diktatur. In dem Folter- und Gefangenenlager waren bis zu 4.500 Personen gleichzeitig inhaftiert.

Angehörige der Verschwundenenorganisation Madres de Plaza de Mayo kommentierten, das Urteil sei eine Schande und wohl als ironisches Weihnachtsgeschenk gedacht. Es bestehe die Gefahr, dass sich die einmal frei gelassenen Folterer organisieren könnten, um weitere Untersuchungen komplizierter zu machen.

Die Angeklagten sind noch so lange in Haft, bis Richter Torres die Höhe der Kautionen festgelegt hat. Das Gericht gab bekannt, dass die Angeklagten in keinem Fall unverzüglich frei gelassen würden. Der Richter wirkt seit Monaten darauf hin, dass die Gefangenen vom Militärgefängnis an ein Zivilgefängnis überstellt werden.

Argentinische Menschenrechtsgruppen kündigten an, über weitere Schritte angesichts der Nachricht von der Freilassung der Folterer nachzudenken.

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Griechenland

Besetzung der Athener Verkehrsgesellschaft nach Anschlag auf Gewerkschafterin

Am 27.12. besetzten rund 100 anarchistische, linke und linksradikale Personen die Zentrale der Athener Verkehrsgesellschaft (ISAP), um gegen den Angriff auf eine Gewerkschafterin zu protestieren.
An der Aussenfassade der Verkehrsgesellschaft wurde Transparente u.a. mit der Aufschrift “Stop dem Terror der Arbeitgeber“ angebracht, waehrend auf der Strasse und über Indymedia das Flugblatt der BesetzerInnen, des “ Solidaritäts-Plenums für Constandina Couneva” verteilt wurde.

Am 23.12. war der Gewerkschafterin Couneva Schwefelsäure ins Gesicht und den Körper gesprüht worden.
Die Bulgarin befindet sich auf der Intensivstation. Ihre Seh- und Atmungsorgane sind schwer beschädigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf einem Auge nicht mehr sehen wird, ist sehr gross und ihr Gesicht zeigt deutliche Spuren der Veraetzung.

Sie hatte als Gewerkschafterin gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in ihrer Firma, die mit der Reinigung von U-Bahnhöfen beauftragt ist, protestiert.

Der Angriff auf Frau Couneva lässt sich als Rache- und Abschreckungsmassnahme charaktersieren. Das Ziel ist nicht zufaellig. Sie ist Frau, Migrantin, alleinerziehende Mutter und engagierte Gewerkschafterin- deshalb schien sie fuer die Arbeitgeber angreifbar und verletzbar.

Der Zeitpunkt des Anschlags war nicht zufaellig.
Die Medien, die Kirche, die Unternehmen und Gewerkschaftsbosse versuchen, die Ermordung des 15 jaehrigen Alexis als Querschlaeger zu rekonstruieren und die anschliessende “soziale Explosion” zu unterminieren und herunterzuspielen.

So scheint der Angriff auf Constandina unterzugehen.

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Letzte Meldung

Großbritannien

Lehrer dürfen sich nicht öffentlich betrinken

Hartnäckig hält sich das Vorurteil, Kinder sähen ihre Lehrer als Vorbilder. Dies hat nun dazu geführt, dass der General Teaching Council for England die Lehrer auch außerhalb der Schulzeit dazu verpflichten will, Vorbilder zu sein. Eine Übersicht mit Verhaltensregeln soll bis Februar erstellt werden. Definitiv unerwünscht ist es, wenn Lehrer betrunken durch die Straßen wanken oder im Pub Streit anzetteln. Dann kann ihnen die Lehr-Erlaubnis entzogen werden.

Kommentare
02.01.2009 / 22:04 theo,
gesendet am 1.1.2009 zwischen 19.10-20.30 im Magazin
danke