Lora aus dem EineWeltHaus vom 12.1.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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10:59 min, 10 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 11.01.2009 / 23:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 11.01.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
USA / Deutschland:
Waffenlieferung an Israel unmittelbar vor Gazakrieg

Am 9.1. verlangte der Hochkommissar der UNO für Menschenrechte, Navi Pillay, eine "glaubwürdige, unabhängige und transparente" Untersuchung der Vorfälle in Seitun (Zeitoun) südöstlich von Gaza City. Dabei waren - dem Roten Kreuz zufolge - 30 Palästinenser durch israelisches Artilleriefeuer gezielt ermordet worden, nachdem sie durch israelische Streitkräfte direkt in dieses Gebäude geschickt worden waren. Pillay, ein ehemaliger Richter aus Südafrika für internationale Verbrechen, äusserte gegenüber der BBC, der Vorgang zeige "alle Anzeichen eines Kriegsverbrechens".

Eines von vielen Kriegsverbrechen, in das nach Meldungen der Nachrichtenagentur "Reuters" die Bush- und die Merkel-Steinmeier-Regierungen durch massive Waffenlieferungen an Israel vor Kriegsbeginn verwickelt sind.

"Reuters" meldete am 9.1., dass Auftragspapiere eine für die nächsten Tage geplante Waffenlieferung nach Israel durch das U.S. Navy's Military Sealift Command (MSC) belegen.

Die Anfrage kam laut der "Reuters" vorliegenden Frachtpapiere am 31.Dezember, also bereits nach Beginn der Bombardements am 27. Dezember und vor dem Beginn des Einmarsches von israelischen Bodentruppen in den Gazastreifen am 3.Januar.

Im September 2008 genehmigte der US-Kongress die Lieferungen von GBU-39 "Bunkerbrechern", 113 Kg schweren GPS-geleiteten Bomben an Israel. Diese Waffen sind speziell dafür geeignet, unterirdische Anlagen zu zerstören.

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USA
Armee verschickt 7000 Beileidsbriefe an "Herrn Mustermann"

Die US-Armee hat Tausende Angehörige gefallener Soldaten in Informations-Briefen mit "Herr Mustermann" angesprochen. Die Armee musste sich nun für das Versehen entschuldigen.

Das rund 7.000-mal verschickte Schreiben richtete sich statt an spezifische Adressaten an "John Doe", was im Deutschen etwa "Herrn Mustermann" oder "Otto Normalverbraucher" entspricht. "Die Bodenstreitkräfte bitten für diesen Druckfehler um Entschuldigung", erklärte die US-Armee am 7.1.

Das von einem Subunternehmer gedruckte und Ende 2008 verschickte Schreiben enthielt Informationen, wo Hinterbliebene von im Irak oder in Afghanistan getöteten US-Soldaten Hilfe bekommen können. Der Generalstabschef will jetzt allen Empfängern des Dokuments einen persönlichen Brief schreiben.

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München

Demonstration gegen die Hamas

Vor dem Hintergrund des Krieges im Gaza-Streifen haben am 11.1. in München 1.100 Menschen gegen die Hamas demonstriert. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte bei der Kundgebung auf dem Marienplatz, dass die Tragödie des palästinensischen Volkes selbst verschuldet sei, da Gelder und Hilfsmittel dazu verwendet worden wären, Israel zu schaden, anstatt eigene Infrastrukturen aufzubauen.

Knobloch sagte der Nachrichtenagentur ddp, sie sei begeistert über die zahlreiche Beteiligung der Münchner BürgerInnen. An der pro-israelischen Demonstration nahmen auch der CSU-Europaparlamentarier sowie mehrere Stadträte teil.

Während der Veranstaltung schwenkten zahlreiche Demonstrierende Israel-Fahnen. Die Kundgebung wurde von einem starken Polizeiaufgebot begleitet. Zu Zwischenfällen kam es einem Polizeisprecher zufolge nicht.

Da in München 1,3 Millionen Menschen leben, ist es doch einigermaßen realitätsfern eine "zahlreiche Beteiligung" zu bejubeln. Vermutlich nimmt Frau Knobloch auch an, die Menschen in Gaza hätten den von der EU finanzierten Flughafen selbst zerbombt, "anstatt eigene Infrastrukturen aufzubauen."

Der Flughafen wurde im Februar 2001 während der Zweiten Intifada von Israel geschlossen und von der israelischen Armee weitgehend zerstört.

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Höhenrausch der Linkspartei

Ausnahmsweise gab es mal Zuspruch für die gebeutelte SPD. Dietmar Bartsch (Die Linke) lobte die Sozialdemokraten, sie hätten nach dem Desaster in Hessen ihre »Lektion gelernt«, weil sie Koalitionen mit der »Linken« auf Landesebene nicht mehr ausschlössen. Im Hinblick auf die Landtagswahlen 2009 betonte Bartsch den Machtanspruch der »Linken« gegenüber der SPD. Die guten Wahlprognosen lassen die Linkspartei von höheren Aufgaben träumen. So stellte Bartsch klar, dass die »Linke«, sollte sie aus den Landtagswahlen als stärkste Partei hervorgehen, selbstverständlich auch den Ministerpräsidenten stellen werde. Bündnissen, in denen die SPD als Juniorpartnerin den Ministerpräsidenten stellt, erteilte Bartsch eine Absage.

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COSTA RICA
Große Palästina-Solidaritätsdemo in Mittelamerika

Am 9.1. blockierten in Costa Ricas Hauptstadt San José mehrere hundert Demonstrierende die Straße vor der israelischen Botschaft. Danach zogen sie durch das Zentrum, um das sofortige Ende der israelischen Aggression in Gaza zu fordern.

Der Sprecher der kleinen palästinensischen Gemeinde in Costa Rica bezeichnete die Aktion als großen Erfolg: „Wir wissen jetzt, dass wir nicht allein sind. Costa Ricas Präsident Oscar Arias ist Friedensnobelpreisträger und wir fordern von ihm, sich für ein sofortiges Ende des Völkermordes in Gaza einzusetzen“. Auch solle die Regierung ihren Sitz im UN-Sicherheitsrat in diesem Sinne nutzen. Bislang fehle eine klare Stellungnahme.

„Hau ab“, skandierten die DemonstrantInnen vor dem Dienstsitz von Israels Botschafter. „Costa Rica soll sich ein Beispiel an Venezuela nehmen, den Botschafter ausweisen und alle Beziehungen zu Israel einstellen“, forderte ein Redner, während andere Protestteilnehmende eine Figur von George W. Bush mit Schuhen bewarfen.

Erst am 6.1. hatte sich auf Einladung der Lehrergewerkschaft APSE das costaricanische Solidaritätskomitee mit Palästina gegründet. Daran beteiligen sich u.a. der Gewerkschaftsdachverband CGT, der AStA der Universität von Costa Rica, Gruppen der reformistischen sowie der radikalen Linken.

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Großbritannien

Labour erfand 1.036 neue Vergehen

Die britischen Menschen wurden gewarnt. »Law and order is a Labour issue«, sagte Tony Blair 1997 im Wahlkampf. Das war keine leere Drohung. Seit dem damaligen Wahlsieg hat Labour 1.036 neue Vergehen erfunden, die mit Gefängnis bestraft werden können.
Haftstrafen drohen nun allen, die ohne Genehmigung am Lower Esk in Schottland angeln, einen Vogel verkaufen, der am Sonntag oder Heiligabend gejagt wurde, ein nicht genehmigtes Veterinärprodukt importieren, an öffentlichen Orten rauchen, ohne die erforderliche Lizenz ein Konzert in einer Kirche veranstalten, minderjährig sind und Feuerwerkskörper besitzen (außer zu Silvester und am 5. November), sich für ihren Esel keine gültigen Papiere besorgen oder ein ausländisches Eichhörnchen in Großbritannien verkaufen.

Viele der neuen Gesetze sind Kuriositäten mit geringer praktischer Bedeutung. Doch insbesondere der Komplex der Gesetze gegen »antisoziales Verhalten« macht deutlich, dass die Regierung vor allem die armen Bevölkerungsschichten stärker gängeln und schikanieren will. 71 Menschen, überwiegend Mütter, wurden in den Jahren 2003 bis 2006 inhaftiert, weil ihre Kinder nicht zur Schule gingen, fast 3.000 mussten Geldstrafen zahlen.

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Berlin
Versuchte Gefangenenbefreiung

Zwei Männer haben in der Nacht auf den 7. Jan 2009, versucht, Gefangene aus dem Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau zu befreien.

Wie die Polizei mitteilte, näherten sich die beiden über ein Firmengelände den Mauern des Gewahrsams und steckten mehrere Kunststoffrohre ineinander. Sie mussten fliehen, ehe sie ihr Werk vollenden konnten. Die von den Unbekannten zurückgelassenen Rohre mit einer Gesamtlänge von rund 20 Metern, die zur Höhenüberwindung zu einem Zellentrakt ausreichend gewesen wären, wurden sichergestellt, eine Fahndung blieb bislang erfolglos.

Im Jahre 1995 wurde das ehemalige Gefängnis in Berlin-Köpenick zu einem Abschiebegefängnis mit anfangs 371, heute 214 Plätzen, umgebaut.
Den Knast durchlaufen jährlich einige tausend Menschen. Ihre Lebensgeschichten sind sehr unterschiedlich, aber in den Fängen der Polizei und Bürokratie haben sie eines gemeinsam: Ihr Aufenthalt ist nicht erlaubt und nur deshalb sitzen sie in Haft. Bestätigt wird diese Haft durch Gerichte, die in nur minutenlangen Anhörungen im Fließbandverfahren die immer gleichen Haftbeschlüsse aussprechen. Anwaltliche Unterstützung bekommen sie keine. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse wissen die meisten überhaupt nicht, was ihnen vorgeworfen wird. Folge ist ein oft monatelang dauerndes beschäftigungs- und perspektivloses Dahinfristen in Haft, ohne zu wissen, ob und wann sie abgeschoben oder entlassen werden.

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Letzte Meldung

Lässt Musik die Menschen durchdrehen?

Mille, der Sänger der Essener Thrashband Kreator, hat sich in einem Interview die Frage stellen lassen, wie es kommen könne, dass bei jedem Amoklauf eines durchgeknallten Schülers sofort festgestellt würde, dass Computerspiele und agressive Metal-Musik ja wohl schuld an dem Ausraster sein müssten.
Der Sänger stellte diese Frage mit der logischen Schlussfolgerung, warum denn dann noch niemand in der Plattensammlung von Josef Fritzl nach unheilvollem Todesmetal und menschenverachtendem Hardcore Deathmetal Grind gefahndet habe. (Fritzl hatte im österreichischen Amstetten seine Tochter 24 Jahre in den eigenen Keller gesperrt.)
Wirklich investigativer Journalismus hätte doch auch mal den ganzen Schmutz aus Fritzls Wohnzimmerschränken durchleuchten können. Er wäre bestimmt auf so etwas Hundsgemeines wie Karl Moik, den volkstümelnden Entertainer, gestoßen und man hätte endlich sagen können: Alles klar, da wundert einen wirklich nichts mehr.