Lora aus dem EineWeltHaus vom 26.1.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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11:01 min, 10 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 25.01.2009 / 22:59

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 25.01.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
USA

Obama bricht mit Bushs Abtreibungs-Kurs

Der neue US-Präsident Barack Obama vollzieht auch beim Thema Abtreibung eine Abkehr von der Politik seines Vorgängers George W. Bush. Obama hob am 23.1. eine Anordnung auf, die Finanzhilfen der US-Regierung für Organisationen untersagt, die Schwangerschaftsabbrüche unterstützen oder durchführen.

Die Regelung war erstmals 1984 von dem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan eingeführt worden. Da der demokratische Präsident Bill Clinton die Regelung außer Kraft gesetzt hatte, führte Obama-Vorgänger Bush sie umgehend nach Amtsantritt wieder ein.

Der Vatikan ist empört: Obama habe den schlimmsten Beschluss gefasst: Er wird nicht das Massaker an den Unschuldigen in der Welt stoppen, kommentierte der emeritierte Präsident der päpstlichen Akademie für das Leben Obamas Anordnung.

Obama hatte bereits am 22.1. ein Bekenntnis zum Recht der Frau auf Abtreibung abgelegt. In einer Erklärung zum 36. Jahrestag der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs durch das US-Verfassungsgericht versicherte Obama, er fühle sich weiter dem Recht der Frau auf freie Entscheidung verpflichtet.

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Saudi-Arabien

Chinesiche Bauarbeiter streiken gegen zu niedrigen Lohn

Verspätete Lohnzahlungen passen eigentlich nicht zum Islam. Der Prophet Mohammed soll einst gesagt haben: »Gib dem Arbeiter seinen Lohn, bevor sein Schweiß getrocknet ist.« Vermutlich meinte er damit den zuvor vereinbarten Lohn. Trotzdem sahen sich 200 chinesische Bauarbeiter in Saudi-Arabien dazu veranlasst, aus Protest gegen zu niedrige Lohnzahlungen in Streik zu treten. Ihnen waren umgerechnet 600 Euro Monatslohn versprochen, durchschnittlich jedoch lediglich 420 Euro ausgezahlt worden. Ihr Protest fand kein Gehör. Stattdessen wurden 23 Arbeiter festgenommen und von den Behörden nach China ausgewiesen. Streiks sind nach saudi-arabischem Recht illegal.

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Italien/Brasilien

Cesare Battisti wird bald freigelassen

Die Entscheidung der brasilianischen Regierung über die Zukunft von Cesare Battisti kam unerwartet. Der italienische Krimischriftsteller, ehemaliges Mitglied einer bewaffneten linken Gruppe der siebziger Jahre, wird nicht nach Italien ausgeliefert und bald aus dem Gefängnis entlassen, in dem er seit 2007 sitzt. Battisti war 2004 abgetaucht, nachdem er in Frankreich verhaftet worden war und ihm die Auslieferung nach Italien drohte. Die italienische Justiz hatte Battisti im Jahr 1987 in einem höchst fragwürdigen Prozess wegen zweier Morde in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Diese Strafe müsse er noch komplett absitzen, sagen die italienischen Behörden, ein Recht auf einen neuen Prozess habe er nicht. Sowohl in Frankreich als auch in Brasilien hätte Battisti ein Anrecht darauf, dass der Prozess in seiner Gegenwart neu aufgerollt wird, denn in beiden Ländern ist die rechtskräftige Verurteilung in Abwesenheit unzulässig. In Italien sieht es anders aus. Eine Auslieferung würde für ihn wohl bedeuten, sein restliches Leben in einer Gefängniszelle zu verbringen. Der brasilianische Justizminister begründete seine Entscheidung vor 2 Wochen mit »fundierten Befürchtungen«, Battisti könne in Italien wegen seiner politischen Ansichten verfolgt werden.

Die Empörung über die Entscheidung der brasilianischen Regierung war groß in Italien. Denn seit 2004 scheiterten verschiedene italienische Regierungen daran, den ehemaligen Staatsfeind nach Hause zu holen und ihn ins Gefängnis zu stecken. Nicht nur hat Battisti nie Reue gezeigt, er erklärt sich bis heute sogar für unschuldig, deshalb gilt er für die staatlichen Verfolger als ein Terrorist der besonders schlimmen Sorte.

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Lettland

Demonstration für Neuwahlen

Als Akkordeon-Taktik bezeichnet man meist das Zusammendrängen einer Menschenmenge durch von mehreren Seiten anrückende Polizeikräfte. In der lettischen Hauptstadt Riga gelang es der Polizei zwar am 13.1, 40 Menschen zu verletzen und mehr als 100 festzunehmen. Doch zuvor hatten die Ordnungshüter eine schwere Zeit. Etwa 10.000 Menschen demonstrierten für vorgezogene Neuwahlen, ein Teil von ihnen versuchte, das Parlament zu stürmen. Es folgten mehrstündige Straßenkämpfe, die Fenster von Behörden und Geschäften wurden eingeworfen. Lettland musste bei der EU und dem IWF Kredite in Höhe von mehr als zehn Milliarden Dollar aufnehmen, die Arbeitslosigkeit steigt, und die Regierung hat Sparmaßnahmen beschlossen, unter anderem sollen die Löhne der Staatsangestellten um 15 Prozent gekürzt werden. Präsident Valdis Zatlers und die an der Koalitionregierung beteiligte Volkspartei befürworten nun ebenfalls Neuwahlen, in Lettland wird wohl bald anderes Personal die Krise verwalten.

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Sterblichkeitsrate stieg um 12,8 Prozent in Osteuropa

Zur Mahnung der Abgeordneten sollten in Zukunft Warntafeln in den Parlamenten angebracht werden. »Privatisierung kann tödlich sein« müsste darauf zu lesen sein. Denn um 12,8 Prozent stieg die Sterblichkeitsrate in den Staaten Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion in den Jahren 1989 bis 2002, die Arbeitslosigkeit erhöhte sich um 56 Prozent, eine Million Menschen starben an den Folgen der Privatisierung. Das stellte eine von der Zeitschrift The Lancet veröffentlichte Studie fest. Als »Massenprivatisierung« wird der Verkauf von mindestens 25 Prozent der Staatsbetriebe innerhalb von zwei Jahren definiert. »Größte Vorsicht ist geboten, wenn die makroökonomische Politik eine radikale Umgestaltung der Wirtschaft anstrebt, ohne die potenziellen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung zu berücksichtigen«, warnen die Forschenden, die hoffen, dass diese Erkenntnis »wichtig für andere Länder sein könnte, die eine ähnliche Politik erwägen«.

Viel zu privatisieren gibt es in den meisten Ländern allerdings nicht mehr, überdies hat die Finanzkrise alle Privatisierungsbestrebungen vorläufig gebremst. Insofern könnte die Studie als späte Kritik an der Markteuphorie und als erfreuliches Zeichen dafür gewertet werden, dass sich die Osteuropa-Forschung nicht mehr in Abhandlungen über die Vorzüge des Kapitalismus erschöpft.
Doch der entscheidende Faktor für die kürzere Lebenserwartung ist offenbar die Arbeitslosigkeit bzw. der mit ihr verbundene Verlust an gesellschaftlichem Status, Einkommen und sozialer Sicherheit.

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Deutschland

Siemens will CO2-Ausstoß senken

Siemens ist wahrhaftig ein Vorzeigekonzern. Hat der Planet ein Problem, Siemens löst es. 10.000 Tonnen Kohlendioxid will das Unternehmen bis zum Jahr 2015 einsparen – bei seinen Führungskräften. An nichts geringerem als den Klimaschutzzielen der EU-Kommission will der Konzern seine Dienstwagenflotte ausrichten, erfuhr die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Die 2.500 Manager in Deutschland sollen auf Dienstwagen umsteigen, die weniger Benzin verbrauchen. Oder gleich auf die U-Bahn. Wer auf seinen Dienstwagen verzichtet, soll mit einer »Mobilitätszulage« von 650 Euro brutto pro Monat belohnt werden. Die Eisbären können aufatmen.

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Die FINANZKRISE IN ISLAND


Die Regierung des kleinen Inselstaates sieht sich zur Zeit täglich dem Zorn ihres Volkes über die katastrophale Finanzkrise ausgesetzt. Am letzten Sonnabend erreichten die Proteste ihren vorläufigen Höhepunkt. Rund 6.000 Demonstrierende marschierten vor das Parlament in Reykjavik und skandierten: "Für eine neue Republik". Es war die größte Demonstration in der erst 64 Jahre alten Geschichte der Republik, die nur rund 320.000 Einwohnende zählt. Die Proteste eskalierten zuletzt, die Polizei setzte erstmals seit 1949 Tränengas ein.

Als Konsequenz aus der Finanzkrise nahm der isländische Handelsminister am Sonntag seinen Hut - und entließ zugleich den Leiter der Finanzaufsicht.

Bereits am Freitag hatte Ministerpräsident Geir Haarde um drei Jahre vorgezogene Neuwahlen für den 9. Mai angekündigt. Dies reicht den Protestierenden allerdings längst nicht mehr. Sie verlangten neben dem sofortigen Rücktritt der kompletten Regierung auch die Ablösung des in Island überaus mächtigen Nationalbankchefs Davíd Oddsson und der staatlichen Bankenaufsicht.

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Russland

Mord in Moskau

Erneut ist ein Regimekritiker Opfer eines Mordanschlags geworden. Der Anwalt Stanislaw Markelow ist in Moskau von einem Unbekannten aus nächster Nähe auf offener Straße erschossen worden. Markelow hatte noch kurz zuvor auf einer Pressekonferenz rechtliche Schritte gegen die frühzeitige Haftentlassung eines Offiziers angekündigt, der 2003 für die Misshandlung und Ermordung einer 18jährigen Tschetschenin zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Markelow vertrat eine Reihe von Dissidenten, darunter auch die im Oktober 2006 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja.

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Letzte Meldung

Kein Praktikum für Christian Klar

Christian Klar, der im Dezember 2008 nach 26 Jahren Haft entlassen worden war, hätte Deutschlands berühmtester Praktikant werden können. Doch er hat seinen Job im von Claus Peymann geleiteten Berliner Ensemble hingeschmissen. Das Theater begründete Klars Rückzug mit dem Medieninteresse an seiner Person, nachdem ihn BZ-Reporter vor dem Theater »abgeschossen« hatten. »Nach den Erfahrungen der letzten Wochen befürchtet er, dass durch die sensationslüsterne Berichterstattung in einem Teil der Medien und die anhaltende Belagerung des BE durch Paparazzi das Theater, dessen Direktor Claus Peymann und er selbst Schaden nehmen könnten«, lautet die pathetische Begründung. »Die in Lessings Theaterstück ›Nathan der Weise‹ postulierte Idee von Vergebung und Verzeihen bleibt offenbar ein Traum.« Eventuell störte Klar aber auch, dass das BE kürzlich signalisiert hatte, er sei dort lediglich für die Beleuchtung zuständig und solle ansonsten die »Fresse halten«.