Lora aus dem EineWeltHaus vom 2.2.2009

ID 26126
 
AnhörenDownload
Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
Audio
11:19 min, 10 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 01.02.2009 / 16:35

Dateizugriffe: 154

Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 01.02.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Italien
Berlusconi hält Vergewaltigung für ein Kompliment

Männlicher Chauvinismus, Machosprüche, offen bekundeter Sexismus - das alles ist nichts, was einen italienischen Politiker gleich in Bedrängnis bringen muss. Aber diesmal hat es selbst Silvio Berlusconi noch mal geschafft, überaus peinlich aufzufallen. Der Fall einer Vergewaltigung hatte öffentliches Aufsehen erregt - zumal der Untersuchungsrichter dem geständigen Täter umgehend Hausarrest gewährte und ihn aus der Untersuchungshaft entließ. Regierungschef Berlusconi sagte dazu: Um alle Vergewaltigungen zu verhindern, bräuchte es so viele Soldaten wie es hübsche Mädchen in Italien gebe, und das schaffe beim besten Willen niemand.

Die Entrüstung, die das bei Frauengruppen, der Opposition und bei Leitartiklern hervorrief, ficht Berlusconi nicht an. Er habe doch nur den schönen Italienerinnen ein Kompliment machen wollen, erklärte der Premier in kaum mehr erträglicher Behäbigkeit.

— — — — —

Berlusconi II

Die Insel Lampedusa

Den Massenausbruch aus dem Auffanglager der italienischen Insel Lampedusa am vorletzten Wochenende kommentierte der italienische Premierminister Silvio Berlusconi mit den Worten, die Migranten in Lampedusa seien freie Menschen, sie könnten ins Dorf ein Bier trinken gehen, wenn sie wollten.

Das sehen die Menschen, die dort leben müssen, anders. Im für 850 Personen gebauten Zentrum drängen sich zurzeit 1.800 Menschen. Die Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten ist katastrophal. Seit wenigen Wochen darf kein Flüchtling mehr die Insel verlassen, wer in Lampedusa ankommt, soll bis zu seiner Rückschaffung dort bleiben. Geplant ist nun die Einrichtung eines zweiten Lagers auf der Insel.

Ende 2008 war jedoch Hochsaison auf Lampedusa. Immer mehr Bootsflüchtlinge kamen an, am 24.1. eskalierte die Situation. Rund 650 Flüchtlinge brachen das Tor des Lagers auf und marschierten ins Dorfzentrum. »Freiheit! Freiheit!« rufend kamen sie am Hauptplatz an und fanden dort mehr als die Hälfte der Inselbewohnenden versammelt vor. Die Lampedusaner, die die Flüchtlinge auf ihrer Insel eigentlich nicht besonders mögen, begrüßten die Migranten mit Applaus. Denn auch die Einheimischen waren dort, um gegen die Politik der italienischen Regierung zu protestieren. Sie wollen kein zweites Lager. Und sie fordern ebenfalls »Freiheit« für die Migranten. Das kommt gut an, haben viele Lampedusaner festgestellt, vor allem um das Image einer rassistischen Insel, die sich ständig über die »Invasion« der Flüchtlinge beklagt, loszuwerden. Die Flüchtlinge sollen also frei sein, um die Insel so schnell wie möglich zu verlassen und Platz für reiche Touristen machen.

— — — — — —

MEXIKO
Übergriffe auf Community-Radio

Mitarbeiter des mexikanischen Community-Radios „Radio Ñomdaa“ sind am 11. Januar 2009, Opfer polizeilicher Gewalt und willkürlicher Verhaftungen geworden. Mindestens acht bewaffnete Bundespolizisten des Bundesstaats Guerrero überfielen drei Radiomitarbeiter.

Nach einer Meldung des Nachrichtenportals Indymedia gingen die Polizisten mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die drei Männer vor. Als Grund der Verhaftungen hätten die Beamten mangelnden Respekt gegenüber der Staatsgewalt sowie verwaltungstechnische Vergehen genannt. Nachdem sie durchsucht wurden, sind die Radiomitarbeiter wieder freigelassen worden.

Am 10. Juli 2008 hatten Angestellte des Verkehrs- und Kommunikationsministeriums gemeinsam mit der Bundesermittlungsbehörde AFI und der Kriminalpolizei vergeblich versucht, das Community-Radio zu schließen. Radio Ñomdaa („die Stimme des Wassers“) ist Teil eines Autonomieprojekts der im südöstlichen Bundesstaat Guerrero ansässigen Amuzgo-Indígenas.

— — — — — —

Nigeria

Öl

Wenn der Ölpreis steigt, sehen die meisten Nigerianer nichts von den wachsenden Einnahmen. Sinkt hingegen der Ölpreis, bedeutet das keineswegs, dass im Land auch der Verkaufspreis für Benzin sinkt. Das beschert der nigerianischen Regierung zwei Probleme. Der Fall des Ölpreises mindert die Staatseinnahmen, in klientelistischen Staaten wie Nigeria kann dies zu harten Verteilungskämpfen innerhalb der Oligarchie führen. Überdies erwartet die Bevölkerung, dass nun wenigstens der Benzinpreis sinkt.

Deshalb hat die Regierung verfügt, dass Benzin statt 70 nur noch 65 Naira (umgerechnet 32 Eurocent) pro Liter kosten soll.

Wenn die Regierung etwas verfügt, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Nigerianer sich an die neue Regel halten. »Die Anordnung wurde vor vier Tagen veröffentlicht, aber sie befolgen sie nicht, weil es keine Erhöhung ist«, empörte sich das Department of Petroleum Resources über den Unwillen der Tankstellenbesitzer, die Preise zu senken.
Am 26.1. ließen die Behörden Kontrolleure auschwärmen, die das Recht haben, die Tankstellen widerspenstiger Inhaber vorübergehend zu schließen.

Die meisten Nigerianer sind froh über jede Maßnahme, die ihre Lebenshaltungskosten senkt.
Die beiden Gewerkschaften im Ölsektor glauben, dass die Regierung etwas anderes beabsichtigt. Die »armselige Reduzierung« des Preises sei ein Versuch, die Nigerianer für die Deregulierung zu gewinnen. Die Regierung beabsichtige, die Subventionierung des verkauften Benzins, das wegen des Mangels an Raffinerien zu 80 Prozent importiert werden muss, einzustellen, dies werde die Lebenshaltungskosten immens steigern. Die Gewerkschaften drohen mit einem Streik, derzeit verhandeln sie mit der Regierung.

— — — — —

Mexiko

Jugendliche Haftinsassen werden mit Elektroschocks malträtiert

Am 27.1. wurden mindestens elf minderjährige Insassen der Jugendhaftanstalt San Fernando im Süden von Mexiko-Stadt brutal zusammengeschlagen, einer musse stationär behandelt werden. In der Folge brach in dem Gefängnis ein Aufstand aus. Nach offizieller Darstellung der Gefängnisleitung hat es sich um eine Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Banden gehandelt, an der etwa 35 Jugendliche beteiligt gewesen sein sollen. Insgesamt sind 354 Minderjährige in der Haftanstalt untergebracht. Seit im vergangenen Oktober das Gesetz »Gerechtigkeit für Jugendliche der Hauptstadt« in Kraft trat, stehen die jugendlichen Häftlinge unter der Vormundschaft der Regierung des Bundesdistriks. Nach einem Bericht der Zeitung La Jornada wird die Regierung von Angehörigen der Insassen und Lehrern für die Gewalt verantwortlich gemacht. Statt den jugendlichen Delinquenten die Teilnahme am öffentlichen Schulunterricht zu ermöglichen oder sie durch gemeinnützige Arbeiten und Sportangebote zu »resozialisieren«, würden sie mit Elektroschocks und Schlägen malträtiert.

— — — — — —

Eier und Tränengas in Island

Ein radikaler Regimewechsel ist es nicht, doch erstmals stürzte eine Regierung wegen der Folgen der Finanzkrise. Seit Monaten wurde protestiert, vor 2 Wochen setzte die Polizei zum ersten Mal seit 1949 Tränengas ein, der konservative Premierminister Haarde wurde beim Verlassen des Parlaments mit Eiern beworfen. Am 26.1. gab Haarde auf. Die linken Parteien sollen nun mit einem Minderheitskabinett regieren, bis am 9. Mai ein neues Parlament gewählt wird. Der Zusammenbruch des isländischen Bankensektors führte zu Entlassungen, die Inflationsrate stieg auf 17 Prozent, und Island musste beim IWF einen Kredit aufnehmen.

— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

BRASILIEN
Bis zu 5.000 Menschen wurden 2008 aus Sklavenarbeit befreit

In Brasilien sind im Jahr 2008 mehr als 4.600 Menschen aus sklavenartigen Arbeitsverhältnissen befreit worden. Dies gab die mobile Einsatzgruppe des Ministeriums für Arbeit und Beschäftigung MTE bekannt. Eine größere Zahl von Prüfern sowie die von regionalen Behörden geleistete Unterstützung trugen zu der Rekordzahl von 133 durchgeführten Operationen im vergangenen Jahr bei.

Die Daten der katholischen Landpastorale CPT zeigen, dass zwischen 1995 und November 2008 in Brasilien 32.931 Menschen aus der Sklaverei befreit wurden.

Um die Operationen gegen die Sklaverei voranzubringen, ist es am Wichtigsten, dass – sowohl von den SklavenarbeiterInnen als auch von Personen, die Fälle von Sklavenarbeit kennen – Anzeige erstattet wird.
Es reicht nicht, sich mit der Befreiung zufriedenzugeben, es ist notwendig, diese Menschen aus den Lebensbedingungen herauszuholen, die sie in eine dermaßen verletzliche und schwache soziale Position gebracht haben.

Dem Parlament liegt bereits seit 13 Jahren ein Vorschlag zur Abänderung der Verfassung vor, in dem vorgesehen ist, die Ländereien von GutsbesitzerInnen zu beschlagnahmen, auf denen Sklavenarbeit eingesetzt wird. Es sei Aufgabe der Gesellschaft, Druck auszuüben, damit diese Verfassungsänderung durchgesetzt werde.
Zusätzlich zu Geldstrafen, Entschädigungen für erlittenes Unrecht, Einträgen in die Schwarze Liste und dem Druck auf die Wirtschaft müssen Staatsanwaltschaft und Justiz die strafrechtliche Verfolgung vorantreiben.

— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Letzte Meldung

Berlusconi in concert

In Italien haben wieder die Tage des gefürchteten "Berlusconi in concert" begonnen. So nennt man des Premiers trommelfeuerartiges Verlautbaren von allem Möglichen, dem dann teilweise die eigenen Leute Dementis entgegensetzen müssen.

Berlusconi hat solche Phasen, in dem ihm die eigene Rede entgleitet. Als Medienmann und geübter Redner ist er kaum imstande, an einem Mikrofon vorbeizugehen, ohne irgendetwas zu sagen. Das ist gefährlich, vor allem für die eigenen Mitarbeiter, die dann Nachfragen von Journalisten mit dem beantworten müssen, was in der Regierungsarbeit zum betreffenden Thema aktueller tatsächlicher Sachstand ist.

Und dann kommt in regelmäßigen Abständen ein Gegensteuern vonseiten der Gattin des Premiers: Veronica Lario, die etwas weniger Schönheitsoperationen hinter sich haben dürfte als Berlusconi selbst, äußerte sich neulich begeistert über den neuen US-Präsidenten Barack Obama. Dem hatte Berlusconi bei dessen Wahlsieg bescheinigt, jung, gut aussehend und bestens gebräunt zu sein. Da grinsten Berlusconi-Fans, und den Gegnern des Premiers kam das verzweifelte Heulen, das in Italien mittlerweile viele erleiden, die sich um das Bild des Landes in der Welt sorgen.

Kommentare
03.02.2009 / 16:40 theo,
gesendet am 2.2.2009 zwischen 20.30-21.30 in "Nein danke, nicht nur Atomkraft, auch sonst!"
danke, Nachrichten durch passende oder unpassende Musik unterbrochen/verbunden