Lora aus dem EineWeltHaus vom 9.2.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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11:57 min, 11 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (32000 kHz)
Upload vom 09.02.2009 / 12:28

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 09.02.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Von München nach Strasbourg
Smash we can!

Um die 5.000 Menschen demonstrierten am 7.2. gegen die sich so nennende Sicherheitskonferenz in München.
Die Stimmung war trotz der massiven Präsenz von 3.700 hochgerüsteten PolizistInnen kämpferisch.
Das Spektrum der Demo war wie bei allen großen Bündnisdemos breit: Pazifistische, kirchliche, antimilitaristische, anarchistische, kommunistische, gewerkschaftliche, autonome und bürgerliche Gruppen.
Die Polizei war mit Hundertschaften aus dem ganzen Bundesgebiet vertreten. Deren provokantes Auftreten war von Unfreundlichkeit, Ruppigkeit und Arroganz geprägt.
Die gesamte Demo wurde flächendeckend abgefilmt. Gedeckt durch das neue Versammlungsgesetz konnten die Kamerateams der Polizei nun legal tun, was schon seit Jahren in ganz Deutschland Normalzustand ist.
Der internationalistische Block wurde mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht: Zeitweise musste sich dieser in einem fünfreihigen Polizeispalier bewegen und immer wieder Übergriffe inklusive Pfeffersprayeinsätzen der Polizei abwehren. Im Block waren immer wieder Zivilbeamte zu beobachten.
Auf dem Odeonsplatz fand die Abschlusskundgebung statt.
Auch dort patrouillierte ein unglaubliches Polizeiheer. Der Zugang zum Platz wurde durch Absperrgitter kontrolliert.
Und als bayrisches Schmankerl: Zusätzliche Sicherheit bescherte mindestens ein Scharfschütze auf dem Dach des Hofgartens. Ein bayrischer Aktivist meinte dazu nur:”Das ist normal hier in München.”

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Deutschland

Herr Mehdorn und die »Bahn von unten«

Offenbar darf bei der Bahn jeder Zugschaffner die Lokomotive für seinen Zug selbst bestellen. Und dabei natürlich die Hand dafür aufhalten, dass er die Lok von Bombardier und nicht von Siemens nimmt. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn rund 173.000 seiner Angestellten von einer Detektei überprüfen ließ, ob sie nicht neben dem Fahrkartenverkauf noch andere kleine Geschäftchen betrieben.

Oder ging es nicht nur um Korruptionsbekämpfung, sondern auch um etwas ganz anderes? Zum Beispiel darum herauszubekommen, wer sich in der privatisierungskritischen Initiative »Bahn von unten« engagierte? Und welche Gruppierungen der Bahngewerkschaft Transnet die windelweiche Tarifpolitik ihrer Führung nicht mittrügen? Oder die Lecks zu finden, durch die immer wieder interne Informationen zu Journalisten gelangten, zum Beispiel darüber, dass der Bahnvorstand den Abbau von weiteren 5.000 Streckenkilometern bis 2010 plant? Auf jeden Fall hatte Mehdorn bereits im April 2005 seinen »lieben Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen« klar angesagt, der Konzern werde solchen »Verrat« in Zukunft »ebenso energisch begegnen wie der Korruption«, und zwar mit »allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln«.

Wen wundert es da, dass Mehdorn – seit er den Konzern leitet – Aufträge an private Schnüffeldienste frei Hand und nur mit mündlichen Absprachen vergeben ließ sowie die so genannte Konzernsicherheit zu einer Art von internem Geheimdienst ausbaute? Die Initiative »Bahn von unten« spricht von einem »Staat im Staate«, der sich »jeglicher Kontrolle entziehe«.

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PARAGUAY
FOLTERVORWÜRFE GEGEN POLIZEI UND MILITÄR

Seit Fernando Lugo zum Präsidenten ernannt wurde, wird der Graben zwischen ihm und der Bauernbewegung immer tiefer. Es gibt schwere Vorwürfe, wonach drei Bauern bei einem gemeinsamen Einsatz von Polizei und Militär gefoltert worden seien. Im Vorfeld waren in San Pedro und Concepción Brandanschläge auf einen Militärposten und eine Polizeiwache verübt worden. Daraufhin hatte die Regierung das Militär um Unterstützung der Polizeikräfte gebeten. Zu den Anschlägen hätte sich eine Gruppe mit dem Namen „Paraguayische Volksarmee“ bekannt.

Der Regierung zufolge verschanzen sich hinter dem Namen gewöhnliche VerbrecherInnen, denen es lediglich um Einschüchterung und Verbrechen gehe.

Ein Bauernführer beschuldigte die Sicherheitskräfte, drei als mögliche Täter verdächtigte und verhaftete Männer gefoltert zu haben, um diese zu einem Geständnis zu zwingen. Ein Bischof erklärte, dass die Ereignisse an „die düsteren Zeiten der Diktatur“ erinnerten.

Am 12. Januar dieses Jahres war der Leiter eines Basisradios in der Kolonie Hugua Ñandu von Söldnern umgebracht worden. In diesem Ort waren zwischen 1989 und 2005 insgesamt 12 Bauern, die um ihr Land gekämpft hatten, ermordet worden. BewohnerInnen warfen den Polizeikräften und Militärs vor, bei ihren Einsätzen mit unverhältnismäßiger Brutalität vorzugehen.

Ein Sprecher von der Koordinationsstelle der Bauernorganisationen MCNOC kündigte an, die Regierung Lugo vor internationalen Menschenrechtsgerichtshöfen anzuzeigen.

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Deutschland

Lidl-Kunden sollen Prospektausträger überwachen

Der Lebensmittel-Discounter Lidl engagiert Kunden als Kontrolleure. Per Brief sucht die Lidl-Zentrale normale Verbraucher, die überprüfen sollen, ob der Prospekt mit neuen Sonderangeboten auch tatsächlich bis Sonntagabend in den Briefkästen landet.

Die Adressen habe man von einem Datenhändler gekauft, versichert Lidl. In dem Schreiben, das Ende Januar an 1500 Privathaushalte ging, heißt es: "Falls Sie uns dabei unterstützen möchten, haben Sie ab sofort die Möglichkeit, uns einmal pro Woche darüber zu informieren, ob Sie den Werbeprospekt erhalten haben oder nicht."

Dazu müssen die Kontrolleure ihre Beobachtung entweder über eine kostenlose Telefonnummer an Lidl melden oder eine E-Mail schreiben. Für diesen Fall hat Lidl sogar eine eigene Internet-Seite eingerichtet. Wer innerhalb von 14 Wochen zehnmal seine Beobachtungen mitteilt, erhält einen Lidl-Warengutschein in Höhe von sechs Euro.

Wie viele Empfänger des Briefes bereit waren, sich als Hobby-Informanten registrieren zu lassen, mochte Lidl nicht verraten. Es sei nicht die erste derartige Aktion gewesen, räumt der Discounter ein.

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MEXIKO
Wasserknappheit nimmt zu

Mexiko-Stadt wird sich in Zukunft mit einer Rationierung des Trinkwassers arrangieren müssen. In der 18-Millionen-Stadt herrscht schon jetzt Wasserknappheit, die möglicherweise nicht mehr zu beheben ist, werden nicht sofort Gegenmaßnahmen getroffen.
„Das unkontrollierte Wachstum, der Müll, der unrationelle Wasserverbrauch und undichte Leitungen führen dazu, dass die Grundwasservorräte immer weiter abnehmen.
Nach seiner Einschätzung sind 40 Prozent des Wasserverbrauchs der Hauptstadt Mexikos auf Verschwendung zurückzuführen. Wenn sich das nicht bald ändere, sei in fünf Jahren mit einer schweren Krise zu rechnen.
Um die Situation in den Griff zu bekommen, beschloss die staatliche Wasserschutz- und Wasserversorgungsbehörde CONAGUA von Januar bis Mai, das heißt bis zum Einsetzen der Regenfälle, die Wasserversorgung in der Hauptstadt an den jeweils letzten drei Tage jedes Monats um 50 Prozent zu kürzen.
Am 29. Januar begann in Mexiko der VI. Nationale Kongress zur Kultur des Wassers. Perspektiven und politische Einflussmöglichkeiten zur Stärkung des öffentlichen Bewusstseins bezüglich des Wasserverbrauchs standen u.a. auf der Tagesordnung. Drei Tage lang analysierten die örtlichen Behörden der Hauptstadt, Betreiberfirmen, Fachleute und VertreterInnen der Medien die aktuelle Situation und erläuterten die verschiedenen Aspekte der Aktivitäten des Wasserkultur-Forums.

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Deutschland

Anti-Bertelsmann Kongress

Die Bertelsmann AG ist in der Kritik, weil sie mit ihrer gleichnamigen gemeinnützigen Stiftung profitable Geschäftsbereiche erschließt. In einer unabhängigen Studie zur Gemeinnützigkeit wird das „trojanisches Marketing“ genannt.
Am 24. Und 25.1. nahmen an dem vierten Bertelsmannkritischen Kongress in in Gütersloh rund 130 Leute teil.

Im Einführungsvortrag ging es um das grundsätzliche Vorgehen der Bertelsmann-Stiftung. Es wurde beschrieben wie Bertelsmann durch seine Stiftung erst den Bedarf intellektuell vorbereitet, um dann mit dem Bertelsmann-eigenen Dienstleister für Kundenkommunikation und Logistik „arvato“ Profit zu machen.

Es gab Foren zu den Themenbereichen, in denen die Bertelsmann-Stiftung versucht Einfluss zu nehmen: E-Governement, Gesundheitswesen, Arbeitsvertragrecht, Militarisierung, Hochschulen und Schulen.

Die Bertelsmann AG ist einer der weltgrößten Medienkonzerne und gehört zu 76,9% der Bertelsmann-Stiftung. Die Stiftung gehört zu den wichtigsten neoliberalen Politikberatern im Land und dient dabei auch den wirtschaftlichen Interessen des Weltkonzerns.

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Islands Notenbankchef verweigert Rücktritt

Davíd Oddsson, Chef der isländischen Notenbank, hat am 8.2. einen Rücktritt abgelehnt. In einem in Reykjavik veröffentlichten Brief reagierte er auf die Forderung der neuen Regierung, die gesamte Führungsriege der Zentralbank auszutauschen. Der neuen sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir warf Oddsson vor, seine Ablösung als "Propagandaaktivität" zu betreiben. Er werde seinen Posten nicht verlassen.

Bei den Massendemonstrationen gegen die Verantwortlichen für die akute Finanzkrise auf Island gehörte Oddssons Rücktritt neben einem Regierungswechsel sowie Neuwahlen stets zu den Hauptforderungen der Protestierenden. Die seit einer Woche amtierende Übergangsregierung stellt sich am 25. April vorzeitigen Wahlen.

Sie will den Nationalbankchef vorher notfalls mit einer gesetzlichen Umstrukturierung aus dem Amt zwingen. Danach soll die Position neu ausgeschrieben werden und nur für ausgebildete Ökonomen offen sein. Oddsson ist Jurist.

Der Ex-Chef der konservativen Partei warf Frau Sigurdardóttir auch vor, ihn mit Drohungen aus dem Amt des Nationalbankchefs drängen zu wollen. Oddsson hatte zuvor erklärt, wegen der Unabhängigkeit der Zentralbank könne er von der Regierung nicht entlassen werden.

Die Finanzkrise hat Island und seine rund 320.000 Einwohnenden besonders hart getroffen. Drei Großbanken des Landes konnten nur durch eine Verstaatlichung vor dem Bankrott gerettet werden.

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Letzte Meldung

Ein Wirtschaftsminister, ein angefahrener Polizist und ein gescheiterter Rücktrittsversuch

Am 3.2. kam es in der Berliner Charlottenstraße zu einem Streit zwischen Wirtschaftsminister Michael Glos, der es offenbar eilig hatte, und einem Verkehrspolizisten, der von seinem Auftrag, die Straße zu sperren, keine Ausnahme machen wollte. Dabei soll Glos dem Beamten der Berliner Morgenpost zufolge mit dem "Ende seiner polizeilichen Karriere" gedroht haben. Der ließ sich trotzdem nicht beeindrucken – möglicherweise auch angesichts der Tatsache, dass vor nicht allzu langer Zeit ein Münchner Kriminaloberkommissar seinen Job deshalb verlor, weil er bei einer Verkehrsübertretung des Prominenten Franz Beckenbauer "ein Auge zugedrückt" hatte.

Anschließend kam es zu einem Unfall, an dem nach Angaben der Berliner Polizei sowohl der Wagen des Ministers als auch der Polizist beteiligt waren. Letzterer musste sich darauf hin wegen einer leichten Verletzung am Fuß in einem Krankenhaus behandeln lassen. Glos, der seinen Dienstwagen von einem Chauffeur steuern ließ, dementierte die Drohung gegen den Polizisten über einen Sprecher seines Ministeriums, entschuldigte sich aber brieflich bei dem Unfallopfer. Das nahm die Entschuldigung zwar an, aber der Berliner Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei forderte trotzdem eine genaue Untersuchung des Vorfalls, nach dessen Aufklärung Glos möglicherweise ein Rücktritt "nahegelegt" werden müsse.