Lora aus dem EineWeltHaus vom 2.3.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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10:45 min, 10 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 02.03.2009 / 03:44

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 02.03.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
München / London

Proteste gegen Alkoholverbote in U-Bahnen

Seit dem 1. Juni 2008 gilt in der Londoner U-Bahn Alkoholverbot.
In der Nacht davor hatten Tausende Trinkwillige dagegen demonstriert.
Es gab viel Spaß, aber auch Prügeleien und viele Betrunkene übergaben sich in den überfüllten Wagen.
Das nicht genehmigte Fest war als "Letzte Underground Sauf-Party" über das Internet organisiert worden und legte Teile des U-Bahn-Netzes lahm.
Rund 2.000 Alkoholbefürwortende blockierten die Bahnsteige. 17 Menschen wurden festgenommen.

Das "Saufverbot“ war eine der ersten Amtshandlungen des neuen Londoner Bürgermeisters Johnson. Der konservative Politiker wollte damit "asoziales Verhalten“ unterbinden und für mehr Sicherheit sorgen.

In München löste das seit Februar diesen Jahres geltende Alkoholverbot keine so rauschende Party aus. Am letzten Sonnabend wurden bei der über das Internet bekannt gegebenen Event-Demonstration gegen das Verbot am Münchener U-Bahnhof Fraunhoferstr. ca. 8 Leute (inkl. 2 Journalisten vom BR) gesehen. Sie wollten mit gültigem Fahrausweis den ganzen Abend U-Bahn fahren und dabei Musik hören. Auf einem U-Bahnsteig am Sendlinger Tor wurden 10 leere Bierflaschen gesichtet.

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Italien

Die Insel Lampedusa brennt

Erst versuchten sie, die Tore des Abschiebezentrums aufzubrechen, dann zündeten sie an, was sie finden konnten, hauptsächlich Müll und ein paar Matratzen. Wieder einmal explodierte die Wut der Migranten und Flüchtlinge auf Lampedusa. Die Bilanz des vorläufig letzten Aufstands auf der süditalienischen Insel sind Dutzende Verletzte und die vollständige Zerstörung des Hauptgebäudes des Abschiebezentrums. Niemandem gelang die Flucht. Aus Lampedusa wegzukommen ist nicht einfach.

Seit Januar kommt es auf der kleinen italienischen Insel regelmäßig zu Protesten. Anfang des Jahres entstand hier neben dem Auffangzentrum ein Identifizierungs- und Abschiebezentrum. In diesem sollen die Flüchtlinge nur wenige Tage verbringen und dann nach Sizilien ausgeflogen werden. Die Menschen sollen direkt in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden und gar keine Möglichkeit haben, das Festland zu erreichen.

Doch nicht nur die Migranten auf Lampedusa wehren sich gegen diese weitere Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Die Inselbewohner selbst erklären die Flüchtlingspolitik der italienischen Regierung für gescheitert und fordern den Rücktritt des Innenministers. Sie wollen ihre Insel wieder mit reichen Touristen füllen und fordern ebenfalls »Bewegungsfreiheit« für die Migranten. Wo sie hin sollen, kann man derzeit auf Plakaten vor dem Rathausgebäude der Insel lesen: »In die norditalienischen Gefängnisse, dort gibt es mehr Platz«.

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China

Schulung für Bürokraten

Mehr als 20 Millionen Wanderarbeiter haben in den vergangenen Monaten ihren Job verloren, die Proteste häufen sich. Deshalb wurden 3.000 für die »öffentliche Sicherheit« verantwortliche Bürokraten nun nach Peking einbestellt. Sie sollen im Umgang mit sozialen Protesten geschult werden. Die Fortbildung sei »dringend notwendig«, denn es sei eine »schwierige Aufgabe, die Stabilität in diesem Jahr zu erhalten«, sagte der Minister für öffentliche Sicherheit. Optimisten hoffen, dass die Bürokraten lernen sollen, weniger rabiat zu reagieren. Bei einigen Protesten war die Regierung in jüngster Zeit zu Verhandlungen bereit. Der Minister verriet jedoch nicht, was er seinen Untergebenen beibringen will.

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Island und Schleswig-Holstein

Island und Schleswig-Holstein haben einiges gemeinsam. Beide Länder sind weder allzu groß noch übermäßig dicht besiedelt und wo man hinschaut, ist Wasser. Die Wikinger, bekanntlich hart im Nehmen, mochten beide Gegenden. Bald könnte noch eine Gemeinsamkeit dazu kommen: die Zahlungsunfähigkeit. Denn zumindest die Banken beider Länder sind schon mehr oder weniger pleite.

Am 24.2. beschlossen die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg, der HSH Nordbank drei Milliarden Euro sowie Garantien im Wert von zehn Milliarden Euro zukommen zu lassen.

Die HSH Nordbank, an der Schleswig-Holstein und Hamburg jeweils mit rund 30 Prozent beteiligt sind, ist eine ganz normale Bank. Im Zuge der Finanzkrise stellte es sich heraus, dass sie sich gnadenlos mit Wertpapieren verspekuliert hat. Nun will sie rund ein Viertel ihrer Belegschaft entlassen, nimmt brav das für sie maßgeschneiderte »Rettungspaket« entgegen und plant trotz allem, 200 Millionen Euro an die Anteilseigner auszuzahlen.

Mehrere Politiker hatten davor gewarnt, den »Mini-Soffin« (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) zu beschließen. Schleswig-Holstein wäre damit quasi bankrott. Der Fraktionsvorsitzende der FDP im schleswig-holsteinischen Landtag Wolfgang Kubicki sagte: »Dem Land droht die politische Handlungsunfähigkeit. Das käme einem politischen Bankrott wie in Island gleich.«

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Russland

Atomlobby veranstaltet Schönheitswettbewerb Miss Nuclear

Die Atomlobby ist zwar auch in Deutschland mächtig am Rühren. Aber die Russen könnten den deutschen Nuklearfreunden einen Schritt voraus sein. Die Pro-Atom-Website nuclear.ru organisiert, zusammen mit Atomenergoprom und Nuclear Power, zum sechsten Mal den jährlichen Schönheitswettbewerb Miss Atom im Internet.

Das sei das "Juwel" der Pro-Atom-Aktivitäten, heißt es auf der Website. Gerade ist wieder der neue Schönheitswettbewerb gestartet, an dem Frauen mitmachen können, die in Unternehmen der russischen Atomindustrie oder entsprechenden Forschungsinstitutionen in den ehemaligen Ländern der Sowjetunion arbeiten. Auch Studentinnen, die an Unis oder anderen Ausbildungsinstitutionen irgendetwas in Richtung Nukleartechnik oder
-wissenschaft lernen, dürfen mitmachen.

Dieses Jahr stellt sich eine 23jährige ganz im Sinne der Atomlobby dar und entsteigt als Nuklearnymphe dem sauberen Kühlgewässer eines Atomkraftwerks. Doch bislang liegt sie an zweiter Stelle. Favoritin ist noch eine 21jährige, die als Hobbys Reisen, Malen und Bedienen angibt.

Abstimmen können bis zum 6. März alle Besuchenden der Website, so dass es eigentlich ein internationaler Wettbewerb ist, zu dem die "charmanten und faszinierenden Vertreterinnen der Atomindustrien von Russland, Kasachstan, der Ukraine, von Weißrussland und anderen Ländern" eingeladen sind. Natürlich spricht man hier auch von der "nuklearen Renaissance", den die Schönen aus der Nuklearindustrie befördern sollen.

2008 hatten 344 Frauen mitgemacht, der erste Preis war eine Reise zu zweit nach Italien. Die übrigen Preise waren für die Atomindustrie eher bescheiden.

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Griechenland

Syndikat der Reinigungskräfte erkämpft Verhandlungsbereitschaft der Athener Verkehrsbetriebe

Am 23.12.08 war in Athen ein Mordanschlag auf die Syndikalistin und Schriftführerin der PEKOP, Konstantina Kouneva, verübt worden.
PEKOP ist das Syndikat der Reinigungskräfte und Haushaltshilfen in Athen.
Während es Konstantina Kouneva besser geht, erzielten die Solidaritätsbewegung und die PEKOP mit ihrer Kampagne gegen mittelalterliche Sklavenarbeitsverhältnisse einen ersten Durchbruch.
Am 25.02.09 besetzte die PEKOP erneut das Verwaltungsgebäude der sich in öffentlicher Hand befindenden Athener Verkehrsbetriebe ISAP.
Frau Kouneva hatte für das Reinigungsunternehmen OIKOMET gearbeitet.
Während der Besetzung wurde auf die anhaltende Verletzung der Arbeitnehmerrechte durch das Reinigungsunternehmen OIKOMET, das als Generalunternehmer für die Reinigung der U-Bahnen der ISAP zuständig ist, angeprangert.
Nach längeren Verhandlungen mit der ISAP erklärte diese Gesprächsbereitschaft.
1. Auf Grund der bekannt gewordenen Verletzung der Arbeitnehmerrechte durch die Firma OIKOMET wird ISAP sofort alle nötigen Schritte einleiten, um den bestehenden Vertrag aufzulösen.
2. Auf der Versammlung des Verwaltungsrates wird das Thema einer dauerhaften Anstellung von Reinigungspersonal eingebracht werden.
3. Es werden sofort - in Zusammenarbeit mit der PEKOP - neue Richtlinien für die Neuausschreibung der Verträge erarbeitet, so dass die vollständige Einhaltung aller Arbeitnehmerrechte sichergestellt wird.

Seit mehr als drei Jahren kämpft die PEKOP gegen die brutale Ausbeutung der Reinigungskräfte. Das ist ein erster Sieg.

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Letzte Meldung

US-Amerikanisches, weiches, nicht recyceltes Toilettenpapier ist in den Blick von Umweltschützern geraten

Der Hang der us-amerikanischen Menschen zu Toilettenpapier, Taschentüchern oder anderen kosmetischen Papiertüchern, die nicht aus recyceltem Papier gemacht werden, gilt Umwelt- und Klimaschützern als Sünde. Immerhin sind die USA der weltweit größte Markt für Toilettenpapier, nur 2 Prozent werden aus recyceltem Papier hergestellt. In Europa und Lateinamerika liege der Anteil bei 20 Prozent und mehr. In den USA wird pro Person drei Mal mehr Papier verbraucht als in Europa und hundert Mal mehr als in China.

Die New York Times spricht von einer "nationalen Obsession" und berichtet, dass der Anteil der superweichen, dreilagigen Luxustoilettenpapiere in den letzten Jahren bis zu 40 Prozent gestiegen ist. Der Guardian spricht süffisant von der "Empfindlichkeit der zarten us-amerikanischen Hintern".

Die Verwendung von superweichem Toilettenpapier, für das Unmengen von Bäumen geschlagen werden, sei im Hinblick auf CO2-Emisssionen schlimmer, so eine Umweltorganisation, als einen benzinfressenden Hummer zu fahren oder Fast Food zu sich zu nehmen.

Gerade hat auch Greenpeace in den USA eine Kampagne gestartet und aufgelistet, welche Papiertücher aus ökologischen Gründen empfehlenswert sind. Zudem verbraucht die Herstellung von Papier aus Holz weitaus mehr Wasser, als wenn es recycelt wird. "Die US-Amerikaner könnten pro Jahr mehr als 400.000 Bäume retten, wenn jede Familie einmal eine Rolle recyceltes Toilettenpapier kauft".