Alles Einzelfälle? (Gekürzte Version von 26485)

ID 26682
 
AnhörenDownload
Vor 10 Jahren wurde Marcus Omofuma bei der Abschiebung aus Österreich von Polizisten getötet. Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich bei dieser Tat nicht um einen Einzelfall. Den Nachweis führt der folgende Beitrag: Anhand ausgewählter Fälle aus Österreich wird die systematische Gewalt und der Rassismus der Polizei in eindrücklicher Weise vor Augen geführt.
Audio
06:53 min, 6459 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.03.2009 / 16:32

Dateizugriffe: 781

Klassifizierung

Beitragsart:
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Marcus Omofuma - Kein Vergeben. Kein Vergessen.
Entstehung

AutorInnen:
Radio: , Wien im www
Produktionsdatum: 03.03.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Am 1. Mai 1999 startete eine Maschine der Balkan Air vom Flughafen Wien Schwechat. Ein Passagier war gegen seinen Willen an Bord. Er sollte von drei Fremdenpolizisten nach Nigeria abgeschoben werden. Doch bereits bei der Zwischenlandung in Sofia war er tot. Die Beamten hatten ihn dermaßen geknebelt und mit Klebeband und anderen Hilfsmitteln am Sitz fest gezerrt, dass er erstickte. Die Peininger von Marcus Omofuma sind ohne Konsequenzen davon gekommen. Doch seine Schreie des Widerstandes gegen Abschiebungen konnten nicht erstickt werden. Marcus Omofuma kämpfte bis zuletzt um sein Leben und seine Freiheit.

Der Tod von Marcus Omofumas ist kein Einzelfall. Bei Polizeieinsätzen, im Polizeigewahrsahm und im Zuge von gewaltsam durchgeführten Abschiebungen kommt es immer wieder zu Toten. Die Behörden bemühen sich um Beschwichtigung. Sogenannte Zwischenfälle sollen vermieden werden. Doch nicht immer gelingt es, die Vorkommnisse zu verheimlichen. Von Zeit zu Zeit dringen Informationen über schwere Misshandlungen an die Öffentlichkeit. Doch diese stellen nur die Spitze eines Einsberges dar.

Gerechtfertigt wird das brutale Vorgehen der Beamten durch rassistischen Zuschreibungen. In den folgenden Minuten wird anhand einiger ausgewählter Beispiele aufgezeigt, dass bei der Umsetzung der Ausgrenzungs- und Abschottungspolitik Tote bewusst in Kauf genommen werden.

Wir stellen die Frage: Kann das Versperren der Atemwege zum Erstickungstod führen? Bei der Polizei dürfte sich diese Tatsache noch nicht herumgesprochen haben. Spätestens seit dem Erstickungstod von Semira Adamu sollte den Beamten klar sein, wohin derartige Gewaltanwenungen führen.

-- Ahmed F.

Am 19. Februar 1999 fand eine sogenannte Drogenkontrolle in Wien Favoriten statt. Ahmed F. wured als Dealer verdächtigt - und starb bei seiner Verhaftung. Als offizielle Todesursache wurde angegeben, dass eine Drogenkugel in seiner Luftröhre stecken blieb. Haben die Polizisten seinen Hals zugedrückt, um zu verhindern, dass er diese schluckt? Bis heute ist der Tathergang ungeklärt. Laut Aussagen von Zeug_innen wurde Ahmed F. im Zuge der Amtshandlung 20 Minuten lang von den Beamten verprügelt.

-- Richard Ibekwe

Richard Ibekwe wurde im Rahmen einer Razzia am 29. April 2000 wegen Verdacht des Drogenhandels verhaftet und im Jugendgefängnis Rüdengasse inhaftiert. Laut Berichten von Augenzeug_innen wurde er bei der Festnahme von der Polizei schwer misshandelt. Er stand unter Verdacht, Drogenkügelchen verschluckt zu haben. Der Verhaftete befand sich trotz des gesundheitlichen Risikos nicht unter ärztlicher Aufsicht. Laut offiziellen Angaben starb Richard Ibekwe nach vier Tage in Haft in den Morgenstunden des 3. Mai 2000 an einer Opiatenvergiftung.

Im Mai 2000 wurden drei weitere Todesfälle im Gewahrsam der Behörden bekannt. Am 12. Mai starb ein weiterer des Suchtgifthandels Verdächtigter in Polizeikommissariat Wien-Landstraße. Am 17. Mai ist ein Flüchtlingskind wegen vorenthaltener medizinischer Hilfe gestorben. Und am 19. Mai erschoss ein Beamter Imre Bartos im Zuge einer Polizeikontrolle mit seiner Privatwaffe.


-- Seibane Wague

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2003 starb Seibane Wague im Wiener Stadtpark an den Folgen eines Polizei- und Rettungseinsatzes.

Nach einem Streit mit seinem Chef wurde er von mehreren Polizist_innen und Sanitätern niedergerungen, geschlagen und mit dem Bauch nach unten am boden fixiert. Minutenlang standen insgesamt acht einsatzkräfte auf Seibane Wagues Körper, wobei der Notarzt tatenlos zusah. Später im Krankenhaus konnte nur mehr der Tod des in Mauretanien geborenen Physikers festgestellt werden.

Zwei Jahre nach dem Tod von seibane Wague standen zehn Personen wegen fahrlässiger Tötung unter gefährlichen Verhältnissen vor Gericht. Der Notarzt und ein Polizeibeamter wurden zu jeweils 7 Monate bedingter Haft verurteilt. In 2. Instanz wurde das Urteil auf vier Monate reduziert. Die anderen Angeklagten wurden freigesprochen.

-- Mike Brennan

Einer der aktuellesten Fälle rassistisch motivierter Übergriffe seitens der Exekutive in Wien ist die Prügelattacke auf Mike Brennan. Der Afro-Amerikaner wurde von zwei Männern in zivil ohne Vorwarnung krankenhausreif geschlagen.
Erst nach mehrfacher Aufforderung wiesen sich die Schläger als Polizisten aus.
Als Rechtfertigung griffen sie auf rassistische Zuschreibungen zurück: Sie hätten ihn mit einem Drogendealer verwechselt. - Als ob dies einen Unterschied machen würde.


-- Misshandlungen mit System
Am 1. Mai 1999 startete eine Maschine der Balkan Air vom Flughafen Wien Schwechat. Ein Passagier war gegen seinen Willen an Bord. Er sollte von drei Fremdenpolizisten nach Nigeria abgeschoben werden. Doch bereits bei der Zwischenlandung in Sofia war er tot. Die Beamten hatten ihn dermaßen geknebelt und mit Klebeband und anderen Hilfsmitteln am Sitz fest gezerrt, dass er erstickte. Die Peininger von Marcus Omofuma sind ohne Konsequenzen davon gekommen. Doch seine Schreie des Widerstandes gegen Abschiebungen konnten nicht erstickt werden. Marcus Omofuma kämpfte bis zuletzt um sein Leben und seine Freiheit.
Angesichts der genannten Beispiele kann resümiert werden, dass rassistisch motivierte Misshandlungen im Zuge von Polizeieinsätzen auf der Tagesordnung stehen. Von "Fehlverhalten" einzelner Beamter zu sprechen, ist eine Verharmlosung systematischer Gewalt. Es ist die Ausgrenzungs- und Abschottungspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten, die eine Durchführung von Deportationen mit entsprechender Gewalt verlangt. Den Handlanger_innen in Uniform bleibt zur Exekution dieser ein großer Spielraum, den sie bereitwillig nutzen. Mitgedacht muss dabei werden,Misshanldungen mit System dass Personen in Polizeigewahrsam über keinerlei Rechtsschutz verfügen - vor allem dann, wenn ihnen das Aufenthaltsrecht entzogen wird. Ihre Existenz auf europäischen Territorium wird mit rassistischen Argumenten in Frage gestellt.

Es ist nicht davon auszugehen, dass eine "Reform" bei der Durchführung von Polizeirazzien oder "aufenthaltsbeendenden Maßnahmen" zu einer grundlegenden Veränderung führen wird. Somit droht weiterhin all jenen zwangsweise Abschiebung, die nicht dem permanenten Druck nachgeben und sich weigern, das Land zu verlassen. Und dafür stellen die verantwortlichen Politiker_innen entsprechende Gesetze, eine umfangreiche Infrastruktur und scheinbar unerschöpfliche Geldmittel zur Verfügung. Denn es sind Hunderttausende, die Jahr für Jahr aus der EU entfernt werden. Gewalt, Misshandlungen und Folter sind dabei nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Kommentare
03.03.2009 / 18:16 Julia Hartung, Orange 94.0
Gekürzt
Dieser Beitrag ist die gekürzte Version von: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=26485 Marcus "Omofuma ist kein Einzelfall" Die Fälle aus der Schweiz, Deutschland, Belgien und Spanien fehlen in der gekürzten Version.
 
05.03.2009 / 13:26 Jochen, Radio Unerhört Marburg (RUM)
gesendet zip 090305
Danke