Lora aus dem EineWeltHaus vom 30.3.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 29.03.2009 / 23:40

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 29.03.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Berlin/Frankfurt/Main:
Demo gegen Krise

Am Sonnabend fanden in Berlin und Frankfurt am Main zwei Demonstrationen unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Krise!" statt, die sich vor allem gegen die Verteilung der Kosten wandte, die die globale Wirtschaftskrise mit sich führt.

Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Erwerbslosen- und Sozialprotestorganisationen, entwicklungspolitischen und antikapitalistischen Gruppen hatte „Für eine solidarische Gesellschaft" gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung mobilisiert.

Auf der Berliner Demo waren 25.000 Menschen, davon 7000 im Schwarzen Block. Am Ende eskalierte die Situation zwischen Polizei und Autonomen völlig. Es kam zu etlichen Verletzten und Festnahmen. Polizeibeamte wüteten vor dem Roten Rathaus.

Anlaß ist der G20-Gipfel am 2. April 2009 in London. Die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten werden sich treffen, um über die Krise zu beraten. Die G20-Staaten sind die G8-Staaten und 12 Industrie- und Schwellenländer.
Selbstverständlich wird der Gipfel während der gesamten Woche von Protesten begleitet werden.

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Nordirland

Einigkeit gegen Abtreibung

Frauenrechte gehörten nie zu den Prioritäten der IRA und der Sinn Fein, die weiterhin nur eine »therapeutische« Abtreibung gestatten will. Auch die britische Regierung besteht zwar darauf, dass Nordirland zum Vereinigten Königreich gehört, nicht aber auf der Geltung des Abortion Act von 1967, der die Fristenlösung gestattet. Da Widerstand katholischer wie protestantischer Gruppen befürchtet wurde, die sich in der Ablehnung der Abtreibung einig sind, ließ das Gesundheitsministerium offen, wann eine therapeutische Abtreibung gestattet ist. Vor 2 Wochen wurde eine Richtlinie veröffentlicht: Der Eingriff ist legal, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist oder ihr dauerhafte schwere Gesundheitsschäden drohen. Bislang hatten die Ärzte Schwangerschaftsabbrüche fast immer verweigert, da sie wegen der unklaren Rechtslage Klagen von Abtreibungsgegnern fürchteten. Schätzungen zufolge reisen pro Jahr 1.400 bis 2.000 Nordirinnen in andere europäische Länder, um dort eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

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Gambia

Razzia gegen Heiler und Hexenjäger
Bewaffnete Polizsten umstellten das Dorf und bedrohten die BewohnerInnen. Sie suchten willkürlich mehr als 300 Männer und Frauen heraus. Die Razzia galt nicht gewöhnlichen Regimekritikern, sondern einem gefährlicheren Feind: Hexern. Einem Bericht von Amnesty international zufolge glaubt der gambische Präsident Yahya Jammeh, der Tod seiner Tante sei durch Zauberei verursacht worden. Da gegen Zauberei ordinäre Gewalt allein wirkungslos ist, setzt Jammeh auch »Zauberdoktoren« ein. Insgesamt 1.000 Menschen wurden verschleppt, man verabreichte ihnen zwangsweise Halluzinogene und dubiose Kräutertränke. Manche wurden gezwungen, sich als Hexer zu bekennen, viele wurden geschlagen und lebensgefährlich verletzt, zwei Menschen sind an den verabreichten Substanzen gestorben. Viele Verdächtigte fliehen nun mit ihren Familien nach Senegal.
Jammeh war Offizier der Militärpolizei, als er 1994 putschte, und wurde mit einem Alter von 29 Jahren das weltweit jüngste Staatsoberhaupt. Dass oppositionelle Zauberer ihm schaden wollen, entdeckte er im Jahr 2006. Löwenkadaver wären in der Nähe der Regierungsgebäude vergraben worden, um die Wirtschaft Gambias zu zerstören. Doch Jammeh bemüht sich, der schwarzen Magie zu trotzen. Ein Jahr später verblüffte er mit der Behauptung, er könne Asthma und HIV/Aids behandeln, und die Heilung erfordere eine eintägige Kur. Denn »mit dem Koran und einigen Naturkräutern« lasse sich jede Krankheit heilen. Seitdem behandelt er Patienten mit Handauflegen und dem Einreiben mit einer »geheimen« Tinktur; das Essen von genau zwei Bananen rundet das Verfahren ab.
Wirklich Angst hat Jammeh jedoch nicht vor Hexern: Nur Gott könne ihn entmachten.

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ARGENTINIEN

Der 33. Jahrestag des Militärputsches

Mit Demonstrationen im ganzen Land haben ArgentinierInnen am 24. März dem 33. Jahrestag des Militärputsches von 1976 gedacht. In Buenos Aires trafen zwei große Demonstrationszüge, angeführt von der Organisation Söhne und Töchter für Identität und Gerechtigkeit, gegen das Vergessen und das Schweigen HIJOS und den Großmüttern und Müttern vom Plaza de Mayo im Zentrum der Hauptstadt zusammen.

Auf Demonstrationen forderten Menschenrechtsorganisationen und Angehörige von Verschwundenen und Ermordeten der Straffreiheit im Land endlich ein Ende zu setzen und die Verantwortlichen für die 30.000 Verschwundenen zur Verantwortung zu ziehen. 95 Prozent der Täter von damals seien auf freiem Fuß und noch immer gebe es mehr als 400 junge Menschen, die ihren damals verfolgten Eltern entrissen und von Angehörigen oder Begünstigten des Militärregimes adoptiert worden seien.

Aus Anlass des Tages wurde in der Provinz Córdoba das geheime Ex-Gefangenenlager “La Perla” der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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Palästina/Israel
Israelische Armee leitet Untersuchungen ein

Das Bild eines palästinensischen Kindes in einem Fadenkreuz und darunter die Aufschrift: »Je kleiner sie sind, desto schwieriger ist es«. Derart bedruckte T-Shirts haben israelische Soldaten während der Militäreinsatzes im Gaza-Streifen im Winter getragen. Ein anderes T-Shirt zeigte ds Bild einer schwangeren Frau im Fadenkreuz, dazu der Text: »1 Shot 2 Kills«. Die Tageszeitung Ha’aretz veröffentlichte vor 2 Wochen zahlreiche Unappetitlichkeiten aus der »Operation Gegossenes Blei« und versetzte die israelische Gesellschaft damit in helle Aufregung.

Es sind aber weniger die T-Shirts, sondern vor allem Berichte von Soldaten, die an dem Einsatz beteiligt waren, die Erschrecken ausgelöst haben. Bei einer Konferenz in einer Armeeschule hatten am 13. Februar junge Soldaten über ihre Erlebnisse berichtet: Gezielt oder zumindest fahrlässig seien in mindestens zwei Fällen Zivilisten getötet worden. Willkürlich habe man Häuser und Wohnungen demoliert, Sprüche wie »Tod den Arabern« seien auf Wände gesprayt worden.
Die Berichte der Soldaten erweckten den Eindruck, viele dieser Verbrechen seien von ihren Vorgesetzten mindestens geduldet worden.

Die israelische Armee hat Untersuchungen eingeleitet, andere haben das längst getan: eine Uno-Arbeitsgruppe, Human Rights Watch und Amnesty international.

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Frankreich

Ehemaliger Soldat fordert Entschädigung

Michel Verger gehörte zu den Soldaten, die zwischen 1960 und 1996 an den französischen Atombombentests beteiligt waren, die in Algerien und Polynesien stattfanden. Er sagt heute, dass die Soldaten Versuchskaninchen ohne richtige medizinische Versorgung waren. Er will erreichen, dass die Regierung Entschädigungen zahlt. Insgesamt »150.000 zivile und militärische Arbeiter« sind dem Verteidigungsminister zufolge »theoretisch« betroffen, es sei »an der Zeit, auf das Gewissen zu hören«. Oder auf das im Januar verabschiedete Gesetz, das den Betroffenen eine Entschädigung zuspricht, wenn sie nachweisen können, dass eine Erkrankung aus der Beteiligung an den Tests resultiert.

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Letzte Meldung

USA

Literaturkritik in der Krise

Als hätte Obama nicht schon genug zu tun. Nicht nur die Autoindustrie muss er retten, sondern demnächst auch die us-amerikanische Literaturkritik. Der gehe es inzwischen so schlecht, dass nur durch staatliche Hilfen ihr völliger Niedergang abzuwenden sei. Diese Debatte hat Lorin Stein losgetreten, einer derzeit einflussreichsten Literaturkritiker und Herausgeber in den USA. Und wie es sich für einen angesagten Rezensenten gehört, war sein Hilfeschrei im Internet platziert, also der großen Print-Vernichtungsmaschine. Genauer: im Online-Magazin More Intelligent Life, einem Ableger des Economist. Stein beklagt, dass nach der Einsparung der Literaturbeilage der Washington Post die New Vork Times die einzige Zeitung mit Buchbeilage ist. Erst sterben die Beilagen, dann verhungern die Rezensenten, dann schwächelt der Buchmarkt. Findet Literaturkritik irgendwann nur noch in den Blogs statt, wo Amateure und Fans den Rezensentenjob ganz ohne Kohle übernehmen?