Vogel der Woche (108): Der Bruchwasserläufer

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ein seltener Vogel, dessen Namensherkunft die Ornithologen gerne verschweigen.
Audio
04:16 min, 4007 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 14.04.2009 / 13:18

Dateizugriffe: 271

Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Kultur, Wirtschaft/Soziales, Andere
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hike
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 14.04.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Beginn Sprechtext //

Heute: Der Bruchwasserläufer.

Sie behaupten nun bestimmt: Nääää, SOOO einen Vogel gibbet überhaupt nich! Und ich schlage nun mein hochgelahrtes, im Laden gekauftes Echtvogel-Buch an der Stelle auf, an der dieser Vogel platziert ist, mit Bild und Text. Seite 122.

Watvögel, Charadriiformes. Dort also versteckt sich der kleine Piepsgeselle unter dem Namen Tringa glareola!

Zwanzig Zentimeter braucht das Lineal um seine Gesamtlänge zu erfassen, die Waage pendelt sich bei 50-90 Gramm Gewicht ein. Um ihn per Sackpost zu versenden, bräuchte es also 1,45 Euro Porto, denn als Buchsendung geht er nicht durch, dazu hat sein Name ein R zu viel. Und Bruchsendungen bringt das Gelbe Schicksal ja angeblich nicht.

Der Ruf des Bruchwasserläufers sei markant, das Geselligkeitsverhalten gegeben, so raschelt er leise weiter, mein papierener Berater und Führer durch die Vielfalt der kleinen graubraunen Vögelchen, die im Schlickwatt so mit den Füßen feststecken können.

Noch mal zum Ruf, "Trihte-trihte" soll er schallen, "o.ä." gar, und im Fluge gibt er uns die Bee Gees zurück, die lange vergessenen Popikonen des Hirnhöhlengepiepes, denn der Glareole posaunt hie, am Azur, die Namen des Brudertrios aus, alle drei: "gip-gib-gib". Mögen Robin und seine Geschwister dies nicht als Aufforderung zum Comeback nehmen.

Das Buch fährt fort, Herr Perrins beschreibt den Lebensraum des kleinen Watpurzels:

"Feuchte Mf, Bf, auf dem Flug flache Uferzonen von Sf, Ff."

Das Alter von Bruchi wird mit Ein Neuntel ("1/9") angegeben. Und damit hat er noch Glück, andere Kollegen seiner Gattung müssen sich mit der kompletten Infragestellung irgendeiner Art von Alterung herumschlagen: Der Teichwasserläufer zum Beispiel, kriegt nur ein dürres Ein Fragezeichentel ("?1/?") zustande.

Aber zurück zu Bruchi, sein Status ist Z, was ihn als Kunden der Bahn, und nicht der Post ausweist: ein Zugvogel also.

Es gäbe noch so viel mehr über ihn zu explorieren, zum Beispiel sein Sitzen auf den Eiern in einem Bodennest, "oft erhöht auf Bülte"; 22 bis 23 Tage hält es ihn dort nieder, bis die Jungen, die ihrerseits Nfl sind, die hellgrünen bis oliven Tarnschalen von ihrer 38 Millimeter ziehen... nee, irgendwie war das sicherlich anders gemeint. Bis die Jungen also die 38 Millimeter langen hellgrün bis oliv gefärbten Kalkverpackungen mal von außen begucken kommen.

Die dürren zehn Zeilen im dicken Buch des Herrn Perrins stellen uns sein Leben dar, beschreiben uns sogar die Flecken auf der Oberseite des Vogels detailliert, nur eins vergessen sie zu erwähnen: wie der Vogel eigentlich zu seinem Namen gekommen ist.

Darüber schweigen sie gerne, die Ornithologen, denn es ist für sie eine stille Schande: die schönsten Porzellansammeltassen der Ornithologie sind futsch - die einmalige Sammlung von Teegeschirr mit Limikolienmotiven ist nicht mehr: wegen einem Bruchwasserläufer, der von einem arglosen Vogelkundler zwecks Abmalen seiner noch im Panoptikum fehlenden Gestalt lebendig ins Museum für Ornithologische Sammeltassen Stralsund verbracht wurde.

Eine Tasse steht seitdem noch im Museum, und die ist aus unkaputtbarem Hartgummi. Auf dieser Tasse sieht man abgebildet den Bruchwasserläufer in Aktion.

// Ende Sprechtext

(Für alle Multi-Ästheten: es gibt auch ein Bild dazu, unter http://watcherx.blog.de/2009/04/13/ zu bewundern)