Lora aus dem EineWeltHaus vom 27.4.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 26.04.2009 / 18:45

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 26.04.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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Großbritannien

Handy-Videos als Beweismittel gegen Polizisten

Es war ausgerechnet ein Investmentbanker aus New York, der neue Erkenntnisse im Fall des Todes von Ian Tomlinson während der Proteste gegen den G 20-Gipfel brachte. Der US-Manager befand sich am 1. April in der Nähe der Bank of England, als er mit seinem Handy filmte, wie ein Polizeibeamter Tomlinson von hinten grundlos angreift und ihn zu Boden stößt. Wenige Minuten nachdem die Bilder gedreht worden waren, brach Tomlinson zusammen und starb. Die offizielle Todesursache lautete zunächst: Herzinfarkt. Doch wenige Tage später veröffentlichte der Guardian die vom US-Manager gedrehten Bilder, welche der ursprünglichen Darstellung der Polizei deutlich widersprechen. In einer offiziellen Mitteilung hatte die Metropolitan Police erklärt, Flaschen werfende Demonstrierende hätten die Wiederbelebungsversuche der Polizeisanitäter gestört. Die Aufnahmen zeigen dagegen, wie Tomlinson auf dem Bürgersteig sitzt und fassungslos die Arme hebt. Nach der Veröffentlichung der Bilder ordnete die Polizei eine zweite Obduktion der Leiche an; diese ergab, Tomlinson sei an inneren Blutungen im Unterleib ­gestorben, deren Ursache allerdings noch nicht geklärt sei. Der Beamte, der auf dem Video zu sehen ist, wurde vom Dienst suspendiert. Ob er sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss, ist noch offen.
Derzeit prüft eine Untersuchungskommission rund 140 Beschwerden gegen die Polizei im Rahmen des Londoner Gipfels. In vielen dieser Fälle gelten die Handy-Aufnahmen von Demonstrierenden als Beweismaterial.

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Zypern

Konservative Partei gewann Wahlen

Bislang forderte Dervis Eroglu von der rechten Partei der Nationalen Einheit UBP einen eigenen Staat in Nordzypern. Nachdem seine Partei die Parlamentswahlen mit 44 Prozent gewonnen hatte, kündigte Eroglu jedoch am 19.4. an, »die Wiedervereinigungsgespräche fortführen« zu wollen. Seit einem Staatsstreich griechisch-zyprischer Nationalisten und einer türkischen Militärintervention im Jahr 1974 ist die Insel geteilt. Die Mehrheit der türkischen Zyprioten befürwortet eine Wiedervereinigung, doch die Verhandlungen kommen nicht voran. Offenbar entschieden sich die enttäuschten Wähler deshalb für Eroglus nationalistische Partei, die bislang regierende gemässigte Republikanisch-Türkische Partei CTP erzielte nur 29 Prozent.

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Holland

Demonstration für Polyamory

In vielen muslimischen Ländern ist die Vielehe erlaubt und erwünscht, um die Stellung des Mannes zu festigen und das Bevölkerungswachstum anzukurbeln. Nun gingen im liberalen Vorzeigeland Holland mehrere tausend Menschen auf die Straße, um die Vielehe zu fordern und dem Parlament in Den Haag eine Petition zu überreichen. Losgetreten hat die Kampagne eine Polyamory-Aktivistin, die für offene Liebesbeziehungen wirbt. Polyamory, die sozial verträglichere Variante von Promiskuität, gilt gerade als Hit unter den Beziehungsmodellen.

Unter "Polyamory" werden Liebesbeziehungen zu gleichzeitig mehreren Menschen verstanden, die von allen Beteiligten gebilligt werden.

Die Initiative ist zuversichtlich, bis September die 40.000 Unterschriften zusammenzubekommen, die für die Einbringung einer Gesetzesinitiative im Parlament erforderlich sind. Eine Aktivistin erklärte: "Wir waren das erste Land, das die Homo-Ehe möglich gemacht hat, wir können auch die Vielehe legalisieren".

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MEXIKO
Greenpeace stellt Strafantrag gegen mexikanischen Präsidenten

Die passive Haltung des mexikanischen Präsidenten bei der Duldung des Anbaus von genetisch verändertem Mais in Mexiko hat Greenpeace dazu veranlasst, gerichtliche Schritte gegen Felipe Calderón einzuleiten. Die Umweltschutzorganisation stellte Strafanzeige gegen Calderón. Greenpeace begründete die Anzeige mit der Erlaubnis der experimentellen Aussaat von Genmais auf mexikanischem Boden seitens der Regierung.

Die Erlaubnis zur Aussaat verstößt laut Greenpeace gegen das Gesetz zur Biosicherheit von genetisch veränderten Organismen und gegen den Artikel 216 des mexikanischen Bundesstrafgesetzbuches. Greenpeace machte darauf aufmerksam, dass der Anbau von Genmais in Mexiko den Empfehlungen der Nationalen Kommission für die Erforschung und Nutzung der Biodiversität CONABIO widerspreche.

Die Geschäftsführerin von Greenpeace Mexiko forderte ein Ende der Straffreiheit für Staatsbeamten, die für die Genehmigung des Anbaus von Genmais verantwortlich sind. Sie sagte: „Diejenigen, die für den Schutz unserer natürlichen Ressourcen zuständig sind, kommen ihrer Aufgabe nicht nach. Daher stellen wir Strafantrag, damit die Verantwortlichen, vor allem der Präsident des Landes …, unsere Gesellschaft über das Gesetz zur Biosicherheit aufklären“.

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Senegal

Homosexualität bleibt verboten

Homosexualität galt nicht nur als »widernatürliche Handlung«, die Beschuldigten hatten sich nach Ansicht der Richter auch der »Bildung einer kriminellen Vereinigung« schuldig gemacht. Die neun Angeklagten wurden im Januar zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Berufungsgericht hob das Urteil am 20.4. auf, allerdings nur wegen Mangels an Beweisen. Homosexualität bleibt verboten, doch Michel Sidibe, der Direktor von ­UNAids, betrachtet den Freispruch als »Ausgangspunkt für soziale Reformen«. Wie in den meisten afrikanischen Staaten gibt es auch im Senegal mittlerweile Organisationen, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen, andererseits steigt auch die Zahl der Angriffe auf Homosexuelle.

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Westbank

11 Verletzte bei Demonstrationen gegen die Mauer

In der letzten Woche demonstrierten - trotz der Repression der israelischen Armee - tausende PalästinenserInnen und viele internationale und israelische AktivistInnen gemeinsam gegen die Apartheidmauer, die die landwirtschaftlichen Flächen der Dörfer annektiert, um die jüdische Siedlungen in den besetzten Gebieten ausbauen zu können.

In Bil'in fand gerade die internationale Konferenz für gewaltfreien Widerstand statt, an der hunderte palästinensische, internationale und israelische AktivistInnen teilgenommen haben.

In Nialin demonstrierten hunderte Menschen gegen die Mauer. In Nialin sind im letzten Jahr vier Menschen bei Demos ums Leben gekommen.
Das Dorf kämpft gegen den Landraub zusammen mit israelischen FriedensaktivistInnen.
Am 21.4., am diesjährigen israelischen Holoucaustgedenktag, hat der Bürgermeister ein kleines Holoucaustmuseum im Dorf eröffnet, um über die Verbrechen des Rassismus und Antisemitismus in Europa zu informieren und damit die Verständigung der zwei Gesellschaften zu fördern.

Am 24.4. fand eine Demonstration in Gedenken an Bassem Abu Rahme statt. Er war vor 2 Wochen von Soldaten erschossen worden.
Die DemonstratInnen wurden von der israelischen Armee wieder mit Tränengas- und Gummigeschossen angegriffen. Ein Palästinenser wurde im Gesicht getroffen und liegt schwer verletzt im Krankenhaus.

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ARGENTINIEN
Umweltschützer sehen ihr Forum von Barrick Gold behindert

Die Vereinigung der Versammlung der Bürger UAC aus der argentinischen Provinz San Juan ist in ihren Bemühungen, am 23. April ein Forum zur Verteidigung der Gletscher und das Neunte Treffen der UAC abzuhalten, massiv behindert worden. Dahinter stecke der Bergbaukonzern Barrick Gold, gaben die UmweltschützerInnen bekannt. Barrick Gold hat Interesse an Bergbauaktivitäten in Argentinien, die Gletscher in Mitleidenschaft ziehen würden.

Die Plakate, mit der die UAC ihr Forum beworben hatte, waren nach wenigen Stunden abgerissen worden.
Die Versammlung San Juans gegen Verschmutzung und Ressourcenraub hatte bekannt gegeben, man wisse, dass der Fernsehkanal Canal 8 Anweisungen hatte, über das Forum zum Gletscherschutz nicht zu berichten. Auch sei ein Gegenforum in der Universität veranstaltet worden. Man kenne jedoch die dort vertretenen, “wichtigen Gletscherforscher” nicht, betonten die UmweltschützerInnen. Die Vorfälle zeigten, dass der Bergbaukonzern Barrick Gold die Stadt kontrolliere.

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Letzte Meldung

Wie können lesefaule Jungs ans Buch gebracht werden?

Der in München lebende Autor und Poetry-Slamer Jaromir Konecny zieht gerade mit einer Lesereise zu seinem neuen Buch „Doktorspiele“ durch deutsche Schulen.
Das Buch erzählt die Geschichte eines 16-Jährigen, der voll in der Pubertät steckt und nur Sex im Kopf hat. Die darin vorkommenden Wörter für Genitalien und autosexuelle Tätigkeiten scheinen kein Problem für Lehrerinnen und Lehrer an Hauptschulen zu sein.
Doch sagten mehrere Berliner Gymnasien vereinbarte Autorenlesungen ab. Der Vorwurf: Dem Buch fehle der literarische Anspruch, es habe daher nichts an Schulen zu suchen. Das nun kritisierte Buch war von den Gymnasial-Lehrkörpern vor der Buchung des Autors anscheinend gar nicht gelesen worden.
Jaromir Konecny sagte in mehreren Interviews, er spreche die Sprache der Jugendlichen jenseits von Porno-Blödsinn. Er beschreibe nur etwas plastischer, was auch der Biologieunterricht vermittle. Seine Lesungen könnten eine gute Diskussionsgrundlage für den Unterricht sein.
Seitdem die abgesagten Lesungen durchs Feuilleton schwirren, stiegen die Verkaufszahlen des Buches.