USAControl Ausgabe Mai Teil 2

ID 27797
 
AnhörenDownload
Präsident Obamas Politik für Irak, Afghanistan und Pakistan
Audio
10:15 min, 5919 kB, mp3
mp3, 79 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 06.05.2009 / 18:29

Dateizugriffe: 359

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache:
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: USAControl
Entstehung

AutorInnen: Hermann Ploppa
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 06.05.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript

Am 27. März diesen Jahres erläuterte der amtierende Präsident der USA, Barack Obama, sein Konzept für eine Politik im Mittleren Osten. Also für Länder wie Irak, Afghanistan, Iran oder Pakistan. Wie sollen die USA sich dort verhalten?
Zu Recht beginnt er seine Darlegungen mit der Frage: warum sind die USA nach so vielen Jahren immer noch in Afghanistan militärisch präsent? Und Obamas Antwort auf diese Frage lautet in keiner Weise anders als die seines Amtsvorgängers George Bush: die Terrororganisation Al Quaida plant jetzt gerade Anschläge innerhalb der USA. Und zwar aus Pakistan heraus. Wenn Al Quaida oder die Taliban in Pakistan die Macht übernähmen, dann könnten sie in aller Ruhe ein neues Attentat in der Dimension des 11. September 2001 vorbereiten und ausführen. Die US-amerikanischen Truppen sind nach Obamas Worten in Afghanistan, um die amerikanischen Bürger auf dem Territorium der USA zu schützen. Aber auch, um die Bürger Afghanistans und Pakistans vor Terror zu schützen.
Das müssen wir Europäer uns klarmachen: die USA sehen sich selber in einem regelrechten Krieg gegen eine fremde Macht befindlich. Sie sehen sich in ihrer territorialen Integrität verletzt und bedroht durch eine kleine Gruppe von etwa 100 Personen im Mittleren Osten.
Die Absurdität dieser Kriegsgrund-Konstruktion wird durch das Wort „asymmetrischer Krieg“ verbal ummantelt. Ein Elefant kämpft verbissen gegen eine Mücke. Und wären die USA in ihrem Militärpotential nicht stärker als die vierzehn nachfolgenden stärksten Militärmächte dieser Welt, so würde nicht die gesamte Welt dem nackten Kaiser folgen und ihn wegen seiner schönen Kleider, die er sich angelegt habe, loben.
Und für diese 100 irregeleiteten Veitstänzer fordert Obama, ganz in der Manier seines Amtsvorgängers Bush, außerhalb des regulären Haushalts, immer wieder extra Geld. Jetzt gerade wieder 83.5 Milliarden Dollar sollen die Steuerzahler mehr aufbringen für den Krieg der USA im Mittleren Osten.
Selbst der US-Armee ist dieser Einsatz von Kanonen gegen Spatzen nicht geheuer. Bereits 2003 hatte Jeffrey Record im Auftrag des Army War College, also einer Art Bundeswehrhochschule der USA, eine Studie erstellt. Records Studie kommt zu dem Schluß, daß gegen Al Quaida, Taliban und ähnliche asymmetrische Gegner der Einsatz regulärer Armeen völlig fehl am Platz ist. Da es sich hier um einen Gegner handelt, der die Guerillataktik einsetzt, sei dies eine Baustelle für Geheimdienste und Polizei.
Aber das ficht Obama nicht an. ZITAT: „Deshalb möchte ich dem Volk von Amerika zu verstehen geben, daß wir ein klar umrissenes Ziel haben – nämlich: Al Quaida in Pakistan und Afghanistan zu stoppen, zu demontieren und zu besiegen; sowie ihre Rückkehr in eines der beiden Länder in der Zukunft zu verhindern.“ ZITATENDE Und Obama präsentiert sich als Wohltäter der kleinen Leute in den betroffenen Ländern: ZITAT „Um uns auf auf die größte Gefahr für unser Volk zu konzentrieren, darf Amerika nicht länger Afghanistan wegen des Krieges im Irak Mittel vorenthalten.“ ZITATENDE
Denn die Taliban habe sich wie ein „Krebsgeschwür, das Pakistan von innen tötet“ eingenistet. Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger vergißt Obama jedoch zumindest rhetorisch nicht, die Zivilgesellschaft zu bedenken. Der Internationale Währungsfond und die Weltbank sollen mit großzügigen Krediten bereitstehen, wenn sie gerufen werden. Wie großzügig von Obama, daß er über das Geld der internationalen Gemeinschaft so freigiebig verfügt! Weil Bomben und Gewehrkugeln, Streubomben und Drohnen alleine nicht helfen werden, soll aus dem Steuerzahlergeld der US-Bürger das Leiden des pakistanischen Volkes jedes Jahr mit zusätzlichen 1.5 Milliarden Dollar gemildert werden. Ist das bereits der „dramatische Anstieg in den Bemühungen im zivilistischen Bereich“, von dem Obama sprach?
Obama unterscheidet sich von seinem Amtsvorgänger, indem er verspricht, Aufträge für den Wiederaufbau in einer öffentlichen Ausschreibung zu vergeben, und nicht, wie die Bush-Regierung, ungeprüft an Busenfreunde von Vizepräsident Cheney. Die Korruption in den Regierungen von Irak, Pakistan und Afghanistan soll bekämpft werden. Zwischen vernünftigen und unvernünftigen Taliban soll ein Unterschied gemacht werden.
Mittlerweile zitiert Präsident Obama die Präsidenten von Afghanistan und Pakistan wie Schulbuben zu sich ins Weiße Haus. Der afghanische Präsident Karsai allerdings hatte nie große Autorität in seinem Land. Zudem wird er vermutlich bald abgewählt. An der Demontage des pakistanischen Präsidenten Zardari hatten die USA massiven Anteil. Durch den Beschuß des pakistanischen Grenzgebietes zu Afghanistan mit munitionierten US-Drohnen aus Afghanistan heraus wurde Zardari als politisch impotent vorgeführt. Zardari konnte nicht die Sicherheit seiner Staatsbürger gewährleisten. Zudem ist die Loyalität einiger Mitarbeiter im pakistanischen Geheimdienst ISI unklar. Ihnen wird nachgesagt, Weisungen aus Washington zu folgen, und Zardari zu ignorieren. Dazu neuerdings die permanenten Attentate auf unbescholtene Bürger mitten in Pakistan. Die US-Regierung, im Chor mit der US-Presse, entwertet Zardari weiterhin durch Bemerkungen über seine vermeintliche Unfähigkeit und mangelnde Durchsetzungskraft. Der frühere UN-Botschafter der USA, John Bolton, meinte schon ganz ungehemmt, ein Militärputsch sei in Pakistan vielleicht ganz hilfreich ...
Während Obamas Versprechungen für den Wiederaufbau in Afghanistan recht verschwommen bleiben, sind seine militärischen Maßnahmen absolut präzise: 17.000 weitere Soldaten der USA sollen in Afghanistan zum Einsatz gelangen. Obendrein soll das Training der afghanischen Sicherheitskräfte verstärkt werden. Nun hat es schon jede Menge Verstärkungen von Sicherheitskräften gegeben. Das Ergebnis: die Gewaltspirale ist immer weiter angestiegen. Obama benutzt für seine erneute Steigerung des Militärpotentials das Zauberwort „Surge“, in etwa: Truppenaufstockung. Mit dem Zauberwort „Surge“ hatte George Bush seine Truppenaufstockung im Irak im Jahre 2006 bezeichnet. Jene Aufstockung der Truppen soll angeblich zu einem Abebben der Selbstmordattentate geführt haben. Experten in den USA haben allerdings festgestellt, daß die Beruhigung an der irakischen Front zurückzuführen sei auf eine energische Offensive irakischer Stämme gegen die als Eindringlinge empfundenen Terroristen der Taliban.
Ich habe den in Marburg lebenden afghanischen Politikwissenschaftler Matin Baraki gefragt, was er von Obamas Truppenaufstockung hält. Baraki war gerade sechs Wochen in Afghanistan und Pakistan, und hat sich vor Ort ein Bild der Lage machen können:

O-Ton Baraki

Das war wieder eine Folge der Sendereihe „USAControl“. Durch die Sendung führte Sie Hermann Ploppa.