Lora aus dem EineWeltHaus vom 15.6.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 14.06.2009 / 22:56

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 14.06.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
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Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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Bayerisches Innenministerium missachtet Grundrecht auf Versammlungsfreiheit

Im Rahmen der bayernweiten Aktionstage gegen Lagerzwang für Flüchtlinge LAGERSCHLUSSVERKAUF fand am letzten Sonnabend in München die Demonstration "Wohnungen statt Flüchtlingslager" statt.

Die Bayerische Staatsregierung weigerte sich, Flüchtlinge zur Demo anreisen zu lassen. Laut Innenministerium und der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern rechtfertigt der Besuch einer Demonstration nicht die Befreiung von der Residenzpflicht. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gelte nur für Deutsche. Damit wird den Flüchtlingen von genau der Behörde, gegen die sich ihr Protest richtet, die Teilnahme an den Aktionen untersagt.

Der Besuch der Aktionen ohne Erlaubnis kann deshalb für Flüchtlinge zu Sanktionen von einem Bußgeld über eine Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe führen. Viele der Bewohner_innen der Flüchtlingslager trauten sich deshalb nicht, nach München zu fahren.

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USA/Nigeria

Shell zahlt 15,5 Millionen Dollar und gibt sich unschuldig

Jegliche Verantwortung für den Tod des nigerianischen Regimekritikers Ken Saro-Wiwa lehnt der Ölkonzern Shell auch weiterhin ab. Dennoch stimmte Shell am 8.6. der Zahlung von 15,5 Millionen Dollar zu. In dem Verfahren vor einem New Yorker Gericht war Shell vorgeworfen worden, mit der damaligen Militärregierung zusammengearbeitet zu haben, um die Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten zum Schweigen zu bringen, die für eine Beteiligung der örtlichen Ogoni-Bevölkerung an den Gewinnen aus der Ölförderung kämpften. 1995 wurden Saro-Wiwa und acht weitere Aktivisten hingerichtet.

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Guinea-Bissau

Tödlicher Wahlkampf

Am 6.6. sollte der Wahlkampf beginnen, doch einige Soldaten hatten ihre eigenen Vorstellungen über die Kandidatenauswahl. Am 5.6. stürmten bewaffnete Männer in Militäruniformen das Haus des Präsidentschaftskandidaten Baciro Dabo in der Hauptstadt Bissau und erschossen den früheren Innenminister. Erst drei Monate zuvor war der Armeechef von einer Bombe getötet worden, kurz darauf ermordeten Soldaten den Präsidenten »Nino« Vieira, den sie für das Attentat verantwortlich machten. Die Ursache für die Instabilität liege in der Militärstruktur selbst, sagte der frühere Ministerpräsident Aristide Gomes. »Macht bekommt man nicht allein durch Wahlen. Um Macht in Guinea-Bissau ausüben zu können, benötigt man Verbündete in der Miliz.«

Die Armee ist faktisch in rivalisierende Milizen zerfallen, die Offiziere agieren wie Warlords und Clanchefs. Sie sind Verbündete der Drogenkartelle, die das westafrikanische Land als Drehscheibe für den Kokainhandel zwischen Lateinamerika und Europa nutzen.
Von welcher Fraktion das Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten Dabo verübt wurde, bleibt unklar. Lokale Journalisten berichten, dass Militärs Dabo töteten, da sie im Falle seines Wahlsieges mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen mussten. Nach Angaben des Geheimdienstes hingegen wurde Dabo von der Militärpolizei getötet, um einen geplanten Umsturz zu vereiteln. Pedro Infanda zog seine Kandidatur zurück, doch trotz des hohen Berufsrisikos gibt es weiterhin Bewerber für das Amt des Präsidenten. Die Präsidentschaftswahlen sollen wie geplant am 28. Juni stattfinden.

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Es gibt keinen Gott

Dieser Ansicht sind diverse atheistische, agnostische und andere Gruppen.
Zur Zeit rollt ein Doppelstockbus mit der Aufschrift „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“ durch Deutschland.

Die Kampagne versteht sich nicht als anti-religiös, sondern als pro-atheistisch.

Am letzten Wochenende fuhr der Bus durch München und bot u.a. atheistische Stadtrundfahrten.

Die Idee stammt aus Großbritannien. Ariane Sherine reagierte auf eine konservativ-christliche Werbekampagne, die allen Atheist_innen prophezeite, dereinst in der Hölle zu schmoren.

Die dortige Bus-Aufschrift lautete:
„There’s probably no God. Now stop worrying and enjoy your life.“

Hinter dem deutschen Gottlosen Bus rollt ein Gottesfürchtiger Bus.
Der christliche Bus hat sich einfach angehängt. Er würde den anderen Bus nur begleiten, nicht verfolgen. Die initiierenden Christ_innen wollten den atheistischen Slogan so nicht stehenlassen.
Ein sächsischer Unternehmer hat die Miete für den religiösen Bus inklusive Busfahrer bezahlt.

Weitere Atheismus-Bus-Kampagnen gibt es in Spanien, Italien, Kanada, den USA, in Australien und der Schweiz.

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Massenabschiebung am Flughafen Berlin-Schönefeld

Was genau passiert, wenn »ausreisepflichtige« Menschen von Beamten der Bundespolizei zum Flugzeug gebracht werden, das sie gegen ihren Willen in ihr tatsächliches oder vermeintliches Herkunftsland bringt, erfährt die Öffentlichkeit selten. Demonstrierende zeigten am 8.6. am Flughafen Berlin-Schönefeld ein nicht unwahrscheinliches Szenario. Zum ersten Mal seit über zehn Jahren fand eine Massenabschiebung mit einem eigens gecharterten Flugzeug von Berlin aus statt. 104 Vietnames_innen, von denen viele bereits jahrelang in Deutschland und Polen lebten, wurden mit der Maschine der Fluggesellschaft Air Berlin nach Hanoi gebracht. Die europäische »Grenzschutzagentur« Frontex finanzierte den Flug.

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CUBA
Raúl Castro ernennt neuen Chef der Zentralbank

Einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge gab der kubanische Präsident Raúl Castro am 4. Juni die Ernennung von Ernesto Medina zum neuen Chef der kubanischen Zentralbank bekannt.

Medina ersetzt damit Francisco Soberón, den der Staatsrat – wie es in einem offiziellen, mit den entsprechenden Euphemismen der kubanischen Bürokratie gespickten Kommuniqué heißt – von seinem Posten „freigestellt“ hat, den er beinahe 15 Jahre lang „treu und ehrlich bekleidete, wie auch die Mehrheit der anderen, im vergangenen März ersetzten Minister“.

Am 2. März dieses Jahres hatte Raúl Castro die tiefgreifendste Umgestaltung der kubanischen Spitze der letzten 15 Jahre angekündigt. Diese führte zur Entlassung von 8 Ministern und 4 Vizepräsidenten, darunter auch von Vizepräsident Carlos Lage und Außenminister Felipe Pérez Roque.

In dem Kommuniqué heißt es weiter, dass der 65-jährige Soberón um seine Ablösung als Chef der Zentralbank, als Mitglied des Zentralkomitees der regierenden Kommunistischen Partei, als Mitglied des Staatsrates und als Abgeordneter gebeten habe.

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Tansania/Uganda

Toter Präsident soll heilig gesprochen werden

Die meisten afrikanischen Politiker sind noch unbeliebter als ihre westlichen Kollegen. Der ehemalige tansanische Präsident Julius Nyerere hingegen, der 1999 starb, soll sogar heilig gesprochen werden. Die von tansanischen Geistlichen und der Witwe Nyereres initiierte Kampagne erhält nun prominente Unterstützung. Der ugandische Präsident Museveni sagte am 7.6., er schließe sich denen an, die für die Kanonisierung als Heiliger beten. Nyerere gehörte zu den bedeutendsten afrikanischen Unabhängigkeitskämpfern, er regierte autokratisch, ließ jedoch kaum jemanden umbringen und war nicht korrupt. Der Vatikan gestand ihm bislang nur den Titel »Diener Gottes« zu.

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Letzte Meldung

Die Bundestagswahl im September

Nimmt man die deutschen Ergebnisse zur Europa-Wahl schlicht als Zeichen für die Bundestagswahl im September, so könnte man schließen: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin und könnte zusammen mit der FDP sogar fast die absolute Mehrheit erhalten. Die SPD ist durch. Die Linkspartei gewinnt außer im Lande Lafontaines keine Stimmen mehr hinzu, verglichen mit den vergangenen Wahlen. Die echten Sozialdemokrat_innen scheinen sich in der Krise nicht zu mehren.

Grüne und FDP liefern sich ein munteres Kämpfchen um den Sieg im unteren zweistelligen Segment. Gewinnt die »Wirtschaftskompetenz« der Liberalen, die bald wohl einen freien Markt für Konjunkturpakete fordern dürften? Oder gewinnt der »Wums« der Grünen? Egal, die Parteien sind sich mit den Jahren ohnehin immer ähnlicher geworden. So ähnlich, dass die Süddeutsche Zeitung schon ernsthaft und wohlmeinend empfiehlt, die beiden Parteien sollten doch ihre »gegenseitige Abneigung endlich überwinden«. Die Wählerschaften ähnelten sich ohnehin schon: »Man verreist gerne, schickt seine Kinder in gute Schulen, ernährt sich gut und teuer, lebt in Maßen umweltbewusst, ist kulturell und gesellschaftlich interessiert.« Vor allem aber, so geht es nicht ganz sinngemäß weiter, schätzten sie die Freiheit derer, die gut verdienen und das, Krise hin oder her, auch weiterhin tun wollen. Bei einem »gemeinsamen Projekt«, wie es die SZ empfiehlt, wäre die SPD schnell abgehängt, in Berlin sogar auch die CDU. Und wer will nicht Guido Westerwelle und Claudia Roth einmal zusammen in einem lustigen Gefährt durch die Lande zockeln sehen?