Lora aus dem EineWeltHaus vom 13.7.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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Upload vom 13.07.2009 / 02:22

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 13.07.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
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Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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Südafrika

Verhaftung von Obdachlosen

358 zimbabwische Migrant_innen und Flüchtlinge hatten sich vor der Central Methodist Church in Johannesburg einen Schlafplatz gesucht, obwohl in Südafrika derzeit Winter herrscht. Doch das Wohlergehen der Obdachlosen interessierte die Polizei nicht, sie inhaftierte die 358 Zimbabwer am 3.7. Die Gefangenen verbrachten das Wochenende in überfüllten und ungeheizten Zellen, Anwälten wurde der Zugang verweigert. Eigentlich sollten die Inhaftierten wegen »Herumlungerns« angeklagt werden, doch am 6.7. wurden sie frei gelassen. Denn mehrere Menschenrechtsorganisationen und Geistliche hatten gegen die Inhaftierung protestiert. Die Razzia sei »eine politische Entscheidung« gewesen, sagte ein Bischof der Methodistenkirche. »Sie wollen diese Leute einschüchtern, deren einziges Verbrechen es ist, arm zu sein.« Die Freigelassenen wurden von der Polizei zurück zur Kirche begleitet, in der sich weitere 2.500 Zimbabwer_innen aufhalten. Nach Angaben der Inhaftierten haben die Polizisten ihnen wichtige Dokumente weggenommen, u.a. Pässe und Asylpapiere. Sie befürchten, dass sie erneut inhaftiert werden könnten. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass die Razzia »Teil eines andauernden Programms« gewesen sei und man »definitiv weitermachen« werde.

Die Zahl der Zimbabwer_innen, die vor Armut und Unterdrückung nach Südafrika flohen, wird auf mehr als zwei Millionen geschätzt. Die Regierung stellt täglich 250 Asylpapiere aus, die zu einem sechsmonatigen Aufenthalt berechtigen.
Der Stadtrat von Johannesburg hat nun zugesagt, nach einer Unterkunft für die Menschen zu suchen, die in und vor der Methodistenkirche leben.

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China

Unruhen vor 60. Jahrestag

Uigurische Demonstrierende forderten am 7.7. in der Stadt Urumqi die Freilassung von Gefangenen. Nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua wurden 1.434 Menschen festgenommen, seit es bei einer Demonstration am 25. Juni zu Kämpfen mit der Polizei kam. Die Uigur_innen protestierten wegen des Todes zweier Arbeiter, die angeblich von han-chinesischen Kollegen erschlagen wurden. Mindestens 156 Menschen wurden bei den Unruhen in der Provinz Xinjiang getötet, zum Teil von Polizisten und Soldaten, doch scheint es vielerorts auch zu Kämpfen zwischen Uiguren und Han und zu Lynchmorden zu kommen. Ein Korrespondent berichtete von mit Messern und Knüppeln bewaffneten Horden, die in den Straßen patrouillieren. Der Regierung kommen die Unruhen derzeit besonders ungelegen, da die Feiern zum 60. Jahrestag der Volksrepublik bevorstehen und unermüdlich eine »harmonische Gesellschaft« propagiert wird.

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Zimbabwe

Zusagen für 200 Millionen Dollar an Hilfszahlungen

Auf einer dreiwöchigen Reise hatte der Premierminister und frühere Oppositionsführer Tsvangirai versucht, möglichst viele Regierungen davon zu überzeugen, dass Zimbabwe nun wieder Hilfszahlungen erhalten solle. Sieben Milliarden Dollar wollte er haben, doch kehrte Tsvangirai Ende Juni mit Zusagen über nur 200 Millionen Dollar zurück. Es handelt sich überwiegend um humanitäre Hilfe für die Gesundheitsversorgung, die Landwirtschaft und das Bildungswesen, bei den Zahlungen soll die Zentralbank umgangen werden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass das Geld in die Taschen des Präsidenten Robert Mugabe fließt. Nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft und dem Ausbruch einer Choleraepidemie entschied sich Mugabe, die Opposition, die seine Schlägertrupps zuvor terrorisiert hatten, an der Regierung zu beteiligen.
Im Februar wurde eine Regierung der »nationalen Einheit« mit Tsvangirais Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) gebildet. China springt mit Hilfszahlungen ein und gewährt einen Kredit über 950 Millionen Dollar.
Die Inflationsrate hatte zeitweise 230 Millionen Prozent erreicht, die Regierung reagierte mit der Abschaffung der Landeswährung, sodass nur noch mit Devisen gezahlt werden kann.
Ob der chinesische Kredit für einen wirtschaftlichen Relaunch genügt, ist ebenso unklar wie die Zukunft der Koalition.
Der MDC boykottierte eine von Mugabe verschobene Kabinettssitzung und drohte am 29.6. mit der Aufkündigung des Bündnisses, da er sich nicht als gleichwertiger Partner akzeptiert fühlt.

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Radio Vatikan braucht Geld

Zu den wenigen Vorzügen eines Gottesdienstes gehört es, dass er nicht von Werbeblöcken unterbrochen wird. Das soll vorerst so bleiben, doch Radio Vatikan wird in Zukunft auch Werbung ausstrahlen. Der Sender kostet 30 Millionen Dollar pro Jahr, und da der Vatikan in diesem wie im vorigen Haushaltsjahr ein Defizit verbuchen musste, sucht man nach neuen Einnahmequellen. Der erste Werbekunde ist der italienische Energiekonzern Enel, dessen Vorsitzender Pietro Gnudi betonte, es gebe ethische Gemeinsamkeiten mit dem Vatikan. Auch seiner Firma gehe es nicht nur um das Geld. Hallelujah.

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Großbritannien

Der teure, nicht zu gewinnende Krieg in Afghanistan

Aus Afghanistan kommen tragische Nachrichten, die den Blutzoll, der am Hindukush bezahlt wird, auf eindringliche Weise vor Augen führen: acht durch Bombenanschläge getötete britische Soldaten innerhalb von 24 Stunden, insgesamt 15 Gefallene innerhalb der letzten 10 Tage.
Die Diskussion über den Einsatz der nicht mehr ganz 8.000 britischen Soldaten ist auf einem neuen Höhepunkt.
Positionen und Inhalte sind bekannt. Die parlamentarische Opposition verlangt von der Regierung bessere Unterstützung der Boys mit Material.
Sowohl der Premierminister wie der neue Verteidigungsminister beschwören, was Regierungen im Krieg immer machen. Gordon Brown preist die "hohe Moral" der Truppen und die Notwendigkeit des Krieges gegen die Taliban und al-Qaida.
Auch der Verteidingungsminister ist sich sicher, "we will win", nachdem er zuvor die Parole der "Illusionslosigkeit" ausgegeben hat: "Wir werden weitere Leben verlieren und unser Wille zum Durchhalten wird geprüft".
Währenddessen wachsen die Ansprüche, was die "Sicherung Afghanistans" betrifft. So begnügt man sich im US-Kommandostab nicht mehr mit dem Ziel von 134.000 afghanischen Soldaten, die künftig für die Sicherheit in ihrem Land sorgen sollen. Nach neuesten Plänen wären beinahe doppelt so viele gefordert. Die immensen Unterhaltskosten einer solchen Armee dürfte von der afghanischen Regierung nicht zu leisten sein.
Für heute hat die Stop the War coalition zu einer großen Demonstration in London aufgerufen.

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CHILE
Die „Pille danach“ wird nicht mehr kostenlos abgegeben

Das Vorhaben der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet, die „Pille danach“ in den Gesundheitszentren der Gemeinde gratis auszugeben, erhielt einen neuerlichen Rückschlag. Mitte Juni 2009 hatte der Rechnungshof das Verteilen dieses Medikaments in den Gesundheitszentren untersagt.
Bereits im April 2008 hatte das Verfassungsgericht das Regierungsprogramm zur Abgabe der Pille gestoppt, nachdem 31 Abgeordnete mit Unterstützung konservativer Gruppen und der katholischen Kirche das oberste Gericht des Landes angerufen hatten, da sie den Gebrauch des Verhütungsmittels mit Abtreibung gleichsetzen.
Abtreibung ist in Chile unter allen Umständen verboten, selbst wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung zustande kam oder eine gesundheitliche Gefährdung der Frau vorliegt. Das auch als „Pille danach“ bekannte Medikament kann eine ungewollte Schwangerschaft innerhalb von 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr verhindern.
Das Verfassungsgericht hatte mit dieser Entscheidung zwar die Verteilung in den Zentren verboten, der Verkauf in den Apotheken blieb jedoch weiterhin erlaubt.
Nach Ansicht von Bachelet sowie von FrauenrechtlerInnen werden vor allem arme Frauen benachteiligt, weil es ihnen nicht möglich sei, das Verhütungsmittel in Apotheken zu kaufen, wofür außerdem auch ein Rezept erforderlich ist.

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Letzte Meldung

Ukraine
Lenins Nase ist weg

Werden sich in ein paar tausend Jahren Archäolog_innen die Frage stellen, wie die Statue des heroischen Schutzgottes die Nase verloren hat? Die Lenin-Statue in der ukrainischen Hauptstadt Kiew teilt nun das Schicksal der Sphinx. Doch diesmal sind die Täter bekannt, der Ukrainian Nationalist Congress bekannte sich zur Beschädigung des Monuments. Nun wird debattiert, ob die Statue repariert oder beseitigt werden soll. Viele Nationalisten würden Lenin gerne loswerden, die Ukrainan Communist Party hingegen will Geld für die Reparatur sammeln. Nach Angaben des Architekten Duchowichnji wurde die Statue 1946 in aller Eile von einer Ausstellung in New York herbeigeschafft, nachdem man festgestellt hatte, dass es in Kiew noch keinen Lenin gab. Den Sockel habe man in der Region Zhitomir aufgetrieben, auf ihm stand ursprünglich »eine heroische Sowjetfigur, die das Pech hatte, ein Opfer von Stalins Säuberungen geworden zu sein«.