Lora aus dem EineWeltHaus vom 20.7.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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Upload vom 20.07.2009 / 00:29

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 20.07.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
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Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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PANAMA
Alarmierende Nahrungsmittelsituation in indigenen und ländlichen Gebieten

Abgesehen von einigen ökonomischen Fortschritten, sind die Indizes für Armut und unsichere Nahrungsmittelversorgung weiterhin hoch geblieben. Diese Situation trifft die indigene und die ländliche Bevölkerung vor dem Hintergrund fehlender sozialer und politischer Strukturen besonders hart. Das ist eine der Schlussfolgerungen des Berichts „Fortschritte im Recht auf Nahrung“, der von der Initiative Lateinamerika und die Karibik ohne Hunger ALCSH im Mai dieses Jahres herausgegeben wurde.
In Panama leben 37 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut, in extremer Armut leben 16 Prozent.
In Regionen mit indigener Bevölkerung ist das Ausmaß noch erschreckender und verdeutlicht das Fehlen von politischen Maßnahmen und staatlicher Fürsorge. 98 Prozent leben in Armut, 89 Prozent in extremer Armut.
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass im Land "ein besorgniserregendes Niveau von Armut und Unterernährung herrscht, das mit dem Niveau der wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung im Land in keinem Zusammenhang steht.“
Der Bericht empfiehlt der panamaischen Regierung eine Umorientierung ihrer Politik. Statt weiter in das Geschäft mit der industriellen Landwirtschaft zu investieren, empfiehlt sie eine Politik zugunsten kleiner und mittlerer ProduzentInnen, die am meisten von der Krise betroffen seien und daher ihr Land verlassen und ihr Land verkaufen würden.

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Großbritannien

Regierung speichert die DNS-Daten von 5,1 Millionen Menschen

Zahlreiche Bürgerrechtler_innen, aber auch der Europäische Gerichtshof kritisieren, dass die britische Regierung die DNS-Daten von 5,1 Millionen Menschen speichert, auch wenn diese keine Straftat begangen haben.
Der Guardian stellte die Frage: Warum werden die DNS-Daten von 27 Prozent der Schwarzen, aber nur die von sechs Prozent der Weißen gespeichert, obwohl den Statistiken des Innenministeriums zufolge die Kriminalitätsrate unter den Schwarzen geringer ist?

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Afghanistan

2.000 Taliban werden in Massengräbern vermutet.

Die Truppen des afghanischen Warlords Rashid Dostum hatten Ende November 2001 etwa 4.000 Taliban gefangengenommen. Viele Gefangene verkaufte Dostum an seine US-Verbündeten, die anderen wurden von Kunduz in das Gefängnis Sheberghan nahe Mazar-e-Sharif transportiert. Doch längst nicht alle kamen dort an, etwa 2.000 werden in Massengräbern vermutet. In Sheberghan kam es zu einem Gefangenenaufstand, nach dessen Niederschlagung zahlreiche Tote gefunden wurden, deren Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Überlebende berichteten, dass Dostum während des Transports Gefangene in den Containern, in denen sie transportiert wurden, ersticken oder erschießen ließ. Zwar wurde ein Massengrab gefunden, doch zu einer Untersuchung kam es nicht.
Nun hat US-Präsident Obama angeordnet, die Fakten für ihn zusammenzustellen, eine Untersuchung könnte folgen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, hätte dies wohl schwerwiegende Folgen für die US-Politik und das Machtgefüge in Afghanistan. Es gibt zwar keine Indizien dafür, dass US-Truppen beteiligt waren, doch kann den Soldaten, die Dostums Truppen damals begleiteten, der Massenmord kaum entgangen sein. Bei der Niederschlagung des Aufstands wurden auch US-Kampfflugzeuge eingesetzt. Dostum wurde kürzlich erneut zum Generalstabschef der afghanischen Armee ernannt. Wenn ihm ein Kriegsverbrechen nachgewiesen wird, müsste er dieses Amt wohl aufgeben.
Um hohe Verluste eigener Soldaten zu vermeiden, verbündete sich die damalige US-Regierung mit afghanischen Warlords. Sie wurden anschließend mit hohen Posten bedacht. Auch auf die Bundesregierung könnten einige unbequeme Fragen zukommen, denn die Ämtervergabe wurde unter deutscher Leitung ausgehandelt.

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HONDURAS

Minister aus der Putschistenregierung tritt zurück

Enrique Ortéz Colindres ist von seinem Posten als Justiz– und Innenminister des Putschisten–Regimes zurückgetreten.
Der ehemalige Minister hatte Anfang Juli bei einer Pressekonferenz geäußert, US–Präsident Obama sei „ein Negerlein, das keine Ahnung hat, wo sich Tegucigalpa befindet“, und damit einen diplomatischen Konflikt verursacht.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Colindres den Posten des Außenministers inne. Er gehörte der Putsch–Regierung von Roberto Micheletti seit dem vergangenen 29. Juni an. Tags zuvor hatte der Staatsstreich gegen den rechtmäßig amtierenden Präsidenten von Honduras Rosales stattgefunden.
Der durch seine Äußerungen entstandene diplomatische Konflikt habe ihn zu seinem Schritt bewogen, sagte Colindres bei Einreichen des Rücktrittsgesuchs. Er hoffe, mit seiner Entscheidung den internationalen Druck von der Regierung Micheletti nehmen zu können.

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Südafrika

Manager werden gekidnappt

Auch außerhalb Frankreichs scheint das Bossnapping nun Anwendung zu finden. Besonders unangenehm für die acht Manager der Crocodile River Mine war, dass sie 30 Meter unter der Erde festgehalten wurden. 500 streikende Bergarbeiter, die bislang von Kontraktfirmen beschäftgt werden, wollten so ihrer Forderung Nachdruck verleihen, dauerhafte Arbeitsverträge vom kanadischen Bergbauunternehmen Eastern Platinium zu erhalten. Fünf Manager konnten fliehen, drei wurden freigelassen, als die Arbeiter am 11.7. ihr Sit-in unter Tage beendeten. Über die Forderung wird nach Angaben der Firma weiter verhandelt.

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CHILE

Wegen Mordes an Victor Jara angeklagter Soldat aus Gefängnis entlassen

Der ehemalige Soldat José Paredes, der als Einziger wegen des Mordes an dem Liedermacher Víctor Jara in Haft saß, wurde am 13. Juli gegen Zahlung einer Kaution von etwa 180 US-Dollar wieder freigelassen.
Der 54-jährige hatte seine Beteiligung an dem Verbrechen im Stadion „Estadio Chile“ eingestanden.
Die 9. Kammer des Berufungsgerichts von Santiago hatte entschieden, dass er, weder für die Öffentlichkeit, noch für die Familie des Opfers eine Gefahr darstelle.
Diese Entscheidung war getroffen worden, nachdem Paredes 50 Tage lang in der Telekommunikationszentrale des Heeres inhaftiert gewesen war und die von ihm damals benutzte Waffe unter einer Vielzahl von Gewehren und Pistolen identifizierte.
Der Anwalt von Paredes äußerte sich sehr zufrieden über die Entscheidung, seinen Mandanten unter Auflagen auf freien Fuß zu setzen. Paredes darf allerdings während der laufenden Untersuchungen das Land nicht verlassen.

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Berlin

Neonazis schlugen 22jährigen brutal zusammen

Jonas K. kam einfach nur am Berliner S-Bahnhof Frankfurter Allee in Friedrichshain vorbei. Vier Neonazis schlugen am 12. Juli den 22jährigen Jonas K. brutal zusammen und traten noch auf ihn ein, als er ohnmächtig am Boden lag. Einer der Schläger drehte das Gesicht des Opfers zum Pflaster hin und trat ihm auf den Hinterkopf. Jonas K. wurde mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Einen Tag später kamen etwa 100 Personen zu einer Mahnwache zusammen. Die mutmaßlichen, noch am Tatort verhafteten, Täter im Alter von 20 bis 26 Jahren sind der Polizei nach Informationen von Bild-online »wegen rechtsradikaler Straftaten« bekannt. Sie sollen aus der Disco »Jeton« gekommen sein, in der sich viele Rechte vergnügen. Wie die Polizei mitteilte, griffen die Nazis nach einem Streit mit mehreren Personen »aus dem linken Spektrum« wahllos Passant_innen an. Sein »alternatives Erscheinungsbild« war es, das Jonas K. nach Informationen der Antifa beinahe das Leben kostete.

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Letzte Meldung

Die Berliner Megaspree – Party statt Demo

Zuletzt gehörte die Love Parade einem Fitnessstudiobetreiber und fand in Bochum statt. Wer in Berlin gerne irgendwelchen Wagen hinterhertanzt, dem blieb nur noch die Fuck Parade. Dabei ist der bunte Umzug durch die Stadt mit lauter Musik immer noch etwas, das in der Hauptstadt sehr gut ankommt. Das wurde vorletztes Wochenende eindrucksvoll belegt. Unter dem Stichwort »Megaspree« wurde auf die Schnelle ein Umzug organisiert, der sich als Demonstration gegen alles Mögliche – Gentrifizierung, Grünflachen für alle, Bar 25 bleibt! – tarnte und doch nur den Zweck verfolgte, bei gutem Wetter zu Minimal-Techno mal auf den Hauptstraßen zu tanzen. Autonome, Technos, Wessies aus dem Prenzlauer Berg, alle machten mit bei dem großen Straßenfest und schnell wurde klar, »Megaspree« ist ab sofort die Love Parade der Herzen.
Kein schwarzer Block, keine Hasskappen, keine Slogans, die skandiert wurden. Nur auf dem Wagen des ebenfalls bedrohten So-36 wurde ab und zu eine Forderungsliste per Megaphon durchgegeben.
Dem "Sternmarsch" habe jede Demodisziplin gefehlt, in heftiger Tanzfreude ging es nur langsam voran.
Nach vier Stunden wurden gerade mal drei km zurückgelegt, als die beiden Züge aus Kreuzberg und Friedrichshain sich hinter der Jannowitzbrücke treffen und vereinigen sollten, konnte man sich nicht so recht für's Reißverschlussverfahren entscheiden, und so blieben einfach alle etwa 6.000 Spaßaktivist_innen erst einmal stundenlang stehen und tanzten. Sinnlos, aber lustig wird dieser recht hedonistische Aufzug wohl als "Demo der Verpeilten" in die Berliner Protestgeschichte eingehen.
Selbst die Polizei schien ihren Spaß zu haben.