Kinderarbeit für Schokolade

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Der Beitrag beschreibt, unter welchen Bedingungen der Kakao gewonnen wird, aus dem für die Indsutrienationen Schokolade gemacht wird.
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Upload vom 25.07.2009 / 12:10

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt, Arbeitswelt
Entstehung

AutorInnen: Annette Seidel (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 23.07.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Zu selten thematisiert und gerne verdrängt: In Afrika werden Kinder unter härtesten Arbeitsbedingungen bei der Ernte auf Kakao-Plantagen ausgebeutet.

In Europa zählt Schokolade zu den beliebtesten Genussmitteln. Pro Kopf werden in Deutschland im Durchschnitt um die acht Kilogramm im Jahr verzehrt. Ihr wichtigster Bestandteil, der Kakao, wächst in Form der Kakaopflanze nur im Gebiet um den Äquator, d.h. in Mittel- und Südamerika, Afrika und Südostasien. Dass die Produktion unserer Schokolade mit Kinderarbeit und Kriegsfinanzierung verbunden ist, wirkt zunächst schwer nachvollziehbar:

59% des Kakaos in Deutschland kamen 2008 aus dem Bürgerkriegsland Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire). Die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt mit einem Anteil von über 40 % der Weltproduktion. 80% des ivorischen Kakaos wird in Familienbetrieben angebaut, welche keine andere Existenzgrundlage haben. Die Berichte von EU-Prüfern über die Kakaobehörden der Elfenbeinküste haben ergeben, dass die Kakaowirtschaft auch Kriegswirtschaft ist. Auch ein UN-Komitee kam im November 2005 zu diesem Ergebnis: die Kakaobehörden der Elfenbeinküste finanzieren durch Abgaben, die den Bauern illegal aufgezwungen wurden, 1/5 des Militärhaushaltes des bürgerkriegsgebeutelten Landes. Und mit der Verschärfung des Krieges nimmt die Abgabenlast für die Kakaobauern stetig zu.



Diese illegalen Finanzierungsstrukturen gingen aus der Privatisierung des Kakaosektors Ende der 90er Jahre hervor. Auch westliche Konzerne spielten eine wichtige Rolle: garantierte Produzentenpreise oder staatliche Kakaoreserven gibt es nicht mehr. Das größte ivorische Kakaounternehmen „Sifca“ wurde Teil der US Gruppe ADM. Der Marktanteil multinationaler Firmen am ivorischen Kakao ist zwischen 1997 und 2003 von 10 auf 30 % gestiegen, während der Anteil einheimischer Kleinunternehmer von 43 auf 10 % zurück ging.

Die Menschenrechtsorganisation „Terre des Hommes“ hat ermittelt, dass bisher 20.000 Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren auf die großen Plantagen der Elfenbeinküste verschleppt wurden. Organisierte Menschenhändler kaufen diese Kindersklaven in Ländern wie Mali, Benin und Togo ihren Eltern ab oder lösen sie mit dem Versprechen auf eine Ausbildung aus dem Familienverband. Als Erntehelfer werden sie dann an die Nachbarländer Nigeria, Gabun, Kongo und insbesondere an die Elfenbeinküste weiterverkauft. Auf den Kakaofarmen arbeiten nach einer Recherche zur Sendung "ARD Monitor" mehr als 600.000 Kinder. Die meisten von ihnen haben nie eine Schule besucht.

Zu Zeiten der Kakaoernte arbeiten die Kinder bis zu 15 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, bei glühender Hitze. Vom Schleppen der schweren Kakaobohnensäcke ziehen sie sich oft Verletzungen am Rücken und den Gelenken zu. Zusätzlich schwächen die eingesetzten Pestizide ihre Körper, oft erbrechen sie oder bekommen Fieber. Abgesehen von der körperlichen Überlastung birgt die Arbeit auch eine große Unfallgefahr für die kleinen Erntehelfer: Verletzungen durch herab fallende Früchte oder durch Macheten sind dabei an der Tagesordnung. Geschlafen wird auf dem nackten Boden, in Hütten ohne Elektrizität. Die hygienischen Bedingungen sind erbärmlich. Die Kinder ernten die reifen Früchte des Kakaos mit der Machete, danach befreien sie die Samen von Hand aus der Schale. In manchen Gegenden werden die Kerne anschließend in 60 Grad heißen Öfen getrocknet.

Mit der Duldung von Kinderarbeit verstoßen Unternehmen nicht nur gegen ihre eigenen Selbstverpflichtungserklärungen, sondern auch gegen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (Konvention 138 und 182) und der UN-Kinderrechtskonvention - Übereinkünfte, die auch die Elfenbeinküste anerkannt hat. Tatsächlich sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, zur Abschaffung von Kinderarbeit beizutragen. Dies ist in den Leitsätzen für multinationale Unternehmen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verankert.

Im "ARD Monitor-Bericht" wurden die großen deutschen Schokoladen-hersteller mit der längst bekannten Problematik der Kinderarbeit im Kakaoanbau konfrontiert. Die Antwort ist Schweigen. Antje Paulsen, Projektleiterin der Kampagne Stopp Kinderarbeit! Schule ist der beste Arbeitsplatz eine Initiative der Welthungerhilfe kommentiert:
"Wir begrüßen Berichte wie diese, denn sie schaffen das nötige Problembewusstsein in der Öffentlichkeit. Sie bauen Druck auf schwarze Schafe unter den Unternehmen auf, weil diese einen Image-Verlust fürchten. Auch die Verbraucher können sich einbringen, um Kinderarbeit bei der Produktionskette zu verhindern: Nämlich indem sie sich bei den Schokoladen-Produzenten nach den Herstellungsbedingungen erkundigen und so den Handlungsdruck verstärken."

Leider wehren sich viele Unternehmen nach wie vor, sich ihrer Mitverantwortung zu stellen. Gerne ist dann die Rede von der tief verwurzelten Tradition der Kinderarbeit im betreffenden Land. Oder man verweist auf die komplexen, nicht nachvollziehbaren Handelswege. Bedenkt man, was die Unternehmen sonst alles bis ins Detail steuern können, so wirken diese Argumente als reine Schutzbehauptungen.

Unternehmen können wirksam gegen Kinderarbeit vorgehen, wenn sie unmissverständlich deutlich machen, dass sie keine Kinderarbeit in ihrer Produktionskette dulden. Dazu müssen sie ihre Produzenten, Lieferanten und Zwischenhändler schulen und in entsprechende Managementsysteme investieren. Zudem sollten sie Preise für Rohstoffe festlegen, die es Farmern erlauben, Mindestlöhne an erwachsene Beschäftigte zu zahlen. Besonders wichtig ist es natürlich, dass Maßnahmen unterstützt werden, die den Kinder einen Schulbesuch ermöglichen. So würden Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Landes leisten, in dem sie produzieren. Die Kooperation mit einem lokalen Partner, der zum Thema Kinderrechte arbeitet, ist dabei ein erprobter Weg. Konkrete Handlungsvorschläge finden sich auch in der Studie des IPEC, des Programms der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Bekämpfung von Kinderarbeit mit dem Titel: „In jedes Kind investieren - über die Kosten und den Nutzen der Beseitigung von Kinderarbeit“: Verbraucher können auf "sichere" Schokoladenerzeugnisse zurückgreifen. Das heißt auf solche, die zertifiziert ohne Kinderarbeit hergestellt werden: Das sind alle Fairtrade-Produkte. Viele Kaufhäuser und Lebensmittelgeschäfte bieten sie an. Außerdem gibt es Weltläden, die Produkte anbieten, welche die Existenz der Erzeuger sichern. Sie sind alle fair gehandelt und viele stammen bereits aus ökologischer Produktion.
Mit dem Kauf von Fairtrade Produkten engagieren sich die Konsumenten für Produzentenfamilien in Afrika, Asien und Lateinamerika. Der faire Handel spielt eine Vorreiterrolle in der Diskussion um Sozialstandards. Er ist ein wichtiges Element für einen ethisch und verantwortlichen Konsum. Dank der Unterstützung durch viele Menschen ist der faire Handel erfolgreich wie nie zuvor.

Auch eine Mail an das jeweilige Unternehmen kann helfen, Druck aus zu üben. Adressen finden sich unter www.markenfirmen.com. Denn in der heutigen werbeorientierten Wirtschaft ist das Image eines Unternehmens ein entscheidender Erfolgsfaktor. Deshalb kann die Wirkung solcher Protestmails nicht hoch genug eingestuft werden.


Kommentare
27.07.2009 / 21:52 Lohra München, Radio Unerhört Marburg (RUM)
hp
Der Beitrag wurde in der Montagsfrühschicht um 8.00 gesendet. Danke! Kaufe Schokolade von woanders.
 
28.07.2009 / 17:52 Aurel, Radio Darmstadt
Danke
gesendet 28.07.2009 gegen 17:10 radiodarmstadt.de/in-sendeplatz
 
29.07.2009 / 17:53 bermudasonar, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
gesendet....
...in bermuda-sonar am 29. juli 2009. danke.