Lora aus dem EineWeltHaus vom 10.8.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 09.08.2009 / 19:43

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 09.08.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
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Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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Kalifornien

Cannabis-Steuer soll Haushalt sanieren

Kalifornien ist pleite.
Eine kreative Krisenlösung hat sich ein demokratischer Abgeordneter ausgedacht: In einem dem kalifornischen Parlament vorliegenden Gesetzentwurf schlägt er vor, Cannabis zu legalisieren und jede Unze (28,35 Gramm) mit 50 Dollar zu besteuern.

Bislang konnten die Republikaner dem Vorschlag, Gras zu legalisieren, nicht allzu viel abgewinnen. Doch mittlerweile scheint die Partei ihre Ansicht zu ändern. Gouverneur Arnold Schwarzenegger ließ kürzlich verlauten, er glaube, die Zeit für diese Debatte sei gekommen.
Einer Studie zufolge könnte der Staat Kalifornien mit einer Besteuerung von Cannabis jährlich 1,5 Milliarden Dollar einnehmen. Die Pflanze wird ohnehin schon in erheblichen Mengen in Kalifornien angebaut, der Untersuchung zufolge könnte sie nach einer Legalisierung zum Hauptanbauprodukt des Bundesstaats werden.
Die Stadt Oakland ist der Diskussion mittlerweile schon voraus. Vor 2 Woche, stimmte eine Mehrheit der Bevölkerung dafür, den Handel mit Cannabis zu besteuern – das gilt allerdings nur für den Verkauf zu medizinischen Zwecken. Der Steuersatz liegt bei 1,8 Prozent. Die Stadtverwaltung erwartet Einnahmen von mehreren hunderttausend Dollar jährlich. Der Konsum von Cannabis aus gesundheitlichen Gründen ist in Kalifornien bereits seit 1996 legal, es ist nicht allzu schwer, die Droge auf Rezept zu erhalten.

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Wahlkampfhilfe aus Kanada

Ein »Riesenzirkus« sei das alles, schimpfte der ehemalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber über seine Auslieferung an die deutschen Behörden. Nach seinem zehnjährigen Bemühen, sich der Abschiebung aus seinem Zufluchtsort Kanada zu entziehen, glaubt er sich in den Wahlkampf verwickelt. Gleich nach seiner Inhaftierung in Toronto sprach er von einem politischen Motiv. In Deutschland seien schließlich im September Wahlen, und da die SPD wegen ihm schon dreimal Wahlen gewonnen hätte, versuche sie dies nun wohl erneut. Seine Selbstüberschätzung scheint ihn auch zu der Annahme geführt zu haben, dass er in Deutschland einem politischen Schauprozess ausgesetzt sein werde, in dem es allein um Wahlerfolge gehe, nicht aber um Steuerhinterziehung, Korruption und Betrug. So schrieb er in einem Brief an den kanadischen Ministerpräsidenten Harper, er erwarte in Deutschland keinen fairen Prozess. Eine Kopie des Briefes ging an die Bundeskanzlerin. Scheinbar erhofft er sich ihre Unterstützung im Kampf gegen die seiner Wahrnehmung nach politische oder gar sozialdemokratische Staatsanwaltschaft in Augsburg.

Dort wird er wegen der genannten Delikte angeklagt. Man darf gespannt sein, welche Details über den Ende der neunziger Jahre bekannt gewordenen CDU-Spendenskandal ans Licht kommen werden. Sein Geständnis könnte aber höchstens noch Innenminister Schäuble in Bedrängnis bringen, ansonsten eher ausgemusterte Politiker der Ära Kohl.

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Österreich

14jähriger wurde von der Polizei erschossen

Ein 14- und ein 16-jähriger brachen am 5.8. in eine Filiale einer Lebensmittelkette in Krems ein.
Der 14 Jahre alte Florian wurde dabei von der Polizei erschossen.
Der 16jährige Roland liegt mit zwei Oberschenkeldurchschüssen im Krankenhaus.
Die Polizei fuhr von Anfang an eine Linie des Vertuschens und der Schuldumkehr. Die beiden schießenden Polizist_innen wurden erst am Abend des 8.8. befragt. Zuvor waren sie laut Polizei in einem "schlechten psychischen Zustand". Der psychische Zustand der Opfer interessierte die Polizei nicht. So wurde Florians Mutter erst viele Stunden nach dem Mord über den Tod ihres Sohnes informiert - per Telefon. Roland wurde mit seinen durchschossenen Oberschenkeln nicht psychologisch betreut, er wurde in Untersuchungshaft gesteckt. Dort war er für die Medien nicht erreichbar und die Polizei konnte ihre Lügengeschichten weiter erzählen.
Die für ihren Rassismus bekannte "Kronen Zeitung" war sich nicht zu blöd, „Wer alt genug zum Einbrechen wäre, wäre auch alt genug zum Sterben“ zu schreiben.
Noch am Tag des Mordes versammelten sich etwa 200 Personen in der Wiener Innenstadt und demonstrierten unter anderem vor dem Innenministerium gegen die schiesswütige österreichische Polizei.
In Krems fand gestern eine Demonstration gegen Polizeimorde und zum Gedenken an Florian statt.
Vor dem Lebensmittelmarkt, in dem der Junge erschossen wurde, stehen viele Kerzen, Blumen und handgeschriebene Zettel:
„Wir sind traurig. Traurig und wütend.“

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Dt.

Wahlprüfstein will "Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen bekämpfen“

In einem erstmaligen Wahlprüfstein Nr. 9 "Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen bekämpfen!" für die kommende Bundestagswahl monierte der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) den "erheblichen Verstoß gegen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde" der Zwitter durch die heute noch gängigen genitalen Zwangsoperationen, Zwangskastrationen und Zwangshormontherapien. Alle Bundestagsparteien wurden gefragt, ob und wie sie bereit seien, "sich dafür einzusetzen", diese "Zwangsbehandlungen" zu stoppen, damit "in Zukunft chirurgische und/oder medikamentöse bzw. hormonelle Eingriffe nur mit der informierten Einwilligung der betroffenen Menschen erfolgen dürfen".

Etwa jedes 2.000. Neugeborene kommt mit "uneindeutigen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt. In Deutschland leben schätzungsweise 80’000 bis 120’000 sogenannte Zwischengeschlechtliche, Zwitter, Hermaphroditen oder "Intersexuelle".

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Russland

Artenschutz für Nationalisten

Was in Deutschland unter dem Begriff »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« verhandelt wird, fällt in Russland nach Artikel 282 des Strafgesetzbuches unter die Definition »Verletzung der Menschenwürde aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe«. Dazu zählen per Gerichtsentscheid bereits ehemalige Regierungsmitglieder der russischen Republik Mari El, Militärangehörige, Polizeimitarbeiter, die chinesische Regierung und Antifaschisten. Demnächst könnte eine weitere Gruppe unter den Artenschutzparagraphen fallen. Die Petersburger Staatsanwaltschaft ermittelt nämlich derzeit gegen mehrere Antifaschisten, die sich an zwei Angehörigen der sozialen Gruppe »russische Nationalisten« vergriffen haben sollen.

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Israel

Angriff auf Homosexuelle

Am 1. 8. wurden in Tel Aviv in einem Jugendclub für Homosexuelle zwei Menschen erschossen, 15 wurden verletzt.
Noch am Abend gab es spontane Demonstrationen und Mahnwachen. Ein palästinensischer Anschlag wird ausgeschlossen. Da der Jugendclub auch von arabischen Israelis besucht wird, könnte der Täter ein Familienangehöriger sein, der die Homosexualität eines Verwandten nicht akzeptieren wollte. Als wahrscheinlicher gilt jedoch, dass jüdische Rechtsextremisten für den Anschlag verantwortlich sind.

Die Knesset hat in den vergangenen 20 Jahren eine Reihe von Gesetzen zur Gleichstellung von Homosexuellen verabschiedet. Das Outing ist für viele Israelis ein Problem, auch im liberalen Tel Aviv.
Premierminister Netanyahu verurteilte den »schockierenden Mord«, doch ultraorthodoxe Politiker äußern sich offen homophob. So sagte der Vorsitzender der Shas-Partei und Innenminister, im Jahr 2006, dass »Homosexualität eindeutig eine Krankheit« sei, ein Parteifreund machte im vergangenen Jahr die rechtliche Gleichstellung der Homosexuellen als Ursache für Erdbeben aus. Viele Israelis glauben, dass homophobe Aussagen von Politikern, die dem Establishment und derzeit der Regierungskoalition angehören, extremistische Täter ermutigen.

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Hamburg

Solidemo „Auch ohne Zähne das Maul aufmachen“

Nach dem Fußballspiel des FC St. Pauli gegen Rot Weiss Ahlen gingen über 3.000 Menschen gegen Polizeigewalt auf die Straße.
Unter dem Titel "Auch ohne Zähne das Maul aufmachen 2.0" richtete sich die Demonstration schwerpunktmäßig gegen einen Polizeieinsatz am Rande des Schanzenfestes. Dort war die Polizei gegen die Besucher_innen einer Geburtstagsfeier in der FC St. Pauli Fankneipe Jolly Roger brutal vorgegangen.

Bei dem Polizeieinsatz waren einem Journalisten vier Zähne ausgeschlagen und die Menschen in der Kneipe mit Pfefferspray eingenebelt worden. Die Polizist_innen hinderten die Kneipen-Besucher_innen am Verlassen des Lokals und erzwangen so das Einatmen des Pfefferspraynebels.

Bei der Demonstration am Freitag zog ein beeindruckender Demozug durch St. Pauli und das Schanzenviertel. Viele Menschen schlossen sich an.

Die Forderungen der Demo waren:
- Wiedereinrichtung einer unabhängigen Untersuchungsinstanz für rechtswidriges Polizeihandeln!
- Individuelle Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibeamten, insbesondere für die Angehörigen geschlossener Einheiten der Bereitschaftspolizei!