Lora aus dem EineWeltHaus vom 17.8.2009

ID 29457
 
AnhörenDownload
Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
Audio
10:36 min, 9944 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 17.08.2009 / 13:55

Dateizugriffe: 159

Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 17.08.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
— — — — — — — — — — — — — — — —
Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
— — — — — — — — — — — — — — — — —

Rattenplage in ägyptischem Armenviertel

Etwa 400.000 Menschen in Kairo leben davon, Müll einzusammeln und zu verwerten. Die christlich-koptischen Zabaleen fütterten mit dem organischen Abfall die Schweine und verkauften die gemästeten Tiere. Bis die Regierung im Mai entschied, alle Schweine schlachten zu lassen, angeblich um die Verbreitung der Schweinegrippe zu unterbinden. Weder der Widerspruch der Experten, die diese Maßnahme für überflüssig hielten, noch Warnungen vor den sozialen Folgen für eine der ärmsten Bevölkerungsgruppen konnten die Massenschlachtung verhindern.

Weniger als drei Monate später haben sich alle damals geäußerten Befürchtungen bestätigt. Die von der Regierung gezahlte Entschädigung entsprach nur einem Bruchteil des Werts der Tiere, die Dauereinnahmen kann sie ohnehin nicht ersetzen. Viele Zabaleen können es sich nun nicht mehr leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Der Arzt Atif Salih, Leiter einer Klinik im Armenviertel Manshiet Nasser, muss vermehrt Fälle von Mangelernährung behandeln. Überdies fallen weiterhin täglich etwa 4.000 Tonnen organischer Abfall an, der nun nicht mehr verwertet wird. Hungrige Ratten nehmen sich seiner an. Der Arzt Atif Salih berichtet: »Wir haben eine Rattenplage. Es kommen regelmäßig Patienten mit Rattenbissen in meine Klinik.«

Dass bis zum Mai 85 Prozent des Mülls in Kairo verwertet wurde, war zuweilen Anlass für eine Romantisierung der Zabaleen. Doch romantisch ist es nicht, wenn Kinder Müll sortieren müssen und sich dabei häufig mit Hepatitis infizieren.

— — — — — — —

USA

Die Rezession soll bald vorbei sein


Es geht wieder aufwärts mit der Wirtschaft. Das jedenfalls glauben immer mehr der so genannten Experten. Am 10.8. wurde eine Umfrage des Blue Chips Economic Indicators veröffentlicht, derzufolge 90 Prozent der Geschäftswelt glauben, die Rezession werde im dritten Quartal enden. Debattiert werde nur noch die »Geschwindigkeit, Stärke und Dauerhaftigkeit des Aufschwungs«. Die Banken machen Milliardengewinne, die Aktienkurse steigen, Analysten und Investoren sind optimistisch, genau wie vor der Krise.

— — — — — —

ARGENTINIEN
Jährlich 500.000 illegale Abtreibungen

Die Aufklärungskampagne „Schwangerschaftsabbruch: mehr Information, weniger Risiko“ nimmt mit der Einrichtung einer telefonischen Beratungshotline ihre Arbeit auf. Nach Angaben der InitiatorInnen gibt es jährlich 500.000 illegale Schwangerschaftsabbrüche in Argentinien.

Ziel der Kampagne ist das Bereitstellen von Informationen über die Möglichkeit des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs mittels der Abtreibungspillen Mifepriston und mit Misoprostol, die ausschließlich vom Arzt verabreicht werden dürfen. Diese Tabletten machen einen chirurgischen Eingriff unnötig und können in den ersten neun Wochen der Schwangerschaft angewendet werden.

Die niederländische Nichtregierungsorganisation „Women on Waves Foundation“ begann mit der Aufklärungsarbeit über die beiden Abtreibungstabletten. Sie nimmt seit 2004 Abtreibungen in internationalen Gewässern vor.

Sowohl den schwangeren Frauen als auch den ausführenden Ärzt_innen droht in Argentinien eine Strafe von bis zu 15 Jahren Haft.

Die Aufklärungskampagne beruft sich auf das Recht der Informationsfreiheit. Aus diesem Grund werden weder ein Abbruch empfohlen, noch Entscheidungen für die Frauen getroffen, sondern lediglich Informationen über eine Abtreibungsmethode zur Verfügung gestellt, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO als sicher einstuft.

In Argentinien sind ca. 60 Prozent aller Schwangerschaften ungewollt. Jährlich werden 68.000 Frauen wegen Komplikationen nach chirurgischen Schwangerschaftsabbrüchen in öffentliche Krankenhäuser eingewiesen.

Jedes Jahr sterben circa 100 Frauen an den Folgen illegaler Abtreibungen.

— — — — — — —

SPD

Die vier hessischen »Rebellen«

Immer dubioser wird die Geschichte um die vier hessischen SPD-»Rebellen«, die 2008 Andrea Ypsilanti mit ihren »Gewissensentscheidungen« gegen Rot-Rot-Grün so unsanft zu Fall brachten. In einem Buch enthüllte jetzt ein Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung das Ausmaß der hinterhältigen Intrige. Jürgen Walter wollte angeblich selbst Minister werden und Ypsilanti stürzen, indem er sie zunächst selbst zu einer Koalition mit der »Linken« ermunterte. Gegen ihn wurde von der Schiedskommission des SPD-Bezirks Hessen-Süd am 11.8. auch für die nächsten zwei Jahre ein Funktionsverbot in der Partei ausgesprochen. Eine neue Partei, wie spekuliert wurde, wollen die vier intriganten Aufrechten jedoch nicht gründen.

— — — — — —

Uruguay unterstützt Boliviens Bemühungen um Legalisierung der Kokapflanze

Uruguays Präsident Vázquez unterstützt die Bemühungen Boliviens vor den Vereinten Nationen, international die Entkriminalisierung der Kokapflanze zu erreichen. Die Kokapflanze soll aus der internationalen Liste der Suchtstoffe gestrichen werden.

1961 war die Pflanze auf diese Liste gesetzt worden und ist dort neben anderen Substanzen, wie etwa Kokain und Heroin aufgeführt. Der Internationale Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen INCB behandelt die Kokapflanze seither wie ein Betäubungsmittel. Für Anbau und Handel gelten daher strengste Auflagen.

Bolivien hatte bei der INCB Widerspruch eingelegt, um eine erneute Verhandlung des Themas zu erreichen. Dabei wurde argumentiert, dass die Kokapflanze für die indigene Bevölkerung eine vielseitige Nutzpflanze mit jahrtausendealter Tradition sei und erst durch die chemische Weiterverarbeitung zur Droge werde.

Während des Staatsbesuches des bolivianischen Präsidenten Morales in Uruguay am 13. Juli sprach Präsident Vázquez dem bolivianischen Präsidenten seine Unterstützung bei diesem Vorhaben aus. Uruguay unterstützt die Initiative Boliviens, das von der Internationalen Suchtstoffkommission CND erlassene Verbot, Kokablätter zu kauen, abzuschaffen.

Die uruguayische Gesundheitsministerin wurde beauftragt, eine medizinische Kommission einzuberufen. Diese soll die Bemühungen Boliviens durch die Durchführung einer Studie unterstützen. Vázquez empfahl der UNO, sie solle vor einer weiteren Stellungnahme eine Studie zu den Gesundheitsfragen in Auftrag geben und die von der bolivianischen Regierung vorgebrachten wissenschaftlichen Argumente ernsthaft prüfen.

— — — — — —

Frankreich

Krawall im Vorort

Zwei Nächte lang kämpften Jugendliche im Pariser Vorort Bagnolet mit der Polizei und zündeten Autos an, nachdem ein 18jähriger bei einem Polizeieinsatz am 9.8. ums Leben gekommen war. Der offiziellen Darstellung zufolge war der Jugendliche mit seinem Motorrad gegen eine Metallbarriere gefahren, Augenzeug_innen berichteten, er sei von einem Polizeiwagen angefahren worden. Der Innenminister kündigte an, der Vorfall werde »ernsthaft, gründlich und ehrlich« untersucht, Ende August soll ein »Dialog« zwischen Repräsentierenden der Behörden und Bewohner_innen der Banlieues stattfinden.

— — — — — —

ECUADOR
Regierung wird brachliegende Landwirtschaftsflächen enteignen

Die ecuadorianische Regierung wird ab dem Jahr 2010 mit der Enteignung von nicht genutzten landwirtschaftlichen Flächen beginnen. Dieser Prozess soll binnen zwei Jahren abgeschlossen werden.

Ziel der Maßnahme sei eine Umverteilung nicht genutzter landwirtschaftlicher Anbauflächen, erklärte der Minister für Landwirtschaft und Viehzucht.

Ein aus dem Landwirtschaftsministerium, dem Umweltministerium und dem Ministerium für Angelegenheiten der indigenen Völker zu bildendes Komitee soll binnen sechs Monaten die Eigentumssituation von Agrarflächen im Land untersuchen, um bei der Enteignung entsprechend vorzugehen.

Der Minister unterstrich, dass mit Enteignung keine Konfiszierung gemeint sei. Diesbezüglich erklärte er, dass es für die Flächen eine gerechte Entschädigung geben werde, die aus dem Staatshaushalt finanziert werden soll.

Vorgesehen ist, dass die derzeit ungenutzten landwirtschaftlichen Flächen zukünftig bestellt werden, um dadurch eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln garantieren zu können.
Der Minister erklärte, die Regierung betrachte „Land nicht als Handelsware“, sondern als „Produktionsmittel“. Die Maßnahme bedeute das Ende des bisher herrschenden Status Quo.

— — — — — —

Letzte Meldung

Die Brüste der deutschen Politikerinnen

Wird nun Hans-Christian Ströbele sein bestes Stück vorzeigen? Vermutlich nicht, er gewinnt ja sowieso, obwohl seine Gegenkandidatin Vera Lengsfeld mit ihrem Wahlplakat nun auch international für Aufsehen sorgt. Erstaunlicherweise denken viele Menschen, es gehe um Sex, wenn behauptet wird: „Wir haben mehr zu bieten.“ Lengsfeld aber hat recht, wenn sie sagt: „Sexismus? Das ist lächerlich.“ Denn nicht dem Liebhaber, dem Säugling im Wähler wird hier die Brust dargeboten, die Mutterbrust nämlich. Nicht ein erotisches Abenteuer wird versprochen, sondern die sorglose Geborgenheit des friedlichen, gedankenlosen Nuckelns, das sättigt und schläfrig macht. Sehr aufschlussreich in diesem Kontext ist die Ode des Bild-Poeten Franz-Josef Wagner an Merkel als „Mama Deutschland“, aber auch die Merkel gewidmete Webseite „Mutter der Nation“ mit der aufmunterndern Parole: „Mama schafft das.“ Das Erfolgsrezept stammt übrigens von McDonald’s. Schauen Sie sich das brüsteartige „M“ nochmal genau an. Weil Geborgenheit in unsicheren Zeiten besonders wichtig ist, konnte McDonald’s von der Krise sogar profitieren. Selbst in Kreuzberg gibt es nun eine Filiale.