arbeitszeitverkürzung - ag arbeitfairteilen von attac

ID 34552
 
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interview mit Stephan Krull, langjähriger Arbeiter bei Volkswagen in Wolfsburg,
von 1990 bis 2006 Mitglied des Betriebsrates und des Vorstandes der IG
Metall in Wolfsburg,
aktiv in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und
in der bundesweiten attac-AG ArbeitFairTeilen, Mitglied im attac-Rat zu arbeitszeitverkürzung.
Audio
18:55 min, 17 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 10.06.2010 / 21:45

Dateizugriffe: 307

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: rabotz
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 10.06.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
ArbeitFairTeilen
Warum die Arbeitnehmer zum Spielball der Arbeitgeber
geworden sind:

Wenn die Produktivität stetig steigt, wenn in immer kürzerer Zeit von immer weniger Arbeitskräften immer mehr produziert wird, dann muss auch die Arbeitszeit entsprechend verkürzt werden. Andernfalls sind immer mehr
Menschen von Unterbeschäftigung betroffen - der neuen Form von Arbeitslosigkeit. Die versäumte Arbeitszeitverkürzung hat die
Arbeitnehmer zum Spielball der Arbeitgeber gemacht.

Das lässt sich ändern, wenn wir wollen.
Aber nicht mit den Rezepten von gestern: Wachstum, Wachstum, Wachstum!?
Wir erleben doch gerade, was der angebliche Aufschwung bringt: Reiche werden reicher, Arme ärmer. Millionen Arbeitslose verschwinden durch Schönrechnerei aus der Arbeitslosenstatistik. Wer den Bericht der Arbeitsagentur genau ansieht, muss leider feststellen: im April 2008 hatten wir mit ALG I, ALG II und Sozialgeld zusammen insgesamt 8.027 980 Leistungsempfänger.

Fazit: Wenn wir heute statt steigender Unterbeschäftigung wieder Vollbeschäftigung haben wollen, dann muss die verbleibende Arbeit fair geteilt werden.

Die einen arbeiten kürzer, die anderen erhalten dadurch Arbeit. Das gehört zu unserem logischen Konzept. Die pro Kopf vorhandene Arbeit ist seit 1975 um ein Viertel zurück gegangen.
Logischerweise muss nun auch die Wochenarbeitszeit um ein Viertel gekürzt werden. Mit dieser 30-Stunden-Woche wird Vollbeschäftigung wieder möglich.

Diese neue kurze Vollzeit bringt uns viel:
Bei Vollbeschäftigung ist Schluss mit der ständigen Angst um den Arbeitsplatz! Das Elend der Massenarbeitslosigkeit hat ein Ende. Die Arbeitnehmer kommen wieder in eine starke Position. Gewerkschaften
können höhere Löhne durchsetzen - trotz kürzerer Arbeitszeiten.

Dann profitieren nicht, wie jetzt, allein die Unternehmer vom
Produktivitätsfortschritt - sondern alle:
Jugendlichen eröffnen sich bessere Perspektiven. Das Ansteigen des Burn-out-Syndroms wird gestoppt. Eltern haben mehr Zeit für Kinder. Binnennachfrage und Steuereinnahmen steigen.

Darum fordern wir Parteien und Regierung auf, die gesetzlichen Grundlagen für ein logisches Konzept zur Vollbeschäftigung durch Arbeitsumverteilung zu schaffen.
Wie Arbeit fair teilen logischerweise Vollbeschäftigung zurück bringt:

In den sechziger Jahren hatten wir Vollbeschäftigung. Aber nicht durch das
enorme Wachstum der Wirtschaft, wie gerne behauptet wird! Damals wurde die Vollbeschäftigung genau wie heute durch ein enormes Wachstum der Arbeitsproduktivität bedroht: In immer kürzerer Zeit wurde von immer weniger Arbeitskräften immer mehr produziert.

Doch warum entstand in jenen Jahren durch die Steigerung der Arbeitsproduktivität keine Arbeitslosigkeit? Weil der Verlust an Arbeitsvolumen durch die Einführung der 40-Stunden-Woche ausgeglichen wurde.
Die tarifliche Wochenarbeitszeit wurde um rund 4 Stunden verkürzt, Vollbeschäftigung war das logische Ergebnis.

In den danach folgenden Jahren wurde die Arbeitszeit trotz weiter steigender Arbeitsproduktivität nur noch um knapp 2 Stunden verkürzt. Massenarbeitslosigkeit war die Folge. Es wäre durchaus möglich gewesen, die Arbeitszeit nach und nach bis auf 30 Stunden zu senken. Aber das war nicht Ziel von Wirtschaft und Politik. Das Ziel war die Senkung der Löhne und Sozialleistungen. Und das wurde schließlich erreicht, wie wir heute alle merken.

Fazit: Hohe Löhne und Sozialleistungen sind nicht die Folge hohe wirtschaftlicher Wachstumsraten, sondern die Folge einer relativen Gleichverteilung von Arbeit - also von Vollbeschäftigung.
Das heißt: Nur wenn die "Ware Arbeitskraft" am Markt knapp ist, können die Arbeitnehmer ihre Tarifverhandlungen erfolgreich gestalten.

Darum haben die Gewerkschaften den Kampf um die Arbeitszeit wieder aufgenommen:
bei der Bahn, in den Ämtern des Bundes und der Kommunen, bei der Post, im
Einzelhandel und in vielen Industriebereichen. Die Beschäftigten bekommen unsere Unterstützung mit Worten und mit Taten, vor allem auch im Kampf
gegen die Verlängerung der Arbeitszeiten.

Es ist auch ein "Kampf um die Köpfe". Der wird von der Kapital- und
Unternehmerseite besonders intensiv in den Medien betrieben. Hier müssen wir gegenhalten. Denn viele sind schon Opfer der Propaganda geworden. Viele sind davon überzeugt, dass unsere Massenarbeitslosigkeit vor allem durch die ausländische Billiglohnkonkurrenz verursacht wird. Viele fallen auf das Gejammer über die hohen Lohnnebenkosten herein. Dabei ist Deutschland einer der Gewinner der Globalisierung - doch seine Bürger sind voller Zukunftsängste.

Wir müssen nicht ohnmächtig hinnehmen, dass unsere Arbeitseinkommen in den letzten sieben Jahren durchschnittlich um 4 Prozent gefallen sind, während die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen real um 42 Prozent gestiegen sind.
Die Solidarisierung aller Beschäftigten und Arbeitslosen zur Senkung der tariflichen Arbeitszeit ist die Voraussetzung für höhere Löhne, Sozialleistungen und für Vollbeschäftigung.

Darum steigt mit ein! Jede Stimme, jede Kraft wird gebraucht, um Arbeit fair zu teilen. Schluss mit der ständigen Angst um den Arbeitsplatz!

http://www.attac-netzwerk.de/index.php?i...

Kommentare
25.06.2010 / 11:57 Hartz4-Rebellenfunk, Stadtradio Münster
Danke
Bei uns mit Freude eingepflegt.