Nachrichten Focus Europa, 16.11.2010

ID 37354
 
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-Einigung über EU-Haushalt gescheitert/EU-Inflation steigt um 2,3 Prozent
-Russland plant „Änderung der Landkarte“ – Protest gegen Waffenhändler-Auslieferung
-Frankreichs Ex-Arbeitsminister vor Gericht
-40 NGOs fordern Rückzug der Ölkonzerne aus einem indigenen Amazonas-Gebiet
-Polen verbietet öffentliches Rauchen
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mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.11.2010 / 19:15

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Entstehung

AutorInnen: Martin, Hanne
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 16.11.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript


-Einigung über EU-Haushalt gescheitert/EU-Inflation steigt um 2,3 Prozent
 
Die Europäische Union steht zum ersten Mal seit 1988 ohne einen Haushalt da. In der Nacht zum heutigen Dienstag wurden die Verhandlungen zwischen den EU-Staaten und dem Parlament über den EU-Haushalt 2011 für gescheitert erklärt. Nach Aussagen von Unterhändlern des Parlament war vor allem die Unnachgiebigkeit einiger EU-Staaten für das Scheitern ausschlaggebend. Vor allem Großbritannien, Schweden und die Niederlande sollen einen Kompromiss abgelehnt haben. Bei den Verhandlungen sitzt das EU-Parlament gleichberechtigt am Tisch und fordert Zusagen für die künftige Finanzierung der EU. Berichten von Diplomaten zufolge wollen viele EU-Staaten hingegen keine Debatten über EU-Eigenmittel oder EU-Steuern. Die EU-Haushaltsprozedur muss nun von vorne beginnen. Sollte es bis Jahresende keine Einigung geben, gälte ab Januar die sogenannte Zwölftel-Lösung. Sie würde zu Bereitstellung derselben Mittel wie in 2010 führen, diese würden gleichmäßig über die zwölf Monate verteilt.
Unterdessen hat die Statistikbehörde Eurostat einen Anstieg der Inflation in der EU um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr bekanntgegeben. Bereits gestern war bekannt geworden, dass das derzeitige Haushaltsdefizit der EU-Staaten bei 6,8 Prozent liegt.
 
-Russland plant „Änderung der Landkarte“ – Protest gegen Waffenhändler-Auslieferung:
 
Die russische Regierung will ihre Bevölkerung offenbar langfristig um 20 Ballungszentren herum ansiedeln, um das städtische Wachstum im Land zu stärken und die Verstreuung der Bevölkerung zu verringern. Das berichtet die Zeitung „Wedomosti“ in Berufung auf ein unveröffentlichtes Papier der russischen Regierung. Dies würde dem Bericht zufolge eine Abkehr von der aus Sowjetzeiten übernommenen Politik der flächendeckenden Besiedlung des Landes mit städtischen Strukturen bedeuten. Städte mit weniger als 100000 Einwohnern hätten laut dem Regierungspapier „keine Entwicklungsperspektiven“. Das Programm sehe außerdem eine vorsichtige Herangehensweise, bei dem auf die Verhinderungen von regionalen Ungleichgewichten geachtet werden solle. Die russische Regierung hat den Bericht bisher nicht kommentiert, erwartet wird, das Präsident Medvedjev es in seiner Ansprache zum Jahresende verkünden wird
Bereits öffentlich gemacht hat die russische Regierung hingegen ihren Protest gegen die Auslieferung des mutmaßlichen Waffenhändlers Victor But aus Thailand an die USA. Die Überstellung war am heutigen Dienstagmorgen von der thailändischen Regierung genehmigt und unmittelbar danach durchgeführt worden. Das russische Außenministerium bezeichnete die Entscheidung als „illegal“ und unter Druck der US-Regierung geschlossen. But hatte Waffen an die kolumbianische Farc-Bewegung geliefert und war daraufhin im März 2008 von US-Agenten in Bangkok festgenommen worden. Der darauf folgende Streit um die Auslieferung galt als politisch brisant, weil die thailändische Regierung bislang gute Beziehungen zu den USA und Russland pflegte. Die heutige Entscheidung gilt daher als schwere Niederlage für den Kreml.
 
-Frankreichs Ex-Arbeitsminister vor Gericht:
 
Fast direkt nach seiner Entlassung aus der Sarkozy-Regierung muss sich Eric Woerth wegen Begünstigung und Amtsmissbrauch vor Gericht verantworten. Der Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichtes Nadal eröffnete das Verfahren am ersten Tag nach Wöerths Rücktritt. Es geht dabei um Woerths Rolle beim Verkauf eines Waldgeländes mit Pferderennbahn und Golfplatz in der Nähe von Paris im März dieses Jahres. Woerth war in seiner damaligen Position als Haushaltsminister am Verkauf des Geländes an angeblich gute Bekannte seiner Gattin Florence entscheidend beteiligt gewesen. Den Verkaufspreis von 2,5 Millionen Euro bezeichnet die Wochenzeitung „Le Canard Enchaîne“ als Freundschaftspreis, da der Wert des Grundstücks fast das Zehnfache betragen haben. Woerths Vorgänger hatte 2003 ein Angebot für das als schützenswert und unverkäuflich bezeichnete Grundstück ausgeschlagen. Woerth muss sich außerdem für Geldgeschenke der Milliardärin Liliane Bettencourt an die Regierungspartei UMP verantworten. Zur Zeit dieser Vorkommnisse war Woerth UMP-Schatzmeister.
 
 
-Iran beschuldigt inhaftierte deutsche Journalisten der Spionage
 
Der Iran hat die beiden festgenommenen deutschen Journalisten im Fernsehen vorgeführt und ihnen Spionage vorgeworfen. In einer Sendung am Montagabend wurden ihre Aussagen komplett von einer Sprecherstimme überlagert, ihr zufolge hätten sie „Fehler“ eingeräumt und einer in Deutschland lebenden iranischen Menschenrechtsaktivistin vorgeworfen, sie habe die nun Inhaftierten ausgenutzt. So habe einer der beiden gesagt, die Sprecherin des Komitees gegen Steinigung, Mina Ahadi, habe ihn in den Irak geschickt, weil seine Festnahem ihr zu Bekanntheit verhelfen sollte. Der Justizchef der Provinz Ost-Aserbaidschan, Sharifi sagte indes der Nachrichtenagentur Fars, der Spionage-Vorwurf gegen beide sei bestätigt worden.
Die Bundesregierung bemüht sich auf diplomatischen Wegen um eine Freilassung der beiden für „Bild am Sonntag“ arbeitenden Journalisten. Die beiden hatten versucht, den Sohn einer wegen Ehebruch zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin zu interviewen und waren dabei festgenommen worden. Ihnen wird außerdem vorgeworfen, mit Touristenvisa eingereist zu sein, jedoch als Journalisten gearbeitet zu haben. Das iranische Außenministerium teilte der AFP mit, der Fall liege weiter in den Händen der iranischen Justiz
 
 
-40 NGOs fordern Rückzug der Ölkonzerne aus einem indigenen Amazonas-Gebiet:
 
Die Forderung nach einem Stopp der Arbeit der Ölfirmen in Block 39 und 67 im nördlichen Amazonas-Gebiet sandte die Bewegung für indigene Völker, Survival International am heutigen Dienstag an die Ölunternehmen Perenco, Repsol-YPF und Conoco Phillips. Zu den 39 weiteren Unterzeichnern zählen unter anderem „Amazon Watch“ und „Rettet den Regenwalt“ Anthropologische Studien haben belegt, dass in Block 39 und Block 67 mindestens zwei unkontaktierte indigene Völker leben. Ihr Immunsystem besitzt kaum Abwehrkräfte gegen Krankheiten, die von außerhalb eingeschleppt werden und jeglicher Kontakt könnte für sie tödlich sein. Der Brief der NGOs betont, dass die Unternehmen nicht nur das Leben der Indigenen, sondern auch das ihrer eigenen Arbeiter gefährde, so seien bereits Arbeiter an der Grenze zu Block 39 von Indigenen getötet worden sein. Dennoch haben die Ölunternehmen bei der peruanischen Regierung Genehmigungen für den Bau von Öl-Pipelines, Schneisen und Hubschrauberlandeplätzen in den fraglichen Gebieten beantragt. Der Direktor von Survival International, Stephen Corry kommentierte das Vorgehen der Ölkonzerne als Verdeutlichung der vollkommenen Rücksichtslosigkeit gegenüber den verletzlichsten Völkern unseres Planeten, die sich allein mit Gewalt gegen das Eindringen in ihr Land wehren könnten. Gleichzeitig forderte er, die Unternehmen sollten das Gebiet ihren rechtmäßigen Besitzern überlassen, anstatt sowohl Leben als auch ihren eigenen Ruf zu zerstören.
 
-Polen verbietet öffentliches Rauchen:
In Polen ist ein Rauchverbot für öffentliche Plätze und Einrichtungen in Kraft getreten. Das Gesetz verbietet ab Montag das Rauchen unter anderem in Stadien und Restaurants. Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Geldstrafe von 500 Zloty (125 Euro) rechnen. Polen schließt sich mit dem Verbot vielen anderen europäischen Ländern an. In der vergangenen Woche erst war ein ähnliches Rauchverbot in Serbien in Kraft getreten.