Die Landliebe Milchprodukte von Campina

ID 37988
 
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Jede Woche stellt Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit abgespeist.de eine weitere Werbelüge der Nahrungsmittelindustrie vor. Heute: "Die Landliebe Milchprodukte von Campina"
Audio
07:49 min, 11 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 18.01.2011 / 10:25

Dateizugriffe: 1441

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Serie: Aufgetischt - Die Werbelügen
Entstehung

AutorInnen: johannes
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 16.12.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Recht hat sie, die alte Nesquickwerbung aus den 60er Jahren. Doch inzwischen geht es nicht nur um das was in die Milch reinkommt, sondern auch woher die Milch kommt. Und wir wollen uns heute mit den Produkten der Marke Landliebe des Herstellers Campina beschäftigen.

Seit Januar 2009 gibt es die Landliebe-Milch jetzt auch mit einem „Ohne Gentechnik“-Siegel. Das heißt, die Kühe dürfen nicht mehr mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert werden. Im Prinzip eine gute Sache. Denn nur wenn immer mehr Hersteller gentechnikfreie Produkte anbieten, können sich Verbraucher bewusst gegen Gentechnik im Essen entscheiden. Die Entscheidung für die Landliebe-Milch ist allerdings eine teure, denn sie kostet pro Liter bis zu 50 Cent mehr als andere Milch. Bei den Bauern kommt nur ein winziger Bruchteil des satten Preisaufschlages an.

Landliebe bietet „Verbrauchern mit dem Wunsch nach Ursprünglichkeit das Gefühl von Wohlfühlen, Verwöhnt werden und Geborgenheit“, sagen die Landliebe-Marketing-Experten. Aber so viel Gefühl gibt es natürlich nicht umsonst – Landliebe kostet pro Liter etwa so viel wie Bio-Milch. Im Gegensatz zu dieser aber unterliegt Landliebe-Milch keinen speziellen, gesetzlich verankerten Richtlinien, deren Einhaltung ein Prüfsiegel bestätigt. Nachprüfbare Belege für die angeblich hohe Qualität der Milch liefert Campina nicht. Da nützt es auch nicht viel, wenn Campina in einer sonnendurchfluteten Wohlfühlwerbung die eigenen Bauern zu Wort kommen lässt.

Landliebe garantiert zum Beispiel „artgerechte Tierhaltung“, laut Campina-Kundenservice heißt das: helle Boxenlaufställe. Wie das kontrolliert wird und von welchen Höfen die Milch kommt, erläutert Campina nicht näher. Wie können Verbraucher dann aber die Garantie überprüfen? Gar nicht. Juristisch hat sie sowieso keinen Bestand. Garantiert werden kann nur die Beschaffenheit eines Produktes, nicht die Herstellungsbedingungen. Landliebe garantiert also etwas, was nicht belegt wird, nicht überprüft werden kann und auf das rechtlich gar kein Garantieanspruch besteht.

Wer soviel Qualität garantiert, der müsste ohne Umschweife belegen können, was er behauptet. Dachten wir und haben bei Landliebe nachgefragt. Wer kontrolliert die „strengen Richtlinien“ für Landliebe? Campina selbst natürlich. Und „unabhängige Institute“. Welche das sind, verrät Campina leider nicht – auch nicht auf wiederholte Nachfrage. Was genau wird geprüft und von welchen Höfen kommt Landliebe-Milch? Erfahren wir nicht. Stattdessen werden Selbstverständlichkeiten wie tierärztliche Kontrollen als besondere Qualitätskriterien herausgestellt. Mehr als Werbeversprechen hat Landliebe offenbar nicht zu bieten, ist sich abgespeist.de sicher.


Auf die Fragen von abgespeist.de und reagierte Campina einsilbig:
„Campina ist eine Genossenschaftsmolkerei, deshalb passt auf Campina der eher aus dem börsennotierten Umfeld abgeleitete Begriff ‚Milchkonzern’ überhaupt nicht.“ Das steht in einem Brief, den die Absender der abgespeist-E-Mail-Aktion am 15. Mai von Campina Deutschland erhalten haben. Darin betont Campina, dass die Genossenschaftsmolkerei „keinen Gewinn ausweist“, sondern „den Überschuss am Ende jeden Jahres in einer Milchgeldzahlung“ an die Bauern überweist.

Und wenn Campina behauptet, der Erlös aus dem Milchverkauf gehe „unmittelbar“ an die Bauern, ist das nicht mehr als eine weitere dreiste Verbrauchertäuschung. Die Campina Unternehmensgruppe befindet sich zwar im Eigentum einer holländischen Genossenschaft, verfolgt jedoch nach eigenem Bekunden eine „Strategie des Wachstums“. Unter anderem will sie auf den „Wachstumsmärkten im Mittleren Osten und in Asien“ expandieren. So ist letztes Jahr ein Joghurt-Unternehmen in Thailand dazugekommen.

Diese Strategie kostet viel Geld. So viel, dass für die Bauern offensichtlich zu wenig übrig bleibt. Wahrscheinlich haben auch deswegen mehr als 500 deutsche Milchbauern ihre Lieferantenbeziehungen zu Campina gekündigt.

Weitere Informationen gibt es wie immer unter abgespeist.de. Und Campina ist auch per E-Mail zu erreichen unter kundenservice@campina.com.

einmal pro Woche stellt Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit abgespeist.de ein anderes Produkt vor.

weitere Informationen auch unter:
Foodwatch und abgespeist.de



Texte: abgespeist.de
Bearbeitung und Produktion: Johannes Smettan
Sprecher_innen: Roman Pastuschka, Marie Baumann, Hagen Kleemann
Musik: Silence - Cellule [CC-Lizenz], Graphs Grooves - Droppin Drips [CC-Lizenz], The Two Halfs - The Commercial Intro [CC-Lizenz]