Kooperation zwischen Bundeswehr und Schule. Sachsen unterzeichnet Kooperationsvertrag

ID 38099
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Am Dienstag wurde in Sachsen als achtem Bundesland eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundeswehr und dem Kultusministerium abgeschlossen. Die Bundeswehreinsätze in den Schulen geraten zunehmend in die Kritik. Hintergrund und Interview mit der Landesvorsitzenden der GEW Sachsen.
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07:12 min, 16 MB, mp3
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Upload vom 22.12.2010 / 15:35

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Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Jugend, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: carsten
Kontakt: syndikat(at)coloradio.org
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 22.12.2010
Folgender Teil steht als Podcast nicht zur Verfügung
Interview mit Sabine Gerold, GEW-Sachsen in voller Länge
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06:40 min, 12 MB, mp3
mp3, 256 kbit/s, Mono (44100 kHz)
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Skript
Am Dienstag wurde in Sachsen als achtem Bundesland eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundeswehr und dem Kultusministerium abgeschlossen. Eigentlich ändere sich nichts, so die Pressesprecherin des Kultusministeriums, es würde nur dem ein Rahmen gegeben, was seit 50 Jahren ohnehin stattfindet.

Sieht man von der Tatsache ab, dass vor 50 Jahren die NVA in Sachsens Schulen kam, um dort um Nachwuchs zu werben, gibt es doch ein paar interessante Details der Kooperationsvereinbarung: Auch in der LehrerInnen aus- und Weiterbildung soll die Bundeswehr in Zukunft mitwirken. Auch die Landeszentrale für politische Bildung ist in Zukunft offizieller Kooperationspartner der Bundeswehr.

O-Ton

Geworben wird an Schulen schon fleißig für die Bundeswehr:

Im letzten Jahr erreichten Jugendoffizierte und Wehrdienstberater der Bundeswehr 700.000 SchülerInnen. Bereits 11jährige würden von Soldaten angesprochen, so die Organisation Terre des Hommes, die den Bundeswehreinsatz in Schulen kritisiert.

Die Werbung für Militäreinsätze widersprichäche den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterschrieben hat. Denn die darin verbrieften Kinderrechte gelten für alle unter 18-Jährigen, so das Kinderhilfswerk.

In Sachsen gibt es 6 Jugendoffiziere und gut die Hälfte der Schulen nutzt die Angebote. Da liegt das Bundesland im bundesweiten Mittelfeld: in anderen Ländern schwankt das zwischen 35 und 73 %.

Dabei schreiben sich Bundeswehr und Kultusministerium den Grundsatz der Neutralität auf die Fahnen: Im Kooperationsvertrag ist explizit der Beutelsbacher Konsens erwähnt, an den, Zitat "die Jugendoffiziere bei der Durchführung politischer Jungend- und Erwachsenenbildung gebunden seien. Der Beutelsbacher Konsens ist das Ergebnis einer Tagung, auf der Politikdidaktiker 1976 Grundlagen für die politische Bildung diskutiert haben. Kontroversitätsgebot und Überwältigungsverbot sind die zentralen Anforderungen.

O-Ton

Spannend bleibt, ob die Jugendoffziere in Zukunft in den Schulen die Bundeswehreinsätze im Ausland kritisieren.

Eine kontroverse und neutrale Verhandlung von Außenpolitik und Militäreinsätzen würde wohl eher bedeuten, dass auch Friedensinitiativen und neutrale Wissenschaftler diese Themen vermitteln.

Der Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat im März einen Beschluss gefasst, indem sie emfiehlt, "Jugendoffiziere der Bundeswehr nur dann einzuladen, wenn die notwendige politische Auegwogenheit gewährleistet ist. ... [und] Friedensorganisationen und Friedensinitiativen sind die gleichen Möglichkeiten wie der Bundeswehr einzuräumen" so die GEW-Resulotion.

Das scheitert aber schon an den finanziellen Mitteln. Die Friedensdienste habe natürlich ungleich geringere Ressourcen als die Bundeswehr, wendet Herr Griebenau von Evang. Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von KDV ein.

Über die richtige Strategie sind sich auch die Friedensinitiativen nicht in allen Punkten einig.

Militär hat in der Schule grundsätzlich nichts zu suchen, sagen Friedensinitiativen wie die DFGVK. Auch dann nicht, wenn als Ausgleich auch Vertreter anderer Organisationen politische Bildungsarbeit an den Schulen machen.

Andere wie die Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer sind da pragmatischer. Schließlich weiß man, dass man die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr nicht verhindern kann. Umso wichtiger seien alternative Angebote.

Die EAK und die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden haben das Projekt „Friedensbildung, Bundeswehr & Schule“ ins Leben gerufen, das sich gegen die Präsenz von Jugendoffizieren in Schulen und LehrerInnenfortbildung wendet und für Alternativen wirbt. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist Mitglied in dem Netzwerk.

ColoRadio sprach mit der Landesvorsitzenden der GEW-Sachsen, Frau Gerold über die neue Kooperationsvereinbarung.

Interview

Es wird sich nun zeigen, ob sich durch die neue Kooperationsvereinbarung die Präsenz der Bundeswehr an den Schulen nochmals erhöht.
Die Lehrerinnen und Lehrer könnten sich zwar aussuchen, ob sie die Bundeswehr einladen, die Schüler jedoch nicht, stellte Kultusminister Wöller klar.

Genau dazu rufen jedoch verschiedene Initiativen auf: man solle seine Kinder vom Unterricht befreien lassen, wenn die Bundeswehr an der Schule ist.

Kommentare
23.12.2010 / 14:09 Stefan Zimmer, radiokampagne.de Berlin
gesendet
der erste Teil (gebauter Beitrag) ist im zip-fm vom 23.12.2010 enthalten. Am Ende musste ich das Interview leider etwas kürzen (um 2:30 min). Danke!