Wald-AIDS in Baden-Württemberg Schäden innerhalb der Schwankungsbreite

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Wald-AIDS in Baden-Württemberg
Schäden innerhalb der Schwankungsbreite

Zustand der Eichen nach wie vor "alarmierend"

Die Landesregierung erhielt am26. November von den staatlichen GutachterInnen den baden-württembergischen "Waldschadensbericht 2010". Die Diagnose einer anhaltenden umweltbedingten Immunschwäche, AIDS, wird von den 2010 erhobenen Zahlen bestätigt. Außer bei den nach wie vor stark geschädigten Eichenbeständen sind punktuelle Verbesserungen des Krankheitsbildes zu verzeichnen. Diese liegen allerdings im Schwankungsbereich der vergangenen Jahre.
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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Umwelt, Politik/Info
Serie: Burning Beds
Entstehung

AutorInnen: Burning Beds
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 27.11.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
27.11.2010

Wald-AIDS in Baden-Württemberg
Schäden innerhalb der Schwankungsbreite

Zustand der Eichen nach wie vor "alarmierend"

Die Landesregierung erhielt am26. November von den staatlichen GutachterInnen den baden-württembergischen "Waldschadensbericht 2010". Die Diagnose einer anhaltenden umweltbedingten Immunschwäche, AIDS, wird von den 2010 erhobenen Zahlen bestätigt. Außer bei den nach wie vor stark geschädigten Eichenbeständen sind punktuelle Verbesserungen des Krankheitsbildes zu verzeichnen. Diese liegen allerdings im Schwankungsbereich der vergangenen Jahre.

Die von den staatlichen ForstbeamtInnen erstellte Diagnose im Jahr 2010 bezeichnet 35 Prozent (2009 waren es 42) des baden-württembergischen Waldbestandes als deutlich geschädigt, 33 Prozent (2009: 32) als mittel geschädigt und 32 Prozent (2009: 26) als gesund. Damit ist der Anteil der stark geschädigten Bäume wieder auf dem Niveau des Jahres 2008 angelangt. Als schlechter Scherz kann daher die Aussage des baden-württembergischen Agrar-Ministers Rudolf Köberle gewertet werden, wonach die vorliegende Erhebung "belegt, daß unsere Maßnahmen zur Verbesserung des Ökosystems greifen." Über den Hauptschadensverursacher, die industrielle Agar-Wirtschaft und insbesondere die Ammoniak-Emissionen aus der Massentierhaltung wird offiziell kein Wort verloren.

Während sich die negative Einwirkung auf die Waldböden durch "sauren Regen" aus Kohlekraftwerken, Straßenverkehr und Hausheizungen verminderte, wuchs die Belastung durch Ammoniak-Emissionen aus der Massentierhaltung um so stärker. Auch in den Mainstream-Medien ist hierüber mit gelegentlichen Ausnahmen nichts zu erfahren. Immerhin konnte Agrar-Minister Köberle offenbar nicht verhindern, daß die GutachterInnen schrieben, der Zustand der baden-württembergischen Eichen müsse nach wie vor als "alarmierend" gewertet werden. Der Zustand der Baumkronen stagniert bei einem durchschnittlichen Blattverlust von 34,3 Prozent auf hohem Niveau und übertrifft damit das Schadens-Niveau aller Hauptbaumarten im Land.

Über alle Baumarten hinweg liegt der durchschnittliche Nadel- oder Blattverlust in diesem Jahr bei 22,5 Prozent (2009: 25,6 Prozent). Leicht verbessert hat sich der Zustand bei dem in Baden-Württemberg am meisten verbreiteten Wald-Baum, der Fichte: Der Nadel-Verlust sank bei den Fichten-Bestand auf 19,2 Prozent (2009: 21,0). Der Zustand der Tannen blieb stabil, und die Buche, die häufigste Laubbaumart Baden-Württembergs, hat sich deutlich verbessert. Ihr mittlerer Blattverlust sank von 36 auf 26,8 Prozent. Dagegen hat sich der Kronenzustand der Kiefern leicht verschlechtert.

Während der "Waldschadensbericht 2010" für den Schwarzwald, den Neckarraum und die Schwäbische Alb punktuell deutliche Verbesserungen konstatiert, stagnierte die Lage im südwestdeutschen Alpenvorland auf hohem Schadens-Niveau. Wie in all den Jahren zuvor bleibt anzumerken, daß die Zahlen infolge des schnellen Einschlags kranker Bäume, die so nicht in die Statistik eingehen, ein geschöntes Bild vermitteln. Im Gegensatz zu AIDS beim Menschen ließe sich die Immunschwäche der deutschen Wälder mit einer konsequenten Agrar-Wende, einer Politik der Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene und einer Energie-Wende zu erneuerbaren Energien innerhalb eines überschaubaren Zeitraums heilen.

Die gegenwärtige Politik spielt jedoch mit dem Risiko, daß es bei klimatisch ungünstigen Bedingungen zu einer nicht mehr kontrollierbaren Ausbreitung von Insekten wie dem Borkenkäfer kommt und das Ökosystem Wald umkippt. Gerade die Baden-Württembergische Landesregierung trägt mit ihrer extremen Verhinderungspolitik gegen erneuerbare Energien in hohem Maße schuld an einer immer gefährlicheren Entwicklung. Doch auch daß die pseudo-grüne Bundesministerin Renate Künast im Jahr 2003 verkündet hatte, sie sei "auf dem besten Wege, das Waldsterben zu besiegen," sollte angesichts der anhaltenden Misere nicht in Vergessenheit geraten.