Focus Europa Nachrichten 1.2.11

ID 38782
 
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# Schweiz: Baby-Doc-Millionen zurück nach Haiti
# Russland: Dutzende Regierungskritiker verhaftet
# Sudan – Referendum
# Sudan – Repression
# SWIFT: USA haben tieferen Einblick in europäische Bankdaten als bisher bekannt
# Ägypten – 2 Millionen auf der Straße
# Jordanien: Herrscher Abdullah II setzt Regierung ab und verlangt "wirkliche Reformen"
# Proteste auch in Syrien
Audio
06:55 min, 6488 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.02.2011 / 09:48

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Julia
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 01.02.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Ab Dienstag kann Haiti mit einer ansehnlichen Geldsumme aus der Schweiz rechnen. Dann tritt ein Gesetz in Kraft, dass die Rückgabe rechtswidrig erlangter und deponierter Vermögen möglich macht.
Das etwas sperrig "Rückerstattung unrechtmäßig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen" genannte Gesetz wird in der Schweiz nur "Lex Duvalier" genannt. Es soll künftig verhindern, dass ehemalige Potentaten das Schweizer Bankgeheimnis nutzen, um Raubgelder zu verstecken. 7 Millionen Schweizer Franken – umgerechnet 5,4 Millionen Euro – entdeckten haitianische Fahnder vor Jahrzehnten auf helvetischen Konten, die Haitis Exdiktator über Tarnfirmen und -stiftungen angelegt hatte.

Russland: Dutzende Regierungskritiker verhaftet
Bei Demonstrationen von russischen Regierungskritikern für das Recht auf Versammlungsfreiheit hat die Polizei Dutzende Teilnehmerinnen festgenommen. Rund 80 Menschen seien bei den Kundgebungen in Moskau und in St. Petersburg am Montagabend festgesetzt worden, meldeten russische Nachrichtenagenturen.

In Moskau hätten nach Polizeiangaben 500 Regierungskritiker an den Protesten teilgenommen, in St. Petersburg demonstrierten fast 300 Menschen. Russische Oppositionsgruppen und Menschenrechtlerinnen organisieren an jedem 31. Tag entsprechend langer Monate öffentliche Proteste, um an Artikel 31 der russischen Verfassung zu erinnern, der das Demonstrationsrecht garantiert.

Sudan - Referendum
Am heutigen Dienstag beginnt eine einwöchige Periode, in der Sudans Verfassungsgericht Einsprüche gegen das Ergebnis des Referendums zur Unabhängigkeit Südsudans erheben kann. Ab dann kann der souveräne Staat auch Mitgliedschaften in regionalen und internationalen Organisationen beantragen.
Fast 99 Prozent der Wählerinnen Südsudans hatten für die Unabhängigkeit gestimmt. Die Unabhängigkeitserklärung ist für den 9. Juli 2011 vorgesehen. Der künftige Landesname, voraussichtlich „Republik Südsudan“, wird am 14. Februar 2011 bekannt gegeben. Die genauen Grenzen sind noch nicht festgelegt.


Sudan - Repression
Währenddessen schränkt die Regierung im Sudan die Pressefreiheit massiv ein. Das berichtet die deutsche Presseagentur. Die Behörden hätten die Zensurbestimmungen verschärft. Außerdem seien die Druckausgaben zweier Tageszeitungen beschlagnahmt worden. Und das, weil Journalisten über Studentenproteste berichtet hatten. Bereits am Sonntag waren mindestens sieben Journalisten vorübergehend festgenommen worden, die über die Demonstrationen berichtet hatten.
Mehr als 1500 sudanesische Studenten waren am Sonntag gegen Präsident Omar el Baschir auf die Straße gegangen. Ein Student wurde dabei von Polizisten zu Tode geprügelt. Ein Aktivist bestätigte den Tod des Mannes gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem habe Regierung die Islamische Universität in Omdurman sowie die El-Ahlia-Universität geschlossen, fügte der Demonstrant hinzu.
Über soziale Netzwerke wurde am Montag dazu aufgerufen, bei der Beerdigung des jungen Mannes gegen das Vorgehen der Polizei zu protestieren. Außerdem wurde für Donnerstag zu neuen Demonstrationen aufgerufen.
Die Proteste richteten sich ursprünglich gegen Preiserhöhungen und die Festnahme des Oppositionspolitikers Hassan Al-Turabi. Die Studenten forderten außerdem, Staatschef Al-Baschir vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aburteilen zu lassen. Gegen Baschir liegt ein Haftbefehl des Haager Gerichts wegen Kriegsverbrechen in der Bürgerkriegsregion Darfur vor.

SWIFT: USA haben tieferen Einblick in europäische Bankdaten als bisher bekannt
Das SWIFT-Abkommen zwischen der EU und den USA gewährt den Terrorfahndern jenseits des Atlantiks offenbar tiefere Einblicke als bisher bekannt. Die EU-Kommission habe auf Anfrage der Financial Times Deutschland bestätigt, dass die US-Amerikaner auf herkömmliche innereuropäische Standardüberweisungen zugreifen, wenn diese über das System SwiftNet Fin erfolgen. Auch ein Sprecher des Finanzdienstleisters Swift habe dies bestätigt.

Das EU-Parlament hatte nach einer Phase des Widerstands im Juli 2010 dem Abkommen zum Finanzdatentransfer in die USA zugestimmt. Es trat am 1. August 2010 in Kraft. Das Hauptargument der Befürworter sei gewesen, dass innereuropäische Überweisungen nicht betroffen seien.
Jan Korte von der Linkspartei kommentiert: „Entweder haben EU-Kommission und Bundesinnenminister de Maizière die Parlamente bewusst irregeführt oder sie haben keinen blassen Schimmer von dem was sie tun. Beides muss Konsequenzen haben.“ 


Ägypten – 2 Millionen auf der Straße
Mubaraks Regierung hat alles aufgefahren, um die für heute angekündigten Massendemonstrationen in Ägypten zu verhindern. Das Internet wurde fürs ganze Land komplett gesperrt, außerdem wurden die Mobilfunknetze abgeschaltet. Gestern Nachmittag hat die Regierung alle wichtigen Straßenverbindungen gesperrt, den Busverkehr und alle Zugverbindungen gestoppt. Doch all das und die ständigen Warnungen im Staatsfernsehen, sich nicht an den Protesten zu beteiligen, fruchteten nichts. Nach Medienangaben demonstrieren alleine in Kairo zwei Millionen Menschen gegen das verhasste Regime.

Den Protesten geht es zunächst vor allem um die Absetzung Mubaraks. Der Druck auf ihn wird auch durch die wirtschaftliche Krise - Flucht der Investoren, die Börse in Kairo schloß heute erneut, dazu kommen zunehmende Lebensmittel- und Treibstoffknappheit - größer, in Wirtschafts- und politischen Zirkeln haben ihn schon viele abgeschrieben.

Nach Medienangaben halten sich Polizei und Militär bislang zurück. Die Armee habe erneut verkündigt, sie werde nicht mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgehen. In Kairo und Alexandria haben Demonstrantinnen angekündigt, die ganze Nacht auszuharren. Wir werden im Laufe der Sendung über neue Entwicklungen informieren.
Jordanien: Herrscher Abdullah II setzt Regierung ab und verlangt "wirkliche Reformen"
Nun wird auch der jordanische König Abdullah nervös. Er hat heute die Regierung entlassen und einen neuen Premierminister nominiert, mit der Aufgabe "wirkliche politische Reformen" in Gang zu setzen. Maruf Bakhit, der schon einmal, von 2005 bis 2007, Ministerpräsident war, soll "schnelle und klare Maßnhamen treffen, um wirkliche Reformen einzuleiten, die unserer Vision von modernen Reformen zugunsten einer Demokratie entsprechen", wird aus dem Brief des Königs zitiert. Der Nachfolger von Samir Rifaï ist ein ehemaliger General und soll bei der Bevölkerung populär sein, kommentiert die französische Zeitung Libération.
Proteste auch in Syrien
Der Aufruhr in Tunesien und Ägypten ermuntert nun auch die syrische Opposition zum offenen Protest. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung. Auf Internetseiten, die von Regimegegnern betrieben werden, werde zu Demonstrationen gegen Unterdrückung und Korruption aufgerufen. Am 5. Februar solle es eine Kundgebung vor dem Parlament in Damaskus geben, die auch Ausdruck der Unterstützung für das ägyptische Volk sein solle, heißt es. Das syrische Volk solle sich vereint gegen die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Wehr setzen. Syriens autokratisch herrschender Präsident Baschar al-Assad hatte am Vortag erklärt, er wolle mehr politische Reformen in seinem Land. Der Machthaber stützt sich auf die allmächtige Baath-Partei und das Militär. Seit 1963 gilt in Syrien - ähnlich wie seit fast 30 Jahren in Ägypten - ein permanenter Ausnahmezustand. Menschenrechtler beklagen willkürliche Verhaftungen und Folter.