25.000 auf der Mappschiedsparty in Stuttgarts Innenstadt: Dass die CDU im Ländle einmal die parlamentarische Mehrheit verlieren würde, das konnte ich mir schon als Schüler nie recht vorstellen, letzte Woche auch noch nicht - aber jetzt ists passiert. Das Baden-Württemberg der Schaffer und Häuslebauer, BaWü und CDU, das ist wie Bayern und CSU – das „ghört so“ sagt mensch im Südwesten. „Amen“ will man da fast sagen – nach 57 Jahren CDU-Regierung.
Da konnte einem Ministerpräsident Filbinger haarklein seine Nazivergangenheit nachgewiesen werden, damals, 1978. Da konnte sich noch kürzlich einer seiner fast schon vergessenen Nachfolger genau darüber das – wie man hier sagt - „Maul verbrennen“, egal: CDU regiert BaWü, punktum. Vermutlich glauben die ja wirklich ihr „so wahr mir Gott helfe“.

Nun also Ländle ohne CDU, Stuttgarter Mega-Party am Wahlabend. Open Air im Schlossgarten. Auf der Riesenleinwand mit den Hochrechnungen ruhen tausende euphorische Blicke. Ich steh mittendrin und frage mich: Warum eigentlich? Was reitet eigentlich aufgeklärte, von mir aus linke oder sagen wir ruhig: demokratischer gesinnte Zeitgenossen, wenn sie nun aufatmen bei Grün-Rosa? Nein, nein, keine Sorge: Ich komm euch jetzt nicht mit Rosa Luxemburg und „alles außer Revolution ist Quark“.

Nur: Darf man wirklich auf einer bessere Welt, ein sagen wir ansatzweise von mir aus „gerechteres“ Ländle hoffen bei diesem grünen Realissimo-Ministerpräsidenten? Mit der Pro-Stuttgart-21-SPD als Klotz am Bein? Keine Frage: Wenn die Leute hier das „Gesicht“ Mappus nicht mehr sehen konnten und dann eben „Mappus abwählten“ dann ist das für mich als Baden-Württemberger schon so „irgendwie nachvollziehbar“. Ich sag nur: 57 Jahre CDU-Filz.

Nur haben wir eins halt schon in der Schule gelernt: Demokratie bedeutet „action“, und etwas seriöser: Aktive Teilhabe, wache BürgerInnen, Engagement. Stimme abgeben und dann vier Jahre Landtag als Serviceunternehmen, ja, die Haltung ist für die Herrschenden (egal welcher Coleur) prima, aber ansonsten eben dann doch: Quark.

Will sagen: So a weng is mirs wurscht wer und wieviele hier was gewählt haben. Vielleicht wird’s jetzt leichter sein, ein paar AKWs wirklich abzustellen und paar Zuschüsse für erneuerbare Energien locker zu machen. Was ja auch kein Pappenstil ist. Ernsthaft.
Nur: Atomausstieg ist und bleibt Handarbeit, auch in Bawü, jede Wette. Als Freiburger weiß ich, dass auch „Grüne“ Herrscher prügelnde Polizeitrupps losschicken wenn's um die Durchsetzung ihrer Vorstellungen geht. Weiterhin werden also tausende auf Straßen und vor Castortransporten nötig sein, damit den Atom-Cliquen ernsthaft das Handwerk gelegt wird.
Auch wegen Stuttgart 21 wurde grün gewählt – den Schwachsinns-Bahnhof zu _verhindern_ wird aber nur mit weiterhin massivstem Druck von unten möglich sein. Um nur mal eben die zwei statistisch wahlrelevantesten Themen bei der BaWü-Wahl anzusprechen. Wirkliche Demokratie, Sozialismus, Anarchismus, Kommunismus: Egal, wer hier von welcher Form einer gerechteren Gesellschaft träumt. In allen Fällen gilt: „Es bleibt Handarbeit“. „Baustopp selber machen“ war denn auch die Parole auf der Mappschiedparty am Wahlabend, die nächtliche action am Bauzaun vielleicht ein Vorgeschmack. Wer wollte, durfte sich auf der Mappschiedsparty schon bereitgelegte Strohsäcke mitnehmen – für die Stuttgart-21-Dauerblockade ab 20. Mai ff. Das lässt hoffen.

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