Kurswechsel für Deutschland

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„Kurswechsel für Deutschland“ Gewerkschaft und soziale Bewegungen sind auf Pfad-Suche - in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Wie soll der Kurswechsel verlaufen ? Ausgangspunkt ist der Reader, das Buch von Berthold Huber, IGM Metall, mit Co-Beiträgen. Werden die „Sachzwänge“ de-konstruiert ? Die Wirtschaftswissenschaften sind gesplittet, produzieren einseitigen Mainstream. Welche besseren Konzepte und Konstruktionen werden entwickelt ? Es geht erst mal um einen Gesamtüberblick :
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Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: arbeitsweltradio
Entstehung

AutorInnen: awr Peter
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 29.06.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Berthold Huber, Ausbildung zum Werkzeugmacher , 1978 zum Betriebsrats- und GesamtbetriebsratsVorsitzenden gewählt. Er studierte 1985 bis 1990 Geschichte und Philosophie Er arbeitete ab 1990 für die IG Metall, unter anderem als Bezirksleiter von Baden-Württemberg. 2007 zum Ersten Vorsitzenden der IG Metall gewählt. Zudem ist er Präsident des Internationalen Metall- Gewerkschaftsbundes Der Glaube an den reinen Markt, dessen „unsichtbare Hand“ angeblich gottgleich alles ordnet, ist offenkun-dig falsch. So zeigt es die FinanzKrise. Erstaunlich ist, wie leicht diese Politik in vielen Ländern, auch in Deutsch -land durchgesetzt werden konnte. Die marktradikale rücksichtslose Jagd nach schnellem Vorteil, spaltet, und führt zum Zerfall der sozialen Marktwirtschaft .[Die Marktradikalen leben in verschiedenen Welten, sie nehmen alle Werte als Worte in den Mund aber sie leben nicht danach, sie tun sie als Floskeln ab, die für den handfesten Alltag nichts taugen.Nach und nach werden die Werte verfälscht] Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Breuer, galt als sehr angesehener und erfahrener Bankmanager. Seine öffentlichen Äusserung - en geben das Denken und Handeln von vielen Verantwortlichen und Mächtigen in Wirtschaft und Politik wieder: Breuer schrieb am 27.04.2000 in der Wochenzeitung -Zeit- unter der Überschrift „Die fünfte Gewalt“ : °2 „Politik muss (…) heute mehr denn je mit Blick auf die Finanzmärkte formuliert werden ( …) Offene Finanz-märkte erinnern Politiker . . etwas häufiger und deutlicher an diese Zielsetzungen, als die Wähler dies vermögen. Wenn man so will, haben die Finanzmärkte quasi als „fünfte Gewalt“ neben den Medien eine wichtige Wächter-rolle übernommen. Wenn die Politik im 21. Jahrhundert, in diesem Sinn im Schlepptau der Finanzmärkte stünde, wäre dies vielleicht so schlecht nicht.«
Finanz-Märkte die mehr zerstören als sie aufbauen als Wächter ? ? Bei den entfesselten Finanztransaktionen, da wurden viele Risiken versteckt und vermehrt. Immer mehr Zweck-Gesellschaften wurden gegründet, die immer kompliziertere, undurchsichtige Finanzprodukte in Massen hin und her schoben. Der Finanzmarkt als der schnellste, effizienteste, galt als der aussagenkräftigste. Die Börse galt als die Offenbarung, Die Märkte würden bei der Preis-Bildung die Wahrheit signalisieren, besser als alles andere zeigen was ist. [ Die Preise zeigen die Wahrheit an und nichts als die Wahrheit.] Der „Nobelpreis-gestützte“ Glaube an die Effizienz der Märkte, war übermächtiges Dogma.. °2 Wirtschafts- und Finanz-Experten glaubten alles in berechenbare Risiken umwandeln zu können. Sie über-trugen ihre konstruierte Wirklichkeit in mathematische Modelle. Eigenschaften und Verhalten von Menschen , Gier, Misstrauen, Naivität, Täuschung passen aber nicht in mathematische Gleichungen. Für den kurzfristigen Profit zum Vorteil von Wenigen wurde weltweit, auch in Deutschland, ein großes Stück Zukunft verspekuliert. Die Arbeitsplätze und Existenzen von etwa 30 Millionen Menschen wurden vernichtet ( FES q ) °1 Verantwortliche Politiker, Manager , Unternehmer, auch Journalisten und Wissenschaftler haben zu oft und über Jahre hinweg wider besseren Wissens geschwiegen oder das Gegenteil von dem verkündet, was sie ge-glaubt und wonach sie gehandelt haben. An den Universitäten / innerhalb der Wirtschaftswissenschaften schob die MikroÖkonomie die Makroökonomie in den Hintergrund. Die Theorien der Neoklassik, des Monetarismus und der Angebots-Ökonomie drängten den Keynesianismus, und die politische Ökonomie beiseite, die Betriebswirte erhoben sich über die Volkswirte. °1 „Nach der Krise“ wurden milliardenschwere Rettungsschirme installiert, Bürgschaften. Es gibt zaghafte unwirksame Versuche zu regulieren, es gibt ein paar minimale Vorgaben zur Erhöhung von Eigenkapital-Quoten bei der Kreditvergabe..Beim Aspekt die SteuerOasen auszutrocknen, ist auch mal die Warnung zu hören – „der gläserne Mensch“ sei da - Die Einsicht in das Wesen der Krise.ist gering. Nach wie vor leiten „Kurz-fristige Geschäftserfolge“ das Denken und Handeln von Unter-nehmen, Wirtschaftsberatern , und grossen Teilen der Politik. Das System habe zwar im Detail ein paar Fehler gemacht, aber im Grossen Ganzen sei es gut , und prinzipiell kann es so weitergehen. °2 Marktradikales ´weiter so` heisst : Kosten senken, Leiharbeit ausdehnen, Arbeitszeit verlängern, Kündig-ungsschutz aufweichen, Unternehmenssteuern senken, Sozialleistungen streichen, Öffentliche Einrichtungen privatisieren, den Markt stärken, den Staat schwächen.Unvorstellbar hohe Schulden die der Staat bei den Banken und Finanzhändlern aufnahm werden in der Folge der breiten Masse auferlegt, den arbeitenden BürgerInnen mit ihren kleinen Geldbeuteln. Den Entlastungen der Wohlhabenden : Senkung des SpitzenSteuersatzes, Senkung der Erbschaftsteuer, Einführung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge und Beitragsbemessungsgrenzen, dem allem stehen hohe und steigende Belastungen der abhängig Beschäftigten [ mit kleinen bis mittleren Einkommen] gegenüber. Wolfgang Streeck. Direktor des Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, fragt woraus diese letztlich primitive Politik ihre Anziehungskraft schöpft: - die „ ..von der neoliberalen Ideologie eröffnete Aussicht, die Verantwortung für den Zustand von Wirtschaft und Gesellschaft auf einen anonymen Aggregations- und Selbstregulierungsmechanistnus abschieben zu können; _- das mechanistische Modell eines sich selbst steuernden Gleichgewichtsmechanismus, durch den alles gut wird, wenn man ihn nur in Ruhe lässt..._- die moralische und politische Anspruchslosigkeit einer Theorie, die das rück-sichtslos verfolgte Selbstinteresse als Weg zum Gemeinwohl deklariert, . _- Wer es sich als Politiker leicht machen wollte, glaubte gern an die Kontrollierbarkeit der Welt durch individuelle Anreize, oder genauer: durch Geld, und an _- die Lösbarkeit aller überhaupt lösbaren Probleme, durch ihre Delegation an mit mathematischen Zaubermitteln ausgestattete Finanz- und Sozialingenieure, ._- die Kompatibilität der Theorie mit mächtigen, mit unendlichen Ressourcen ausgestatteten Interessen, - und Zuarbeitern, die über hoch wirksame Möglichkeiten verfügen, ihre Freunde zu belohnen und ihre Feinde zu bestrafen“
°1 Sozialphilosoph Jürgen Habermas klagte im Frühjahr 2009 :
» … die himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit …., dass die sozialisierten Kosten des SystemVersagens die verletzbarsten sozialen Gruppen am härtesten treffen - die Masse derer, die ohnehin nicht zu den Globalisierungs -gewinnern gehören, werden für die real-wirtschaftlichen Folgen, einer vorhersehbaren Funktionsstörung des Finanzsystems noch einmal zur Kasse gebeten…..in der harten Währung ihrer alltäglichen Existenz. Auch im globalen Maßstab vollzieht sich dieses strafende Schicksal an den ökonomisch schwächsten Ländern. Die Spek-ulanten haben sich im Rahmen der Gesetze konsequent nach der gesellschaftlich anerkannten Logik der Gewinn-maximierung verhalten. Die Politik macht sich lächerlich, wenn sie moralisiert, statt sich auf das ZwangsRecht des demokratischen Gesetzgebers zu stützen. Sie und nicht der Kapitalismus ist für die Gemeinwohl-Orientierung zuständig.« [..} das ganze Programm einer hemmungslosen Unterwerfung der Lebenswelt unter Imperative des Marktes [.] gehört auf den Prüfstand.
°1 Wir stehen jetzt zusätzlich vor Aufgaben, die nichts mit Milliarden, Gesetzen, Steuern, Macht und Einfluss zu tun haben. Es handelt sich um geistige Auseinandersetzung, Kultur, Orientierung und das gemeinsame öffentliche Lernen einer Gesellschaft. Das Geschehene sollte für die Allgemeinheit verständlich rekonstruiert, analysiert und bewertet werden. Es sollte Folgen auch für die Verantwortlichen haben, und für die Weiterent-wicklung dieser Gesellschaft : Der kollektive Lernprozess könnte mehr gemeinsames Wissen, mehr Orientierung, mehr Vertrauen und auch eine andere Vorstellung vom Wirtschaften und von Politik bringen,. → eine Ahnung vom Machbaren. Es gibt immense Infrastrukturdefizite in nahezu allen Bereichen des öffent- lichen Lebens und eine sehr ange-spannte Lage der Öffentlichen Haushalte. Das Modell: Sozialabgaben und Lohnsteuer → finanzieren staatliche Leistungen und Aufgaben hat sich erschöpft. In Zukunft müssen breite Schultern mehr tragen. Durch die steigende Konzentration von Vermögen, und die Jagd nach Rendite- -maximierung vermehrt sich Spekulation. Spekulationen destabilisieren die wichtigsten Preise, Wechselkurse, Rohstoffpreise, Aktienkurse.Unternehmen verlagern Profitstreben von Realinvestitionen zu Finanzinvestitionen ..‘
Ziel der Politik muss sein: * der steigenden Konzentration von Vermögen Einhalt zu gebieten, * Hohe Ein-kommen, große Vermögen und Erbschaften höher zu besteuern, * dadurch Einnahmen zu generieren und * diese in eine Verbesserung der Infrastrukturen zu investieren.* Spekulationen eindämmen → durch Finanztransaktions-Steuer und andere Massnahmen * die Finanzmarkte sollen unabhängigen Kontrollen, problemlos umsetzbaren Regeln unterworfen werden. * Geldkonzeme, die durch Grösse so machtvoll sind, dass sie Staaten, das Gemein -wesen und Steuerzahler erpressen können, sollen demontiert werden. Ziel der Massnahmen ist : * Kapital in Investitionen in die Realwirtschaft umzulenken, dorthin, wo Arbeit und dauerhafte Werte geschaffen werden,
Dahinter verbirgt sich nicht Sozial-Neid, sondern die Forderung nach mehr Gerechtigkeit und ein Aufruf zu wirtschaftlicher Vernunft, und für die Verfügung über Steuerungsmittel : Seit 1965 ist der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit etwa 22 Prozent konstant geblieben (im internationalen Vergleich ein niedriger Wert) Das Steueraufkommen trägt bei insgesamt steigenden Staats-ausgaben immer weniger zur Finanzierung der Ausgaben bei . Sämtliche Vermögens-bezogenen Steuern beliefen sich in den letzten Jahren auf 0.9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das entspricht weniger als der Hälfte der DurchschnittsBelastung in den OECD- oder EU-15-Staaten (Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung).‘ Stark gestiegen sind hingegen die Sozialabgaben für die abhängig Beschäftigten, und seit Anfang der 1990er Jahre gibt es Stagnation, Rückbleiben der Netto-Reallöhne. # Frauen werden im Durchschnitt erheblich schlechter als Männer bezahlt. - - Da hätten Gewerkschaften bereits vor vielen Jahren entschiedener kämpfen müssen. Dies betrifft die grossen Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitischen Linien von zwei Bundesregierungen unter Kohl, aber auch zwei Reg-ierungen unter Schröder, und einer Grossen Koalition, an der Sozialdemokraten maßgeblich beteiligt waren. Gewerkschafter hätten sich in den Aufsichtsräten in denen sie vertreten sind, bereits vor Jahren gegen zu hohe Managergehälter + Bonuszahlungen, gegen falsche Anreizsysteme, gegen zu hohe Renditevorgaben stemmen müssen. Die Politik muss der Wirtschaft Rahmen und Regeln setzen und Grenzen abstecken. Gemessen an diesem Anspruch hat sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten (zu) oft versagt.
[„wir haben die Gefahren nicht gleich erkannt“, benannt, und eindeutig positioniert.] Der Vorsitzende der IG -Metall Berthold Huber, appelliert :„ wir brauchen eine neue andere Politik, die Wirtschaft und Gesellschaft zusammen und in die Zukunft führt“.[ Freiheit , Gerechtigkeit, Solidarität, und Gleichheit sowie Anerkennung, Respekt und Würde, .- deutlich machen, wer im Sinne des Allgemeinen handelt“ ] Freiheit meint, Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Leben selbst in die Hand nehmen zu können.Freiheit braucht als Fundament materielle Sicherheit, gute Arbeit und Bildung, Mitbestimmung . Wo Eliten der FinanzWirtschaft und Politik Krisen auslösen, die weltweit auf einen Schlag Millionen von Existenzen vernichten, gibt es keine Freiheit in diesem Sinn. Gesellschaften sollen ihr Tempo so anlegen, dass auch diejenigen, die schwächer sind , nicht ausgegrenzt werden, nie aus dem Blick verschwinden. Es geht um fundierte, inhaltlich zugespitzte und aktuelle politische Einmischung, Genau hinschauen was ist, und warum es ist, glasklar analysieren für die Aufgabe „soziale marktwirtschaftliche Demokratie
- - Die Finanzwirtschaft ist nicht dazu da, zahllose für die Gesellschaft riskante Geschäftsmodelle zu entwick-eln die keine realen, soliden Gegenwerte haben. In der jüngeren Zeit, dominierte der Finanzmarkt mit seinen kurzfristigen HöchstRendite-Zielen und seiner zerstörerischen Art des Wirtschaftens uneingeschränkt das ökonom-ische Geschehen. Die Verhältnisse sorgen nicht einmal dafür, dass das Kapital produktiv eingesetzt wird. Worin besteht die Leistung wenn Firmen zu Filet-Stücken zerlegt, oder aus spekulativen Gründen ganz zerschlagen werden? Es gibt finanziellen Erfolg für den, der zerschlägt Doch es gibt oft keinen erkennbaren Zusammenhang mehr zwischen unternehmerischem Handeln und Leistung.
In den Unternehmen unterblieben Investitionen + Innovationen, die für die mittel- und langfristige Entwicklung unverzichtbar waren. Es klafft eine immer stärkere Lücke zwischen Unternehmens-Gewinnen.und Investi- tionen. Die Finanzmärkte müssen reguliert, und ihre Kapazitäten so abgebaut werden, dass sie ihre Hauptaufga-be wieder darin sehen, die produzierende Wirtschaft und die Dienstleistungswirtschaft mit Krediten zu versorgen.
FinanzKapital ist nach und nach auch zum Synonym für Einkommen ohne Gegenleistung geworden. Aus viel Geld noch mehr Geld machen, das ist der hoch-anerkannte Job der Finanz-Akteure. Der Anteil der leistungslosen Einkünfte aus Zinserträgen, Dividenden und Preis-Treiberei steigt unaufhörlich. 2006 beliefen sich die privaten Finanzvermögen in Deutschland auf eine Summe von brutto 4 500 Milliarden € Den oberen 10 % gehören fast zwei Drittel des Volksvermögens.(6 Den unteren 50 % der Bevölkerung gehört davon »so gut wie nichts«,
Die Geldwirtschaft soll den Unternehmen, die Güter produzieren und Dienstleistungen anbieten, die Finanz-ierung sichern und sie bei der Suche nach neuen Verfahren, Produkten und Märkten unterstützen. Die Wirtschaft ist nicht dazu da, möglichst hohe Rendite-Margen zu erwirtschaften. Diese Orientierung muss wieder umgekehrt werden, - gegen den harten Widerstand derjenigen die von dieser verkehrten Ordnung profit-ieren. Nicht das Geld arbeitet, ( wie die Banken-Werbung sagt) sondern die Menschen. Die Wirtschaft ist dazu da der Bevölkerung ein Gutes Leben zu ermöglichen. Die Unternehmen sind dazu da, mit vernünftigen und nützlichen Waren massvolle Renditen zu erwirtschaften. Ihre Verantwortung ist auch ihren Beschäftigten gute Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, so dass diese gut, kreativ und engagiert arbeiten können und wollen. Alle Erfahrung spricht dafür, dass die Beschäftigten vor allem dann motiviert sind, wenn sie zu ihren Arbeitsbedingungen und zu dem, was sie herstellen, etwas sagen können, und beides beeinflussen können. Die Volkswirtschaft funktioniert insgesamt besser, wenn die Macht der Unter-nehmen stärker als bisher zwischen Belegschaften und Management neu aufgeteilt wird.
Es fehlen uns Regeln und Erfahrungen, um wichtige Informationen zu unterscheiden, um das Richtige aus den wichtigen Informationen herauszulesen. Das sind Kollateralschäden von Entstaatlichung und Deregulierung. Öffentliche Themen wurden in uneinsehbare privat-wirtschaftliche Angelegenheiten verwandelt. Öffentliche Institutionen wurden nach und nach der Kompetenzen und des Wissens beraubt, die sie haben müssten, um Wirtschaft im Sinne der gesamten Gesellschaft gestalten zu können.Eliten haben in den vergangenen 20 Jahren fast alles getan, um den Staat zu diskreditieren. Mehr Privatisierung bedeutet weniger Einfluss und Kontrolle der Öffentlichkeit. Die Wirtschaftsordnung und - Institutionen passen nicht zur Aufgabe, angemessen Gleichheit und Teil-habe zu ermöglichen. Markt, Rendite und Wachstum wurden zu Sach- und Denkzwängen. Der Markt ist mehr wert als der Mensch, das Instrument mehr wert als der Zweck.
Der Sektor der Niedriglöhner und der prekär Beschäftigten wuchs stärker als in jedem anderen westlichen Indu -strieland. Zwischen 1998 und 2008 stieg der Anteil der „atypisch“ Beschäftigten um 46 % . 67 % der Leih-arbeiter und 77 % aller in Leiharbeit beschäftigten Frauen bekommen Niedrig-Lohn.. Die Netto-Reallöhne sind seit Anfang der 90er Jahre kaum gestiegen, von 2004 bis 2008 gingen sie zurück. Zwei von fünf alleinerziehen- den Frauen leben in Armut Fast jedes sechste West- Kind, und in Ostdeutschland jedes dritte Kind lebt in Armut. Die Systeme der sozialen Sicherung passen nicht zu den unsteten und prekären Erwerbsbiografien. Umfang und Qualität von öffentlicher Kinderbetreuung passen nicht zu den Wünschen, Beruf und Familie gut zu verein-baren, und nicht zur Notwendigkeit für allein erziehende Mütter, frühzeitig wieder arbeiten zu gehen - es gibt eine lange Kette von Defiziten in den sozialen Infrastrukturen.
Prekäre Arbeit / befristete Arbeit traf vor wenigen Jahren Hunderttausende, heute Millionen, und es kann Jeden treffen, das ist keine Frage von Qualifikation und Herkunft. „Ständig bereit sein, sich vom Leben in geordneten Bahnen zu lösen. Viele Fertigkeiten und Qualifikationen sind nur noch von begrenzter Dauer „das Ideal einer (Werkschaffenden) hand-werklichen Einstellung“ spielt nur noch geringe Rolle. Kultursoziologe R.Sennett. beschreibt : „Die Bereitschaft und Fähigkeit, etwas zu leisten, wird nicht mehr mit der Garantie belohnt, auch eine Arbeitsstelle zu bekommen. Was wird belohnt ? Erfahrung, handwerkliche Fertigkeiten, oder das Vermögen sich in Szene zu setzen? In den Unternehmen wird Leistung am Erfolg am Markt gemessen, - Umsatz, Rendite nur das was sich verkaufen lässt. Alles andere wird nicht belohnt und damit entwertet:* soziale Nützlichkeit, *Anstrengung bei der Arbeit, *kreative Schöpfung, *soziale Kompetenz, *Einsatzbereitschaft.
Es bilden sich Parallel-Welten : Eliten, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, die aus der Rolle fallen, Steuerflucht, Steuerhinterziehung, Korruption, masslose ManagerGehälter und AktienOptionen, hohe Abfind-ungssummen, ausufernde Pensionsansprüche → das sind Symptome ein- und derselben Haltung. Zu den Parallelwelten gehören auch Auslese statt Förderung in unseren Schulen. Entscheidend sind nicht Leist-ung, Können, Talent, sondern Bildung, Einkommen und berufliche Positionen der Eltern.Unser Bildungssystem reproduziert soziale Ungleichheiten, statt sie zu verringern. [ Es gibt in Europa kaum ein zweites, das so wenig durchlässig und so ungerecht ist.] Vor allem Kinder aus Haushalten mit niedrigem Einkommen und geringem Bildungsniveau, über-durchschnittlich viele aus Einwanderer-Familien, haben in Deutschland schlechte Karten.
Marktwirtschaft lenken , Wettbewerb ordnen. Der Marktmechanismus ist nicht so intelligent, wie behauptet, er lenkt z B nicht Kapitalströme um, bevor es zu grossen Überkapazitäten kommt.Weil das Management zu einer vorausschauenden und lenkenden Unter-nehmenspolitik nicht in der Lage war und ist, und weil der Markt und der Preis als Frühwarn- und Steuerungs-system nicht ausreichten oder taugen. So muss dann der Staat helfen, mit aufwändigen Konversions-, Struktur- und Konjunktur- Programmen. Wettbewerb bringt oft nur im Anfangsstadium sinnvolle Ergebnisse: bessere Leistung, gerechtere und faire Belohnung. Je länger er andauert, desto mehr drohen diese Vorteile verloren zu gehen. Wettbewerb kann genauso die Skrupellosen nach vorne bringen, den kurzfristigen, rücksichtslosen Er -folg und dessen Inszenierung fördern – und nicht die Leistung. Das hat System: Wer einmal gewonnen hat, bei-spielsweise einen neuen Markt eroberte, der gewinnt weiter und wächst stärker als andere. Seine Wettbewerbs -vorteile vergrössern sich kumulativ von Phase zu Phase. Wettbewerb ist dort fehlerhaft ausgestaltet, wo er Oligo -pole und Monopole hervorbringt und die mittelständische Wirtschaft zu abhängigen Zulieferern degradiert. -4 - Wettbewerb versagt dort, wo ein Management überleben kann, das seine Belegschaft auspresst, aus der Tarif-bindung flieht, MindestLöhne ablehnt, Leihabeit für LohnDumping missbraucht, Sozialstandards absenkt, Rechte der Beschäftigten unterläuft oder beschneidet, + Folgekosten hauptsächlich auf die Gesellschaft abwälzt. Kurzfristig mag das betriebswirtschaftlich nutzen , es schädigt jedoch Andere, und führt in die Sackgasse. -
Es braucht ein neues Verständnis von Wettbewerb. Wettbewerb soll Leistung, Kreativität und Wagemut anspornen, muss ehrlich sein, und darf nicht seine Voraussetzungen zerstören.[Wettbewerb fördert dann das Gute und nicht das Schlechte, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.] Diejenigen sollen belohnt werden, die mit neuen guten sinnvollen Produkten, mit sozialen und technischen Innovationen auf den Märkten erfolgreich sind [ und ausgleichend auf Balance abstimmen ] . Mittel- und langfristiges, den Interessen der Gesellschaft nicht zuwiderlaufendes, also nachhaltiges Wirtschaften soll gefördert und bevorzugt werden. Das braucht Rahmen durch sanktions-bewehrte Gesetze und Standards – auf der Ebene des NationalStaates, und der Europäischen Union . Diese Rahmen müssen erst noch konstituiert und eingeführt werden:
Vorschläge um positiven Wettbewerb zu unterstützen sind z B : Das Aktienrecht zu ändern, Vorstand + Aufsichtsrat sollen auch auf das Wohl der Beschäftigten, und auf das Allgemeinwohl verpflichtet werden.Betriebs -schliessungen, StandortVerlegung, Massenentlassungen, sollen nur mit einer ZweiDrittel-Mehrheit im Aufsichts-rat beschlossen werden, Betriebsräte sollen mehr Einfluss erhalten in allen Fragen der Sicherung der Beschäf-tigung, der Reorganisation ihrer Unternehmen, der Qualität und der Auswahl der Güter und Produkte. → vertieft wird dies im Co-Beitrag des Readers von Michael Schumann am Mitbestimmungs- Modell von VW
Wichtige öffentliche Güter müssen wirtschaftlich effizient hergestellt und verteilt werden, dürfen jedoch auf keinen Fall einem direkten privatwirtschaftlichen Renditedruck ausgesetzt sein: _- die Versorgung mit Wasser und Energie, _- große Teile des Öffentlichen PersonenNah- und Fern-verkehrs, _- sozialer Wohnungsbau, _- die Infrastruktur für Erziehung, Bildung _- Gesundheit und _- die Arbeitsvermittlung. In diesen Bereichen geht es darum qualitativ hochwertige Güter für möglichst viele Bürger gebührenfrei oder günstig zur Verfügung zu stellen. Das soll in klugem Zusammenspiel zwischen öffentlicher Regie und Verantwortung und privatwirtschaft -licher Initiative geschehen. Diese Güter und Dienstleistungen, deren Herstellung von allgemeinem Öffentlichen Interesse sind, sind auch eine Angelegenheit der lokalen Demokratie Die Bürger und ihre Repräsentanten müssen hier in allen wichtigen Fragen ständig Zugang und Einfluss haben.
Die Deutsche Volkswirtschaft neu ausbalancieren Die Bundeskanzlerin oder der Bundesfinanzminister reden davon, dass Deutschland „über seine Verhältnisse gelebt“ habe. Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, und auch Heiner Flassbeck Chefvolks-wirt bei der UNO -Organisation für Handel und Entwicklung, setzen sich engagiert mit den Zusammenhängen auseinander. Sie widersprechen : Was für eine einzelne Person, ein einzelnes Unternehmen gelten könne, gelte nicht in der Weise für eine Volkswirtschaft oder gar für die Weltwirtschaft. Eine Gruppe von Staaten – USA, Spanien und Großbritannien – habe ein Jahrzehnt lang viel mehr konsumiert als produziert. Eine andere Gruppe von Staaten – unter anderem Deutschland, China und Japan – habe das Gegenteil gemacht, viel mehr produziert und verkauft und sehr viel mehr zurückgelegt, gespart und damit sehr viel weniger konsumiert : Damit sind auch die Deutschen gemeint Dieses Ungleichgewicht ist ein weiterer Faktor zur Erklärung für die Finanzmarktkrise : Die riesigen Rück-lagen der Überschussländer – auch bei der Privatisierung der Rente entstanden solche FinanzMassen, - sie suchen nach rentablen Anlagen, sie waren und sind beteiligt an Spekulationen und Preistreibereien.
Auch innerhalb der Europäischen Union haben die Ungleichgewichte zugenommen. Die Lohnstückkosten in Deutschland sind stärker gesunken, als in den meisten anderen Ländern der EU. Deutsche Unternehmen haben die europäischen Partner faktisch nieder-konkurriert. Wir können aber nicht auf Dauer davon leben, dass andere Länder sich für unsere Produkte verschulden und zudem unter Ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten bleiben.

Die Europäische Union ist in eine gefährliche Schräglage geraten: Alle Wirtschaftsmärkte sind liberalisiert – Es gibt so gut wie keine wirksame gemeinsame Wirtschafts- Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Die 27 EU-Staaten blockieren sich gegenseitig. Die „positive Integration“ steht noch aus. Die Nationalstaaten haben zwar europa-weit freie Märkte geschaffen und die Geldpolitik an die Europäische Zentralbank abgegeben. Jegliche Wirt-schafts- und Sozialpolitik wurde jedoch auf nationaler Ebene belassen. Preisstabilität und Abbau von Staats-schulden wurde über alles andere gestellt. Das ist aber unter dem Einfluss des Binnenmarkt und für den Binnen -markt und die WährungsUnion wenig wirksam. Nationale Löhne, Unternehmenssteuern, Standards der Arbeits-bedingungen wurden weitgehend ungeschützt dem Druck des europäischen und globalisierten Wettbewerbs aus-geliefert. Weltwelt agierende Unternehmen wurden so in die Lage versetzt, Staaten gegeneinander auszuspielen.
Im Vertrag von Lissabon sind zwar soziale Rechte und als Ziel die »soziale Marktwirtschaft« für die EU ins-gesamt festgeschrieben. Wie wird da aber mehr als Verfassungs-lyrik daraus ? Die herrschende Rechtsprechung des EuGH bringt nichts Gutes: Das Grundrecht auf Tarifautonomie wird geschwächt das nationale Streikrecht begrenzt, Gesetze zur Tariftreue werden für illegal erklärt. Solche Rechtsprechung läuft der Idee Europa zuwider.
Zu einer neuen Balance kommen wir nur, wenn die BinnenWirtschaft erheblich stärker wird. Es muss das Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass die derzeitigen Ungleichgewichte ein reales ökonomisches Problem darstellen, - auch morgen und übermorgen. Auf europäischer Ebene müssten Markt und Wettbewerb so ausge-staltet sein, dass Konkurrenz nicht über Lohn-, Steuer-, Sozial- und Umwelt-dumping ausgetragen wird. Export-und Binnenwirtschaft gilt es in eine tragfähige Balance zu bringen.(müssen in eine tragfähige Balance gebracht werden)
Rein betriebswirtschaftliches Denken führt in eine volkswirtschaftliche Sackgasse. Mit dem Grundsatz - „Billiger statt besser“ wird in Deutschland der Dienstleistungssektor unter Druck gesetzt : Das ist weder den Menschen zuzumuten, noch de