Mehrsprachiger Vorlesetag am Interkulturellen Zentrum in Heidelberg: von der Freude und den Schwierigkeiten einer mehrsprachigen Erziehung

ID 52197
 
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Am 16. November, dem bundesweiten Vorlesetag, wurde am Interkulturellen Zentrum in Heidelberg mehrsprachig vorgelesen. VolontärInnen und Volontäre lasen in Hurdu, Bulgarisch, Chinesisch und viele anderen Sprachen vor. Theresa Bauer, die baden-württembergische Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, las in Deutsch und Spanisch vor. Im Rahmen der Veranstaltung wurden Freude und Schwierigkeiten einer mehrsprachigen Erziehung, sowie die Mängel des staatlichen Schulsystems zur Förderung der Mehrsprachigkeit thematisiert. Einige lokale Vereine versuchen, durch verschiedene Initiativen diese Mängeln auszugleichen.
Audio
11:03 min, 10 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 19.11.2012 / 23:11

Dateizugriffe: 599

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kultur, in anderen Sprachen, Kinder
Serie: Mehrsprachigkeit
Entstehung

AutorInnen: Giulia Pelillo
Radio: bermuda, Mannheim im www
Produktionsdatum: 19.11.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Ein Tag der Literatur, des Vorlesens und des sich vorlesen Lassens, vor allem aber ein Tag der interkulturellen Begegnungen und der Sprachvielfalt: Der 16. November, 9. Bundesweiter Vorlesetag, wurde in Heidelberg mehrsprachig gestaltet. Am Interkulturellen Zentrum, das im Juli 2012 gegründet wurde, konnten nicht nur Kinder Geschichten in Urdu, Bulgarisch, Französisch, Chinesisch und viele anderen Sprachen hören. Auf die über 600 quadratmetergroße Fläche war es möglich, durch viele Sprachinsel zu reisen und auf den mal mehr mal weniger geheimnisvollen Klangwellen zu schwimmen:

O-Ton

Der Vorlesetag wurde von der Wochenzeitung DIE ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn initiiert mit dem Ziel, die Lesekompetenz der Kinder zu fördern und Lesefreude zu wecken. Außergewöhnliche Lese-Orte, wie das Riesenrad am Hamburger Dom und ein Oldtimer-Bus in Neunkirchen-Seelscheid sorgten für besondere Atmosphären.
Über 20.000 Vorleserinnen und Vorleser meldeten sich dieses Jahr an, unter ihnen auch einige Prominenten.
In Heidelberg las Theresa Bauer, Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, im Rahmen des mehrsprachigen Vorlesetags in Spanisch und Deutsch vor. Dadurch wolle sie, die mit einem kubanischen Mann verheiratet ist und ihre Kinder zweisprachig erzogen hat, ein Zeichen der Unterstützung an Kinder und Eltern geben, die mit mehrsprachiger Erziehung konfrontiert sind:

O-Ton

Für Eltern ist es nicht immer einfach, die Kinder mehrsprachig zu erziehen. Das verlangt Konsequenz und ist manchmal anstrengend. Dennoch wird diese Erfahrung von den Eltern als eher positiv und lustig beschrieben:

O-Ton

Viele Eltern wünschen sich bei der Herausforderung, ihre Kinder bilingual zu erziehen, mehr Unterstützung von der Schule und von anderen Orten der Bildung, wie beispielsweise die Stadtbibliotheken. Denn man weiß mittlerweile, dass es nicht reicht, sich ab und zu zu Hause in der Fremdsprache zu unterhalten: Eine bilinguale Erziehung gelingt nur, wenn die zwei Sprachen sich kontinuierlich und auf allen Ebenen entwickeln, also wenn auch die Lesekompetenz gefördert wird

O-Ton

Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Sprachen, die nicht als „wichtig“ für den Arbeitsmarkt im allgemein gehalten werden und diejenigen, die oft sogar stigmatisiert werden. Von der Seite der Politik kommen erste Vorhaben in diesem Sinne:

O-Ton

Dennoch bleibt eine ausgeprägte und vollkommen entwickelte Zweisprachigkeit in vielen Fällen ein Desideratum und das Thema „mehrsprachige Erziehung“ ist in der Öffentlichkeit immer noch viel weniger präsent, als die Debatte um die mangelnden Deutschkenntnisse. Frau Bauer erklärt das zum einen mit alten Vorstellungen, zum anderen aber mit noch ungenügendem Sprachangebot in den Schulen:

O-Ton

Unabhängig von den Institutionen haben sich einige lokale Vereine das Ziel gesetzt, weniger gesprochene Fremdsprachen zu verbreiten. So organisiert zum Beispiel der Verein „ Freund der arabischen Kunst und Kultur“ verschiedene Initiativen zur Förderung der arabischen Sprache und Kultur, wie zum Beispiel Vorträge, Ausstellungen, Kochkurse und Tanzworkshops.
Eine weitere Gruppe, die „China-Initiative“, veranstaltet am 1. und 3. Samstag im Monat in den Räumlichkeiten des Interkulturellen Zentrums die sogenannte Deutsch-Chinesisch Corner. Frau Hieronymus, Mitgestalterin der Initiative hat uns erklärt, wie das funktioniert:

O-Ton

Chinesisch kann man am Privatgymnasium „Leonardo Da Vinci“ in Neckargemünd 7 Jahre lang lernen. Von den 120 eingeschriebenen Schülerinnen und Schülern haben 30 entschieden, Chinesisch zu lernen. Frau Holschuh, die in der Schule Chinesisch unterrichtet, hält es für allerwichtigste, das Interesse der Schülerinnen und Schüler für das Land und seine Kultur zu erwecken. Zu diesem Zweck liest sie bekannte Texte der chinesischen Literatur erstmal auf Deutsch vor, um dann später mit dem Unterricht der sprachlichen Strukturen anzufangen.

Ob solche Angebote bald auch in den öffentlichen Schulen möglich sein werden, wird sich zeigen. Der mehrsprachige Vorlesetag ist auf jeden Fall schon mal ein guter Anfang.

Kommentare
23.11.2012 / 00:41 S., bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
Gespielt bei bermuda.funk
Gespielt in der Sendung Sonar vom Dienstag, dem 20.11.2012. Danke!