"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Wisnewski -

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Sind Sie konservativ oder neugierig? Ach so, konservativ und neugierig, wo nicht geradeaus konservativ neugierig oder neugierig konservativ.
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11:28 min, 16 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 05.03.2013 / 11:10

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 05.03.2013
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Hinkucken und sich delektieren, aber nichts ändern. Generell aber schwanken die meisten Individuen zwischen ihren Gewohnheiten und dem Drang oder dem Zwang, sie zu verändern. Angeblich nimmt der Konservierungswille mit dem Alter zu; man richtet sich ein in seinem Leben und macht seinen Frieden mit den Lebensumständen. Aber zwingend ist das überhaupt nicht, vor allem angesichts der Revolutionen in den Lebensbedingungen wie zum Beispiel die Auswanderung der Kinder mit der dazu gehörenden Liquidation der bisherigen Familienverhältnisse oder mit der Pensionierung, wo die Menschen einzeln oder als Paar zwingend zu neuen Lebensformen finden müssen. Daneben besteht zweifellos eine Neigung zum Genießen, und die kann man auch als die konservative Neigung bezeichnen, so, wie es eine Neigung gibt, etwas Neues zu tun oder überhaupt etwas zu tun, und die kann man als die aktive und in einigen Fällen innovative Seite des Menschen bezeichnen. Wie stark solche Züge sich ausprägen, hängt enorm von den gesellschaftlichen Verhältnissen ab, von wirtschaftlichen Faktoren – wie weit ist es überhaupt für eine größere Anzahl an Menschen möglich, sich aus bestehenden wirtschaftlichen Strukturen zu lösen und Neues anzupacken oder auch etwas Neues innerhalb der bestehenden wirtschaftlichen Strukturen anzugehen –, aber auch von gesellschaftlichen – wer die Macht hat, ist nicht in jedem Fall daran interessiert, dass die Mehrheit sich wirklich mit Innovationen beschäftigt, auf welcher Ebene auch immer – und von kulturellen Faktoren, nämlich ob das gesellschaftliche Klima dergestalt ist, dass es Innovationen auch tatsächlich fördert und nicht nur in der Propaganda. Selbstverständlich greifen all diese Ebenen ineinander, und ebenso selbst­ver­ständlich ist es, dass zur Förderung der Neugierde, zur Unterstützung der Entdeckungsfreude und so weiter und so fort auch entsprechende Institutionen vorhanden sein sollten, welche die Individuen darin unterstützen. Denn es kommen ja nicht alle Personen aus Familien mit einer weit zurückreichenden Tradition des Unternehmertums, und zudem haben auch nicht alle Personen schon bei der Geburt eine Mitgift von zweihundert Millionen Euro in die Wiege gelegt bekommen. Hier liegt schon mal ein Grundproblem, aber es ist nicht das einzige; tatsächlich sind in unseren postindustriellen Gesellschaften nach wie vor sämtliche Vektoren darauf ausgerichtet, die einzelnen Menschen in den Produktionsprozess einzugliedern. Zwar erhalten sie innerhalb der industriellen Organisation durchaus Gelegenheit, sich auszuzeichnen oder Karriere zu machen, aber strukturell bleiben sie in den Grenzen des Bestehenden. Dabei schafft doch die kapitalistische Produktionsweise gerade die Voraussetzungen dafür, dass sich die Menschen grundsätzlich gemäß ihrer Neugierde entwickeln könnten, das heißt in der Praxis: Manchmal bleibt man eine Zeitlang beim Gleichen, dann packt man wieder etwas Neues an. Das erscheint mir eine wirklich moderne Haltung zu sein, aber genau diese Haltung wird von unserer modernen Gesellschaft und Kultur durchaus nicht unterstützt, weder von den Unternehmerverbänden noch von all jenen Organisationen, welche sich auf die Verteidigung spezialisiert haben, sei es der Arbeitnehmenden oder sonst welcher Schwachen in der Gesellschaft. Ich will dabei diese Verteidigungsstrategen nicht schlecht machen, sondern nur darauf hinweisen, dass sie sich nicht um die Perspektiven kümmern, wie ich sie hier abhandle, und insofern sind sie ein fester Bestandteil der alten Kultur und fast noch konservativer als die Strukturen selber. Der Status quo, auch wenn er ein dynamischer ist und sich durchaus unter der Hand gelegentlich stärker verändert als gemäß den revolutionärsten Programmen, ist eine Supermacht, vor allem in den Köpfen.

Ich weiß dabei nicht, wer letztlich für die Veränderungen zuständig ist. Ein normaler Mensch unterstellt eine unbestimmte Anzahl von Faktoren aus verschiedenen Bereichen; dann gibt es zwei Sorten der abnormalen Art, die Revolutionäre, welche die Welt gemäß ihren Programmvorgaben revolutionieren wollen, und die Verschwörungstheoretiker, welche vermuten, dass die Veränderungen auf Geheimpläne zurückzuführen sind. Revolutionäre haben es im Moment schwer, da die letzten revolutionären Skizzen unterdessen ziemlich alt sind und aus den frühen Frühzeiten des kapitalistischen Systems stammen. Anderweitige ernstzunehmende Entwürfe oder Programme sind mir nicht bekannt. Aber auch die Verschwörungstheorie hat eigentlich nur zwei Hauptlinien, die antisemitische, gemäß welcher die Juden nach wie vor die Weltherrschaft anstreben oder überhaupt bereits ausüben, und dann die Bilderberger-Linie, wonach die Welt gemäß den Abmachungen geordnet wird, wie sie auf den Bilderberg-Konferenzen getroffen werden. Beide sind bekloppt, aber die Bilderberger-Verschwörungstheorie ist mir um einiges lieber, da sie doch einen gewissen Bezug hat zur Realität. Die Bilderberger-Konferenz gibt es tatsächlich, es ist so etwas wie eine exklusive Version des World Economic Forum, wobei dazu auch seltsame Vögel eingeladen werden wie z.B. Peer Steinbrück oder Jürgen von Trittin von den Grünen. Diese Information entnehme ich einem Opuskulum, das ich letzte Woche in einer Buchhandlung der Buchhandlungskette Hugendubel erstanden habe, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass Buchhandlungen dringend unter Natur- oder Tierschutz gestellt werden sollten, da sie bei der Digitalisierung der Medienwelt schon seit längerer Zeit schwer beschädigt wurden und unterdessen zu den bedrohten und aussterbenden Arten gehören. Ist das schade? Einerseits ja, weil man damit nämlich den Kulturort Buchhandlung verliert, in welchem man von kompetentem Personal über die neuesten Erscheinungen informiert wurde. Anderseits halt auch nein, weil seit jeher niemals garantiert war, dass das Personal auch tatsächlich kompetent war. Drittens aber und vor allem ist es einfach so, wies ist: Das Internet und mit ihm zunächst der internationale Buchvertrieb Amazon und jetzt immer mehr die elektrischen oder elektronischen Bücher auf Kindle und Konsorten machen dem klassischen Buchhandel ganz einfach den Garaus. An die Stelle der Beratung durch ausgebildetes oder eingebildetes Fachpersonal tritt irgendwann einmal ein kompetentes, anerkanntes Forum, wo die verschiedenen Gattungen artgerecht gewürdigt, also kritisiert, zerrissen oder gelobt werden. Bis sich diese Foren gebildet und durchgesetzt haben, kann es allerdings noch einen Moment dauern. Und solange werden sich auch die Reste des Buchhandels in der Form eben der verbliebenen großen Ketten oder aber in den Kiosken halten. Ich jedenfalls gucke nach wie vor gerne mal vorbei, ohne dabei ein Gespräch mit den Verkäuferinnen und Verkäufern zu suchen, das über Fragen vom Kaliber «Wo ist hier das Klo?» hinaus geht. Und eben, bei meinem letzten Besuch suchte ich in erster Linie nach einem Buch, das ich in die Tasche meines Jacketts stecken konnte, also ein etwas gedrungenes Taschenbuchformat, und das war dann «2013 – das andere Jahrbuch: Verheimlicht, vertuscht, vergessen» von Gerhard Wisnewski, erschienen im Knaur Verlag, eine echte und authentische verschwörungstheoretische Aufarbeitung des Jahres 2012, der ich eben unter anderem entnommen habe, dass Trittin und Steinbrück an der Bilderberger-Konferenz im Jahr 2012 teilgenommen haben, aber auch noch einige andere Sachen, die mir durchaus nicht so unintelligent erschienen sind, insonderheit, weil ich einen Teil davon bereits an dieser Stelle ausgebreitet habe, ohne allerdings auch nur annähernd so viele Recherchen betrieben und Unterlagen verarbeitet zu haben wie Wisnewski. Auf der anderen Seite zähle ich wohl ebenfalls zu jener uninformierten Mehrheit, welche Wisnewski in Anlehnung an die Harry-Potter-Romane «Muggel» nennt, die naiven Zeitgenossen, welche sich von den globalen kapitalen Interessengruppen vermittels der Medien an der Nase herum führen lassen, indem ich nämlich die EU durchaus nicht einfach so als EUdSSR empfinde wie der Journalist Wisnewski, welcher diesem Gebilde hinten und vorne misstraut. Natürlich nicht zuletzt deshalb, weil es ursprünglich ein Geschöpf der Bilderberger gewesen sei und auch heute noch nach den Anweisungen des Ober-Bilderbergers Henry Kissingers funktioniere, eine Vorstellung, die ebenso zwanghaft wie absurd ist, denn Henry Kissingers Einfluss ist außerhalb der Senioren-Internationale gleich null; andere Argumente kann man dann einfacher nachvollziehen, wenn auch die Gewichtung nicht unbedingt die gleiche sein muss wie die von Wisnewski, dessen analytische seinen spekulativen Fähigkeiten nicht immer zu folgen vermögen. Dagegen hat er oft ganz einfach nur Recht, wo er über die Medien spricht, zu Beispiel im Fall von Syrien, wo er, wie ich ebenfalls, darauf hinweist, dass die westlichen Medien durchaus gleichgeschaltet die Opfer unter der Zivilbevölkerung immer nur und ausschließlich dem Assad-Regime anlasten, während die Gegenseite in diesem Bürgerkrieg stets nur Wattebäuschchen verschießt und Kaugummi wirft und was weiß ich noch alles. Ihm ist sodann ebenfalls aufgestoßen, wie Christian Wulff aus seinem Amt entfernt wurde, und er liefert eine mögliche Erklärung dafür. Laut Wisnewski habe schon Horst Köhler begonnen, sein rein dekoratives Amt als Bundespräsidenten plötzlich mit Inhalten zu füllen und die Gesetze auch zu lesen, die ihm zur Unterschrift vorgelegt wurden, und das habe sich nun auch bei Christian Wulff abgezeichnet, insonderheit mit dem Gesetzesentwurf zum Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM, den er zu hinterfragen begonnen habe. Die Bundesregierung hätte sich den Skandal ersparen wollen, dass der Bundespräsident das Interesse der Öffentlichkeit unnötigerweise auf diese Entmachtung des nationalen Parlamentes lenken würde, indem er die Unterzeichnung verweigert hätte. Diese Spekulation passt mir persönlich eigentlich besser in die Wurmbüchse als ausschließlich die Aversion des Kai Diekmann, der übrigens ja dann subito aus dem Land und aus der Bild-Zeitung entfernt wurde.

Auf der anderen Seite habe ich meine Zweifel, wenn Wisnewski das Versagen des Verfassungs­schutzes bei den so genannten Döner-Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes damit erklärt, dass der Verfassungsschutz selber diese Morde begangen hätte. Hier fragt der Lateiner ganz einfach: Ist es Schweinebraten?, oder eben auf Lateinisch: Cui bono? Was hätten diese Morde denn dem Verfassungsschutz genützt? – Die Antwort ist klar: Nichts, überhaupt nichts, und genau aus diesem und nur aus diesem Grund ist es mit Sicherheit nicht «der Verfassungsschutz» gewesen, welcher dafür verantwortlich zeichnet. Einzelne Mitglieder des Verfassungsschutzes waren eindeutig involviert, das steht außer Zweifel, und außer Zweifel steht auch, dass die ganze Version mit den beiden Haupttätern, welche in einem Wohnmobil Selbstmord gemacht hätten, absolut hahnebüchern ist, inklusive Bekennervideo und alles andere; aber der Neonazi-Kontext, der ist gegeben, und der reicht eben tatsächlich in den Staatsschutz hinein.

Ich komme auf dieses Büchlein später noch zurück. Für den Moment will ich bloß noch eine Suchmaschine erwähnen, welche Wisnewski empfiehlt, nämlich ixquick.com. Wer diese Suchmaschine benützt, sorgt dafür, dass seine Suchdaten und sein Surfverhalten nicht automatisch bei Google gespeichert werden. Ixquick bietet sogar Proxies an für die Suche, welche die eigene IP-Adresse geheim halten, falls man denn wirklich sehr großes Gewicht auf den Schutz der eigenen Privatsphäre legt. Und das tut man ja trotz allem hin und wieder, mindestens angesichts des immer größer werdenden Bruders Google.