Vordernberg: Neues Schubhaftzentrum in Österreich

ID 59851
 
AnhörenDownload
Wir waren in der Baustelle des Schubhaftzentrums Vordernberg in der Steiermark und haben uns umgesehen. Außerdem haben wir mit dem Vordernberger Bürgermeister Walter Hubner gesprochen, der voll hinter dem Projekt steht. Wir hören welche Pläne das Innenministerium mit der Obersteiermark hat, wieso es Vordernberg nicht ansatzweise so schlecht geht, wie gerne getan wird und Baustellenzynismus.
Audio
13:02 min, 30 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (32000 kHz)
Upload vom 07.11.2013 / 12:41

Dateizugriffe: 542

Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: von unten
Entstehung

AutorInnen: imre
Radio: RadioHelsinki, Graz im www
Produktionsdatum: 07.11.2013
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Achtung! Skript enthält Fehler, die im Beitrag nicht vorkommen:

Die Fahrt nach Vordernberg führt durch malerische Berge. Die Altstadt ist schön - ein kleiner Fluß führt durch den Ort - überall sieht man Hinweise auf die Bergbau-Vergangenheit. Im Ortskern steht das Radwerkmuseum - ein monumentaler Bau aus dem Jahr 1846 umgeben von den obersteirischen Bergen. Wer an Vordernberg vorbei fährt, kommt zum Präbichl - noch stehen die Sessellifte der Skiregion still.

Doch wird sind nicht hier wegen der Aussicht. Wir wollen uns ein Bild machen von jenem Bau im Süden des Ortes, der in letzter Zeit so viel für Aufregung gesorgt hat.

BAUGERÄUSCHE

Alte Schienen führen bis zur Baustelle und Verschwinden dann in der aufgeschütteten Erde. Das Schubhaftzentrum Vordernberg ist kurz vor der Fertigstellung. Das Gelände um den Bau ist noch relativ offen zugänglich - sehr schnell können wir die Ausmaße des Baus erkennen. Größe und Baustil des Schubhaftzentrums erinnern an ein großes Oberstufengymnasium. Der Trackt der Administration ist der Straße zugerichtet. Fast alles hier ist aus Glas.

Neben der Baustelle stehen zwei Einfamilienhäuser - dreistöckig, schick, doch seit Baubeginn wertlos. Die Anrainer*innen haben versucht das Bauprojekt aufzuhalten. Doch das war aussichtslos. Als wir versuchen mit den Bewohner*innen zu reden, stehen wir vor verschlossenen Türen.

KLOPFEN

Eine der zwei Familien ist bereits weggezogen. Die andere - es handelt sich um den Vater des ersten will nicht mit uns reden. Zwecklos, meint er.

Wir würden gerne mehr sehen und gehen in einen der Container auf der Baustelle - auf der Suche nach Baustellenleiter DI Döpper.

IN DÖPPERS BÜRO


DI Döpper hat zunächst keine Zeit. Wir gehen also zuerst zu Bürgermeister Walter Hubner. Auf der Suche nach dem Gemeindezentrum fragen wir Ortsansässige nach dem Weg. "Ihr seid doch die, die am Hauptplatz vor dem Geschäft mit ihrem Auto stehen," bekommen wir als Antwort, "einfach weiter die Straße entlang!" Unsere Ankunft in Vordernberg ist also nicht unerkannt geblieben.

IM BÜRO DES BÜRGERMEISTERS (GERÄUSCH)

Wir treffen auf Walter Hubner, jenem Mann, der das Schibhaftzentrum nach Vordernberg geholt hat.

AUF MEINEN SCHULTERN

Aber warum? In anderen Medien liest man, er habe die Schule retten wollen. Wie soll das gehen mit inhaftierten Asylwerber*innen, die nicht aus dem Schubhaftzentrum dürfen?

ICH HAB DAS NICHT GEWUSST

Dann muss es wohl sein, weil Vordernberg absolut keine Perspektiven hat. Als wir den Bürgermeister darauf anreden, bekommen wir etwas ganz anderes zu hören. Vordernberg geht es gar nicht so schlecht.

DREI SÄULEN

Die Arbeitslosigkeit in der Region liegt bei 7 Prozent. Im österreichischen Durchschnitt sind es laut Statistik Austria 6,8 Prozent. In der EU haben laut Eurostat 11 Prozent keinen Job. Ganz zu schweigen von Ländern wie Griechenland und Spanien, wie die Arbeitslosenzahlen jenseits der 25 Prozent liegen.

Natürlich ist die Region nach Reduzierung des Bergbaus von Abwanderung betroffen. Um 1960 arbeiteten noch 200 Vordernberger in Eisenerz, heute ist es noch einer. Doch diese Entwicklung findet nicht erst seit gestern statt. Und wie wir gehört haben, liegt die Skiregion Präbichl auf dem Gemeindegebiet.

Warum also wird hier - mitten in der tiefsten Obersteiermark dieses Schubhaftzentrum gebaut? Ein Blick in das Dossier des Innenministeriuns zum Schubhaftzentrum Vordernberg, das die Zeitschrift Format zugänglich gemacht hat - zeigt, wieso das Schubhaftzentrum hier liegen soll.

ZITAT
Auf Basis dienstbetrieblicher, volkswirtschaftlicher und ökonomischer Überlegungen sowie der geplanten Neuausrichtung des österreichweiten Schubhaftvollzuges wurde von den Fachleuten der Standort in der Region Leoben, nicht nur aufgrund seiner zentralen geografischen Lage (Transportwege, Bindung von Transportkapazitäten und Personalressourcen, Flughafen Graz-Thalerhof, Zeltweg, Autobahnanschluss, Bahnverbindungen), als optimale Location befunden.
ZITAT ENDE

Geplant ist also ein Abschiebezentrum in der Periphärie. Weit weg von den Protesten in Wien. Ob er nicht skrupel habe, so etwas wie Abschiebung zu unterstützen, fragen wir den Vordernberger Bürgermeister Walter Hubner. Die Antwort ist vorhersehbar.

ES GIBT GESETZE

Außerdem ist es ja SEIN Projekt - auch wenn Bürgermeister Hubner das Projekt schon lange entglitten ist. Die Bauarbeiten haben die lokale Wirtschaft nicht so gefördert wie erhofft und Betrieben wird das Schubhaftzentrum von der Privaten Firma G4S - ein absoluter Tabubruch. Auf der website vordernbergwiki.wordpress.com sind die Kritikpunkte zum geleakten Vertrag mit G4S gesammelt. So steht außer Frage, dass das Schubhaftzentrums tatsächlich von G4S geleitet wird.

PAUSE

Doch es ist Zeit. Wir verlassen das Büro des Bürgermeisters und fahren wieder hin - zum Schubhaftzentrum am Rande des Ortes. Wir fahren entlang des Vordernbeger Bachs, der bis zur Baustelle führt.

GERÄUSCH FLUSS + BAUSTELLE

Der Bau steht wie erwähnt vor seiner Fertigstellung. Auf dem Gelände wird noch der Boden verdichtet. Durch die großen Glasscheiben, sehen wir die Innenarbeiten voran gehen.

GEHEN

DI Döpper hat nun Zeit für uns. DI Markus Döpper ist für die Abwicklung der Bauarbeiten zuständig. Er kennt nicht nur die Bausubstanz - er weiß auch ziemlich genau worum es hier geht.

TISCHGESPRÄCHE ???

Der Gebäudekomplex besteht aus zwei Teilen, die strikt durch Sicherheitsglas getrennt sind. Einem für die Angestellten und einen für die Häftlinge - Pardon Angehaltenen.

Auch wenn man gerne von einem so genannten Anhaltezentrum spricht, vieles hier kennt man ansonsten nur von Gefängnissen. Die ständig bewachten Besucher*innenräume, die Schleusen, die Wachzimmer...

Die rund 200 Schubhäftlinge, die hier untergebracht werden sollen, um auf ihre Abschiebung zu warten, werden kaum aus ihren Zimmern herauskommen.

ZIMMER HALL (VIERBETTZIMMER...)

Das Essen wird direkt auf die Zimmer geliefert werden. Als Gemeinschaftsräume bleiben den Schubhäftlingen nur eine Bibliothek, ein Sportplatz, ein Fitnessraum und ein Gebetsraum.

Eine besondere Art von Räumen gibt es noch.

SONDERWACHZIMMER

Vier dieser so genannten Sonderwachzimmer gibt es. Zwei verflieste Räume ohne Einrichtung und zwei Gummizellen.

Umgeben ist das ganze Gelände von einer fünf meter hohen Mauer. Aber nein, das Schubhaftzentrum Vordernberg ist ganz bestimmt kein Gefängnis. Auch, wenn die darin Angehaltenen nicht raus dürfen. Doch wie war es für DI Döpper so einen Bau umzusetzen?

"SPANNEND" 2

Wenn es nach dem Innenministerium geht, soll als Vorbild für Schubhaftzentren in ganz Europa gelten. Seit Frühling 2012 wird hier gebaut. Das Schubhaftzentrum Vordernberg wurde von den SUE Architekten gezeichnet. Die Firma die das Projekt umsetzt heißt IKK. IKK hat noch weitere Bauabwicklungen durchgeführt: zum Beispiel bei der Justizanstalt Graz-Karlau, der Landespolizeidirektion Steiermark, dem Flughafen Graz und der A2 Südautobahn.

KRANKENHAUS

Doch es ist eben doch etwas anderes ein Schubhaftzentrum zu bauen als ein Krankenhaus. Immerhin ist relativ offensichtlich, dass das Innenministerium hier in den obersteirischen Bergen ein Schibhaftzentrum haben will, bei dem es seien Ruhe hat vor den Protesten in Wien. Lassen wir zum Schluss noch einmal den Bürgermeister Walter Hubner zu Wort kommen. Ob er denn nicht glaube mit dem Schubhaftzentrum auch den Protest nach Vordernberg zu importieren.

PROTEST NACH VORDERNBERG + FRAGE + ANTWORT

Mal schauen, ob er da Recht hat.