"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Automobili Americani -

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Der US-Blogger und Journalist Steve Lang, von dem ich nicht einmal weiß, ob er überhaupt existiert oder bloß ein Avatar ist der US-Automobilindustrie, nehmen wir einmal an, das sei so, also: Steve Lang, einer der zahllosen Schein-Journalisten der US-Automobilindustrie, hat für «Moto­ramic», die Automobilabteilung der US-Suchmaschine Yahoo einen Test durchgeführt über die Haltbarkeit verschiedener Automobilmarken, über ihre häufigsten Mängel und über ihren Wieder­ver­kaufswert nach einer bestimmten Zeit.
Audio
10:16 min, 24 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 21.01.2014 / 12:03

Dateizugriffe: 459

Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Wirtschaft/Soziales
Serie: Aus Neutraler Sicht
Entstehung

AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 21.01.2014
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Am 17. Januar veröffentlichte er die Ergebnisse, und ich beeile mich, sie euch vorzustellen, das heißt eigentlich bloß die schlechtesten zehn, und ich weise darauf hin, dass der Avatar Steve Lang für die USA spricht, nicht für Europa. Das sieht man auch den Ergebnissen an.

Am schlechtesten schneiden ab beziehungsweise hatten zum Zeitpunkt des Wiederverkaufs als Occasionen am meisten Defekte gehabt, traraa tatüü tata und hup: an 10. Stelle der VW Beetle. Hauptproblemfelder: Mängel bei der automatischen Kraftübertragung, Billigware für die Innen­aus­stat­tung. Neuntschlechtestes Modell: der Mazda 626, ebenfalls mit Problemen bei der Kraft­über­tra­gung; an achtletzter Stelle der Lincoln Aviator, ein SUV von Ford, das seit 2005 nicht mehr her­ge­stellt wird; siebtletzter ist der Jaguar S mit zahlreichen Problemen bei der Kraftübertragung und beim Motor bei allen V6- und V8-Modellen, abgesehen von hohen Ersatzteilkosten. Dann kommt der Ford Lincoln LS, der auf ähnlichen Komponenten beruht wie der Jaguar S und ähnliche Nach­teile aufweist. Fünftletzter ist der Mazda Millenia mit Motor- und Kraftübertragungsproblemen und billiger Innenausstattung, viertletzter der Land Rover Discovery, vor allem wegen der teuren Ersatzteile und weiterer Komponenten, abgesehen von den Problemen mit der Elektronik; als drittletzter kommt der Mini Cooper mit schlechter Kraftübertragung und teuren Reparaturkosten, Billigware für die Innenausstattung und schlechter Hydraulik. Zweitletzter ist der Land Rover Freelancer, bei dem Kosten gespart werden sollten, was offenbar auch gelungen ist, aber leider zulasten der Qualität, und am allerschlechtesten schneidet ab der Mazda CX-7. Bei diesem Modell seien die Motorenprobleme Legion, schreibt Avatar Steve Lang; fast ein Drittel dieser Modelle würde verkauft mit dem Hinweis, dass der Motor repariert werden müsse.

Avatar Lang fügt noch an, dass einige Modelle so schlecht imstande seien, dass sie es nicht mal auf die Liste der schlechtesten Automobile geschafft hätten, zum Beispiel ältere Chrysler-Modelle mit anfälligen 2.7-Liter-Motoren, Suzukis und Kias sowie die Ford Taurus aus den späten 90-er Jahren.

An der Spitze der gleichen Liste, also mit den besten Ergebnissen für Gebrauchtwagen, stehen in absteigender Reihenfolge der Lexus LX, der Toyota Land Cruiser, der Ford E250, der Lexus LS, der Toyota 4Runner, der Toyota Avalon, der Toyota Sequoia, der Lexus GX, der Ford Excursion und der Toyota Tacoma. Und wenn man jetzt noch in Betracht zieht, dass Lexus nichts anderes ist als die Luxusmarke von Toyota, dann reduziert sich die Welt der Automarken in den USA im Hinblick auf ihren Zeitwert auf eine einzige Firma.

Natürlich wird der Automobilmarkt weder in den USA noch sonst wo von den Occasionskäufen definiert, sondern von den verkauften Neuwagen, und dort gab es in den USA im Dezember 2013 für Toyota einen Marktanteil von 14% im Vergleich zu GM mit 16.9%, Ford mit 15.9%, Chrysler mit 11.4%, Honda mit 9.9% und Nissan mit 8.1%. Mercedes, VW, BMW und Porsche erzielten, 2.6%, 2.5%, 2.7% und 0.2%. In diesen Zahlen sind allerdings auch die Kleinlastwagen enthalten, also Pickups und SUVs, welche z.B. bei GM zwei Drittel des Absatzes ausmachen, ebenso wie bei Ford, während Chrysler sogar drei Viertel der Verkäufe mit Kleinlastwagen realisiert; bei Toyota halten sich die beiden Kategorien die Waage, während VW und BMW nur sehr wenig Kleinlastwagen absetzten.

Unter den Modellen stand im Dezember 2013 das Ford F Pickup an der Spitze mit fast 75'000 verkauften Fahrzeugen, gefolgt vom Chevrolet Silverado-Pickup mit 42'500 Stück, dann kommt der Pickup Dodge Ram mit 33'400 Stück, der Honda Accord mit fast 32'000, der Toyota Camry, zwei Honda-Modelle, der Nissan Altima, zwei Fords, der zweite Toyota usw. usf.

Insgesamt hat sich der US-Automobilmarkt erholt, wie ich hier schon einmal erwähnt habe, aber die Hauptmeldung war natürlich jene der vollständigen Übernahme von Chrysler durch Fiat, indem die Italiener per Anfang 2014 einem gewerkschaftlichen Pensions- und Krankenkassenfonds die ausstehenden Aktien für rund 3.7 Mia. Dollars abkauften. Damit schließt sich ein Kreis, nämlich jener zum Heiligenschein über dem Kopf des Kanada-Italieners Sergio Marchionne, der den Chrysler-Coup für Fiat vor fünf Jahren zusammen mit dem Gewerkschaftsfonds und der kanadischen Regierung lanciert hatte. Auch wenn ich kein Automobilfetischist und kein Anhänger der Automobilindustrie bin, soviel Bewunderung muss sein: Einen derartigen Ein- und Durchbruch in diesem Sektor gab es meines Wissens noch nie. Selbstverständlich war dies möglich nicht zuletzt dank oder wegen der Katastrophe im Automobilsektor nach der Finanzkrise, dem Einbruch der Kaufkraft, dem Absturz der Finanzierungstöchter von Ford und GM, der Agonie der traditionellen Produktionsstrukturen mit der Macht der Gewerkschaften und all den Sozialleistungen und so weiter, selbstverständlich ist der US-Automobilmarkt seit drei Jahren nicht mehr der größte weltweit, selbstverständlich hat Die Automobilindustrie bezüglich Wertschöpfung und Beschäftigung ganz erheblich eingebüßt gegenüber ihrer vorherigen Stellung, aber trotzdem, vor Sergio Marchionne muss man einfach den Hut ziehen. Vielleicht könnte man ihn dazu verleiten, bei Gelegenheit mal den kanadischen Eisenbahnbauer Bombardier zu sanieren?

Vielleicht reicht es aber nach dem Rücktritt als CEO von Chrysler-Fiat einfach noch zum Ehren­präsi­dium des deutschen ADAC, wo er dann das Renommée wieder aufpolieren kann. Das war ja wirklich eine possierliche Geschichte, dass der ADAC die kümmerlichen Teilnahmeergebnisse an seinen Preisausschreiben oder Publikumswettbewerben aufgebessert hat, um gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck einer wahren Massenorganisation zu erwecken. Die ist er ja zwar auch mit fast 20 Millionen Mitgliedern, die für einen Umsatz von gut 2 Milliarden Euro sorgen, aber eben, um die Wahl der Publikumslieblinge scheinen sie sich nicht gerade zu reißen, weshalb man einfach die Zahlen frisiert. 34'299 Personen hätten für den VW Golf gestimmt, habe der ADAC laut der Süddeutschen Zeitung geschrieben, dabei waren es in Tat und Wahrheit nur gerade 3409 Voten, also exakt ein Zehntel. Ein bisschen gar hoch toupierte Zahlen, weshalb der Friseur Ramstetter auch sofort zurücktreten musste. Die Frage lautet nun, in welchem Gremium man ihm einen Vorstands­posten anbieten kann. VW kommt aus offensichtlichen Gründen in den nächsten paar Jahren nicht in Frage, die DB ist an Pofalla vergeben, aber ich denke mal, dass sich die Maut-Einzugs­ge­sell­schaft ganz ausgezeichnet eignen täte. Ramstetter könnte dort die Maut für die ausländischen Verkehrsteilnehmer kalkulieren.

Aber kehren wir kurz zurück in die Vereinigten Staaten und werfen einen Blick auf die Börsenkapitalisierung verschiedener ausgewählter Unternehmen: Der Marktwert von GM beträgt gegenwärtig rund 54 Mia. Dollar, jener von Ford 65 Mia. Dollar; dagegen zeigt sich Facebook mit unterdessen 138 Mia. Dollar, Microsoft steht bei 303 Mia. Dollar, Apple bei 486 Milliarden, und Google wird für 348 Mia. Dollar gehandelt; das kann man als eindeutigen Beleg dafür werten, wie sich die Gewichte verlagern beziehungsweise wohin die Steine in den USA wandern. Google wuchert jetzt natürlich mit seinen Kapitalien. Vor ein paar Monaten wurde bekannt, dass das Unternehmen alle möglichen Roboter bauen will, und die ganze Welt fragt sich nach der industriellen Logik dahinter. Eine Zeitlang sah man vor dem geistigen Auge die Überschwemmung der Welt mit kleinen Drohnen, nachdem Amazon angekündigt hatte, ihre Auslieferungen künftig mit solchen Apparaten vorzunehmen, was allerdings auf erhebliche Regulierungsschwierigkeiten stoßen dürfte, indem nämlich der Luftraum noch keineswegs fest vergeben und vermessen ist. Bei Google und den Robotern dagegen ist der Fall doch klar: Google will nur spielen! – Kürzlich hat dieses Riesen-Baby auch einen Anbieter von Haustechnik-Informatik erworben, was eigentlich ganz gut in das ganze Kommunikationsangebot passt, indem man auf dieser Ebene wirklich nicht nur Daten sammeln, sondern die ganze Haustechnik eben locker steuern kann, und zwar von überall her. Erneut ein großes Geraune in der Öffentlichkeit. Nun gibt es diese Technik seit Jahren, wo nicht Jahrzehnten, mehr oder weniger, seit es Hausleitsysteme gibt; eigentlich erstaunlich, dass der Internet-Riese so lange gewartet hat mit dem Erwerb einer solchen Anwendung. – Jedenfalls wird nicht mehr schwergewichtig selber entwickelt bei Googelns, sondern eingekauft, und wenn man mal einen derart ausgebauten Geldbeutel dabei hat, dann macht das natürlich schon Spaß.

Kommentare
21.01.2014 / 17:46 Redaktion Freitags-Sonar, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
Gesendet bei Bermuda.Funk
Gespielt in der Sendung Sonar vom Dienstag, 21.01.2014 - Danke !