FrauenStimmen vom WeltSozialForum 04 in Mumbai Teil 3

ID 6161
 
Krieg gegen Frauen - Frauen gegen Krieg war eine der best besuchten Veranstaltungen am 4. WeltSozialForum in Indien. Die Indische Schriftstellerin und Aktivistin Arundati Roy war eine der Rednerin. Ihr hört Ihre Rede im Originalton English mit abschnittweiser deutscher übersetzung.
Ein gestalteter Bericht mit An- und Abmoderation und Musik. Ev. wollt Ihr den LoRa-Jingle, der am Anfang auf die Serie FrauenStimmen vom WeltSozialForum 04 hinweist weglassen. Im nächsten Bericht in der Serie hört Ihr die Rede von der ägyptischen Schriftstellerin und Feministin Nawal El Sadawi.
Audio
24:58 min, 23 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 15.02.2004 / 00:00

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Frauen/Lesben, Politik/Info
Serie: FrauenStimmen vom Weltsozialforum 04
Entstehung

AutorInnen: Bianca Miglioretto
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 16.02.2004
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
WSF 2004: Arundati Roy

O-Ton Hindi Track 5

Arundati Roy eröffnete eine Ihrer Reden am WeltSozialforum 2004 in Mumbai mit einigen Worten in Hindi, in denen sie sich dafür entschuldigte, dass sie Englisch sprechen wird obwohl sie sehr wohl weiss, dass es hier viele Leute hat die Maleyalam, Tamil, Hindi, Marathi, Spanisch, Italien und vielen anderen Sprechen sprechen.

Sie sprach auf dem Podium Krieg gegen Frauen – Frauen gegen Krieg auf dem auch eine Vertreterin von RAWA aus Afghanistan, Irene Kahn von AI und Nawal El Sadawi aus Ägypten sprachen. Die Reden dieser Frauen werdet ihr in den nachfolgenden Infos hören.
Die Veranstaltung war eine der best besuchten des Forums, sie wurde organisiert von der Vereinigung autnomomer Frauenorganisationen in Indien und fand auf dem grossen Platz mit einer riesigen Bühne statt auf dem mehrere 10'000 Leute gespannt den Worten der Frauen zuhörten. Da die Frauen auf der riesigen Bühne sehr klein waren wurden ihre Gesichter während sie sprach auf grosse Leinwände auf dem Platz projeziert, was uns als ZuschauerInnen erlaubte, sie klar zu hören und auch von nahmen zu sehen.

Hört gleich selbst. ich werde im folgenden den ganzen o-Ton von Arundati Roy Rede laufen laufen lassen, und dazwischen Absatzweise auf Deutsch übersetzen. Ich finde es lohnt sich für all diese, die English verstehen, Arundati im Originalton zu hören, denn ihre Bescheidenheit und doch absolute Klarheit überzeugt und fasziniert immer wieder.

O-Ton 7

Wenn ihr heute die Titelseiten der kommerzialisierten Medien lest, wen würdet ihr als die führenden Feministen des 21. Jahrunderts bezeichnen?
Ich würde antworten George Busch und Tony Blair. Sie glauben dass sie die Welt in ein feministischen Paradies bomardieren können, oder zumindest was sie für ein feministischen Paradies halten. Etwas vom schlimmsten was wir in letzter Zeit erfahren haben ist zu sehen wie diese imperialistischen Mächte, korumpierte feministsche Argumente nutzen um Krieg und Gewalt zu rechtfertigen. Das ist etwas was wir einfach nicht zulassen dürfen. Wir haben viel gehört über die Frauenfeindlichen Texte der Taliban, was wir selten gehört haben, ist das viele dieser Texte in den USA herausgegeben wurden.

o-Ton 8 - 10

An diesem Forum habe ich bereits recht viel über Imperialismus gesprochen, deshalb werde ich hier und jetzt nicht darüber sprechen. Denn manchmal müssen wir uns daran erinnern, dass nicht nur Imperialismus eine schreckkliche Sache ist. Wir selbst haben uns auch schreckliche Sachen angetan und Frauen haben absoluten Horror innerhalb ihrer eigenen Gesellschaft erlebt. Viele von uns sind wie Doktor Sadawi sagte, gefangen zwischen unseren eigenen Traditionen und der Modernen Welt die uns heutezutage angeboten wird.
In der internatinalen Presse hörten wir viel über die Frauenunterdrückung in islamischen Ländern und andere Rednerinnen werden genauer darauf eingehen. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir in Indien im März 2002 überrumpelt wurden von einer Art von Gewalt gegen Frauen, die uns extrem schockierte. Ich spreche von Ereignissen in Gujarat, als Mobs - nein wir können sie eigentlich nicht Mobs nennen, denn sie waren organisiert und bewaffnet mit Gaszylindern, mit Listen von Häusern in denen Muslime leben, Listen von Geschäften die Muslimen gehörten und welche Geschäfte muslimische Geschäftspartner hatten. Diese Gewalt in den Strassen von Gudjarath,die freigesetzt wurde nach dem Brandanschlag auf den Zug in Godrah, wurde bis heute nicht geahndet oder verurteilt.

O-Ton 11

Viele der Leute hier kennen die Geschichte. Aber viele unserer Freundinnen und Freunde aus dem Ausland sind sich nicht bewusst welche Greueltaten den Frauen angetan wurden.
Viele wissen nicht, dass muslimische Frauen aus den Häusern gezerrt, gruppenvergewaltigt und lebend verbrannt wurden. Viele wissen nicht, dass schwangeren Frauen der Bauch aufgeschlitzt wurde der Fötus wurde herausgenommen und als Trophäe benützt. Es tut mir Leid solche Geschichten heute zu erzählen, aber das waren die verbrechen, die nie bestraft wurden.
Wir sind hier versammelt und sind stark, aber alle von uns wissen, dass dieselbe Regierung die zugesehen hat und sich sogar teilweise daran beteiligte, die all dies unbestraft geschehen liess im darauffolgenden Jahr die Wahlen in Gujarat mit einer grossen Mehrheit gewann.
Deshalb sage ich wenn es etwas schlimmeres als einen faschistischen Diktator gibt, dann ist es ein faschistischer Demokrat, der dick und fett wurde, dank der Unterstützung und den Stimmen seiner eigenen Gemeinschaft.
Und im Moment sind wir fast soweit, das die Bevölkerung dieses Landes, Indien dieselbe faschistische Regierung wieder an die Macht wählt. Eine Regierung, deren Minister George Ferando im Parlament sagte:
"Was ist denn so schlimm daran, was den Frauen in Gujarat wiederfuhr, das passiert doch die ganze Zeit." Wir alle haben am Fernsehen gesehen, wie er es sagte.

Oton 14

Ich möchte etwas erwähnen, das uns Frauen als Feministinnen sehr beschäftigen sollte.
Nächmlich die Tatsache, dass Frauen an dieser Gewalt gegen Frauen aktive beteiligt waren. Frauen beteiligten sich an den hindu-Unruhen, Frauen wählten die Regierung von Narindra Modi. Daran müssen wir arbeiten. Es reicht nicht aus immer jemand anderem die Schuld zuzuschieben. Wir begehen solche Gräueltaten auch gegenüber uns selbst.
Wir müssen diese Frauen erreichen und sie fragen was sie gefühlt haben, was sie gedacht haben, als sie zusahen wie eine Nachbarin gruppenvergewaltigt und lebend verbrannt wurde. Was hast du gedacht, als du deine stimme abgegeben hast, für Leute, die zu solche dinge tun können. Denn wenn sie fähig sind so etwas einer anderen Person anzutun, dann werden sie es über kurz oder lang auch Dir antun.

O-Ton 16

Einer der Gründe warum ich gewaltfreien Widerstand voll und ganz unterstütze, ist weil ich weiss, wenn ein Krieg gewalttätig wird, diese Gewalt sich sehr schnell gegen uns Frauen richtet. Diese die Waffen und Speere die in einem Staat nach dem anderen in Indien verteilt werden werden, bald gegen uns gerichtet. Selbst gegen diejenigen Frauen, die für diese Regierung stimmten, werden diese Speere zu spüren bekommen. Das ist ein Kampf, dessen wir uns bewusst sein müssen.

O-Ton 18 + 19

Abschliessend möchte ich sagen, wenn wir über Krieg sprechen, sollten wir nicht vergessen, dass in Ländern wie Afrika oder Indien Friede Krieg bedeutet. Jeder Tag ist ein Krieg ums überleben. Millionen von Menschen werden Tag für Tag von Entwicklungsprojekten, Strukturanpassungsprogrammen und Privatisierung von ihrem Land und ihren Häusern vertrieben. Diejenigen, die die Hauptlast dieser Vertreibungen ertragen sind die Frauen. Sehen wir uns die Adiwasi-Gemeinschaften an, die durch Staudammprojekte vertrieben werden. Wenn ihnen das Land weggenommen wird, das Land das die frauen gemeinsam mit ihren Männern besassen, in einer Gesellschaft die gleichberechtigter ist, als die meinsten von uns denken. Die Kompensation an die Familie in Bargeld wird immer dem Mann ausbezahlt und wird entsprechen oft allein durch den Mann ausgegeben. Es findet also ein Entmachtungsprozess der Frauen statt. Es ist nicht nur so, dass die Menschen langsam ihren Weg vorwärts erkämpfen. Wir erkämpfen auch unseren Weg rückwärts.
In anderen Worten wir müssen unser Verständnis von Krieg erweitern. Was meinen wir wen wir von Krieg sprechen.

Musik

Mit diesen Worten beendete Arundati Roy ihre Rede. Sie sprach weniger lange als sie Ihr Zeit zugestanden wurde, denn sie wollte 3 Minuten ihrer Redezeit einer jungen Frau schenken, der grauenhafte Gewalt durch die inidsche Polizei angetan wurde. Arundati sagte, sie sei sich bewusst, dass viele Leute grässliche Erfahrungen mit der indischen Polizei machten deshalb möchte sie einer Person die Möchtlichkeit geben ihre Geschichte zu erzählen, denn sie selbst erhalte eher zu oft die Möglichkeit zum reden.

O-Ton 21 – Klatschen

Musik

Das war Arundati Roys Rede in der vollen Länge am Podium "Krieg gegen Frauen- Frauen gegen Krieg" am 4. Weltsozialforum in Mumbai, Indien. Das Podium wurde organisiert von der Vereinigung autonomer Frauenorganisationen in Indien. Es war eine der grössten veranstaltungen am Sozialforum, mehrere 10'000 Frauen und Männer lauschten gespannt der Frauen auf dem Podium im nächsten Bericht von Frauenstimmen vom Weltsozialforum hört ihr die Rede von Nawal El Sadawi, der Ägyptischen Schriftstellerin.

Musik