"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - 19 Zentimeter -

ID 67096
 
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Vorab herzlichen Glückwunsch zum 25. Jubiläum des Mauerfalls, ich hoffe, ihr feiert das tüchtig und macht ein Fass Rotkäppchen-Sekt auf. So ein richtig toller und abschließender Kommentar dazu fällt mir jetzt gerade zwar nicht ein.
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10:56 min, 25 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.11.2014 / 10:48

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 04.11.2014
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Ich habe keinen Bedarf, die DDR im Nachhinein zu interpretieren, und zur Lage der neuen Bundesländer fällt mir nur ein, dass sich die Löhne offenbar nach und nach ans westdeutsche Niveau herantasten, dass aber bei der Vermögensbildung der normalen Menschen wohl noch enorme Rückstände bestehen. Von denen wird in der Regel sowieso nicht gesprochen, aus West-Sicht gab es in der DDR sowieso nur Opfer, und wie groß der Unterschied bei den durchschnittlichen Sparguthaben heute ist, kann ich nicht sagen. Ansonsten ist vieles geschehen, und ich gehe davon aus, dass niemand dem Walter Ulbricht oder dem Erich Honecker nachtrauert, während andere Dinge, zum Beispiel im Bildungsbereich, in den letzten 25 Jahren wohl nicht deutlich besser geworden sind. Aber auch hier hat es hat keinen Zweck, genaue Rechnungen anstellen zu wollen.

«Nuku’alofa liegt an der Nordküste der Insel Tongatapu, nur wenige Zentimeter über dem Meeres­spiegel», steht im Schlauen Buch des Fähnleins Fiesel­schweif, und das ist vorderhand das einzige Beweis­mittel, das ich in der Sache neutrale Bericht­erstattung gegen Weltklimarat auf den Tisch legen kann; zu Tuvalua meint die Wikipedia nur, dass das Ansteigen des Meeresspiegels derzeit durch Anspülungen und Sedimentierung mehr als ausgeglichen werde, und das ist extrem unbrauchbar für ein solches Beweisverfahren, wenn die Inseln, anstatt vom steigenden Meeres­spie­gel überschwemmt zu werden, immer größer werden, was für die Einwohner von Tuva­lua den unangenehmen Nebeneffekt hat, dass sie nicht so richtig herz- und heldenhaft Klima-Asyl in Neu­see­land beantragen können, obwohl das Einwanderungstribunal Neuseelands in diesem Jahr zum ersten Mal ein entsprechendes Gesuch einer vierköpfigen Familie aus Klimagründen akzeptiert hat, ich nehme an, Neuseeland hat die Klimaprotokolle unterzeichnet und kann nun nicht mehr anders. Ansonsten ist Tuvalua untauglich und darf nicht zu den Akten genommen werden. So bleibt mir vorderhand nur Nuku’ alofa: Wenn der Meeresspiegel in den letzten hundert Jahren tatsächlich bereits um 19 Zentimeter gestiegen ist, wie dies der Weltklimarat behauptet, dann müssten die Straßen dieser Stadt heute so ziemlich 10 Zentimeter unter Wasser stehen, und das tun sie offenbar nicht. Viel­leicht könntet ihr bei euch mal nachsehen: Liegt der Siebenschneiderstein auf Rügen tatsächlich 19 Zentimeter tiefer im Wasser als vor hundert Jahren? Anhand der Seychellen könnte mans vielleicht auch überprüfen, die sind angeblich hauptsächlich aus Granit, aber ich finde keine sachdienlichen Angaben zum Thema. Eine Nachforschung an einem anderen flachen Küstengebiet, nämlich in Bangla Desch, ergibt im Schlauen Buch ebenfalls eine doofe Antwort: Nach den neues­ten Untersuchungen habe sich die Fläche des Landes im Schnitt um 20 Quadratkilometer pro Jahr vergrößert, also in den letzten 100 Jahren demzufolge um 2000 Quadratkilometer, also um rund einen Sechstel der Gesamtfläche. Hier tragen halt die drei großen Flüsse des Landes jeweils den halben Himalaja ins Delta, das lässt sich nachvollziehen, und zudem gehörte das Teil vor 100 Jahren noch nicht mal zu Pakistan, sondern zum englischen Kolonialreich, also die Jagd nach 100-jährigen Fakten in Klimasachen ist eine aufwändige Angelegenheit, und ich will sie hier denn auch brav abschließen und ganz einfach sagen: Ich glaube es nicht. Ich glaube nicht, was der Herr Präsident des Weltklimarates da als granitene Wahrheit verkündet hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Meeresspiegel in den letzten 100 Jahren nicht um 19 Zentimeter gestiegen ist, auch wenn ich das nicht beweisen kann.

Ebenso sicher bin ich mir darüber, dass wir endlich aufhören sollten damit, die unglücklicherweise nicht grenzenlos vorhandenen fossilen Ressourcen grenzenlos zu verbrauchen, egal, ob für Plas­tik­spielzeug aller Gattungen oder für Heizungen oder für den individuellen Nah- und Fern­verkehr. Flugreisen, meine Damen und Herren! Flugreisen öffnen den Horizont und bringen die Menschen einander näher. Zudem sind Flugreisen heute billiger als ein Abstecher ins nächste Einkaufs­zen­trum. Was ist da los? Ich kenne praktisch niemanden, der nicht im Februar nach Thailand und im Mai nach Mallorca fliegt. Ist das der Trick der neuen Zivilisation? Besonders in der Schweiz ist das ziemlich pikant, weil diese freien Flugbewegungen beziehungsweise sinnlosen Kerosin­ver­bren­nungen einher gehen mit einer Serie von wachstumskritischen, vor allem aber fremdenfeindlichen Initiativen gegen die Einwanderung, ganz abgesehen von der Absolution durch die Kom­pen­sa­tions­zah­lungen an myclimate, von denen ich schon hin und wieder erzählt habe und welche das ganze System sozusagen auf den Punkt bringen. Abgesehen davon: Mit der Klimaerwärmung könnte ich persönlich mich abfinden, wenn wir über die Ausgestaltung verhandeln könn­ten, denn ich bin ein Warmduscher, mir ist unser Klima oft eher zu kalt. Um genau zu sein: entweder zu kalt oder aber zu wenig kalt. Temperaturen zwischen dem Gefrierpunkt und so zirka 10 Grad finde ich grässlich. Was dann allerdings unter minus 5 Grad fällt, da beginne ich wieder aufzublühen, vermutlich vor allem deswegen, weil dann alle Bakterien und Viren sterben, deren natürlicher Lebensraum bzw. deren natürliche Lebenstemperatur in Europa offenbar eben gerade zwischen null und plus elf Grad liegt. Minus zehn oder minus zwanzig Grad Celsius, das ist gesund und schön, da kann man sich sogar problemlos draußen nackt in die Sonne legen, immer unter der Voraussetzung, dass diese auch scheint und dass man damit nicht für öffentlichen Aufruhr sorgt, aber das ist ein anderes Kapitel. Also nochmals: Ich lasse zwar mit mir über die Klimaerwärmung verhandeln, aber ich würde es sehr gerne sehen, wenn wir die sinnlose Vernichtung der fossilen Rohstoffe und insonderheit des Rohöls demnächst mal vollständig einstellen würden. Beginnen könnte man mit dem Verbot aller halben oder dreiviertel Gratisflüge und der entsprechenden Fluggesellschaften wie easyJet, RyanAir und so weiter, auch wenn uns die demnächst ebenfalls Klimazahlungen bei myclimate einführen sollten. Und dann würde ich es auch sehr gerne sehen, wenn die zuständigen Instanzen zum Behuf der Senkung des Verbrauchs fossiler Stoffe nicht auf Lügen zurückgreifen täten. 19 Zentimeter? Nie und nimmer. Wie die bloß auf eine solche Zahl gekommen sind? Viel­leicht, weil das einem Durchschnittswert für das männliche Sexualorgan in erigiertem Zustand entspricht?

Bezüglich der Vernichtung von fossilen Rohstoffen bin ich nicht wirklich optimistisch. Nach wie vor verprassen die reichen Nationen den Löwenanteil sämtlicher Ressourcen und damit auch des Erdöls, aber wenn man sich gar vorstellt, dass im Rahmen von Wachstums- und Wohlstandszielen für die dritte Welt auch dort der Konsumhahn mal so aufgedreht werden soll, wie er es bei uns ist, dann kann einem ganz schwindlig werden. Dabei führt kein Weg an einer solchen Wohlstands­vermehrung vorbei. Es ist absolut ausgeschlossen, dass man die Dritte Welt zum Sparen anhält, wo die entwickelten Nationen vorangehen sollten. Hier wiederum stößt man offenbar fix an die Gren­zen so genannt offener oder demokratischer Systeme, insonderheit dann, wenn die Infor­ma­tions­kanäle sich in den Händen von bestimmenden Interessengruppen befinden, ganz abgesehen davon, dass das ganze große Spiel mit den Produktions- und Konsumstrukturen und den damit verbun­de­nen Machtverhältnissen stark selbst erhaltende Tendenzen aufweist. Aber das ist sicher nicht der einzige Grund. Auf die Individuen in den entwickelten Gesellschaften so einzuwirken, dass sie ihre Gewohnheiten verändern, ist ohne groß inszenierte Krisen scheinbar fast nicht möglich, und das wäre dann wieder ein Beitrag zur Demokratiekritik gewesen. Die Subjekte oder Individuen der Demokratie sind offenbar nur in Ausnahmefällen lernfähig. Vielleicht ist dies der Hauptgrund dafür, dass der Weltklimarat der Weltöffentlichkeit seinen Quatsch mit den 19 Zentimeter höheren Weltmeeresspiegeln verklickert. Übrigens weiß ja eh jedes Kind, dass der Meeresspiegel immer die Normalnull bildet, somit ist eine Zunahme in welchem Umfang auch immer schlicht und einfach nicht nachweisbar. Die Null hebt und senkt sich sozusagen mit den ewigen Gezeiten. Die Normal­null ist so etwas wie der atmende Busen der Natur.

Eine andere Normalnull ist der Normalnuhr, der Kabarettist Dieter Nuhr, der mir schon seit einiger Zeit auf den Keks geht, insonderheit wegen der schleimigen Art seines Pointenvortrags, welche sich schon per Definition nicht mit der Sparte Kabarett verträgt, abgesehen vom mageren Niveau der Texte jenes Mannes, der sich vor zehn Jahren mal den intelligentesten Kabarettisten Deutschlands nannte, so ist es mir jedenfalls aus dem Fernsehen in Erinnerung geblieben. Aber es kann ja nicht jeder der Beste sein, und insofern möchte ich mich mit dem Dieter Nuhr ebenso wenig aufhalten wie mit dem Pseudoarzt und Pseudokabarettisten Eckhardt von Hirschhausen, wenn bloß nicht der Nuhr sich neuerdings als religionskritischer Held profilieren täte, der es gewagt hat, eine Allah-Verspottung öffentlich zum Besten zu geben, wodurch er sich in akute Lebensgefahr begibt durch irgend eine Duodez-Todes-Fatwah irgend eines Duodez-Geistlichen in Pakistan, in der Ahnenlinie der dänischen Karikaturisten-Todesdrohungen und von Salman Rush and Die und was noch mehr. Diese Allah-Verspottung respektive die Selbstbepinselung mit der angeblichen Lebensgefahr ist nun allzu offensichtlich eine reine PR-Masche, als dass irgend jemand ernsthaft drauf aufspringen würde, aber ich sage es der Vollständigkeit halber doch nochmals: Die Geschichte jener intel­lek­tu­el­len Welt, in der wir uns in Europa und in Nordamerika bewegen, ist eine Geschichte der Ab­spal­tung der Philosophie von der Theologie mit all den verschiedenen Etappen über den Deismus bis hin zur Religionskritik und anschließend dem Atheismus. Im Verlauf der Säkularisierung nicht nur der Geisteswelt, sondern der gesamten Gesellschaft hat sich die Kirche in diese Tatsache ge­schickt, sodass diese Zone unterdessen ein weitgehend offenes Feld darstellt, auf dem sich eben zur Not auch Ketzer und Gotteslästerer austoben können, wenn sie heute auch etwas altbacken erscheinen, wenn sie ketzern und lästern, aber immerhin. Dem gegenüber ist das Verspotten fremder Religionen ohne jeglichen Verweis auf die gesellschaftlichen und historischen Zusammenhänge nicht etwa mutig, sondern so doof, dass für so etwas eigentlich eher die Fußball-Hooligans und die Rechts­radikalen zuständig sind. Wer etwas auf den Verstand im Allgemeinen und auf den eigenen im Besonderen hält, der stellt sich rein reflexartig gegen solche brüllenden Meuten und nicht hinter sie oder mitten hinein.

Das wiederum heißt dann noch lange nicht, dass man sich dem Allah-Gott, der leicht erkenntlich genau die gleiche Gestalt hat wie unserer geliebter Christen-Gott, einfach so in die Arme werfen muss. Bloß sollte man mit der Religionskritik nicht am Ende anfangen, also mit dem Billig­ab­klatsch der letzten Phasen davon durch kleine Geister, sondern dort, wo man das in der Diskussion halt üblicherweise tut, nämlich dort, wo sich der Ansprechpartner gerade befindet. Vielleicht mit einem Feuerbach-Schnellkursus?