Der Arbeitsunfall

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Bereits 1884 war das Bewusstsein da, dass die Arbeitskraft eines Menschen erhalten bleiben muss und die weisungsgebundene Erwerbsarbeit wurde versichert. Die gesetzliche Unfallversicherung ist die älteste Pflichtversicherung in Deutschland und im Sozialgesetzbuch SGB VII geregelt. 2013 gab es eine Änderung des Gesetzes, nun werden auch psychische Arbeitsunfälle anerkannt. Das hat weitreichende Konsequenzen für die Arbeitgeber, denn es muss jetzt mehr für den Unfallschutz unternommen werden: die psychischen Belange werden berücksichtigt. Auf dem Bau trägt man selbstverständlich Helm und Sicherheitsschuhe und wird zur Unfallvermeidung geschult. Genauso muss man geschult werden, um mit psychischen Gefahren umzugehen.

Ein Interview mit S. Hartl, Lehrbeauftragte an der Stiftungsfachhochschule München

Anmerkung: es sind 3 Senderjingles enthalten, geeignet für Musikpausen:
Bei ca. 13:51, 22:12 und 28:20 Minuten,
Audio
41:21 min, 38 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 03.12.2014 / 21:44

Dateizugriffe: 1177

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: Arbeitswelt im Wandel
Entstehung

AutorInnen: Karin Bergs
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 03.12.2014
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
es gilt das gesprochene Wort.

Herzlich willkommen zu 1 Stunde „Arbeitswelt im Wandel“,

Die heutige Sendung beschäftigt mit dem "Arbeitsunfall". Dazu begrüße ich sehr herzlich meinen Gast im Studio: S. Hartl, Lehrbeauftragte an der katholischen Stiftungsfachhoch-schule München.

Am Mikrophon begleitet Sie die, für diese Sendung verantwortliche Redakteurin Karin Bergs und Gerd Geißler an der Produkti-onstechnik. Die Musikauswahl ist von Tanja und Gerd Geißler.

Moderator
Einmal, auf dem Lora Stand am 1. Mai, kam ein Passant und hat sich mit mir über meine Sendung unterhalten. Da meinte der Passant: warum macht Ihr nie etwas über das Thema ‚Arbeitsunfall – da weiß niemand, was auf ihn zukommt‘? Nun, ich nehme gerne solche Anregungen auf, natürlich nicht sofort, ich habe ja nur einmal im Monat eine Sendung und ich brauche auch eine geeignete InterviewpartnerIn aber heute ist es soweit, heute schauen wir uns genauer an, was ein Arbeits-unfall ist, wie man eine Anerkennung bekommt und was da gegebenenfalls alles auf einen zukommt. Im zweiten Teil der Sendung sprechen wir dann auch über die neuesten Gesetzesänderungen, denn seit September 2013 ist auch der ‚psychische Arbeitsunfall‘ anerkannt. Doch beginnen wir der Reihe nach. Um diese Thematik zu verstehen müssen wir zunächst einige Begriffe erklären:
Was versteht man denn unter einem Arbeitsunfall?

Gast:
Unfälle sind zeitlich begrenzte,
von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Unfall eines Versicherten, der
rechtlich wesentlich durch eine versicherte Tätigkeit verursacht und nicht absichtlich herbeigeführt ist.

Moderator
Wir bewegen uns hier sowohl in Versicherungen als auch in einem Sozialgesetz denn der Arbeitsunfall ist im Sozialgesetzbuch SGB VII geregelt. Was ist da geregelt?

Gast:
 Versicherung -> also muss eine versicherte Tätigkeit vorliegen.
 eine "konkrete Verrichtung" im Rahmen der versicherten Tätigkeit vorliegen.
 Zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall muss ein Zusammen-hang bestehen.
 Es muss zu einem Unfall gekommen sein:
 Die versicherte Tätigkeit muss für den Unfall ursächlich gewesen sein
 Es muss ein Gesundheitsschaden vorliegen (regelwidriger Körper- oder Geisteszustand).
 Der Unfall muss eine wesentliche (Teil-)Ursache für den Gesundheitsschaden oder Tod sein
 Der Umfang des Anspruchs (der Leistungen) orientiert sich regelmäßig am eingetretenen Schaden.

Moderator:
Alleine von den vielen Bedingungen für einen Arbeitsunfall fühlt man sich erst mal ‚erschlagen‘. Da es sich um einen Versiche-rungsfall handelt, setzt denn ein Arbeitsunfall voraus, dass ein Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet wurde?

Gast:
Nein, weder vom Arbeitnehmer der Arbeitnehmerin, dem Studierenden oder ehrenamtlich Tätigen. Es gilt hier das Verursacherprinzip. Es soll den Arbeitgebern Anreize schaffen Schäden zu verhüten.

Moderator:
Die Thematik Arbeitsunfall ist recht komplex. Wie hat sich das denn geschichtlich entwickelt?

Gast: Geschichte
Man muss sich das Szenarium so vorstellen ähnlich wie letztes Jahr in Bangladesch. Die Arbeitsbedingungen waren sehr schlecht. Die Kapitaleigner versuchten durch erhöhte Maschinenlaufzeiten maximalen output an Produktion herauszuholen. Es gab keinen Arbeitsschutz, oder er wurde nicht eingehalten. Der Lohn war sehr niedrig und es gab keine Krankheits- oder Altersabsicherung. Wenn es also zu einem Arbeitsunfall oder Brand wie in Bangladesch kam waren alle Arbeiterinnen so bestürzt, dass sie spontan die Arbeit niederlegten oder zu wilden Streiks aufriefen. Da jeder wusste dass die Angehörigen der verunglückten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nun mittellos waren. Daher hatten die Unternehmer, nicht aus „Gutmenschentum“ sondern aus Interesse an der Weiterproduktion eine Versicherung eingeführt, bis heute zahlen die AG alleinig.

Unfallversicherung ist die älteste Pflichtversicherung in Deutschland seit 1884 müssen nur die Arbeitgeber hier einzahlen. Der Grundgedanke hierbei ist, der Schutz der erwerbsabhängig Beschäftigten. Die Arbeitsbedingungen müssen vom Arbeitgeber so gestaltet werden, dass die Arbeitskraft der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers erhalten bleibt, damit er und sie seinen / ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann und dabei gesund bleibt. Bisher wurde beim Arbeitsschutz vor allem den Gefahrenstoffen und technischen Gefährdungen viel Bedeutung beigemessen,
Erst 1924 wurden die Dienstmädchen, also Hausangestellten auch in diese Versicherung mit aufgenommen. „hier ist wieder ein Genderaspekt zu beobachten, erst seit 1924 ist Haushaltsnahe Tätigkeit wie sie den Frauen unentgeltlich zugeschrieben wurde bei Erwerbsarbeit Unfallversichert!
Deshalb ist es heute auch so wichtig, dass man seine Putzfrau über die Minijobzentrale anmeldet, sonst zahlt man ihren Arbeitsunfall allein oder sie bleibt auf ihrem Gesundheitsschaden sitzen
In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde diese Versicherung dann auf Schulwegeunfälle heute machen diese Unfälle einen großen Teil der Leistungen der Unfallversicherung aus Diese Leistungen werden von den Gemeineunfallversicherungsverbänden übernommen.
Ziel soll es sein,
- Die Folgen der Unfälle möglichst zu begrenzen
- Die Erwerbsfähigkeit möglichst wieder herstellen und die Betroffenen im Betrieb oder im Beruf wieder einzugliedern
- Und wenn dies nicht geling, den Betroffenen oder Hinterbliebenen durch Geldleistung zu entschädigen

Moderator:
Es war also schon frühzeitig das Bewußtsein da, dass die Arbeitskraft eines Menschen erhalten bleiben muss und die Weisungsgebundene Erwerbsarbeit wurde versichert. Wir befinden uns aber nicht nur am Arbeitsplatz, wir müssen ja auch irgendwie zu unserem Arbeitsplatz kommen. Wie sieht es denn mit Wegeunfällen aus? Sind Wegeunfälle auch als Arbeits-unfall versichert?

Gast:
Das kommt darauf an:
Der Arbeitnehmer bzw. die versicherte Person steht grundsätzlich auf dem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit unter Versicherungsschutz. Der Versicherungsschutz beginnt dabei mit dem Durchschreiten der Außentür des von der versicherten Person bewohnten Gebäudes und endet mit Betreten des Betriebsgeländes (anschließend ggfls. "normaler" Arbeitsunfall).

Moderator:
Bin ich nur auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeit unfallversichert? Der Gesetzgeber spricht von Wegeabweichungen, wie sieht es damit aus?

Gast:
Hierzu gibt es einige Urteile. Das Gesetz nicht, ausschließlich den kürzesten Weg zu benutzen. Vielmehr besteht grundsätzlich eine freie Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Strecken (z. B. eine längere, aber verkehrsgünstigere Strecke) sowie in der Art des Verkehrsmittels. Versichert sind alle Tätigkeiten, die rechtlich wesentlich durch die Zurücklegung des Weges bedingt sind. Dazu zählen z. B. auch erforderliche Wartezeiten. Unterbricht der Versicherte dagegen den Weg für persönliche Handlungen (z. B. privater Einkauf, Essenseinnahme), besteht während der Unterbrechung regelmäßig kein Versicherungsschutz.

Versichert sind außerdem folgende Wegeabweichungen:
1. Was ich als Gleichstellungsbeauftragte positiv finde, ist, dass der abweichende Weg, weil Kinder wegen beruflicher Tätigkeit in fremde Obhut zu geben sind, z. B. Kindergarten, Großeltern, Tagesmutter darunter fallen
2. abweichender Weg wegen Fahrgemeinschaften
3. Abweichender Weg des Kindes wegen Beförderung aufgrund beruflicher Tätigkeit des Versicherten in fremde Obhut.
Versichert ist außerdem der Weg zwischen Familienwohnung und Unterkunft am Beschäftigungsort.


Moderator:
Wenn ich nun einen Unfall hatte, wo ich meine es wäre ein Arbeitsunfall, wie muss ich dabei vorgehen, was muss ich beachten, was machen andere für mich?

Gast:
Unbedingt beim Arbeitgeber melden – ohne Meldung keine Anerkennung und beim Arzt angeben, am besten zu einem Durchgangsarzt gehen. Und eine Unfallmeldung schreiben, Formblätter gibt’s im Internet. …

Moderator:
Den Durchgangsarzt müssen wir erklären. Was versteht man unter ‚Durchgangsarzt‘?

Gast:
Ein Durchgangsarzt – kurz: D-Arzt – ist ein Facharzt der von den Berufsgenossenschaften eine besondere Zulassung erhalten hat. Er ist für die Durchführung der Behandlung nach Arbeitsunfällen und Wegeunfällen zuständig.


Moderator:
Muss ich meinen Unfall dem zuständigen Unfallversicherungsträger melden?

Gast:
Kann man aber auch der Arbeitgeber bzw. die Schule meldet es.
Aber wenn man zum Arzt geht wird deshalb automatisch auf dem Anmeldebogen gefragt, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt.

Moderator:
Also ich melde meinem Arbeitgeber: ich hatte einen Unfall und alles Weitere leitet mein Arbeitgeber ein?

Gast:
oder der Arzt Genau weiß ich das nicht das läuft im Hintergrund ab, der Arbeitgeber meldet das an die Berufsgenossenschaft und der Arzt rechnet mit der zuständigen Berufsgenossenschaft ab. Bei den Beamten verhält es sich etwas anders.

Moderator:
An welchen Träger kann oder muss ich mich bei einem Arbeitsunfall wenden?

Gast:
Die Unfallversicherung wird von den nach Branchen Gewebe- Berufszweigen gegliederten gewerblichen Berufsgenossenschaften, der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand (Gemeindeunfallversicherungsverbän-de, Unfallkassen der Länder, Unfallkasse des Bundes, Feuerwehr-Unfallkassen, Eisenbahn-Unfallkasse und Unfallkasse Post und Telekom) durchgeführt. Versicherte müssen von ihrem Arbeitgeber unterrichtet werden, welcher Unfallversicherungsträger für sie zuständig ist.
Ansonsten sind die Anschriften sowie E-Mail- und Internet-Adressen der Unfallversicherungsträger auf den folgenden Internetseiten abrufbar:

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) - Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand: www.dguv.de

Moderator:
Wer entscheidet denn, ob mein Unfall ein Arbeitsunfall war? Entscheidet das mein Arbeitgeber?

Gast:
Diese Entscheidung wird im Hintergrund zwischen den Versicherungen getroffen. Ich habe noch nie erlebt, dass hier ein Problem war, denn jeder von uns unselbständigen Erwerbstägigen ist so oder so pflichtversichert. Interessant und sichtbar wird’s dann, wenn es um Zuzahlungen für Medikamente Krankenhaus oder Physiotherapie geht. Wenn man die schriftliche Bestätigung der Unfallkasse in Händen hält übernimmt diese die Zuzahlung und das kann schon einen gewissen Betrag ausmachen 

Moderator:
Ist es Voraussetzung, dass es eine Krankschreibung gibt, damit es überhaupt ein Arbeitsunfall sein kann? Genau diese Aussage habe ich von der Berufsgenossenschaft auf telefonische Anfrage bekommen. Ein Arbeitsunfall gilt erst als Unfall, wenn man 3 Tage krankgeschrieben ist. Das bedeutet doch aber im Umkehrschluss, ein tödlicher Unfall kann nur dann ein Arbeitsunfall sein, wenn das Unfallopfer den Unfall wenigstens 3 Tage mit einer Krankschreibung überlebt!

Gast:
Das glaub ich nicht, denn bei psychischen Arbeitsunfällen sind die Posttraumatischen Störungen das entscheidende und die stellen sich erst nach Wochen heraus vorher ist es eine normale Stressreaktion mit der der Mensch fertig wird. Die Unfallmeldung und Unfallanzeige ist hier das wichtige



Moderator: (Zusammenfassung)
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Arbeitsunfälle sind Unfälle, die versicherte Personen infolge der versicherten Tätigkeit erleiden. Diese Definition ist wichtig, um im Weiteren auch den psychischen Arbeitsunfall zu verstehen.

Arbeitsunfälle treten vermehrt am Montag auf. Jedoch ist die Unfallschwere geringer als an anderen Wochentagen. Die schwersten Arbeitsunfälle ereignen sich an Samstagen.

In welchen Fällen ich unfallversichert bin, darüber sprechen wir mit S. Hartl nach der Pause

LORA-JINGLE

Moderator:
Weiter geht’s bei Arbeitswelt im Wandel mit dem Thema Arbeitsunfall. Mein Studiogast ist die Lehrbeauftragte an der katholischen Stiftungsfachhochschule München S. Hartl. Wir haben gehört, was ein Arbeitsunfall ist, dass ein Wegeunfall auch als Arbeitsunfall anerkannt wird, aber unter bestimmten Voraussetzungen dann doch wiederum nicht als Arbeitsunfall gilt. Wenn es einen Arbeitsunfall gibt, dann geht es immer um Versicherungsleistungen. Im Weiteren wollen wir uns genauer ansehen, in welchen Fällen ich unfallversichert bin und wann nicht. Fangen wir mal ganz einfach an: Bin ich bei der Arbeit "rund um die Uhr" unfallversichert?

Gast:
eigentlich Ja bis zur gesetzlichen Höchstarbeitszeit, und nein denn der Versicherungsschutz umfasst grundsätzlich nur Tätigkeiten, die mit der Arbeit in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Hierzu zählen allerdings auch Wege von oder zur Toilette, die Verrichtung der Notdurft selbst kann hier fraglich sein. Freizeitunfälle oder Unfälle von „Hausfrauen sind Privatsache und im Grenzbereich werden hier immer wieder Gerichte bemüht. Z.B. der private Einkauf

Moderator:
Wie sieht es mit der Mittagspause aus. Wenn ich länger als 6 Stunden arbeite muss ein ich Pause machen. Bin ich in der Mittagspause unfallversichert?

Gast:
Wege zur Kantine sind versichert, der Versicherungsschutz endet bzw. beginnt mit dem Durchschreiten der Kantinentür. Der Aufenthalt in der Kantine selbst ist unversichert. Auch Wege zur Nahrungsaufnahme, die aus dem Betrieb hinausführen, z.B. in eine Fremdkantine, nach Hause oder in eine Gaststätte, sind grundsätzlich versichert. Allerdings müssen Zeitaufwand und Wegstrecke in einem angemessenen Verhältnis zur Pausendauer stehen. Der Aufenthalt in der Gaststätte etc. selbst ist unversichert, der Versicherungsschutz endet/ beginnt an der Außentür.
Wird das Betriebsgelände für die Erledigung privater Besorgungen verlassen, besteht kein Versicherungsschutz. Versichert ist ausnahmsweise der Weg außerhalb des Betriebsgeländes zur Besorgung von Nahrungsmitteln, wenn diese zwecks Erhaltung der Arbeitsfähigkeit zum alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz dienen; während des Einkaufs besteht kein Versicherungsschutz. Spaziergänge während der Pause haben eigenwirtschaftlichen Charakter und stehen grundsätzlich nicht unter Unfallversicherungsschutz.

Wichtig hier ist aber auch dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit eingehalten worden ist. wenn man zu lange gearbeitet hat ist es strittig, daher ist es wichtig, dass kein ArbeitnehmerIn ausstempelt und dann wieder an den Arbeitsplatz zurück geht!!!! um weiterzuarbeiten. Oder über 12 h kommt oder regelmäßig über 10h

Moderator:
Einen Arbeitsunfall kann nicht nur erleiden, wer einer Erwerbs-tätigkeit nachgeht, sondern auch Kinder beim Schulbesuch. Wie sieht es denn da aus? Ist mein Kind während des gesamten Schulbesuchs unfallversichert?

Gast: eigentlich ja
Moderator:
Was ist denn nicht versichert?

Nicht versichert sind z. B.
1. Erledigung von Hausaufgaben im häuslichen Bereich
2. privater Nachhilfeunterricht
3. vorbereitende Handlungen für den Schulbesuch (z.B. Kauf einer Schülermonatsfahrkarte)
4. Freizeitveranstaltungen von Schülern, bei denen die Schule nur organisatorische Hilfe leistet.

Moderator:
Gelegentlich arbeiten ja unsere Kinder auch, wie sieht es denn bei einem Ferienjob oder einem Praktikum aus?

Gast:
Bin ich bei einem Ferienjob versichert?
Ja, Unfallversicherungsschutz für den Ferienjob besteht und zwar unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses oder der Höhe des Entgelts. Unentgeltliche Ferienjobs sind ebenfalls versichert, genauso Mini- oder Midi-Jobs. Der Versicherungsschutz beginnt am ersten Arbeitstag und bezieht sich auch auf den Weg zur Arbeitsstelle und zurück nach Hause.
Für Ferienjobs ist grundsätzlich die Berufsgenossenschaft des Unternehmens zuständig.
Bin ich bei einem Praktikum versichert?
Ja, während eines Praktikums besteht Unfallversicherungsschutz und zwar unabhängig von der Dauer des Praktikums oder der Höhe des Entgelts. Auch unbezahlte Praktika sind versichert. Für den Unfallversicherungsschutz spielt es auch keine Rolle, ob das Praktikum von der Schule / Hochschule angeordnet ist oder freiwillig angetreten wird. Der Versicherungsschutz beginnt am ersten Arbeitstag und bezieht sich auch auf den Weg zur Arbeitsstelle und zurück nach Hause.
Für ein Pflichtpraktikum, dass von der Schule / Hochschule organisiert oder vorgeschrieben wird, ist grundsätzlich der Unfallversicherungsträger der Schule / Hochschule zuständig. Für weitere Informationen können Sie sich mit der zuständigen Unfallkasse in Verbindung setzen.
Bei einem freiwilligen Praktikum ist grundsätzlich die Berufsgenossenschaft des Unternehmens zuständig. Und zwar auch unabhängig davon, ob man Arbeitsentgelt erhält.
Nicht versichert ist in der Regel, wer ein freiwilliges Praktikum im Ausland annimmt. Das gilt meist auch dann, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um ein deutsches Unternehmen handelt. Im Zweifelsfall können Sie sich zur Klärung des Versicherungsschutzes an die zuständige Berufsgenossenschaft wenden.
Eine Übersicht zum Unfallversicherungsschutz bei einem Praktikum bietet Ihnen auch der Leitfaden „Praktika – Nutzen für Praktikanten und Unternehmen“. Dieser richtet sich auch an die Unternehmer und enthält Musterverträge für verschiedene Arten von Praktika.

Moderator:
Entfällt der Versicherungsschutz, wenn ich den Unfall (mit-) verschuldet habe?
Gast:
Verbotswidriges Handeln und fahrlässiges Verhalten des Versicherten lassen den Versicherungsschutz nicht entfallen. Auch ein Mitverschulden mindert die Leistungen der Unfallversicherung nicht. Ein Versicherungsfall liegt aber nicht vor, wenn ein Versicherter einen Arbeits- oder Wegeunfall absichtlich herbeigeführt hat.

Moderator:
Ein Unfall kann natürlich schwerwiegende Folgen haben. Möglicherweise kann ich nach einem Unfall keiner Erwerbs-tätigkeit mehr nachgehen. Was versteht man unter einer Berufskrankheit? Hängt das mit dem Arbeitsunfall zusammen?

Gast:
Eine Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Krankheit, die in der Berufskrankheiten-Verordnung bezeichnet ist und die ein Versicherter infolge seiner Tätigkeit erleidet. Voraussetzung für die Aufnahme in die Berufskrankheiten-Verordnung ist, dass die Erkrankung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht ist, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Ist eine Krankheit in der Verordnung aufgeführt, ist damit nicht automatisch eine Anerkennung als Berufskrankheit im Einzelfall verbunden. Diese setzt weiter voraus, dass die Erkrankung des Versicherten durch die schädigende Einwirkungen auf seine konkrete Tätigkeit zurückzuführen sein muss und zwischen der Einwirkung und der Erkrankung ein Ursachenzusammenhang mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dem zuständigen Unfallversicherungsträger vom behandelnden Arzt oder dem Arbeitgeber gemeldet werden. Das dauert ziemlich lange und ist nicht ergiebig ich hab letzte Woche davon gehört, dass die Arbeit in einem Asbestverseuchten Büro als Ursache anerkannt wurde aber nicht im Sinne der Hinterbliebenenrente anerkannt wurde.

Moderator: (Zusammenfassung)
Wer wann und wo bei einem Arbeitsunfall versichert ist, das ist genauestens geregelt und durch richterliche Urteile verfügt. So ist man beispielsweise auf dem Weg zur Toilette versichert, bei der Verrichtung der Notdurft jedoch nicht. Genauso beim Weg zur Kantine, innerhalb der Kantine aber nicht, usw. Wenn man einen Arbeitsunfall oder einen Wegeunfall erleidet, muss man sich sehr genau den Sachverhalt überlegen und dokumentieren. Falsche Darstellungen können zur Aberkennung eines Arbeits-unfalls führen.
Warum das alles so penibel genau betrachtet wird, darüber sprechen wir nach der Pause mit S. Hartl.

LORA-Förderverein-JINGLE


Moderator:
Wir sind zurück bei ‚Arbeitswelt im Wandel‘ mit der Sendung Arbeitsunfall. Mein Studiogast ist die Lehrbeauftragte der katholischen Stiftungsfachhochschule München S. Hartl.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden führen. Im ersten Teil haben wir darüber gesprochen was ein Arbeitsunfall ist, dass es dabei um Versicherungsleistungen geht, was anerkannt wird und was nicht. Alles ist penibel genau geregelt und man fragt sich: warum ist das eigentlich alles so kompliziert? Ist das alles überregelmentiert?

Gast:
Na ja – es geht schließlich um Geld! Versicherungsleistung muss einer bezahlen. Das kann ggf. viel Geld kosten.
Es ist aber auch sehr positiv wenn man an den Arbeitsschutz und die Vorschriften denkt. Die Unfallkasse hat enormes Interesse, das es wenig Arbeitsunfälle gibt und somit sind hier viele sinnvolle Neuerungen entstanden, die die Arbeitgeber als überflüssig erachtet hätten. Denken wir wieder an Bangladesch, wieviele Näherinnen passen in eine Halle, wie sind die Notausgänge beschildert, gibt es ausreichende Fluchtwege etc.
Und die Branchen werden in Gefahrenklassen eingeteilt was die AG vielleicht zur Unfallverhütung motiviert, es wird auf alle Fälle dokumentiert und so kann eine Unfallkasse dann Angebote machen

Moderator:
Wenn ich eine Verletzung habe, dann gehe ich zum Arzt und die Kosten der Behandlung übernimmt meine Krankenkasse. Zahlt meine Krankenkasse einen Arbeitsunfall nicht?

Gast:
Nein, das zahlt die Unfallversicherung.
Die Geldleistungen bestehen im wesentlichen aus Übergangsgeld, Verletzten oder Hinterbliebenenrente. Den Verdienstausfall durch Krankschreibung zahlt die ersten 6 Wochen der Arbeitgeber wie gehabt.


Moderator:
Wenn meine Krankenkasse nicht zahlt, welche Versicherung zahlt denn?

Gast:
Berufsgenossenschaft

Moderator:
Wie ist denn die Berufsgenossenschaft organisiert? Gibt es da für den Arbeitgeber ein Bonussystem ähnlich wie in der Autoversicherung? Also wenige Unfälle, somit auch wenige Beiträge?


Gast:
Ja die Branchen sind in Gefahrenklassen eingeteilt Mehr Unfälle, Hinterbliebenenrente …kostet mehr. Hier gab es ein Beispiel eines Transnationalen Unternehmens, Fitnessstudio im Haus…aber enorme Arbeitsbelastung. Als der 5. Leitende Angestellte mit 40 einen Herzinfarkt hatte stand die Unfallversicherung auf der Matte. Nur wie die Kosten dann abgewälzt werden ist fraglich - es ist auf alle Fälle bemerkt worden
...

Moderator:
Für die Unfallkasse brauchen Betroffene einen Nachweis. "Nur was aktenkundig ist, hat stattgefunden". Ohne Dokumentation geht gar nichts. Wie sieht denn idealerweise die Dokumentation aus?


Gast:
1.) Unfall Arbeitgeber melden
2.) Unfall Bericht schreiben
3.) Unfall Bericht für Berufsgenossenschaft schreiben.
4.) Beim behandelnden Arzt, Krankenhaus angeben oder gleich einen D-Arzt suchen. Wenn ein Sanka ins Büro kommt fragen die gleich nach dem zuständigen D-Arzt...

Moderator: (Zusammenfassung)
Wenn es zu einem Unfall kommt, dann muss einer den Schaden bezahlen. Als Patient, der zum Arzt geht, zahlt zunächst die Krankenkasse die ärztliche Behandlung. Wenn es sich jedoch um einen Arbeitsunfall handelt, dann bezahlt die Behandlung die Berufsgenossenschaft. Somit ist penibelst genau geregelt, was als Arbeitsunfall anerkannt wird und was nicht. Nun gab es 2013 eine Gesetzesänderungen, dass auch der psychische Arbeitsunfall versichert ist.
Was man unter einem psychischen Arbeitsunfall versteht, darüber sprechen wir nach der Pause mit S. Hartl

LORA-JINGLE

Moderator:
Weiter geht’s bei Arbeitswelt im Wandel mit der Sendung Arbeitsunfall. Mein Studiogast S. Hartl ist Lehrbeauftragte an der katholischen Stiftungsfachhochschule München. Wir haben jetzt viel über den Arbeitsunfall gehört und warum es teilweise schwierig ist einen Arbeitsunfall anerkannt zu bekommen.
„Im September 2013 erfolgte eine wichtige gesetzliche Klarstellung: Psychische Gefährdungen sind jetzt auch nach dem Gesetzeswortlaut als Gesundheitsrisiken anerkannt.“ Dadurch ergibt sich auch eine grundsätzliche Änderung in der Anerkennung von Arbeitsunfällen. Jetzt können auch psychische Arbeitsunfälle anerkannt werden. Was versteht man denn unter einem ‚psychischen Arbeitsunfall‘?

Gast:
Das einleuchtendste Beispiel: Lokführer überfährt einen Menschen. Lokführer erleidet keinen körperlichen Schaden dabei, aber psychischen.
Er hat Panikattacken vor dem fahren

Moderator:
Das Beispiel Lokführer ist bestimmt für jeden verständlich und einprägsam. Wie sieht es denn aus, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit gar nicht selbst einen Unfall erleide, sondern Zeuge eines Unfalls werde, die Unfallstelle absichere und Erste Hilfe am Unfallort leiste, etc. Aber trotz Unfallhilfe versterben die Unfallopfer und ich bekomme einen psychischen Schock? (-> Posttraumatische Belastungsstörung).

Gast: weiß ich nicht
Spannender Fall!
Personen, die versuchen, bei Unglücksfällen Hilfe zu leisten, stehen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz. Die Personen gehören somit zum Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihr Erlebnis gilt als Arbeitsunfall. Denn gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden führen. Und ein
Gesundheitsschaden kann auch rein seelischer oder psychischer Natur sein. Die Unfallhelferin hat somit Anspruch auf Rehabilitation und Entschädigungsleistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung.

Moderator:
Also da landen wir bei der allerersten Definition: was ist ein Unfall? Unfälle sind zeitlich begrenzte Ereignisse. Trotzdem ist diese Anerkennung als Arbeitsunfall neueren Datums. Früher wurde man gelegentlich als ‚Unfallneurotiker‘ bezeichnet!

Gast:
kenn ich nicht
Die Bezeichnung ‚Unfallneurotiker‘ muss aber schon sehr alt sein!

Moderator:
Bei dem psychischen Arbeitsunfall geht es ja auch um psychische Gefährdung. Es gibt ja durchaus Arbeitsbereiche, bei denen man auch mit Gewalt konfrontiert ist. Wie sieht es damit aus?

Gast:
Zunächst will ich hier eine Definition von Gewalt einführen
Gewalt am Arbeitsplatz = „jede Handlung, Begebenheit von
- -unangemessenem Benehmen, abweichendes Verhalten,
- wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihre Arbeit schwerer erledigen kann, beschädigt, bedroht oder verwundet wird“
- dazu zählen alle Vorkommnisse, bei denen Beschäftigte in Situationen, die in Bezug zur Arbeit haben, verbal, psychisch oder physisch angegriffen werden und
- was zu einer Beeinträchtigung bzw. Schädigung ihrer Gesundheit, ihrer Sicherheit oder ihres Wohlbefindens führt.
- skizzierte gefährdete Bereiche und das Spektrum von Gewalt, es reicht von Verweigerungshaltung bis hin zu Selbsttötungsabsichten
- und zeigte die Auswertung der abba Studie( Arbeitsbelastungen und Bedrohungen an Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt) auf, und bemängelte, dass die Unfallkasse keine validen Daten hat, da wesentlich weniger Unfallanzeigen eingingen als die Aussagen der Beschäftigten vermuten ließ.
- die Sicherheitsstandards,
- bauliche Maßnahmen z.B. Fluchtweg aus dem Büro
- technische Maßnahmen, geeignete Alamierungssysteme
- organisatorische Maßnahmen, Sicherheitsdienst Absprache mit Polizei… haben wir im JC München umgesetzt oder sind dabei
- die personenbezogenen Maßnahmen werden nun verstetigt und verstärkt. hierzu gehört
- gefahrenbewusste Absprache
- Deeskalations- und Kommunikationstraining
- regelmäßige Unterweisung und Übungen
- Schulung im Umgang mit Stress / Genderstress
- und Rechtssicherheit und Handlungskompetenz in Gefahrensituationen.
-
Auf diesen Aspekt will ich hier näher eingehen Und so der Unfallkasse Zahlen liefern, damit diese Ihren Auftrag des psychischen Gesundheitsschutzes auch wahrnehmen kann.

Zur Erinnerung:
Gewalttätiges Ereignis in unserer Arbeit kann auch eine Verweigerungshaltung, verbale Aggression, ungerechtfertigte Beschwerde und üble Nachrede…darstellen.

- Jetzt werden viele denken, „..so schlimm ist das ja nicht..“ „ist doch kein Blut geflossen, wo ist das Problem?“
- Das Problem ist, dass ein extrem stressreiches äußeres Ereignis Spuren beim Menschen hinterlassen kann. ob eine Situation traumatisch wird, hängt nicht nur von den äußeren Umständen ab, sondern vom inneren Erleben dieses Ereignisses. Es kann auch der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. z.B. ein Kunde sagt,“ dass er sich umbringen will“

Hier die Kriterien für ein potentiell traumatisches Ereignis:
- Gefühlte Hilflosigkeit
- Schuldgefühle
- massive persönliche Betroffenheit
- Grad der Identifikation
- Intensität des Ereignisses
- Bedrohung für Leib und Leben
Das waren nun die Kriterien eines psychisch belastenden Ereignisses, hier nun die Definition eines Arbeitsunfalls § 8 SGB VII:
- versicherte Person
- versicherte Tätigkeit
- zeitlich begrenztes Ereignis
- von außen auf die Psyche einwirkend
- Gesundheitsschaden
An dieser Stelle will ich eine Fallkonstellation schildern in der ein Psychisches Trauma als Arbeitsunfall anerkannt wurde, in diesem Fall führte dieses Ereignis sogar zur Frühverrentung, was sich in monetärer Sicht erheblich auswirkt, wenn es als Arbeitsunfall anerkannt ist.
Sie kennen alle den „Wegeunfall“ um so einen handelt es sich hier:
Vater und Tochter haben auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall, bei dem die Tochter gestorben ist und der Vater nur einen leichten körperlichen Schaden davon getragen hat.
- versicherte Person, der Vater in war diesem Fall war

Kommentare
08.12.2014 / 02:31 Dieter, Radio Unerhört Marburg (RUM)
gesendet in der Frühschicht
Vielen Dank!
 
11.12.2014 / 10:09 Jörg,
Gesendet im Arbeitsweltradio
am 11.12.2014 um 10:00 Uhr