Einschätzung zur Münchner Syrien-Vereinbarung

ID 75122
 
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In der Nacht zum 12.2. wurde in München eine Syrien-Vereinbarung getroffen, wonach Hungerblockaden durchbrochen werden sollen, damit bisher eingeschlossene Orte Hilfe bekommen können. Außerdem soll eine Feuerpause erreicht werden. Doch der Deal besteht auch aus vielen Unwahrscheinlichkeiten. Syrier waren an der Vereinbarung nicht beteiligt. Elias Perabo von Adopt a Revolution erklärt die Einzelheiten der Münchner-Syrienvereinbarung.
Audio
13:35 min, 11 MB, mp3
mp3, 112 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 12.02.2016 / 21:59

Dateizugriffe: 608

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: AL
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 12.02.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
http://www.adoptrevolution.org

Aus der Pressemitteilung von Adopt a Revolution:

hier eine erste Kurzeinschätzung von der Menschenrechtsorganisation Adopt a Revolution zu der Syrien Vereinbarung, wie sie heute Nacht in München bei der "Wien Runde" (alle relevanten Staaten ohne Syrer) beschlossen wurde:

Gut: ab sofort (noch diese Woche) sollen die Hungerblockaden durchbrochen und die eingeschlossenen Orte mit Hilfe versorgt werden, notfalls per Luft.
Schlecht: die Feuerpause (Nicht Waffenstillstand) soll erst eine Woche, nach dem das Regime und die Opposition zugestimmt haben, in Kraft treten. Sehr wahrscheinlich wird das Regime versuchen, den Termin zu verzögern um die laufende Militäraktion in Aleppo abzuschließen. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass die Luftschläge in der nächsten Woche nochmal deutlich intensiviert werden. Sollte Aleppo in dieser Woche vollständig vom Regime eingeschlossen werden, ist es unwahrscheinlich, dass es zu einem Stopp der Kampfhandlungen kommt.
Kritisch: Die Al Nusra Front und der Islamische Staat dürfen laut Abkommen weiter gebombt werden. Problematisch ist hier, dass Russland in der Vergangenheit behauptet hat, Luftschläge gegen ISIS bzw. Al Nusra durchgeführt zu haben, während sie in der Realität verschiedene andere Rebellengruppen angriffen. Sollte sich das fortsetzen und z.B. Russland die Gruppen in Aleppo pauschal als Al Nusra bezeichnen, wird es auf keinen Fall zu einem Stopp der Kampfhandlungen kommen.
Insgesamt: Die Vereinbarung ist deutlich mehr als wir erwartet haben, auch wenn es Definitiv kein Waffenstillstand ist. Jenseits der oben genannten Punkte bleiben wir aber skeptisch, da syrische Parteien nicht am Tisch waren und es völlig unklar ist, wie und ob sie einer Feuerpause zustimmen. Egal ob die Vernichtung der Giftgasbestände, Humanitäre Hilfe oder Zugang von UN-Waffeninspekteuren, es gibt kaum eine Entscheidung, die das Syrische Regime in den letzten fünf Jahren nicht versucht hat massiv zu verzögern. Es würde uns wundern, wenn es diesmal anders wird. Gleichzeitig gilt es zu befürchten, dass wir ab morgen eine deutliche Intensivierung der Kämpfe sehen werden. Dass sich Russland nicht explizit dazu verpflichtet hat, zumindest seine Luftschläge sofort einzustellen, ist ein schlechtes Zeichen. Es wäre allerdings ein sehr wichtiger Schritt, wenn die eingeschlossenen Regionen jetzt wirklich wenigstens schnell und ausreichend mit Hilfe versorgt werden.

Eine ausführliche Einschätzung und Berichte von unseren Partnern aus Syrien zu den Entwicklungen werden wir in kurze unter: http://www.adoptrevolution.org veröffentlichen.

Kommentare
15.02.2016 / 08:52 AL, coloRadio, Dresden
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Christoph Reuter: "Massenmord lohnt sich": http://www.spiegel.de/video/syrien-krieg-analyse-christoph-reuter-video-1649709.html