Das Darknet - Was ist das eigentlich?

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Wenn ich ins Internet gehe, dann suche ich meine Seiten über Google oder eine andere Suchmaschine. Alles was dort angezeigt wird kann ich anklicken. Doch finde ich über Google alles, was es im Internet so gibt? Natürlich nicht. Im Internet können Inhalte leicht vor Suchmaschinen verborgen werden.
Audio
07:27 min, 17 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 19.05.2016 / 12:14

Dateizugriffe: 62

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Raphael Bergmann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 19.05.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Eine nicht öffentliche, parallele Struktur ist das so genannte "Darknet". Stephan Jauch erklärt was das ist - Er ist Vorsitzender und Gründungsmitglied des Vereins zur Förderung der Technikkultur in Erfurt:

„Das Darknet ist sozusagen eine zusätzliche Struktur im Internet. Man hat also das normale Internet, das man kennt, mit Webbrowser, mit E-Mail und den ganzen Diensten. Das Darknet ist noch eine Netzwerkstruktur, die von Leuten geschaffen wird, die über das Internet miteinander austauschen können.“

Also eine Art geheimer Raum, den nur Menschen betreten können, die wissen wo er ist. Oder die mindestens eine Person kennen, die sich schon in dem Raum befindet. Nur Eingeweihte wissen, was sich abspielt. Darknets setzen auf die gleiche Technik wie alle anderen Internetdienste. Sie funktionieren wie Webseiten, E-Mail, Filesharing. Im Prinzip sind sie für alle zugänglich. Vorausgesetzt, er*sie verwendet die richtige Software und weiß, wonach und nach wem gesucht werden muss.

Anders als das Internet ist das Darknet nicht für jede*n frei aufrufbar. Ziel seiner Macher*innen war es, sich abschotten zu können. Meistens hört man vom Darknet in Verbindung mir Kriminalität. Unbeobachtet können Drogen, Waffen oder Kinderpornografie gehandelt werden, ohne dass es verfolgbar ist. "Silk Road" ist eine bekannte Seite, die auch in vielen Medien auftauchte. Silk Road – ein Umschlagplatz für Drogen im Darknet.
Doch wird das Darknet wirklich hauptsächlich für solche Aktivitäten genutzt?

„Naja, es kommt natürlich darauf an, wie man es nutzt. Darknet bedeutet erstmal "dunkel" – heißt, das es ein abgetrennter Bereich ist, wo nur bestimmte Leute Zugriff haben. Das kann man für kriminelle Sachen nutzen. Es wird sicherlich auch für großen Handel, weltweiten Handel genutzt, aber eben auch für andere Aktivitäten oder Netzwerke von Leuten, die halt unter sich sein wollen.“

Unter sich wollen nicht nur Menschen mit kriminellen Absichten sein. Zum Beispiel für Regimekritiker*innen aus verschiedenen Ländern ist der Zugang zum freien Netz eingeschränkt. Parallele Strukturen im Netz zu haben, ist für sie unabdingbar. Genutzt wurde dies zum Beispiel während des Arabischen Frühlings. Durch nicht einsehbare Datentunnels konnten Videos oder Bilder von Demonstrationen transportiert werden. Diese Inhalte tauchten in Deutschland dann sogar in der Tagesschau auf. Mit "Quelle: Internet" versehen. Ohne Darknets wäre dies nicht möglich gewesen.
Überwiegt nun also die Bedrohung durch das Darknet oder ist es eigentlich eine gute Sache? Stephan Jauch sieht beide Seiten:

„Na gut, die Probleme liegen vom Staat aus gesehen natürlich darin, dass damit auch Handel getrieben wird, der natürlich an den normalen Steuereinnahmen vorbei geht. Also sei es über digitale Währung wie Bitcoin oder auch ganz andere Währungen, die in den Zirkeln sozusagen genutzt werden, um auch zu bezahlen, um irgendwelche Daten auszutauschen. Aber man kann es, wie gesagt, auch ganz normal dazu benutzen, um im Internet zu surfen. Vielleicht auch von vielen Leuten in China, um das freie Internet zu nutzen, das von China aus gesperrt wird, oder auch in anderen Ländern. Auch zu ganz normalen Zwecken wie Spielenetzwerke, wo Menschen miteinander Spiele spielen können, die sonst eben im Internet nicht erreichbar sind.“

Doch wie komme ich jetzt ins sogenannte Darknet? Was sind Möglichkeiten, online unerkannt zu bleiben?
Mit einem normalen Browser wie Firefox im Normalzustand funktioniert das erst einmal nicht. Ein Add-on wird benötigt. Der Anonymisierungsdienst "Tor" stellt ein Bundle bereit, das installiert werden muss. Tor bedeutet "The Onion Router". Das Programm lädt eine Liste aller verfügbarer Tor-Server und verbindet sich mit ihnen auf einer zufälligen Route. So lässt sich die Identität des Nutzers nicht mehr zurückverfolgen. Tor unterstützt das sogenannte "Onion Routing". Onion Routing ist eine recht komplizierte Anonymisierungstechnik. Die Daten werden über eine Reihe ständig wechselnder verschlüsselter Proxyserver transportiert. Die Daten wandern also über große Umwege durch das Netz. Die Geschwindigkeit sinkt dadurch stark. Auch eine Seite wie Facebook kann über Tor aufgerufen werden. Zwar sehr langsam, doch wenn Facebook in deinem Land gesperrt ist, kannst du so mit dem Rest der Welt kommunizieren. Tor ist also nicht gleich das Darknet. Es ist lediglich ein Werkzeug um ein so genanntes Darknet zu erschaffen.
Die Verschlüsselung macht die Strafverfolgung dann auf jeden Fall sehr schwierig.

„Ja, das ist auch bei Tor zum Beispiel der Fall. Man kann eigentlich nicht sehen wo das angefangen hat. Man kann immer nur so zwei Stationen erkennen und bei Tor werden mindestens immer drei Stationen genutzt. Das heißt, wenn man irgendwo ins Internet drauf zugreifen möchte, nimmt der Weg immer noch mehrere Umleitungen, bevor das sozusagen im 'normalen Internet' ankommt und das lässt sich dann nicht rückverfolgen. Man kennt das vielleicht auch aus irgendwelchen Filmen, wo dann die Rechner die Daten über die halbe Welt übertragen werden nur um dann irgendwo rauszukommen. In der Realität ist es dann auch so, dass die Daten über alle möglichen zufälligen Rechner in verschiedenen Ländern verteilt werden. Viele stehen in Deutschland, in den USA - aber die sind dann auch ganz normal so eingerichtet, dass man nicht so einfach darauf zugreifen kann. Und letztlich ist die Nachverfolgung nicht mehr möglich.“

Tor ist jedoch ein sinnvolles Werkzeug, um der Vorratsdatenspeicherung zu entkommen. Die Vorratsdatenspeicherung wurde in Deutschland im letzten Jahr wieder eingeführt. Der Staat darf nun Metadaten für sechs Monate speichern. Metadaten sind Verbindungsdaten, keine Inhalte. Stephan Jauch erklärt, wie man dieser Praxis entkommen kann.

„Die Vorratsdatenspeicherung ist jetzt im letzten Jahr nochmal eingeführt worden, die gab es schon einmal. Die erfässt, was jeder Nutzer im Internet macht – aber auch über SMS und Telefonie – wer wann wohin kommuniziert, aber nicht der Inhalt. Und beim Internet hat man natürlich immer eine IP-Adresse, eine Internetprotokoll-Adresse, die wird dann von dem Provider gespeichert, solange man den Zugang nutzt und in Deutschland müssen die ein halbes Jahr aufgehoben werden, um dann die Strafverfolgung hinterher noch zu ermöglichen. Wenn man jetzt ein Darknet oder eine andere Netzwerksoftware, VPN zum Beispiel, benutzt, ist man über dieser Struktur, über dem normalen Internetzugang und kann dann Verbindungen aufbauen, die dann eben nicht mehr irgendwo gespeichert werden können. Und das erschwert dann auch die Verfolgung. Man ist dann eben auch privat unterwegs und weiß, die Daten werden nicht gespeichert vom Provider oder dem Staat.“

Wir fassen zusammen: Das Darknet ist ein loser Begriff für parallele Strukturen im Internet. Ein bekanntes Werkzeug um eine solche parallele Struktur zu betreten ist Tor. Damit werden die Daten über Umwege geleitet und sind so nur schwer verfolgbar. Das Darknet ist eine wichtige Möglichkeit, in autoritären Staaten zu kommunizieren. Es kann aber genauso missbraucht werden, um illegalen Aktivitäten nachzugehen.